Redebeitrag auf der Demonstration „Menschenrechte wahren – Lager auflösen – Evakuierung jetzt!“ am 24. April 2020 in Berlin.
Zunächst möchte ich mich ganz ausdrücklich beim RAV für das organisieren dieser Kundgebung unter widrigen Bedingungen bedanken. Widrig, da hier in Berlin das Versammlungsrecht in den letzten Wochen nicht mehr viel galt und die Berliner Polizei fast jede Meinungskundgabe, gerade in Solidarität mit Geflüchteten, zu unterbinden versucht hat, selbst Autokorsos ohne jede Ansteckungsgefahr oder das symbolische Abstellen alter Schuhe hier am Brandenburger Tor.
Doch so heftig wir derzeit alle von solchen Verboten und anderen staatlichen Versuchen betroffen sind, der Ausbreitung des Virus mit autoritären Maßnahmen beizukommen: Am stärksten betroffen sind mal wieder diejenigen, die eh an den Rand der Gesellschaft gedrängt sind. Und ganz besonders die, die gerade deshalb zu Opfern des Virus zu werden drohen, weil sie schon jetzt Betroffene einer rassistischen Politik der Ausgrenzung sind. Nicht nur an den Außengrenzen, sondern mitten in Deutschland werden Geflüchtete weiter in überfüllten Lagern wie in Ellwangen untergebracht, in denen Schutzvorkehrungen wie Mindestabstände schlicht nicht umsetzbar sind.
Doch dort, an den Außengrenzen zeigt sich Europa ganz unverhüllt als ein Europa der autoritären Maßnahmen, in dem rechtsstaatliche Garantien und Menschenrechte längst nicht mehr gelten. Bereits vor der Coronakrise wurden die Grenzen geschlossen und das Grundrecht auf Asyl suspendiert. Das Virus wurde nun zum Anlass genommen, die Seenotrettung vollends zu unterbinden – wohl wissend, dass allein diese Maßnahme unzähligen Menschen das Leben kosten wird.
Wir sind heute hier um die Auflösung und Evakuierung der Lager in Griechenland zu fordern.
In Lagern werden Menschen – systematisch entrechtet und ihrer Selbstbestimmung beraubt – zum bloßen Objekt staatlicher Maßnahmen degradiert. Das ganze Prinzip Lager negiert den Menschen in seiner Würde und Individualität. Nicht jedes Lager ist so alptraumhaft und unmenschlich wie es die von der EU weiterhin tolerierten und unterstützten Lager in Libyen sind. Und nicht jedes Lager ist so systematisch verelendet wie Moria und all die anderen in Griechenland.
Doch in allen Lagern, in denen Menschen untergebracht sind um sie besser verwalten, kontrollieren und ggf. abschieben zu können, sind sie unmittelbar ausgeliefert: dem Zugriff und der Willkür der Verwaltenden und nunmehr auch einer Pandemie, die tödlich ist gerade für Menschen, die geschwächt sind und keinen Zugang zu ausreichender ärztlicher Versorgung haben.
Wir fordern daher, gemeinsam mit den anderen Anwesenden und zahllosen Menschen, die heute nicht mitdemonstrieren dürfen, die sofortige Auflösung und Evakuierung der Lager!