zusammengestellt von Otto Diederichs
1. Mai: Mai-Demonstrationen: An der Mai-Demonstration des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in Berlin beteiligen sich etwa 7.500 Menschen, bei der Abschlusskundgebung wird die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) mit einem Ei beworfen. An der „Revolutionären 1. Mai“-Demonstration beteiligen sich rund 14.000 Teilnehmer*innen; hier kommt es am Abend zu einigen Auseinandersetzungen mit der Polizei, 74 Personen werden festgenommen, 29 Polizist*innen werden leicht verletzt (2021: 93), insgesamt werden 123 Ermittlungsverfahren eingeleitet. Die Polizei zieht eine positive Bilanz und spricht vom „friedlichsten 1. Mai seit Jahrzehnten“. In Hamburg beteiligen sich an drei Demonstrationen über 4.000 Menschen. In Frankfurt/M. (Hessen) sind es über 1.000 Demonstrierende; überwiegend bleibt es friedlich, fünf Personen werden festgenommen. In München (Bayern) wird ein Demonstrationszug von 700 bis 1.000 Beteiligten mehrmals von der Polizei angehalten, weil Pyrotechnik gezündet wird. Es kommt zu Ausschreitungen bei den fünf Polizist*innen verletzt werden, einer schwer. Gegen fünf Personen werden Ermittlungen wegen Körperverletzung, Beleidigung und anderer Delikte eingeleitet.
Umweltdemonstrationen: Aktivist*innen manipulieren die Ölpipeline einer Raffinerie in Schwedt und eine Verbindungsleitung in Liepe (beide Brandenburg); danach kleben sie sich fest und ketten sich an. Zwei Männer werden in polizeiliches Gewahrsam genommen. Am 2. Mai verurteilt das Amtsgericht (AG) München (Bayern) einen Studenten wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamt*innen zu einer elfmonatigen Bewährungsstrafe. Der Mann hatte zuvor gestanden bei einer Demonstration gegen die „Internationale Automobil-Ausstellung“ (IAA) im September 2021 mit einem Schirm vor den Polizist*innen herumgewedelt zu haben. In einem weiteren Prozess verurteilt das AG München (Bayern) am 5. Mai vier Angeklagte die im Rahmen der Anti-IAA-Proteste ein Haus besetzt hatten wegen Hausfriedensbruch zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen mit Strafvorbehalt; ein fünfter Angeklagter erhielt eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen. Am 8. Mai kleben sich in Heidelberg vier Umweltaktivist*innen auf einer Bundesstraße fest; der Verkehr muss umgeleitet werden. Auch in Stuttgart (beide Baden-Württemberg) versuchen Aktivist*innen auf diese Art eine Bundesstraße zu blockieren. Sie werden jedoch bereits von der Polizei erwartet und abgeführt. Nachdem sie ihre Identität preisgeben hat, wird eine Umweltaktivistin, die bei einem Polizeieinsatz zur Räumung des Dannenröder Forstes Polizeibeamte getreten haben soll, am 9. Mai aus der Haft entlassen. Die Frau hatte diese seit ihrer Festnahme im November 2020 geheimgehalten. Der Prozess wird nun vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt/M. (Hessen) fortgesetzt. Am 11. Mai kommt es in Hangelsberg und Trampe (beide Brandenburg) zu Manipulationen an Leitungen von Mineralölfirmen; die Polizei nimmt vier Aktivist*innen in Gewahrsam. Ihnen drohen Anzeigen wegen Hausfriedensbruch und Störung öffentlicher Betriebe. In München (Bayern) kleben sich am frühen Morgen des 16. Mai drei Klimaaktivist*innen auf einer Autobahnabfahrt fest und verursachen so einem 100 Meter langen Stau; einige Autofahrer*innen gehen verärgert auf die Aktivist*innen los. Während sich am 23. Mai von 15 Klimaaktivist*innen einige vor der Einfahrt eines Heizöllagers in Werneuchen (Brandenburg) festkleben, klettern andere auf Tanklaster um sie an der Ausfahrt zu hindern. In München (Bayern) kleben sich am gleichen Tag zwei Aktivist*innen auf einer zentralen Ausfallstraße fest.
Rechtsextremismus: Nachdem bei einer Demonstration der rechtsextremistischen Kleinpartei „Der III. Weg“ in Zwickau (Sachsen) anreisende Gegendemonstrant*innen angegriffen wurden, kommt es zu Gegenangriffen auf die Rechten; dabei werden vier Leute zum Teil schwer verletzt. An der rechten Demonstration beteiligen sich etwa 250 Personen; 37 von ihnen werden im Laufe der Auseinandersetzungen in Gewahrsam genommen (Gegendemonstration: 850). Durch Presserecherchen wird am 10. Mai bekannt, dass es in den vergangenen sechs Jahren bundesweit über 100 rechtsextreme Übergriffe auf NS-Gedenkstätten gegeben hat. Laut der am gleichenTag in Berlin vorgestellten Jahresstatistik 2021 registrierte das Bundeskriminalamt (BKA) im vergangenen Jahr bundesweit knapp 22.000 rechtsextremistische Straftaten. Am 16. Mai wird durch eine parlamentarische Anfrage der Linksfraktion im Bundestag bekannt, dass im ersten Quartal diesen Jahres von der Polizei bundesweit insgesamt 3.605 rechtsextremistische Straftaten registriert wurden (2013: 467); davon 169 Gewalttaten (2021: 123), verletzt wurden dabei 73 Menschen. Am gleichen Tag wird durch eine Presserecherche bekannt, dass aktuell bundesweit 596 mit Haftbefehl gesuchte Rechtsextremist*innen untergetaucht sind (2012: 266). Die meisten davon mit 128 in Bayern (NRW: 98 / Berlin: 56 / Sachsen: 47 / Thüringen: 42 / Niedersachsen: 30 / Hessen: 21). Am 19. Mai wird durch eine parlamentarische Anfrage der Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus bekannt, dass Rechtsextremisten mit Kenntnis des Senats eine Sportanlage für Kampfsporttraining nutzen. Auch andere rechte Gruppierungen würden regelmäßig über solche Trainings berichten, darüber habe der Senat jedoch keine Kenntnis. Laut dem am 24. Mai bekannt gewordenen Jahresbericht 2021 des Berliner Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) umfasst die rechtsextreme Szene in der Stadt insgesamt 1.440 Personen, von denen 750 als „gewaltbereit“ gelten. Weiterhin werden der Kleinpartei „Der III. Weg“ 60 Personen zugerechnet (2020: 30) und der NPD 180 (2020: 200).
2. Mai: Tod nach Polizeieinsatz: In Mannheim (Baden-Württemberg) wird die Polizei informiert, dass ein psychisch kranker Mann seine Behandlungseinrichtung eigenmächtig verlassen hat und dringend Hilfe braucht. Als die Beamt*innen eintreffen, leistet der Mann Widerstand. Ein Polizist schlägt ihm daraufhin zwei Mal mit der Faust gegen den Kopf. Der Mann kollabiert und obwohl ein anwesender Arzt erste Hilfe leistet und der Mann ins Krankenhaus gebracht wird, verstirbt er dort. Am 3. Mai nimmt die Staatsanwaltschaft (StA) gegen die beteiligten Beamt*innen Ermittlungen wegen Körperverletzung im Amt mit Todesfolge auf.
Islamismus: Durch eine parlamentarische Anfrage der Fraktion der Alternative für Deutschland (AfD) im Bundestag wird bekannt, dass das „islamistisch-terroristische Personenpotenzial“ von den Sicherheitsbehörden aktuell auf 1.940 Personen geschätzt wird (2021: 1.950), darunter 328 Gefährder. Am 12. Mai entscheidet der Bundesgerichtshof (BGH), dass nicht jede Frau, die vom „Islamischen Staat“ (IS) zurückkehrt auch automatisch IS-Mitglied war. In dem Fall ging es um zwei Frauen, die im Oktober 2021 von der Bundesrepublik aus einem Gefangenenlager zurückgeholt worden waren und sich seither in Untersuchungshaft befanden. In einem Fall hob der BGH die U-Haft auf, im zweiten verlängerte er sie (Az: AK 14/22 u.a.). Vor dem OLG Frankfurt/M. (Hessen) erhebt die Bundesanwaltschaft (BAW) am 17. Mai Anklage gegen eine IS-Rückkehrerin wegen Mitgliedschaft im IS und Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht ihrer Kinder. Am 18. Mai verurteilt das OLG Naumburg (Sachsen-Anhalt) eine IS-Rückkehrerin, die sich 2015 als 15-Jährige dem IS angeschlossen hatte, zu einer zweijährigen Jugendstrafe auf Bewährung; sie wird auf freien Fuß gesetzt. Vor dem OLG Hamburg beginnt am 19. Mai der Prozess gegen eine mutmaßliche IS-Rückkehrerin wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland, Völkermord, Kriegsverbrechen und weiterer Delikte. Am 31. Mai verurteilt das OLG Düsseldorf (NRW) fünf IS-Mitglieder wegen der Vorbereitung von Anschlägen auf US-Militär-Einrichtungen in Deutschland zu Haftstrafen zwischen drei Jahren und acht Monaten und neuneinhalb Jahren. In seinem Jahresbericht 2021 rechnet das LfV Berlin in der Stadt 2.200 Personen dem Islamismus zu (2020: 2.110), davon gelten 40 Personen als „gewaltbereit“ (2020: 30). 1.100 Personen werden dem Salafismus zugerechnet.
Prozesse gegen Justizbeamt*innen: Vor dem LG Karlsruhe (Baden-Württemberg) beginnt der Prozess gegen einen Richter, dem Rechtsbeugung, Vorteilsannahme, Bestechlichkeit und weitere Delikte vorgeworfen werden; der Mann ist vorläufig vom Dienst suspendiert. Durch Presseberichte wird am 27. Mai bekannt, dass die StA Frankfurt/M. (Hessen) Anklage gegen einen Oberstaatsanwaltschaft (OStA) wegen gewerbsmäßiger Bestechlichkeit, gewerbsmäßiger Untreue und Steuerhinterziehung erhoben hat. Gegen weitere neun Beschuldigte wird in diesem Komplex noch ermittelt.
4. Mai: Antisemitismus: Laut dem, von der Berliner Opferberatung „Reachout“ vorgestellten Bericht kam es 2021 in Berlin zu mindestens 24 antisemitischen Bedrohungen und Angriffen. Laut der am 10. Mai in Berlin vorgestellten Jahresstatistik 2021 registrierte das BKA im vergangenen Jahr bundesweit 3.027 antisemitische Straftaten. Nachdem es im April bei einer palästinensischen Demonstration in Berlin zu antisemitischen Ausrufen und Angriffen auf Polizist*innen und Journalist*innen gekommen war, verbietet die Polizei am 12. Mai fünf weitere geplante Demonstrationen für das Wochenende. Das VG Berlin bestätigt die Verbote (Az: VG 1 L 180/22). Ebenfalls am 12. Mai beleidigt in Berlin ein Mann einen Busfahrer, der verkehrsbedingt einige Meter vor der Haltestelle hält, antisemitisch, spuckt ihn an und schlägt ihm ins Gesicht. Danach entfernt er sich unerkannt. Am gleichen Tag teilt die Generalstaatsanwaltschaft (GStA) Schleswig-Holstein mit, dass sie einen Mikrobiologen wegen Volksverhetzung angeklagt hat, der bei kritischen Äußerungen zur Coroana-Impfpolitik in Israel im April 2021 auch gegen in Deutschland lebende jüdische Menschen gehetzt hatte. Am 24. Mai teilt die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) mit, dass sie 2021 in Berlin insgesamt 1.052 antisemitische Vorfälle registriert har (2020: 1.019 /2019: 886).
Rockerkriminalität: In der Innenstadt von Duisburg (NRW) kommt es zu einer Schießerei zwischen Rockern der „Hells Angels“ und Mitgliedern eines türkischen Clans, vier Personen werden schwerverletzt; 15 Personen von den rund 100 Beteiligten werden festgenommen. Nach einer erkennungsdienstlichen Behandlung werden sie wieder auf freien Fuß gesetzt.
Ermittlungen gegen Innenminister: In einer Sondersitzung des Innenausschuss des baden-württembergischen Landtages wird Landesinnenminister Thomas Strobl (CDU) zur Weitergabe von Dienstgeheimnissen im Fall von Ermittlungen gegen den Inspekteur der Landespolizei wegen sexueller Belästigung, vernommen. Strobl soll in dem Fall ein Anwaltsschreiben an die Presse weitergegeben haben. Ein staatsanwaltliches Ermittlungsverfahren musste eingestellt werden, weil das Ministerium eine entsprechende Ermächtigung verweigert hatte. Strobl räumt die Weitergabe ein; die Staatsanwaltschaft (StA) leitet umgehend ein Ermittlungsverfahren wegen „Anstiftung zu verbotenen Mitteilungen über Gerichtsverhandlungen“ gegen ihn ein. Auch gegen den betreffenden Journalisten wird ein Verfahren eingeleitet. Am 6. Mai durchsucht die Polizei das Innenministerium um Beweismittel sicherzustellen.
Ermittlungen gegen Polizeibeamt*innen: Durch Presseberichte wird bekannt, dass gegen die beiden Polizisten, die an dem Einsatz in Mannheim (Baden-Württemberg) bei dem ein Mann kollabierte und starb, ein Ermittlungsverfahren wegen Verdacht auf Körperverletzung im Amt mit Todesfolge eingeleitet wurde; sie sind vom Dienst suspendiert. Am gleichen Tag verschiebt das AG Berlin erneut den Prozess gegen einen Berliner Polizeibeamten wegen des Verdachts des Verrats von Dienstgeheimnissen. Der Mann soll innerhalb einer Chatgruppe zu der auch Neonazis und ein AfD-Bezirksverordneter gehörten, Ermittlungserkenntnisse zum Terroranschlag auf den Weihnachtsmarkt im Jahr 2016 weitergegeben haben. Es seien noch „Nachermittlungen“ nötig, so das Gericht. Am 6. Mai verurteilt ein AG in Berlin einen Polizeibeamten wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 9.600 EUR sowie einem Schmerzensgeld von 800 EUR. Seine beiden Mittäter erhalten eine Geldstrafe von je 7.200 EUR. Die drei Männer hatten im April 2017 einen Afghanen aus rassistischen Motiven zusammengeschlagen und -getreten; der damalige Asylbewerber wurde im März 2020 abgeschoben. Das LG München (Bayern) verurteilt am 10. Mai einen früheren Polizisten wegen mehrfachen sexuellen Missbrauchs seiner Stieftochter zu einer Haftstrafe von vier Jahren und 10 Monaten. Das Polizeipräsidium Stuttgart und die StA Pforzheim (beide Baden-Württemberg) teilen am 20. Mai mit, dass die Ermittlungen gegen einen Polizeibeamten wegen Körperverletzung im Amt eingestellt wurden. Der Beamte hatte Ende Oktober 2021 einen am Boden liegenden und gefesselten Mann geschlagen; der Fall war durch ein Video öffentlich geworden. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Polizist rechtmäßig gehandelt habe, so die StA, da der betrunkene Mann Widerstand geleistet und einen anderen Beamten so verletzt hatte, dass er vom Dienst abtreten musste. Am 23. Mai verurteilt das AG Recklinghausen (NRW) einen Polizeibeamten, der bei einer Hausdurchsuchung im Sommer 2021 wegen des Verdachts auf einen Einbruch, ein Einwegfeuerzeug eingesteckt hatte, zu einer Geldstrafe von 720 EUR. Am 24. Mai beginnt vor dem AG München (Bayern) der Prozess gegen einen Polizeibeamten, der im April 2019 von einem Kollegen Kokain gekauft und konsumiert haben soll; er wird noch am gleichen Tag aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Im Drogenskandal der Münchner Polizei wurden bisher 39 Ermittlungsverfahren gegen 37 Beamt*innen geführt; in acht Fällen kam es bislang zu Anklagen. Durch Presseberichte wird am 28. Mai bekannt, dass in Bremen und Sachsen-Anhalt gegen Polizeibeamt*innen wegen der Nicht-Weiterverfolgung von Anzeigen wegen Hassverbrechen im Internet ermittelt wird. Ermittelt wird auch in Brandenburg und Sachsen, wie am 30. Mai bekannt wird. Am 31. Mai verurteilt das LG Braunschweig (Niedersachsen) einen BPol-Beamten wegen Mordes an einem Freund im April 2021 zu lebenslanger Haft. Berufung ist möglich.
5. Mai: Polizeischüsse: Auf dem Hauptbahnhof von Koblenz (Rheinland-Pfalz) kontrolliert die Bundespolizei (BPol) einen Bahnreisenden; daraufhin springt der Mann ins Gleisbett und wirft mit Schottersteinen. Nachdem der Einsatz von Pfefferspray versagt, gibt ein Beamter einen Warnschuss ab; der Mann wird festgenommen. Bei einem Einsatz wegen häuslicher Gewalt in Mannheim (Baden-Württemberg) am 10. Mai versuchen die Polizist*innen zunächst einen psychisch kranken Mann, der sich bereits mehrere Schnitt- und Stichverletzungen beigebracht hat, durch den Einsatz von Reizgas zu überwältigen. Als dies misslingt, schießt ihm ein Beamter ins Bein. Der Mann kollabiert und stirbt noch vor Ort. Die Obduktion am 11. Mai ergibt, dass kein Zusammenhang mit dem Schuss besteht, sondern der Mann an Blutverlust durch die selbst zugefügten Verletzungen gestorben ist. Ebenfalls am 11. Mai kommt es zu Schüssen in Milbertshofen (Bayern). Als die Beamt*innen eintreffen finden sie einen Mann mit Schussverletzungen vor, der jedoch keine Angaben macht. Wenig später wird ein mutmaßlicher Täter festgestellt, der versucht zu fliehen und erst nach einem polizeilichen Warnschuss festgenommen werden kann. Am 18. Mai versucht in München (Bayern) ein Autofahrer ohne Führerschein sich einer Polizeikontrolle zu entziehen und rast auf den Polizisten zu. Die Beamt*innen schießen auf das flüchtende Fahrzeug. Es wird später gestoppt und der Fahrer festgenommen; verletzt wird niemand. In Castrop-Rauxel (NRW) überrascht am 19. Mai eine Polizeistreife drei Geldautomatensprenger in einer Sparkassenfiliale. Es kommt zu einem Schusswechsel bei dem einer der Täter getroffen und in ein Krankenhaus gebracht wird; Lebensgefahr besteht nicht. Die anderen Täter können fliehen. Am 30. Mai versuchen in Ibbenbüren (NRW) ebenfalls Geldautomatensprenger auf ihrer Flucht eine Polizeisperre zu umfahren und rasen dabei gezielt auf einen Beamten zu. Dieser kann sich durch einen Sprung retten und gibt mehrere Schüsse auf den Wagen ab; die Täter können fliehen. In Kraftsolms (Hessen) stoppen Polizist*innen einen betrunkenen Autofahrer um ihn zu kontrollieren; daraufhin flieht der Mann zu Fuß. Als die Beamt*innen ihn einholen, greift er sie an und kann erst durch einen Warnschuss gestoppt werden. Bei der Durchsuchung des Fahrzeugs werden mehrere Waffen gefunden.
6. Mai: Hasskriminalität: Im Lichtschacht einer russischen Nachrichtenagentur in Berlin wird ein Brandsatz entdeckt, der nicht gezündet hat. Auf einer Wahlkampfveranstaltung der Grünen am 7. Mai in Köln trennt die Polizei Anti-Corona-Demonstrant*innen und Gegner*innen von Waffenlieferungen an die Ukraine, die versuchen, den Auftritt von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) zu verhindern. Bei ihrem Auftritt bei der Veranstaltung am 8. Mai in Wuppertal (beide NRW) wird sie mit Eiern beworfen. Laut der am 10. Mai in Berlin vorgestellten Jahresstatistik 2021 registrierte das BKA im vergangenen Jahr bundesweit 21.339 Straftaten, bei denen ein Zusammenhang mit Anti-Corona-Protesten vermutet wird.
Angriffe auf Polizist*innen: Durch eine parlamentarische Anfrage der Linksfraktion im Bundestag wird bekannt, dass seit Beginn der Corona-Pandemie insgesamt 401 BPol-Beamt*innen angegriffen wurden, 105 wurden dabei verletzt (Frage 86). In Oettingen (Bayern) will die Polizei am 10. Mai einen mit Haftbefehl gesuchten Mann festnehmen, der zuvor ein Auto demoliert hatte. Der in einem „psychischen Ausnahmezustand“ befindliche Mann greift die Beamt*innen massiv an, so dass einer von ihnen in ein Krankenhaus gebracht werden muss. Am gleichen Tag erhebt die StA Kaiserslautern Anklage wegen Mordes gegen den Mann, der Ende Januar in Kusel (beide Rheinland-Pfalz) zwei Polizisten erschossen hatte. In Genthin (Sachsen-Anhalt) wird die Polizei am 13. Mai zu einem Einkaufsmarkt gerufen, wo ein Mann des Diebstahls verdächtigt wird. Als die Beamt*innen eintreffen wirft der Mann zunächst mit Waren nach ihnen; bei der Personalienfeststellung tritt er einem Beamten ins Gesicht. Er wird festgenommen. Als Polizist*innen am 17. Mai in Starnberg (Bayern) einen Mann zur erkennungsdienstlichen Behandlung vorführen sollen, verbarrikadiert der sich zunächst in seiner Wohnung und wirft später einen Molotow-Cocktail auf die Beamt*innen. Verletzt wird dabei niemand; gegen den Mann wird ein Unterbringungsbeschluss erlassen und wegen eines versuchten Tötungsdeliktes ermittelt. Am 30. Mai wird die Polizei in Koblenz (Rheinland-Pfalz) informiert, dass ein hilfloser Mann auf dem Bahnhofsvorplatz liegt. Als die Beamt*innen eintreffen, stellen sie fest, dass der Mann sturzbetrunken ist. Als sie ihm den Schnaps wegnehmen wollen, schlägt und bespuckt er sie; er wird in Gewahrsam genommen.
9. Mai: Rechtsextreme Polizist*innen: Durch eine parlamentarische Anfrage der Grünen-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus wird bekannt, dass die Polizei in der Stadt seit Oktober 2020 eine Stelle des Extremismusbeauftragten besitzt; deren Tätigkeitsberichte jedoch nicht veröffentlicht werden. Bekannt ist, dass im Februar diesen Jahres über 60 Beamt*innen im Verdacht des rassistischen oder rechtsradikalen Verhaltens standen. 64 Disziplinarverfahren wurden eingeleitet, in 11 Fällen wurde ein Dienstverbot ausgesprochen und in drei Fällen wird eine Dienstentfernung eingeleitet. Am 13. Mai stellt Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) in Berlin ein Lagebild zum Rechtsradikalismus bei den Sicherheitsbehörden vor. Ausgewertet wurden dafür insgesamt 860 Verdachtsfälle im Zeitraum Juli 2018 bis Juni 2021; davon wurden 327 als positiv eingestuft. Bei den Landessicherheitsbehörden 189, bei den Bundessicherheitsbehörden 138. Durch Presseberichte wird am 18. Mai bekannt, dass die Polizeischule in Schneeberg (Sachsen) einen Polizeischüler suspendiert und Strafanzeige erstattet hat, der Anfang Mai einen Mitschüler rassistisch beleidigt hatte. Am 19. Mai berichtet Landesinnenminister Peter Beuth (CDU) im Innenausschuss des hessischen Landtages, dass den dortigen Behörden insgesamt 67 Chatgruppen bekannt geworden sind, in denen rechtsradikale Inhalte ausgetauscht werden und an denen 110 Polizist*innen aller hessischen Polizeipräsidien beteiligt sind. 35 Chatgruppen wurden strafrechtlich überprüft und gegen 67 Beamt*innen Strafverfahren und gegen 62 Disziplinarverfahren eingeleitet. Laut dem am 24. Mai bekannt gewordenen Jahresbericht 2021 des LfV Berlin gab es in Berlin von Januar 2017 bis August 2021 bei Berliner Sicherheitsbehörden insgesamt 74 Verdachtsfälle auf Rechtsradikalismus bei 93 Personen.
12. Mai: „NSU 2.0“-Drohschreiben: Im Prozess um die „NSU 2.0“-Drohschreiben vor dem LG Frankfurt/M. (Hessen) sagt ein Ermittler des Landeskriminalamtes (LKA) aus, dass auf einem Rechner eines Frankfurter Polizeireviers Daten der später bedrohten Rechtsanwältin Basay-Yildiz abgefragt wurden. Einer der mit diesem Rechner arbeitenden Beamten, der als rechtsradikal gilt, stand zeitweilig im Verdacht der Urheber der Schreiben zu sein. Die Ermittlungen wurden jedoch eingestellt, da keine entsprechenden Beweise erbracht werden konnten.
13. Mai: Homophobe Handlungen: Aus Presseberichten wird bekannt, dass die BPol Sachsen einen transsexuellen Auszubildenden, der sich im Herbst 2020 vor seiner Geschlechtsumwandlung zum Mann noch als Frau beworben hatte, und daraufhin wegen „arglistiger Täuschung“ entlassen worden war, wieder einstellen muss. Dies hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Bautzen (Sachsen) beschlossen.
Rechtsextremismus bei der Bundeswehr: In Berlin stellt Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) ein Lagebild zum Rechtsradikalismus bei den Sicherheitsbehörden vor. Beim Militärischen Abschirmdienst (MAD) wurden dabei 83 Fälle als positiv eingestuft. Am 20. Mai erhebt die StA Frankfurt/M (Hessen) Anklage gegen einen Bundeswehrsoldaten, der im Sommer 2021 versucht hatte, illegal Waffenteile in die USA zu schicken. Bei einer Wohnungsdurchsuchung waren dann weitere große Waffenmengen und Sprengmittel gefunden worden; der Mann wurde im Oktober 2021 festgenommen. Im Rahmen eines größeren Einsatzes in mehreren Bundesländern gegen fünf Verdächtige findet die Polizei bei der Wohnungsdurchsuchung eines Bundeswehrsoldaten in Itzehoe am 22. Mai Waffen und Sprengmittel. Er soll Sprengstoffanschläge in der Ukraine geplant haben. Am 23. Mai wird dann bekannt, dass die StA Kiel (beide Schleswig-Holstein) zwei Soldaten hat festnehmen lassen, die als Teil einer Bande Einbruchdiebstähle in Kasernen verübt haben. Insgesamt wird gegen 10 Beschuldigte, darunter vier Soldaten, ermittelt; der in Itzehoe Festgenommene gilt als Haupttäter.
„Reichsbürger“: In Boxberg (Baden-Württemberg) durchsucht die Polizei das Grundstück eines mutmaßlichen „Reichsbürgers“. Das Objekt des Trainers für Kampfsportarten war bereits Mitte April schon einmal durchsucht worden, dabei waren große Mengen Schusswaffen gefunden worden; der Mann hatte seinerzeit heftigen Widerstand geleistet und dabei einen Polizisten angeschossen. Laut dem am 24. Mai bekannt gewordenen Jahresbericht 2021 des LfV Berlin umfasst die „Reichsbürger“-Szene in Berlin wie bereits in den Vorjahren insgesamt 670 Personen.
16. Mai: Polizei und Datenschutz: Durch Presseberichte wird bekannt, dass die Polizei in Berlin auf Anordnung des Datenschutzbeauftragten der StA seit einem Jahr keine Informationen mehr zu homosexuellen, rassistischen oder antisemitischen Angriffen an Opferberatungsstellen weitergeben darf.
Rechtsextremistischer Mordanschlag in Hanau: Im Untersuchungsausschuss des hessischen Landtages zum rechtsextremistischen Mordanschlag in Hanau (Hessen) 2020 sagt der Chef des hessischen LfV als Zeuge aus, vor dem Anschlag hätten seinem Amt „keinerlei Erkenntnisse“ zum Attentäter vorgelegen. Auch aktuell gebe es keine Erkenntnisse, dass er regional oder überregional in die rechtsextreme Szene eingebunden gewesen sei. Am 17. Mai wird durch Presseberichte bekannt, dass die GStA Frankfurt/M. eine Beschwerde der Opferangehörigen wegen der Einstellung von Ermittlungen durch die StA Hanau (beide Hessen) abgewiesen hat. Deren Ermittlungsergebnisse seien rechtlich nicht zu beanstanden.
19. Mai: Rechtsextremistische Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund (NSU): Der Bayerische Landtag setzt einen zweiten NSU-Untersuchungsausschuss ein, da noch etliche Fragen offen seien.
Alternative für Deutschland (AfD): Das LG Freiburg (Baden-Württemberg) verurteilt einen ehemaligen AfD-Politiker, der im Zuge eines Handgemenges einen zufällig dabei anwesenden Mann beleidigt und mit Abwehrspray attackiert hatte, wegen Körperverletzung zu einer Bewährungsstrafe von sechs Monaten und einer Zahlung von 3.000 EUR an eine Kinderkrebsklinik. Durch Presseberichte wird am 20. Mai bekannt, dass innerhalb der AfD-Bundestagsfraktion eine Chatgruppe besteht, in der rechtsextremistische Inhalte ausgetauscht werden. Die Berichte gehen dabei auf 40.000 Chatbeiträge aus den Jahren 2017-2021 zurück, die den Medien anonym zugespielt wurden. Am gleichen Tag weist das Verwaltungsgericht (VG) Brandenburg die Klage der AfD-Landtagsfraktion ab, die dagegen geklagt hatte vom LfV öffentlich als Extremismus-Verdachtsfall genannt zu werden.
20. Mai: Rassistische Handlungen: Als Polizist*innen in Dortmund (NRW) nach einer Verfolgungsfahrt Jugendliche kontrollieren, die zu dritt auf einem E-Scooter fahren, kommt es zu verbalen Auseinandersetzungen, bei der die Mädchen auch rassistisch beleidigt worden sein sollen. Dies wird durch ein Internet-Video wird bekannt; die Polizei prüft den Vorfall. Durch Presseberichte wird am 22. Mai bekannt, dass ein schwarzer US-Amerikaner die Verkehrsbetriebe in Berlin auf Grundlage des seit 2020 geltenden Antidiskriminierungsgesetzes verklagt hat: Im Oktober 2020 sollen ihn Fahrkartenkontrolleure rassistisch beleidigt und durch einen Stoß gegen eine Metallbank verletzt haben. Am 26. Mai greift in Fürstenberg (Brandenburg) eine siebenköpfige Gruppe drei Männer an, schlägt, bespuckt und beleidigt sie rassistisch bevor sie flüchtet.
22. Mai: Angriffe auf Politiker*innen: In Hessen wurden von 2016 bis 2019 insgesamt 246 Straftaten gegen Politiker*innen erfasst, wie durch einen Pressebericht bekannt wird. Am gleichen Tag wird durch eine parlamentarische Anfrage der bayerischen Landtagsfraktion der Grünen bekannt, dass im dortigen Bundesland 2021 insgesamt 267 Straftaten gegen Politiker*innen registriert wurden, darunter 32 Gewaltdelikte mit 44 Opfern. 119 der erfassten Taten wurden von „Reichsbürgern“ begangen, 105 fanden online statt, 50 standen in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie. 195 Täter*innen konnten ermittelt werden. Bundesweit erfasste das BKA 2021 insgesamt 4.458 Straftaten (2017: 1.527). Am 30. Mai verurteilt das AG Sigmaringen (Baden-Württemberg) den Leiter einer unangemeldeten Anti-Corona-Demonstration im Februar nahe des Hauses von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) zu einer Geldstrafe von 30.000 EUR. Berufung ist möglich.
Beitragsbild: Die regierende Bürgermeisterin Berlins nach einem Eierwurf am 1. Mai (Christian Ditsch).