Vorverlagerte Migrationskontrolle – Polizeiliche Verbindungsbeamte im Ausland

Mark Holzberger

Den Import von Drogen schon in den Herkunfts- bzw. Transitländern unterbinden – das ist der strategische Ansatz für die Entsendung polizeilicher Verbindungsbeamter ins Ausland.[1] Was (angeblich) gegen den Drogenhandel hilft – so denkt man sich in Berlin und Brüssel –, nutzt auch, um Migrations- und Fluchtrouten nach Westeuropa zu kappen.

1983 beschloss die Bundesregierung ein „Aktionsprogramm zur Bekämpfung des Drogen- und Rauschmittelmissbrauchs“, in dem sie u.a. folgende Strategie der Vorverlagerung proklamierte: Die polizeiliche Drogenbekämpfung sollte nicht erst im Inland beginnen, sondern bereits in den Produktions- und Transitregionen.[2] Zentrales Element dieser Strategie war neben der Ausstattungshilfe für die Polizeien der betreffenden Staaten die Entsendung von Verbindungsbeamten (VBs) des Bundeskriminalamts (BKA).

Zu diesem Zeitpunkt hatte das Amt bereits drei Beamte im Ausland stationiert: in Istanbul (seit 1972), in Rom (seit 1978) und in Madrid (seit 1980). Heute verfügt das BKA weltweit (nach der US-amerika­ni­schen Drogenpolizei DEA) über das zweitgrößte Netz von Auslandsposten. 55 BKA-VBs arbeiten in insgesamt 40 Ländern rund um den Globus:[3] sieben in Süd- und jeweils zwei in Mittel- und Nordamerika; drei in Afrika; jeweils 15 in Asien und Osteuropa und elf in Westeuropa. In Westeuropa sind sie unmittelbar bei den polizeilichen Zentralstellen des jeweiligen Staates angesiedelt, ansonsten ist ihr Arbeitsplatz in der jeweiligen deutschen Botschaft. Formell sind sie alle auf der Grundlage einer Vereinbarung zwischen dem Bundesinnenministerium (BMI) und dem Auswärtigen Amt (AA) in den Geschäftsbereich des letzteren abgeordnet. Das AA nimmt auch die Zuweisung an die jeweilige Auslandsvertretung vor. Die Dienst- und Fachaufsicht verbleibt jedoch beim BMI.

Das Mandat der Verbindungsbeamten umfasst nicht mehr nur die Bekämpfung des Drogenhandels, sondern auch die der „Organisierten Kriminalität“ und des Terrorismus. Ihre Hauptaufgabe ist die Informationsgewinnung und der Informationsaustausch im Kontakt mit den zuständigen Behörden des Empfangsstaates sowie den VBs anderer Staaten. Dabei werden sie „sowohl ermittlungsinitiierend als auch ermittlungsunterstützend tätig“.[4] Über sie läuft auch die bundesdeutsche Ausbildungs- und Ausrüstungshilfe für die örtlichen Polizeien, was im Nebeneffekt dazu führt, dass die VBs sich faktisch auch als Türöffner für die deutsche Industrie betätigen.

Dem BKA zugeordnet sind ferner die deutschen Verbindungsbeamten beim Interpol-Generalsekretariat in Lyon sowie bei Europol in Den Haag.[5] Letztere kommen zum Teil auch vom Zollfahndungsdienst, der daneben über die klassischen Zollattachés und eigene Verbindungsbeamte im Ausland vertreten ist.

Deutsche Migrationskontrolleure

Seit einigen Jahren ist auch der Bundesgrenzschutz (BGS) jenseits der Grenzen präsent: In den Jahren 2000/2001 waren 30 BGS-Beamte für kurzzeitige Missionen in EU-Ländern und 124 DokumentenberaterInnen an deutschen Auslandsvertretungen tätig. Darüber hinaus hat der BGS 13 eigentliche grenzpolizeiliche Verbindungsbeamte – so genannte Immigration Liaison Officers (ILOs) – im Ausland stationiert, sechs in West- und sieben in Osteuropa. Die Entsendung zweier weiterer nach Moskau und Budapest ist geplant.[6] Deutsche ILOs werden ebenfalls in den Geschäftsbereich des AA eingliedert. Sie können vom AA im Empfangsstaat auch direkt einer (Grenz-)Polizeibehörde oder einem Ministerium zugewiesen werden. Ihnen „obliegt in strategischer und taktischer Hinsicht die Beobachtung der grenzpolizeilich bedeutsamen Lagefelder im Empfangsstaat, einschließlich der Lage an den Außengrenzen und der Maßnahmen zur Kriminalitätsbekämpfung, vornehmlich der international organisierten Schleusungskriminalität.“

Wie die Verbindungsbeamten des BKA haben auch die ILOs einen „präventiven und repressiven Auftrag“. Im Rahmen der Prävention sollen sie die deutschen Auslandsvertretungen bzw. die anderer EU-Staaten (und hier insbesondere die Dienststellen zur Visa-Erteilung) über neue Manipulationsmethoden bzw. Fälschungstechniken informieren und beraten. Ferner weisen sie die Beförderungsunternehmen darauf hin, dass sie nach dem deutschen Ausländergesetz verpflichtet sind, unerlaubte Einreisen nach Deutschland zu verhindern.

Ihre zweite Präventionsaufgabe besteht in der strategischen und taktischen Beurteilung der Migrationslage im Empfangsstaat, insbesondere an dessen Außengrenzen. Sie informieren sich hierfür an den Flughäfen, Land- und Seegrenzen des Empfangsstaates und beraten ihre örtlichen Grenzpolizei-Kollegen darüber, welche Auswirkungen ihre Tätigkeit für Deutschland haben könnte. Dies alles mag man als „präventiv“ bezeichnen, auch wenn hinter der „Beratung“ die Drohung mit Zwangsgeldern (gegen Beförderungsunternehmen) oder mit politischen Nachteilen steht. [7]

Deutsche ILOs haben aber auch operative Aufgaben: So dürfen sie nicht nur – wie die BKA-VBs – bei Vernehmungen von Tatverdächtigen oder Zeugen, an Durchsuchungen und anderen Ermittlungsmaßnahmen teilnehmen (ohne aber selbst hoheitlich tätig zu werden). Sie sollen auch konkrete Maßnahmen der internationalen grenz- und bahnpolizeilichen Zusammenarbeit betreuen und koordinieren. Und schließlich gehört es zu ihren Aufgaben, Abschiebungen von Deutschland aus vorzubereiten und zu unterstützen.

Europa zieht nach

Polizeiliche Verbindungsbeamte werden aber nicht nur von Deutschland aus in die Welt geschickt. Nicht zuletzt aufgrund von Initiativen der ehemaligen TREVI-Kooperation verfügen die EU-Staaten heute zusammen über mehr als 300 VBs.[8] Nur wenige arbeiten jedoch an der Eindämmung irregulärer Migration: Eine im vergangenen Jahr durchgeführte Umfrage der Arbeitsgruppe „Grenzen“ des Rates, an der sich allerdings nicht alle Verbindungsbeamten der EU-Staaten beteiligten, ergab, dass sich lediglich zwölf von ihnen ganz oder überwiegend diesem Thema widmeten. Weitere 23 verwenden darauf nur die Hälfte ihrer Arbeitszeit oder noch weniger.[9]

Die Arbeit von ILOs aus der EU fußt rechtlich auf dem Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ). Gestützt auf Art. 7 und 47 SDÜ hatte der Schengener Exekutivausschuss im April 1999 unter deutschem Vorsitz – auf seiner letzten Sitzung vor der Überführung der Schengen-Kooperation in die EU-Strukturen – ein Konzept über die Entsendung von ILOs beschlossen.[10] Die darin enthaltene Aufgabenbeschreibung geht zum Teil selbst über die weitgehenden deutschen Regelungen hinaus und erlaubt den ILOs, sich z.B. auch an Streifengängen zu beteiligen.

Trotz ihrer umfänglichen Kompetenzen beklagen die VBs/ILOs jedoch die mangelnde Koordination und Kooperation mit ihren europäischen KollegInnen. Diese Defizite werden zum einen darin gesehen, dass es an einem EU-weiten Koordinationsmechanismus für den ILO-Einsatz fehlt. Die Beamten würden ohne Absprache zwischen den Mitgliedstaaten in die Welt geschickt, was zur Folge habe, dass an wenigen Brennpunkten (z.B. Bangkok oder Moskau) deutliche Überkapazitäten entstünden, während andernorts zu wenige oder keine ILOs arbeiteten.

Zum andern repräsentierten ILOs zunächst nur die Regierungen ihres Staates. Und das hat Folgen: Erstens vertreten ILOs aus verschiedenen EU-Ländern, auch wenn sie am selben Ort stationiert sind, in der Regel nur die Interessen ihres Herkunftslandes. Diese unterscheiden sich aber immer wieder von denen anderer EU-Staaten. Daher könnten die ILOs der EU-Staaten in den Empfangsstaaten oftmals nicht mit einer Sprache sprechen. Deutschland stellt hier zumindest insoweit eine Ausnahme dar, als auf dem Papier deutsche Verbindungsbeamte, „die in Staaten außerhalb der EU eingesetzt sind, auch durch EU-Mitglied­staaten in Anspruch genommen werden können, soweit diese dort nicht mit eigenen Verbindungsbeamten vertreten sind.“[11] Zweitens nutzen die ILOs der EU keine gemeinsame Infrastruktur (Räumlichkeiten, Datennetze), sondern arbeiten vorrangig an den Botschaften ihrer Herkunftsländer. Kontakte zu den Botschaften anderer EU-Staaten sind rar. Und drittens werden zwischen den ILOs zumeist nur allgemeine (strategische), nicht aber operative Informationen weitergegeben – so wie es überhaupt nur selten zur operativen Zusammenarbeit kommt.

An diesen Befunden hat sich über die Jahre hinweg offenbar nicht viel geändert. Der Bericht und die Schlussfolgerungen einer unter griechischer Präsidentschaft im Februar 2003 durchgeführten Tagung über Aufbau und Entwicklung eines ILO-Netzes in Drittstaaten sind nahezu deckungsgleich mit den Ergebnissen eines ähnlichen Seminars im November 2000 auf Funchal/Madeira.[12]

Das europäische ILO-Netz

In ihrem „Aktionsplan zur besseren Kontrolle über die Einwanderung“ hatte die damalige französische EU-Präsidentschaft im Juli 2000 Maßnahmen zur Verbessung der 1999 begonnenen internationalen Früherkennung von Flucht- und Migrationsbewegungen beschlossen. Im Rahmen dessen wollte man auch die Entsendung von ILOs aus EU-Staaten insofern „rationalisieren“, als es ILOs eines EU-Landes ermöglicht werden sollte, die (Abschottungs-)Interessen anderer EU-Länder an ihrem Einsatzort zu vertreten und dort „Aktionen von gemeinsamem Interesse“ durchzuführen.[13] Im Mai 2001 beschloss der EU-Innen- und Justizrat dann ein diesbezügliches Pilotprojekt, nämlich die Einrichtung eines Netzes von ILOs der EU-Mitgliedstaaten im Gebiet des westlichen Balkan, „um koordiniert auf das Problem der illegalen Migrationsströme“ aus den dortigen Staaten reagieren zu können. Tatsächlich wurde dieses ILO-Netz deutlich über den westlichen Balkan hinaus geworfen – es reicht über Bulgarien, die Türkei bis hin nach Moldawien! Die ILOs sollen vor Ort bzw. innerhalb des ILO-Netzes operativ zusammenarbeiten, ihre Arbeit koordinieren und gemeinsame Lageberichte verfassen. Sie sollen strategische und taktische Informationen über illegale Zuwanderung „proaktiv erheben“ und diese dann ggf. über ihre Herkunftsländer an EUROPOL weitergeben. Darüber hinaus können die Mitgliedstaaten eine Kooperation ihrer ILOs mit VBs des Zolls „sowie im militärischen Bereich“ ermöglichen. Tatsächlich konnte dieses Pilotprojekt – aus haushaltsrechtlichen Gründen – jedoch nicht vor Ende 2002 beginnen.[14]

Der EU-Gipfel von Sevilla im Juni 2002 befasste sich schließlich mit einer ganzen Serie von Vorlagen, die allesamt u.a. auf die Arbeit von ILOs Bezug nahmen: der sog. Schengen-Katalog über die Empfehlungen und bewährten Praktiken, der Aktionsplan des Rates zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung, jener zur verstärkten Kontrolle der EU-Außengrenzen sowie die Durchführbarkeitsstudie über den Aufbau einer EU-Grenzpolizei.[15]

Auf der Grundlage dieser Papiere beschlossen die Staats- und Regierungschefs, ein allgemeines Netz von ILOs in Drittstaaten – über den „westlichen“ Balkan hinaus – zu schaffen.[16] Die nachfolgende dänische EU-Präsidentschaft lancierte zur Umsetzung dieses Beschlusses eine Umfrage unter den VBs bzw. ILOs der EU. Dabei kam heraus, dass zwar „bereits ein eng geknüpftes Netzwerk zwischen den Verbindungsbeamten in den meisten Drittstaaten“ existiere, die Einsätze der ILOs der Mitgliedstaaten jedoch unter den oben beschriebenen Mängeln litten.[17] Und um diese zu beheben, schlug die dänische Präsidentschaft vor,

  • ein Gemeinsames Handbuch über bewährte Praktiken zu erstellen
  • gemeinschaftliche Trainingsprogramme zu entwickeln und durchzuführen
  • die Kooperation auf lokaler Ebene – zwischen ILOs und dem Personal anderer EU-Botschaften – zu verbessern
  • die Koordination innerhalb der EU zu optimieren: Über ILOs eingehende Informationen über Migrations- und Fluchtbewegungen sollen beim „Strategischen Ausschuss für Einwanderungs-, Grenz- und Asylfragen“ (SAEGA+) zusammengefasst werden (der seit kurzem zusammen mit den Leitern der Grenzkontrolldienste der Mitgliedstaaten tagt). Informationen über Rückführungen hingegen sollen (von den ILOs über die Mitgliedsländer) bei der Ratsarbeitsgruppe „Abschiebungen+“ zusammenlaufen.
  • nunmehr auch operative (inkl. personenbezogener) Informationen auszutauschen – und zwar „über das hinausgehend, was derzeit unter Berücksichtigung der nationalen Rechtslage erfolgt“.

Diesen Empfehlungen schloss sich der Innen- und Justizrat der EU im November 2002 sinngemäß an.[18] Konkret wurden zwei Schritte unternommen, um die Effektivität der ILOs vor Ort zu erhöhen:

Erstens sollen die EU-ILOs kurzfristig an einer derzeit in Aufbau befindlichen sicheren Intranet-Website für die mit Migrationsfragen befassten Behörden der Mitgliedstaaten, das sog. „Information and Co-ordination Network“ (ICONet), teilhaben. Damit will der Rat dem vielfach geäußerten Bedürfnis der ILOs nach einem geschützten Datenkanal zum Austausch vertraulicher Informationen nachkommen.[19]

Zweitens versucht der Rat, die Mitgliedstaaten zu verpflichten, dass die von ihnen entsandten VBs im Ausland auch tatsächlich zusammenarbeiten. Im Februar 2003 nahm er einen entsprechenden „Beschluss über die gemeinsame Inanspruchnahme von VBs der Strafverfolgungsbehörden der EU-Staaten“ an.[20]

Inzwischen liegt – übrigens noch bevor das erwähnte ILO-Projekt auf dem Balkan überhaupt beendet bzw. ausgewertet worden ist – ein erster Entwurf für einen vergleichbaren Beschluss zur ILO-Kooperation vor. Dieser beschreibt die Aufgaben von EU-ILOs detailliert (aber weniger umfassend als ehedem die Schengener Konzeption). Die EU-Staaten sollen sich demnach gegenseitig über erfolgte bzw. geplante Entsendungen von ILOs unterrichten. Den Mitgliedstaaten soll es zudem möglich sein, bi- bzw. multilateral zu vereinbaren, dass ein ILO auch die Interessen eines oder mehrerer anderer Mitgliedstaaten übernehmen kann und dass mehrere EU-ILOs in einem Land die Arbeit unter sich aufteilen dürfen. Herzstück dieses Entwurfes aber ist die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, „Sorge dafür zu tragen“, dass die von ihnen entsandten ILOs im Empfangsstaat „Kooperationsnetze einrichten“. So sollen sich die EU-ILOs regelmäßig treffen und Informationen austauschen können – wobei aber unklar bleibt, ob auch operative, d.h. personenbezogene Informationen übermittelt werden dürfen. Auf jeden Fall sollen sich die EU-ILOs auf eine gemeinsame Vorgehensweise bei der Erhebung und Weiterleitung von strategisch wichtigen Informationen an die zuständigen Behörden ihrer Herkunftsländer einigen. Umstritten sind offenkundig zwei neuartige Aufgabenbereiche: dass die ILOs nämlich die Entwicklung gemeinsamer Praktiken und Maßnahmen, einschließlich im Visumbereich, fördern sowie die bei Kontakten mit den Behörden des Gastlandes zu vertretenden Standpunkte koordinieren sollten.[21] In einer überarbeiteten Version dieses Verordnungsentwurfes wurden diese beiden ursprünglichen Punkte erst einmal gestrichen.[22]

Politische statt polizeiliche Lösungen sind gefragt

Der Einsatz von ILOs mache sich „eindeutig bezahlt“, freuten sich die Innen- und JustizministerInnen der EU im November 2002. Die Realität dürfte jedoch nach wie vor eher dem Urteil entsprechen, das eine polizeiliche Arbeitsgruppe im Februar 2002 abgab: „Sichtbare Ergebnisse (des migrationspolizeilichen Verbindungsbeamtennetzes) sind eher dürr.“[23] Die Anstrengungen, die die EU derzeit darauf verwendet, das ILO-Netz enger zu knüpfen, gleichen denen, die die seinerzeitige TREVI-Arbeitsgruppe III (Drogen und Organisierte Kriminalität) in den 80er Jahren in Bezug auf die Drogen-VBs der Mitgliedstaaten unternahm. Die Minister wiederholten in steter Regelmäßigkeit vollmundige Beschlüsse, die an der Realität des VB-Einsatzes und seiner Ausrichtung auf die Interessen der jeweiligen Herkunftsstaaten kaum etwas änderten.

Das Verbindungsbeamten-Konzept mag auf den ersten Blick unproblematisch erscheinen. Es lebt von der Idee, den direkten, auch persönlichen Kontakt zwischen den Polizeien zweier Staaten zu institutionalisieren, formelle (Rechtshilfe-)Verfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen (und bis an die Grenzen auszureizen). Die Geschichte der Drogen-VBs, die in den USA schon vor Jahrzehnten begann, belegt, dass dieses Konzept untrennbar mit den (nationalen) Interessen mächtiger Staaten und ihrer Polizeien verbunden ist, die dem schwächeren „Partner“ ihr Know-how, ihre Sichtweisen und gegebenenfalls auch ihre operativen Wünsche „nahelegen“. Das „Drogenproblem“ wurde dadurch nicht gelöst, und es ist absehbar, dass auch die (irreguläre) Migration so nicht zu stoppen ist. Mehr noch als in anderen Bereichen braucht es hier politischer und sozialer Antworten – statt immer neuer polizeilicher Aufrüstungsmaßnahmen.

Spätestens seit dem Sevilla-Gipfel der EU im Juni 2002 ist der Ausbau des Außengrenzschutzes der EU wieder groß im Mode. Dieser umfasst nicht nur den Bereich der Sicherung der unmittelbaren Grenzregion. Vielmehr geht es der EU um die Vorverlagerung der Migrations­kontrolle, also das Stoppen von ungesteuerten Migrations- und Fluchtbewegungen in den Herkunftsregionen und Transitländern mit polizeilichen Methoden. Dies ist die zentrale Aufgabe von ILOs. In diesem Kontext muss deren Arbeit analysiert und bewertet werden.

Mark Holzberger ist Referent für Flüchtlings- und Migrationspolitik in der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen und Mitglied der Redaktion von Bürgerrechte & Polizei/CILIP.
[1] vgl. Dufner, K.-H.: Verbindungsbeamte des BKA im Ausland – eine Erfolgsstory, in: der kriminalist 1999, H. 2, S. 59
[2] Rupprecht, R.: „Polizeilexikon“, Heidelberg 1995, S. 536
[3] Ratsdok. 6738/02 v. 4.3.2002; zur DEA s. Nadelmann, E.: Cops Across Borders, Pennsylvania State University Press 1993
[4] vgl. Ratsdok. 6783/02 v. 4.3.2002
[5] EUROPOL selber führt zwei VBs bei INTERPOL sowie zwei in den USA und hat Kooperationsabkommen mit zehn Nicht-EU-Staaten geschlossen, sechs haben bereits VBs nach Den Haag entsandt, Ratsdok. 8578/03 v. 25.4.2003); s.a. das Musterabkommen zur Stationierung von EUROPOL-VBs in Drittstaaten, Ratsdok. 6747/02 v. 1.3.2002.
[6] Ratsdok. 6738/02 v. 4.3.2002 sowie 9894/02 v. 4.7.2002
[7] So will die EU Informationen von ILOs bei der Bewertung von Drittstaaten nutzen, die sich bei der Bekämpfung der illegalen Migration nicht kooperativ verhalten. Der Gipfel in Thessaloniki beschloss dazu einen „Evaluierungsmechanismus“. Gegen die betreffenden Staaten sollen ggf. Sanktionen verhängt werden. Schlussfolgerungen des Vorsitzes – Thessaloniki, 19./20.6.2003, Pkt. 20 (http://ue.eu.int/pressData/de/ec/76285.pdf)
[8] Ratsdok. 5406/01 v. 17.1.2001
[9] Ratsdok. 13406/1/02 v. 25.11.2002
[10] SCH/Com-ex (99) 7, 2. Rev., s. Amtsblatt der EG Nr. L 239 v. 22.9.2000, S. 411 ff.
[11] so Dufner a.a.O. (Fn. 1); ebenso Ratsdok. 6738/02 v. 4.3.2002
[12] Ratsdok. 7400/03 v. 13.3.2003 und 7462/03 v. 14.3.2003 sowie Ratsdok. 13474/00 v. 31.11.2000
[13] Ratsdok. 10017/00 v. 4.7.2000
[14] Ratsdok. 9118/01 v. 28./29.5.2001 sowie 13406/1/02 v. 25.11.2002
[15] Ratsdok. 5018/1/02 v. 8.2.2002 (Pkt. 1.2 und 7.3); Ratsdok. 6621/1/02 v. 27.2.2002 (Pkte. 50-52); Ratsdok. 10019/02 v. 14.6.2002 (Pkt. 67 f.); Feasibility Study for the Setting Up of a European Border Police, Rom 30.5.2002 (pp. 54-57)
[16] Dok. SN 200/02 v. 21./22.6.2002 (Pkt. 32)
[17] Ratsdok. 13406/1/02 v. 25.11.2002
[18] Ratsdok. 13406/1/02 v. 25.11.2002 sowie 14817/02 v. 28./29.11.2002
[19] Ratsdok. 14441/02 v. 19.11.2002
[20] Amtsblatt der EG Nr. L 67 v. 12.3.2003, S. 27
[21] Ratsdok. 9870/03 v. 3.6.2003
[22] Ratsdok. 10636/03 v. 8.6.2003
[23] Ratsdok. 14817/02 v. 28./29.11.2002; OISIN: Police and Border Security, Brüssel, 29.3.2002, p. 11