von Ben Hundertmark
In sozialen Netzwerken beteiligen sich Polizeibehörden an der Gefühlsaufladung ihrer Institutionen: Mit humoristischen und personalisierten Kommunikationsangeboten suchen sie den Kontakt zu Bürger*innen. Das Verhältnis zwischen staatlichen Organisationen und der Zivilgesellschaft wird im digitalen Raum neu verhandelt.
Im Januar 2020 pointierte Marcus da Gloria Martins, ehemaliger Pressesprecher der Polizei München, bei der Vortragsreihe TEDx TALKS ein Dilemma polizeilicher Öffentlichkeitsarbeit in sozialen Netzwerken:
„Social Media funktioniert nur mit Emotionen, nur. Ganz im Ernst: Finden Sie uns wahnsinnig emotional? Nein, oder? … Und dann müssen wir Humor? Dann müssen wir Emotionen? Das ist sehr schwierig“[1]
Einerseits sind Polizeibehörden in Deutschland an rechtliche Grundsätze der Neutralität, Sachlichkeit und Richtigkeit gebunden, welche auch im Kontext von Kommunikationsangeboten an Bürger*innen im digitalen Raum gelten. Andererseits wollen sie eben dort Sichtbarkeit, Ansprechbarkeit und Präsenz vermitteln. Dafür müssen sie sich im Wetteifern um Aufmerksamkeit und Reichweite den Kommunikationskulturen und sozioalgorithmischen Funktionslogiken sozialer Netzwerke anpassen, was die kontinuierliche (Re-)Produktion von Emotionen sowie das Hervorrufen affektiver Reaktionen bei adressierten Nutzer*innen erforderlich macht. Blaue Gefühlswelten: Emotion und Affekt digitaler Polizeiarbeit weiterlesen →
von Stephanie Schmidt
Die Polizei sei die bekannteste und zugleich am Wenigsten verstandene Regierungsinstitution, formuliert der Soziologe Egon Bittner.[1] Das ist wenig verwunderlich, führt doch die organisational angelegte Geheimhaltung zu einer starken Beschränkung des Blicks von außen und zu hohen Hürden für Forschende.[2] Zugleich existiert in der Gesellschaft ein mehr oder weniger fundiertes Wissen über die Polizei, das sich aus unterschiedlichsten Wissensbeständen speist.
Auch wenn sich die Häufigkeit und Intensität polizeilichen Kontakts im Alltag stark voneinander unterscheidet, ist den allermeisten Menschen bewusst, dass es eine Polizei in Deutschland gibt, wie diese aussieht, was deren Aufgabe ist und auch welches Verhalten von ihnen in Gegenwart der Polizei erwartet wird. Was können wir wissen? – Wissensproduktion und Wissensverwaltung in der Polizei weiterlesen →
von Matthias Becker
Daten aus Twitter oder Facebook haben zunehmende Bedeutung für Polizei und Nachrichtendienste. Die Massendaten aus der unmittelbaren Kommunikation der Bevölkerung sollen Aufschlüsse über Gefährdungspotenziale und RisikoträgerInnen geben – ohne wirksame Kontrolle über die Verarbeitung und Auswertung.
„Künstliche Intelligenz trifft Risikoanalyse!“ So wirbt das Wiener Unternehmen Prewave für seine Dienstleistungen, darunter die Streik-Vorhersage anhand von Daten aus den Sozialen Medien. „Ein Streik kann definiert werden als eine geplante Aktion von Beschäftigten oder Gewerkschaften, um die Arbeit anzuhalten oder zu verlangsamen“, heißt es in einem wissenschaftlichen Beitrag der Prewave-Gründerin Lisa Madlberger von 2016.[1] Aber: „Schäden können durch rechtzeitige und effiziente Reaktion verringert werden. Allerdings geht oft wertvolle Zeit verloren, weil die Unternehmen zu spät von einem Streik bei ihren Zuliefern oder Transporteuren erfahren.“ Dagegen soll Prewave helfen, indem die Sozialen Medien in Regionen von Interesse systematisch ausgewertet werden, um sich anbahnende Arbeitsniederlegungen zu erkennen. Den Zulieferer zu wechseln, ist übrigens eine gängige Maßnahme im Supply Change Management. Laut eigenen Angaben gehören zu den Auftraggebern der Firma „große Automobilhersteller, Banken, Logistikkonzerne und Reedereien“.[2] Big Data Überwachung: Die wachsende Rolle der Social Media Intelligence weiterlesen →
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