Zum Ende der deutschen EU-Ratspräsidentschaft hat die EU-Kommission einen Vorschlag zur Erweiterung des Europol-Mandats vorgelegt.[1] Die Polizeiagentur darf demnach selbst Ermittlungen anstoßen, ohne auf eine Initiative aus einem Mitgliedstaat zu warten. Dies soll auch möglich sein, wenn nur ein Land betroffen ist. Bislang beschränkt sich die Zuständigkeit Europols auf Fälle, die zwei oder mehr Mitgliedstaaten betreffen. Neben der verbesserten Zusammenarbeit mit der Europäischen Staatsanwaltschaft (EuStA) und dem Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) soll auch die Kooperation mit Drittstaaten zur „Vorbeugung“ von Straftaten ausgebaut werden.
Im Rahmen von Ermittlungen soll Europol zudem Daten mit privaten Parteien austauschen. Begründet wird dies mit der Verbesserung von Instrumenten im Bereich von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung von Kindern. Massendaten erhält Europol aber auch in Ermittlungen, in denen Firmen von einem Cyberangriff betroffen sind. In dem Vorschlag der Kommission wird dies als „Big Data“ bezeichnet. Diese werden von einer Software auf sogenannte Kreuztreffer durchsucht. Von dieser Suche nach Zusammenhängen zwischen Taten oder Täter*innen verspricht sich Europol neue Ermittlungsansätze. Der Europäische Datenschutzbeauftragte hat kritisiert, dass dabei auch Daten zu unbescholtenen Kontaktpersonen verarbeitet werden („non-criminal personal data“) und darauf verwiesen, dass für eine solche Rasterfahndung keine Rechtsgrundlage existiert.
Die Verordnung soll es außerdem ermöglichen, die umfangreichen Personendaten für das „Entwickeln, Trainieren, Erproben und Validieren“ von Algorithmen einzusetzen. Hiervon sollen auch „KI-gestützte Instrumente“ umfasst sein. Künstliche Intelligenz ist deshalb einer der Schwerpunkte des in Den Haag neu eingerichteten „Innovationslabors“, mit dem die Agentur die EU-Sicherheitsforschung in verschiedenen Bereichen koordinieren will.[2] Europol fungiert außerdem als Beobachtungsstelle zu „Risiken, Bedrohungen und Chancen“ neuer Technologien.
Die Polizeiagentur soll darüber hinaus die Möglichkeit erhalten, eigene Ausschreibungen im Schengener Informationssystem (SIS II) einzugeben. Deshalb hatte die Kommission dem Legislativentwurf einen weiteren Vorschlag zur Änderung der SIS-Verordnung beigefügt.[3] Für die Europol-Fahndungen soll im SIS II eine eigene Kategorie eingerichtet werden. Die zugrunde liegenden Informationen sollen vor allem von Geheimdiensten aus Drittstaaten stammen, dabei handelt es sich hauptsächlich um Ausschreibungen zur verdeckten Kontrolle. Europol soll entsprechende Listen entgegennehmen und mit bereits existierenden, nationalen SIS-II-Fahndungen abgleichen.
Die Mehrkosten der neuen Europol-Verordnung gibt die Kommission bis 2027 mit 178 Mio. Euro an, die Agentur erhielte demnach 160 neue Planstellen. Die Kontrolle wird mit dem Aufwuchs kaum gestärkt, Europol soll aber dem Gemeinsamen parlamentarischen Kontrollausschuss für Europol (JPSG) mehr Berichte liefern.
Die Verordnungen werden in der Ratsarbeitsgruppe Strafverfolgung beraten. Bis März hatten die Mitgliedstaaten Zeit für Anmerkungen, am 7. und 8. Juni soll der Rat für Justiz und Inneres eine allgemeine Ausrichtung beschließen. Dann werden die Pläne im Trilog mit Parlament und Kommission behandelt.