Zwei im Mai ergangene Urteile stärken das Recht auf Versammlungsfreiheit, indem sie Protestcamps als Teile der Versammlung anerkennen. Das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 24. Mai 2022 – Az. 6 C 9.20) hatte darüber zu entscheiden, ob ein im August 2017 für die Dauer von elf Tagen angemeldetes Klimacamp im Rheinland als von Art. 8 Abs. 1 GG geschützte Versammlung anzusehen war. Die Klägerin hatte neben Feldküchen, Sanitäranlagen, Versorgungs- und Veranstaltungszelten auch verschiedene Flächen für die Übernachtung von bis zu 6.000 Personen angemeldet. Für einen Teil dieser Schlafzelte, die etwa 800 m vom Hauptteil des Klimacamps entfernt lagen, verweigerte die Polizei die Anerkennung als Versammlung und untersagte die Nutzung der Fläche. Das Bundesverwaltungsgericht urteilte nun, dass Protestcamps von der Versammlungsfreiheit geschützt sind, wenn sich „aus der Gesamtkonzeption des Veranstalters nach objektivem Verständnis ein auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteter kommunikativer Zweck ergibt“. Diese Voraussetzungen sah es im Falle des Klimacamps als erfüllt an, da dies auf die „durchgehende Praktizierung einer umweltverträglichen Art des Zusammenlebens gerichtet“ gewesen sei. Die Versammlungsfreiheit umfasse auch die Camp-Infrastrukturen, „wenn sie entweder einen inhaltlichen Bezug zur bezweckten Meinungskundgabe der Versammlung aufweisen oder für die konkrete Veranstaltung logistisch erforderlich sind und zu ihr in einem unmittelbaren räumlichen Zusammenhang stehen.“
Das Verwaltungsgericht (VG) Hamburg (Urteil vom 4. Mai 2022 – 21 K 264/18) entschied zum Protestcamp gegen den G20-Gipfel 2017 auf der Elbinsel Entenwerder. Nachdem das Bundesverfassungsgericht damals ein vorheriges Verbot aufgehoben und das VG Hamburg klargestellt hatte, dass die Errichtung des Protestcamps vorläufig erlaubt war, blockierte die Polizei am Abend des 2. Juli 2017 kurzfristig den Zugang zum Veranstaltungsort. Zwar wurde drei Tage später noch ein verkleinertes Camp gerichtlich zugelassen, zur Errichtung kam es jedoch nicht mehr. Das VG Hamburg stellte nun fest, dass sowohl das polizeiliche Absperren der Elbinsel Entenwerder als auch die Untersagung der Errichtung des Protestcamps mit Schlafzelten, Duschen und Küchen rechtswidrig war.