Mit Beschluss vom 14. November 2024 (Az.: 1 BvL 3/22) entschied das Bundesverfassungsgericht (BVerfG), dass die Bestimmungen im nordrhein-westfälischen Polizeigesetz (PolG NRW) zur längerfristigen Observation bei gleichzeitigem Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Bildaufnahmen und -aufzeichnungen mit dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung unvereinbar sind. Das Verfahren war dem Verfassungsgericht vom Bundesverwaltungsgericht vorgelegt worden, das über die Revision einer Klägerin zu entscheiden hatte, die selbst nicht Zielperson der Überwachung war. Sie war jedoch im Rahmen der Observation einer als sog. ‚Gefährder‘, aus dem Spektrum politisch rechts motivierter Kriminalität, eingestuften Person mehrfach beobachtet und fotografiert worden.
Das BVerfG bemängelte, dass die Überwachungsmaßnahmen keiner hinreichenden Eingriffsschwelle unterlägen. Als Eingriffsschwellen werden die Voraussetzungen für die polizeiliche Maßnahme bezeichnet, also inwiefern eine Gefahrenlage in der jeweiligen Situation absehbar erscheint. Im vorliegenden Fall gestattete das PolG NRW die Überwachungsmaßnahmen, „soweit Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese Personen Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen wollen“.[1] Da insbesondere die Kombination von Observation und Bildaufzeichnungen zu tiefgreifenden Eingriffen in die Privatsphäre der Betroffenen führen könne, sei die Eingriffsschwelle bloßer „Tatsachen, die die Annahme rechtfertigen,“ zu gering. Vielmehr bedürfe es für derart weitreichende Überwachungsmaßnahmen einer konkreten oder wenigstens konkretisierten Gefahr, also einer besser begründeten Prognose einer zukünftigen Gefahrenlage.
Angesichts ähnlicher vorheriger Entscheidungen des Gerichts zum BKA-Gesetz und zum Sicherheits- und Ordnungsgesetz Mecklenburg-Vorpommerns überrascht diese Entscheidung nicht. Sie zeigt aber einmal mehr, dass Landesparlamente häufig einschränkende Vorgaben des BVerfG nicht oder nur unvollständig in ihren Gesetzen umsetzen und damit Grundrechte gefährden.[2]