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Polizisten als Geschichtsschreiber – Verschweigen, verharmlosen und vernebeln

von Martin Schauerhammer, Norbert Pütter und Jan Wörlein

Wenn Polizisten sich mit der Geschichte des eigenen Berufes und der eigenen Behörde befassen, leisten sie auch einen Beitrag zum Selbstbild der Profession. Aber wie löst man diese Aufgabe, wenn die jüngste Vergangenheit von Verschleppung, Folter und Massenmord bestimmt ist?

Runde und halbrunde Jubiläen sind auch für Polizeibehörden und ihre RepräsentantInnen willkommene Anlässe des Rückblicks. Hier eine exemplarische Auswahl: 1973 würdigten vier Berliner Polizisten den 125-jährigen Geburtstag der „Berliner Schutzmannschaft“ mit einer 96-sei­tigen Festschrift.[1] In den zehn Textseiten, die der nationalsozialistischen Phase gelten, erwähnen sie zwar, dass mehr als 2.600 der insgesamt 85.000 preußischen Polizisten nach der „Machtergreifung“ die Polizei verlassen mussten. Darüber, was die verbliebenen Schutzpolizisten taten, erfahren die LeserInnen jedoch nur wenig: Die Umorganisation des Apparates, der Wechsel der Uniformfarbe werden benannt, die Probleme des zunehmenden Straßenverkehrs nehmen einen vergleichsweise breiten Raum ein. Polizisten als Geschichtsschreiber – Verschweigen, verharmlosen und vernebeln weiterlesen

Braune Wurzeln – Der lange Weg des BKA zur eigenen Geschichte

Interview mit Dieter Schenk

„Das BKA hat keine nationalsozialistische Vergangenheit“, erklärte die Bundesregierung noch 2001, als Dieter Schenks Buch über die „braunen Wurzeln“ des Bundeskriminalamts erschien. Sechs Jahre später nahm das Amt mit drei Kolloquien endlich den Anlauf, sich seiner Geschichte zu stellen.[1]

Herr Schenk, was war der Anlass für Ihr Buch über die braunen Wurzeln des BKA?

Ich war von 1981-89 beim BKA. In dieser Zeit habe ich zwar immer wieder von den „Charlottenburgern“ gehört. Das seien Altvordere des Amtes gewesen, die aus der NS-Zeit belastet waren. „Charlottenburger“ hießen die deshalb, weil der Kern dieser Gruppe einen gemeinsamen Kommissarslehrgang an der SS-Führerschule in Charlottenburg absolviert hatte. Wenn ich mehr über diesen Kreis wissen wollte, konnte oder wollte man mir nichts sagen; über diesen Leuten lag ein Grauschleier. Als ich dann Mitte der 90er Jahre mit der Biografie über Horst Herold begann, wollte ich den „Charlottenburgern“ auch ein Kapitel widmen, weil sie schließlich zur Geschichte des BKA gehören. Ich habe dann in Erfahrung gebracht, dass es von Paul Dickopf, Herolds Vorgänger als BKA-Präsident, einen umfangreichen Aktennachlass gibt. Dickopf starb 1973. Er hat alles mögliche penibel gesammelt – das sind 68 Bände im Bundesarchiv in Koblenz. Braune Wurzeln – Der lange Weg des BKA zur eigenen Geschichte weiterlesen