von Tony Bunyan
„Besondere Ermittlungsmethoden“ und geheimdienstliche „Erkenntnisse“ als Beweismittel: Die Gruppe der sieben stärksten Industriestaaten plus Russland (G8) will im „Krieg gegen den Terror“ neue globale Standards durchsetzen und findet damit – zumindest teilweise – Anklang in der EU.
Seit dem 11. September 2001 hat die G8 eine führende Rolle in der Politik „innerer Sicherheit“ übernommen. Als „globale“ Gruppierung unter der Führung der USA setzt sie globale Standards. Die ersten Forderungen hat die EU bereits übernommen: Die Einführung biometrischer Pässe ist beschlossen, die Speicherung von Telekom-Verbindungsdaten steckt im Gesetzgebungsverfahren des Rates der EU-Innen- und Justizminister, und auch mit der Weitergabe von Flugpassagierdaten haben sich die USA durchgesetzt.
Die Agenda des „Krieges gegen den Terror“ ist damit aber noch nicht abgeschlossen. Seit Anfang 2002 beschäftigen sich die G8-Gremien mit der Frage: Wie können die Ergebnisse geheimer Überwachungen „befreundeter Dienste“ in ausländischen Strafverfahren genutzt werden und zwar so, dass die Quellen dieser „Erkenntnisse“ weiterhin geheim bleiben? Auf ihrer Jahrestagung in Mont Tremblant (Kanada) am 13. und 14. Mai 2002 verabschiedeten die G8-Innen- und Justizminister Empfehlungen über die Bekämpfung „transnationaler Kriminalität“, in denen sie eine „Stärkung der Ermittlungskapazitäten“ und „besondere Ermittlungstechniken“ forderten, im Klartext: „elektronische und andere Techniken der Überwachung, verdeckte Operationen und kontrollierte Lieferungen“. Die von der Lyon-Gruppe, einem 1996 ins Leben gerufenen Arbeitskreis von Polizei- und Ermittlungsbehörden aus den G8-Staaten, erarbeiteten Empfehlungen fordern dazu auf, die „nationalen Bestimmungen für den Einsatz solcher Techniken zu überprüfen und dabei sicherzustellen, dass die notwendige Anonymität von verdeckten Ermittlern gewahrt bleibt.“ Wo erforderlich solle man bi- oder multilaterale Vereinbarungen über die Nutzung „besonderer Ermittlungstechniken“ bei internationalen Operationen schließen. Von anderen Staaten erhaltene „sensitive Informationen“ seien so weit als irgend möglich gegen eine Offenlegung in Strafverfahren zu schützen. Die jeweils beteiligten Staaten müssten im Voraus „potenzielle Schwierigkeiten“ erörtern.[1] Auf der folgenden Jahrestagung in Paris am 5. Mai 2003 beauftragten die G8-Minister ihre Experten „Hindernisse zu identifizieren“, die der Rechtshilfe auf diesem Gebiet im Wege stünden.[2]
Am 1. Januar 2004 lösten die USA Frankreich in der G8-Präsidentschaft ab und begannen sowohl innerhalb der Gruppe als auch in den Verhandlungen mit der EU verstärkt Druck auszuüben. Im Rahmen der „neuen transatlantischen Agenda“ fand am 23. Februar in Dublin ein Treffen von EU- und US-Vertretern zu innen- und rechtspolitischen Themen statt. Unter dem Tagesordnungspunkt „Terrorismusprävention“ forderte die amerikanische Seite nicht nur, die Auslieferung von Personen wegen „Vorbereitungshandlungen“ zu ermöglichen, sondern auch die gemeinsame Nutzung geheimdienstlicher Erkenntnisse bei gleichzeitigem Quellenschutz. Dabei, so heißt es im Bericht des Treffens, gehe es um zwei Fragen: „1. Haben Staaten die rechtliche Möglichkeit, geheimdienstliche Informationen zu schützen, und 2. wie können die (Strafverfolgungs-)Behörden eines Staates darüber informiert werden, dass ein anderer Staat über geheimdienstliche Informationen zu einem Terrorismusfall verfügt, in dem sie gerade ermitteln.“[3] Die USA seien bereit, diesbezüglich mit der EU zu kooperieren und empfahlen als ersten Schritt, Informationen über die rechtliche Situation in den EU-Staaten zusammenzutragen. Hierzu könne man sich eines Fragebogens bedienen, den die Rom-Gruppe der G8 – das Gremium ihrer geheimdienstlichen Anti-Terror-Experten – erarbeitet habe und den die US-amerikanische Präsidentschaft Anfang des Jahres an die G8-Mitgliedstaaten versandt hatte.
Erheblich deutlicher wurden die Forderungen der USA auf der Washingtoner Jahrestagung der G8-Innen- und Justizminister am 11. Mai, die wiederum eine Reihe von Empfehlungen verabschiedete.[4] Die nationalen Rechtssysteme sollten ein „breites Band von besonderen Ermittlungstechniken für Zwecke der internationalen Kooperation“ zulassen – nämlich den Einsatz Verdeckter Ermittler und geheimer Video- und Abhörgeräte, die „Überwachung aller Formen der elektronischen Kommunikation“ sowie andere „kritische Maßnahmen“. Erstaunlich an diesen Empfehlungen ist dabei nicht nur die Unverfrorenheit, mit der geheime Methoden gefordert werden, sondern auch die Vorstellung davon, wie die Ergebnisse dieser Überwachungen in ausländischen Strafverfahren einzubringen wären: „Die bloße Tatsache, dass eine besondere Ermittlungsmethode, die der ersuchte Staat nach seinem Recht angewandt hat, im ersuchenden Staat … nicht möglich wäre, sollte nicht per se verhindern, dass deren Ergebnisse vor den Gerichten des ersuchenden Staates als Beweismittel genutzt werden.“ Anders ausgedrückt: die Polizei des Staates X kann den Staat Y um einen Lauschangriff ersuchen, der ihr zu Hause verboten wäre. Hauptsache ist, dass die so gewonnenen Erkenntnisse zur Verurteilung des Angeklagten führen.
In einem weiteren Set von Empfehlungen legen die G8-Minister den Staaten nahe, „Gesetze anzunehmen und/oder Arbeitsmechanismen zu schaffen, die den Austausch von Informationen zwischen ihren Geheimdiensten, Polizeien und Strafverfolgungsbehörden im weitest möglichen Umfang erlauben.“[5] Erneut wird hervorgehoben, dass bei der Nutzung geheimdienstlicher Informationen in der Strafverfolgung der Quellenschutz zu wahren sei. Soweit es „mit einem fairen Verfahren vereinbar“ ist, könnte dies durch „Zusammenfassungen, Ersatz oder Vereinbarungen“ erfolgen. Geheimdienstliche Quellen sollen als Beweise verwertet werden, auch wenn die Verteidigung nur die amtliche Zusammen-
fassung der Aussage eines V-Mannes sehen darf, ersatzweise nur den
V-Mann-Führer vernehmen kann oder darauf verwiesen wird, dass Aussagegenehmigungen fehlen oder Akten gesperrt sind. Geheimdienstinformationen aus Drittstaaten sollen „nur unter den Bedingungen in einem Strafverfahren verwendet werden, auf die sich der mitteilende und der empfangende Staat geeinigt haben.“ Das alles soll „unter Berücksichtigung von Bürgerrechten und grundlegenden Rechtsprinzipien“ erfolgen.
Ein transatlantischer Fragebogen
Nur vier der 25 EU-Staaten – Großbritannien, Deutschland, Frankreich und Italien – gehören auch der G8 an. Insofern könnte man erwarten, dass die EU zu einer eigenständigen Politik in der Lage wäre. Spätestens die beim EU-US-Gipfeltreffen in Dromoland Castle (Irland) am 26. Juni 2004 verabschiedete „Erklärung zur Terrorismusbekämpfung“ belehrt eines Besseren.[6] Beide Seiten bekennen sich zum „Austausch von Informationen zwischen Geheimdiensten und Strafverfolgungsbehörden unter Berücksichtigung des nationalen Rechts“. Bei der Strafverfolgung von Terroristen sollen „– soweit dies das nationale Recht erlaubt – sensitive Informationen besser geschützt“ werden – und zwar in einer Weise, die die „Quellen schützt und gleichzeitig ein faires Verfahren gewährleistet.“ Man will „Ermittlungstechniken“ fördern und Vorschläge zum Austausch personenbezogener Informationen regelmäßig überprüfen. Eurojust soll verstärkt mit den US-Staatsanwälten kooperieren. Das Rechtshilfeabkommen zwischen der EU und den USA soll schnell in Kraft gesetzt werden, um die darin vorgesehene Bildung gemeinsamer Ermittlungsgruppen und eine verstärkte Zusammenarbeit zu ermöglichen – inklusive Überwachungsmaßnahmen auf Ersuchen der USA.
Dass die EU sowohl die Terminologie als auch die konkreten Forderungen der G8 bzw. der USA so schnell aufgegriffen hat, ist kaum verwunderlich. Seit Anfang 2002 ist die Kooperation mit den USA auf innen- und rechtspolitischem Gebiet erheblich enger geworden, was sich auch in der großen Zahl von Treffen zeigt. Bereits drei Wochen nach dem Dromoland-Gipfel, am 7. Juli, saßen erneut „hochrangige“ Vertreter beider Seiten im niederländischen Wassenaar zusammen. Das Protokoll vermerkt: „Der Fragebogen über die Nutzung geheimdienstlicher Informationen im Strafverfahren wurde diskutiert.“[7] Es ist derselbe, den die USA Anfang des Jahres den G8-Staaten vorgelegt hatte.
Am 28. Juli versandte die niederländische EU-Präsidentschaft diesen Fragebogen an die Vertreter der Mitgliedstaaten in der Strafrechtsarbeitsgruppe des Rates mit der Bitte um Beantwortung bis zum 1. September.[8] Im ersten Teil des Fragebogens geht es erneut um die Kriminalisierung von „Vorbereitungshandlungen“, oder besser: um die Kriminalisierung eines weiten Vorfeldes religiöser oder politischer Einstellungen. Sie dienen in den folgenden Abschnitten, die sich um „besondere Ermittlungstechniken“ und die Nutzung geheimdienstlicher „Erkenntnisse“ im Strafverfahren drehen, als Beispiele: „Gibt es in Ihrem Recht Beschränkungen für den Einsatz spezieller Ermittlungstechniken …? Kann Ihre Regierung beispielsweise offen oder verdeckt observieren, was in einem Gebetshaus oder einem sonstigen Gebäude, das einer religiösen oder karitativen Vereinigung gehört, vor sich geht? Kann an einem solchen Ort eine elektronische Überwachung vorgenommen werden? Gibt es Beschränkungen für Durchsuchungen oder Beschlagnahmen an solchen Örtlichkeiten?“ Weiter wollen die USA wissen, ob „religiöse Würdenträger“ durch ein Berufsgeheimnis besonders vor Überwachungen und Zwangsmaßnahmen geschützt seien. Und schließlich: „In welchem Maße erlaubt Ihr Recht die Verwertung von Informationen der nationalen Sicherheitsdienste in Strafverfahren bei gleichzeitigem Schutz der Quelle und der Verteidigungsrechte? … In welchem Umfang leisten Sie anderen Staaten Rechtshilfe durch die Sammlung von Informationen und Beweisen?“ Anders ausgedrückt: Können Polizei oder Geheimdienste eines EU-Staats im Auftrag der USA eine Moschee verwanzen?
Soweit ersichtlich haben nur elf Mitgliedstaaten auf den Fragebogen geantwortet.[9] Nur zwei stellen tatsächlich die rechtliche Situation in ihrem Land dar – Portugal und Deutschland. Die anderen äußern sich dagegen in erster Linie zur Qualität des Fragebogens und zum weiteren Vorgehen: Österreich sieht in den Fragen einen „klaren Trend“ zur Vorverlagerung des Strafrechts in „Bereiche, wo schutzwürdige Interessen der Individuen gefährdet“ würden und befürchtet unter anderem eine Vermischung von Strafverfolgung und geheimdienstlicher Tätigkeit. Griechenland vermisst den Hinweis auf die Europäische Menschenrechtskonvention und ist besorgt über Todesstrafen in den USA und Datenschutzfragen. Die Slowakei und Tschechien fordern, dass auch die USA die Fragen beantwortet, die sie gestellt hat. Belgien, Irland und Österreich fänden es „sehr nützlich“ wenn jene EU-Mitgliedstaaten, die auch der G8 angehören, die Antworten offen legen, die sie dort gegeben haben. Dies hat nur die deutsche Delegation getan, ihre Antwort auf den EU-Fragebogen ist mit ihrer G8-Antwort identisch. Belgien fordert ferner, Fragen gemeinsam zu erarbeiten.
Die britische Reaktion ist dagegen sehr bezeichnend. Großbritannien legt seine Antwort an die G8 nicht offen. Der Fragebogen sei den US-amerikanischen Belangen „angemessen“. Der Aufwand für das Ausfüllen sei jedoch „erheblich“, und es stelle sich daher die Frage, ob dieses Vorgehen effizient sei. Wünschenswerter sei, dass die G8 eine Reihe von Vorschlägen auf den Tisch lege und die EU-Mitgliedstaaten auffordere, Stellung zu nehmen, ob deren Umsetzung rechtliche oder andere Hindernisse entgegen stünden. Im Klartext: Die G8 soll die Initiativrolle übernehmen, die EU-Staaten sollen ihren Forderungen entsprechen oder begründen, welche Probleme sie damit haben. Deutlicher könnte man das britische Verständnis der „Atlantischen Allianz“ nicht formulieren.
Die Strafrechtsarbeitsgruppe des Rates diskutierte den Fragebogen Anfang September. „Einige Delegationen“ sahen Klärungsbedarf hinsichtlich des Zwecks der Umfrage. Die Angelegenheit wurde an den Artikel 36-Ausschuss, die Steuerungsgruppe der strafrechtlichen und polizeilichen Zusammenarbeit der EU, verwiesen. Diese beauftragte die niederländische Präsidentschaft, mit den US-Behörden in Kontakt zu treten, um das weitere Vorgehen festzulegen. Die USA und die europäischen G8-Mitglieder wurden zur Offenlegung ihrer Antworten im Rahmen der G8 aufgefordert.[10] Diese Reaktion scheint ein eher laues Interesse der EU an den US/G8-Forderungen zu dokumentieren. Allerdings sollte der Einfluss von hochrangigen Vertretern des Rates und der Kommission nicht unterschätzt werden, die sich regelmäßig mit ihren US-Partnern treffen und an G8-Arbeitsgruppen beteiligt sind.
Vorschläge des Anti-Terror-Koordinators
Die Verwertung geheimdienstlicher Informationen als Beweismittel im Strafverfahren stand bereits auf der Tagesordnung des Rates, als dieser Anfang 2004 hinter verschlossenen Türen seine Arbeit in Sachen Terrorismusbekämpfung bilanzierte. Diese Frage sei „eines der Hauptprobleme, die anzugehen sind“, heißt es in einem Bericht des Generalsekretariats des Rats an die Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten (Coreper). In einem „Evaluationsbericht“ von Ende Mai warf der zwei Monate zuvor nach den Anschlägen in Madrid eingesetzte Anti-Terror-Koordinator des Rates, Gijs de Vries, die Frage erneut auf.[11] Er wünschte sich eine „ganzheitliche Herangehensweise“ an das Problem, wie die verschiedensten staatlichen Institutionen Informationen gemeinsam nutzen könnten. In diesem Zusammenhang sei auch zu prüfen, „ob Sicherheitsdienste nicht auch einen permanenten Zugang zu Datenbanken der Polizei oder anderer Verwaltungen wie der Grenzbehörden haben sollten.“ De Vries hält ferner fest, dass einige Geheimdienste der EU Befugnisse zur „Überwachung der Telekommunikation und für Lauschangriffe haben, während es in anderen Mitgliedstaaten keinen spezifischen rechtlichen Rahmen für besondere Ermittlungstechniken gibt.“
Eine Aufgabe des Anti-Terror-Koordinators ist es, nationale Regelungen der Terrorismusbekämpfung zu evaluieren und „Empfehlungen zur Ergänzung oder Anpassung bestehender rechtlicher oder organisatorischer Arrangements“ zu erarbeiten. In seinem „Zwischenbericht“ vom November 2004 lässt sich de Vries auch über die „Sicherheitsdienste“ und die „Teilung“ von Informationen aus: „Entscheidend für das Aufdecken und Identifizieren von Terroristen, terroristischen Netzwerken und Individuen sowie für die Erstellung von Profilen ist der Zugang zu Datenbanken der Strafverfolgungsbehörden und anderer relevanter Verwaltungs- und Regierungseinrichtungen (z.B. Polizei und Grenzschutz, Sozialbehörden und Arbeitsämter).“[12] Insbesondere in der Phase der Vorermittlungen empfiehlt de Vries ein „data-mining“ in den verschiedensten Quellen. Die Mitgliedstaaten sollten per Gesetz oder Verordnung den Zugang der Geheimdienste zu den entsprechenden Datenbanken ermöglichen. Die Dienste sollten nur die Daten erhalten, die für sie erforderlich sind. Der Datenschutz sei zu respektieren. Wie das gehen soll, verrät de Vries nicht. Praktisch haben nur jene, die später tatsächlich vor Gericht gestellt werden, eine Chance zu erfahren, dass sie im Netz der Überwachung hängen geblieben sind.
Eine weitere Empfehlung erklärt die Zulassung geheimdienstlicher Informationen als Beweismittel vor Gericht zur „Notwendigkeit“. Der Anti-Terror-Koordinator erkennt an, dass dadurch möglicherweise Grundrechte eingeschränkt würden, zieht daraus aber keine Konsequenzen. „Sicherheitsdienste“ stünden der Verwendung ihrer Erkenntnisse vor Gericht eher zurückhaltend gegenüber, weil sie die „Identifikation ihrer Quellen“ und die Offenlegung bestimmter „besonderer Techniken“ befürchteten. Die Schlüsselfrage sei die Offenlegung der Informationen gegenüber dem Richter und der Verteidigung. „Mitarbeiter der Sicherheitsdienste werden persönlich als privilegierte Zeugen in einer öffentlichen oder nicht-öffentlichen Verhandlung aussagen müssen etc.“, heißt es schlicht in dem Bericht. Ob diese Aussage in öffentlicher oder nicht-öffentlicher Sitzung erfolgt, ob der Informant selbst oder nur der
V-Mann-Führer aussagt, ob die Verteidigung und der Beschuldigte das Recht haben, diese „Quelle“ ins Kreuzverhör zu nehmen, ob Gericht und Verteidigung das gesamte Ergebnis einer Überwachung oder nur geheimdienstlich ausgewählte Bruchstücke erhalten – das macht für die Grundrechte der Betroffenen einen erheblichen Unterschied.
Für de Vries sind diese Fragen offenbar nicht von Bedeutung. Entscheidend ist für ihn vielmehr, dass Geheimdienstinformationen die „Kapazitäten der Ermittlung und der Strafverfolgung steigern.“ Es brauche ein „kohärentes Set von Gesetzen und Verfahren für das Zusammenspiel von geheimdienstlichen Informationen und Justizsystem unter Berücksichtigung von fundamentalen Menschenrechten.“ Dafür sollten die Mitgliedstaaten „alle notwendigen Schritte unternehmen“. Bei der Suche nach „best practices“ könnten sie auf die „laufenden Arbeiten in einigen Mitgliedstaaten sowie in anderen Foren (z.B. der G8)“ aufbauen.
De Vries’ Empfehlungen sind bisher noch nicht in den EU-Anti-Terror-Aktionsplan eingegangen. Dennoch bleiben sie weiter auf der Agenda der EU-Gremien. Auf einem informellen Treffen im Januar 2005 in Luxemburg einigten sich EU- und US-Repräsentanten darauf, den ominösen Fragebogen möglichst rasch zu beantworten. Eurojust-Mitglieder und „policy-makers“ aus den EU-Mitgliedstaaten sollen sich auf einem „workshop“ mit der Verwertung von Geheimdienst-Informationen im Strafverfahren auseinandersetzen.[13] Die Frage sei für die USA „vital für die Glaubwürdigkeit des Anti-Terrorismus“. Das neue britische Anti-Terror-Gesetz, das „Kontroll-Anordnungen“ gegen Verdächtige aufgrund nicht hinterfragbarer Geheimdienst-„Erkenntnisse“ zulässt, zeigt, wohin solche Vitalität führen kann.