Chronologie Dezember 2022

zusammengestellt von Otto Diederichs

1. Dezember: Alternative für Deutschland (AfD): Das Dienstgericht für Richter*innen in Leipzig erklärt den Antrag des sächsischen Justizministeriums für zulässig, den ehemaligen AfD-Bundestagsabgeordneten Jens Maier nicht wieder in den Richterstand zurückzulassen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Unabhängig davon läuft am LG Dresden (beide Sachsen) ein Disziplinarverfahren gegen ihn. Vom sächsischen Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) wird Maier als Rechtsextremist eingestuft. Durch Presseberichte wird am 3. Dezember bekannt, dass das OLG Hamburg die Klage der Vize-Vorsitzenden der AfD-Bundestagsfraktion, Beatrix von Storch, gegen die Behauptung, sie unterhalte Kontakte zu russischen Oligarchen, verworfen hat. Am 16. Dezember wird durch Presseberichte bekannt, dass das LfV in Thüringen den dortigen AfD-Landesverband in seinem Jahresbericht 2021 als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft hat.

2. Dezember: Ermittlungen gegen Polizeibeamt*innen: Durch Presseberichte wird bekannt, dass die Staatsanwaltschaft (StA) Hamburg gegen mehrere Polizeibeamt*innen Ermittlungen wegen des Verdachts der uneidlichen Falschaussage und gefährlicher Körperverletzung eingeleitet hat. Die Beamt*innen hatten einen Mann, den sie im Februar geschlagen und festgenommen hatten, im Prozess gegen ihn fälschlicherweise des Widerstandes bezichtigt. Ebenfalls auf Presseanfragen bestätigt die Generalstaatsanwaltschaft (GStA) Dresden (Sachsen) am 21. Dezember, dass gegen 25 Beamt*innen des sächsischen Mobilen Einsatzkommando (MEK) und eine Polizeiärztin wegen eines verbotenen „Aufnahmerituals“ in die Truppe ermittelt wird. Dabei war im Dezember 2020 ein Beamter durch Beschuss mit Beschuss mit Übungsmunition verletzt worden. Am 27. Dezember teilt die StA Hanau (Hessen) mit, dass sie die Ermittlungen gegen den früheren hessischen Landespolizeipräsidenten wegen Falschaussagen im Untersuchungsausschuss zum rechtsextremistischen Terroranschlag im Februar 2020, eingestellt hat. Es habe sich kein Anfangsverdacht einer Straftat ergeben.

Umweltdemonstrationen: Durch Presseberichte wird bekannt, dass die Polizei nach der Räumung des Protestcamps im Dannenröder Forst (Hessen) vor zwei Jahren insgesamt 1.565 Ordnungswidrigkeiten und 472 Strafverfahren (127 Nötigung / 67 Widerstand) gegen Vollstreckungsbeamt*innen / 45 Landfriedensbruch / 39 Eingriffe in den Straßenverkehr / 45 Körperverletzung / 2 versuchte Tötungsdelikte) registriert hat. Die StA Berlin erhebt am gleichen Tag gegen eine von zwei Klimaaktivist*innen, die sich Mitte August in der Berliner Gemäldegalerie an ein Gemälde geklebt hatten, Anklage wegen gemeinschaftlicher Sachbeschädigung. Am 6. Dezember spricht das Amtsgericht (AG) Flensburg (Schleswig-Holstein) einen Umweltschützer, der im Februar 2021 mehrere Tage einen Baum besetzt hatte, um die Rodung eines privaten Waldes zu verhindern, wegen des rechtfertigenden Notstandes, von der Anklage frei (Az: 440 Cs 107 Js 7252/22). Am 7. Dezember werden in München (Bayern) zwei Klimaaktivist*innen, die sich an der Autobahnblockade beteiligt hatten, wegen „beharrlicher Wiederholung“ in einen einmonatigen Gewahrsam genommen; zwei weitere erhalten eine fünftägige Gewahrsamsnahme. Am gleichen Tag kleben sich in Berlin Klimaaktivist*innen erneut auf zwei Kreuzungen. In Berlin und München (Bayern) dringen am 8. Dezember Klimaaktivist*innen auf die Flughäfen vor und blockieren kurzfristig den Flugverkehr. Auch am 9. Dezember verbietet München (Bayern) aus Gründen der „präventiven Gefahrenabwehr“ ab dem nächsten Tag bis zum 8. Januar 2023 Straßenblockaden im gesamten Stadtgebiet. Durch eine parlamentarische Anfrage der Linksfraktion im Bundestag wird bekannt, dass sich das Gemeinsame Terrorabwehrzentrum in der Zeit von Dezember 2020 bis November 2021 bei insgesamt 28 Sitzungen mit den Aktionen der Klimaaktivist*innen beschäftigt hat. Im Auftrag der StA Neuruppin (Brandenburg) durchsucht die Polizei am 13. Dezember an 11 Orten in sieben Bundesländern die Wohnungen von Umweltaktivist*innen. Neben sonstigen Delikten geht es dabei um den Anfangsverdacht der Bildung oder Unterstützung einer kriminellen Vereinigung; zu Festnahmen kommt es nicht. Am Abend wird daraufhin in Berlin eine bereits angemeldete Demonstration gegen Polizeigewalt in eine Solidaritätsdemonstration für die Klimaaktivist*innen umgewandelt; etwa 100 Personen beteiligen sich daran. Durch Presseberichte wird am 14. Dezember bekannt, dass in Berlin seit Ende November in 12 Fällen „Klebeverbote“ gegen Aktivist*innen verhängt wurden; in einem Fall wurde bei einem Verstoß gegen dieses Verbot ein Zwangsgeld von 2.000 EUR erlassen. Auf eine entsprechende Haftbeschwerde entlässt das AG Cottbus ebenfalls am 14. Dezember zwei Umweltaktivist*innen bis zur Hauptverhandlung aus der Haft. Die Aktivist*innen hatten im September das Kohlekraftwerk Jänschwalde (beide Brandenburg) besetzt und sich dort an Gleise gekettet. Vor dem AG Schleswig (Schleswig-Holstein) beginnt ebenfalls an diesem Tag der Prozess gegen vier Umweltaktivist*innen, die sich vor rund drei Jahren von einer Autobahnbrücke abgeseilt hatten. Am 17. Dezember werden in München (Bayern) sieben Aktivist*innen, die den dortigen Flughafen besetzt hatten, wieder aus dem polizeilichen Gewahrsam entlassen. Wegen Eingriff in den Luftverkehr, Nötigung und weiterer Delikte wird weiter gegen sie ermittelt. In München (Bayern) besetzen Klimaaktivist*innen am 20. Dezember ebenfalls einen zentralen Platz. Die Polizei bringt alle 10 Personen ins Präsidium und kündigt an, den Einsatz in Rechnung zu stellen. Zudem droht ihnen wegen des, von der Stadt verhängten Anklebeverbotes ein Bußgeld von bis zu 3.000 EUR. In Essen (NRW) setzen Umweltaktivist*innen am gleichen Tag mehrere Notrufe ab, die sich als falsch herausstellen. Später bekennen sie sich dazu: Der wahre Notfall sei die Klimakatastrophe. Am 21.
Dezember werden die 10 Aktivist*innen, die sich am Tag zuvor in München festgeklebt hatten, in einen längerfristigen Gewahrsam genommen. Ebenfalls am 21. Dezember sägen zwei Klimaaktivistinnen die oberen zwei Meter des Weihnachtsbaumes am Brandenburger Tor in Berlin ab und am 22. Dezember kleben sich Aktivist*innen wieder auf eine Berliner Autobahnzufahrt. Am 24. Dezember teilt Berlins Polizeipräsidentin Barbara Slowik auf Presseanfrage mit, dass es in der Stadt in diesem Jahr zu 276 Blockadeaktionen von Klimaaktivist*innen gekommen ist. Es wurden 2.200 Strafanzeigen gefertigt und 600 Bußgeldbescheide verschickt. Ebenfalls am 24. Dezember wollen Umweltaktivist*innen die Live-Übertragung des Weihnachtsgottesdienstes aus einer Kirche in Stuttgart (Baden-Württemberg) für ihre Forderungen nutzen. Der Plan scheitert, da der Fernseh-Sender einen entsprechenden Hinweis erhalten hatte und der Gottesdienst daher bereits am Vortag aufgezeichnet worden war. Am 26. Dezember wird durch Presseberichte bekannt, dass das LG Berlin der Beschwerde der StA gegen das Urteil eines Amtsrichters stattgegeben hat und den Fall einer Klimaaktivistin an das AG zurücküberwiesen hat. Der Richter hatte im Oktober einen Strafbefehl gegen die Frau abgelehnt. Durch Presseberichte wird am 27. Dezember bekannt, dass nach der Durchsuchungsaktion wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung im Auftrag der StA Neuruppin (Brandenburg) dort inzwischen 380 Selbstanzeigen von Klimaaktivist*innen eingegangen sind. Im Internet gibt es zudem über 1.000 Selbstbezichtigungen.

3. Dezember: Polizeischüsse: In Moosthenning (Bayern) greift ein Mann seine Familie an und verletzt seine Frau und Kinder sowie die Schwiegermutter mit einem Messer. Als die alarmierten Polizist*innen eintreffen, verletzt er sich zunächst selbst und greift dann die Beamt*innen an. Nach einem erfolglosen Pfeffersprayeinsatz schießt ein Beamter auf ihn. Durch eine parlamentarische Anfrage der Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus wird am 19. Dezember bekannt, dass die Polizei der Stadt in diesem Jahr insgesamt 149 Schüsse abgegeben hat; davon in vier Fällen auf Personen. Dabei wurden ein Mensch erschossen und drei verletzt. Am 21. Dezember schießt die Polizei in einer S-Bahnstation in Frankfurt/M. (Hessen) auf einen Mann und verletzt ihn. Am 22. Dezember erklärt die Polizei, der Mann sei ein Schwarzfahrer gewesen, der die Fahrkartenkontrolleure mit einem Messer angegriffen und verletzt hatte; er sei von einem Beamten ins Bein geschossen worden. In Schöneiche (Brandenburg) wird am 23. Dezember eine Frauenleiche gefunden. Als die Polizei den mutmaßlichen Täter stellt, versucht dieser einer Polizistin die Waffe zu entreißen. Dabei löst sich ein Schuss und trifft ihn in Hand und Oberschenkel. Am 25. Dezember wird in Kleve (NRW) die Polizei gerufen, weil ein Mann auf ein Auto einschlägt. Als die Beamt*innen eintreffen, bedroht er sie zunächst mit einem Messer und greift sie dann damit und einem Schlagstock an. Zwei Beamte schießen daraufhin auf ihn; ein Schuss trifft den Unterschenkel. Am gleichen Tag wollen in Dortmund (NRW) Polizist*innen ein Fahrzeug kontrollieren, der Fahrer versucht jedoch zu flüchten. Bei der Verfolgung werden vier Schüsse auf den Wagen abgegeben, der daraufhin stoppt. Die beiden jugendlichen Insassen werden vorläufig festgenommen.

Rechtsextremismus: Vor einem Haus in Schmölln (Thüringen) bemerken Polizeibeamt*innen viele Fahrzeuge mit ortsfremden Kennzeichen und aus dem Haus dringt rechtsextremistische Musik. Die Beamt*innen fordern Verstärkung an und lösen das illegale Rechtsrock-Konzert auf. Von rund 70 Teilnehmer*innen werden die Personalien festgestellt. Am 15. Dezember spricht ein Berliner AG einen Rechtsextremisten mangels Beweisen vom Vorwurf der Brandstiftung an Fahrzeugen eines Linkspolitikers und eines linken Buchhändlers im Februar 2018 frei. Verurteilt wird er lediglich zu einer Geldstrafe von 1.500 EUR wegen diverser Propagandadelikte; der Haftbefehl wird aufgehoben. Durch Presseberichte wird am 27. Dezember bekannt, dass das Bundeskriminalamt (BKA) aktuell 74 rechtsextremistische Gefährder in Deutschland zählt (2021: 72).

Angriffe auf Flüchtlinge und Flüchtlingsheime: Das AG Bayreuth (Bayern) verurteilt einen Mann, der im Juli einen türkisch-stämmigen Stadtrat angegriffen und verletzt hatte, wegen gefährlicher Körperverletzung und Beleidigung zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten. Durch Presseberichte wird am 7. Dezember bekannt, dass der Bundesgerichtshof (BGH) die Revision eines CDU-Lokalpolitikers abgelehnt hat. Der Mann hatte 2019 einen anderen Mann, von dem er sich gestört fühlte, rassistisch beleidigt und in Arm und Schulter geschossen; er wurde zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt.

6. Dezember: Rechtsradikale Polizist*innen: Durch Presseberichte wird bekannt, dass der BGH die Beschwerde eines BPol-Beamten gegen die Veröffentlichungen zu seiner Person zurückgewiesen hat. Der Mann war 2019 bei einer Gegendemonstration eines Neonazi-Festivals in Ostritz (Sachsen) eingesetzt. Dabei trug er Aufkleber auf der Uniform, die zwar nicht unmittelbar rechtsradikal, aber auch in diesen Kreisen beliebt sind (Az: VI ZR 1319/20). Am 8. Dezember entscheidet das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz mit, dass die Polizei keine Bewerber*innen einstellen muss, deren Tätowierungen Zweifel an ihrer Verfassungstreue vermuten lassen (Az: 2 B 10974/22.OVG). Am gleichen Tag teilt die StA Ulm (Baden-Württemberg) mit, dass gegen einen Beamten ermittelt wird, der in verschiedenen Chatgruppen Hitler-Bilder und Hakenkreuze verbreitet hat, wegen Volksverhetzung und Verbreitung verfassungswidriger Kennzeichen ermittelt wird; er ist vom Dienst suspendiert. 70 weitere Beamt*innen, die auch an den Chats beteiligt waren, konnten bisher identifiziert werden; gegen fünf von ihnen werden Disziplinarverfahren eingeleitet. Die Berliner Polizei teilt am 16. Dezember mit, dass gegenwärtig gegen 62 ihrer Beamt*innen wegen rechter Chats ermittelt wird. Am 20. Dezember wird durch eine parlamentarische Anfrage der Linksfraktion in der Hamburger Bürgerschaft bekannt, dass ein Polizeibeamter über Jahre rechtsextreme Posts auf facebook veröffentlichte und dazu von einzelnen Kolleg*innen auch zustimmende Kommentare erhielt. Der Beamte, der als Bürger-Ansprechpartner eingesetzt war, wurde versetzt und ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Durch Presseberichte wird am 24. Dezember bekannt, dass bei der Polizeidirektion Hannover (Niedersachsen) eine Polizistin, die im Internet offiziell für den Polizeidienst wirbt, privat mit einem bekannten Rechtsextremisten zusammenlebt. Der Account wurde daraufhin deaktiviert und die Beamtin von der Hundestaffel in den Innendienst versetzt.

7. Dezember: „Reichsbürger“: In 11 Bundesländern durchsucht die Polizei über 130 Objekte einer „Reichsbürger“-Gruppierung, die einen gewaltsamen politischen Umsturz der Bundesrepublik geplant haben sollen; weitere Durchsuchungen gab es in Österreich und Italien. 25 Personen werden festgenommen; darunter eine ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete und Richterin in Berlin sowie ehemalige und aktive Bundeswehrsoldaten und ein früherer Kriminalbeamter. Auch bei weiteren aktiven Polizist*innen verschiedener Bundesländer, die als Unterstützer*innen gelten, fanden Durchsuchungen statt, festgenommen wird niemand. In 50 Objekten wurden bei den Durchsuchungen auch Waffen sichergestellt; 19 Verdächtige wurden noch am gleichen Tag in Untersuchungshaft genommen. Laut dem Zensus 2022, der am 9. Dezember bekannt wird, leben in Berlin und Brandenburg rund 1.000 aktive „Reichsbürger*innen“ ; in NRW sind es nach Angaben des Landesinnenministeriums 3.400 und bundesweit rechnet das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) etwa 23.000 Personen (2021: 21.000) der Szene zu, die im vergangenen Jahr 239 Gewalttaten begingen. Am 12. Dezember berichtet Generalbundesanwalt (GBA) Peter Frank im Rechtsausschuss des Bundestages, dass gegen die Gruppe wegen des Verdachts der Bildung einer terroristischen Vereinigung ermittelt wird. Bei den Durchsuchungen seien rund 90 Waffen, 400.000 EUR Bargeld und Hinweise auf Goldreserven in Millionenhöhe gefunden worden; zudem sei festgestellt worden, dass der Aufbau militanter Strukturen in Thüringen, Sachsen, Baden-Württemberg und Bayern bereits weit gediehen sei. Durch Presseberichte wird am 13. Dezember bekannt, dass die Polizei in Bayern Mitte November einen dortigen Ex-Offizier der Bundeswehr für eine „Gefährderansprache“ aufgesucht hatte. Der Mann war bei der Razzia in Italien festgenommen worden. Die Bundesanwaltschaft (BAW) teilt weiterhin mit, dass unterdessen 33 Personen in Untersuchungshaft (U-Haft) genommen wurden; ermittelt wird zudem gegen weitere 27 Beschuldigte. Am 18. Dezember wird durch eine parlamentarische Anfrage der GRÜNEN-Fraktion im bayerischen Landtag bekannt, dass bei Polizei und Verfassungsschutz (VfS) Bayerns sechs Personen aus der „Reichsbürger“-Szene arbeiten; allen wurde die Führung ihrer Amtsgeschäfte verboten oder sie wurden vorläufig des Dienstes enthoben. Insgesamt werden in Bayern etwa 5.200 Personen den „Reichsbürgern“ zugeordnet.

Taser: In Essen (NRW) bemerken Hausbewohner*innen einen ihnen unbekannten Mann mit mehreren Messern im Hausflur und alarmieren die Polizei. Als die Beamt*innen eintreffen, versucht der Mann sich zu verstecken, legt sie Messer aber nicht weg. Er wird mit einem Taser außer Gefecht gesetzt und in eine Psychiatrie gebracht. Am 29. Dezember wird durch Presseberichte bekannt, dass die Polizei in München (Bayern) bis Ende November des Jahres bei insgesamt 66 Einsätzen den Taser eingesetzt hat; davon waren 51 Fälle Androhungen und 14 Fälle direkter Gebrauch (2021: 51 / 33 Androhungen, 17 Einsätze).

8. Dezember: Prozesse gegen Polizist*innen: Durch Presseberichte wird bekannt, dass StA Mannheim (Rheinland-Pfalz) gegen zwei Polizeibeamte Anklage erhoben hat. Gegen einen von ihnen wegen Körperverletzung im Amt mit Todesfolge. Der Beamte war Anfang Mai gegen einen psychisch kranken Mann, der Widerstand geleistet hatte, mit überzogener Härte vorgegangen; der Mann war infolge dessen verstorben. Gegen den zweiten beteiligten Beamten wurde Anklage wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen erhoben, da er seinen Kollegen nicht aufgehalten hatte. Auch gegen einen Arzt, der nicht eingegriffen hatte, wurde Anklage erhoben. Am 16. Dezember beginnt vor dem AG Frankfurt/M. (Hessen) der Prozess gegen einen ehemaligen Beamten des Sondereinsatzkommandos (SEK), der in den Jahren 2016/2017 in einer Internet-Chatgruppe kinderpornografische und volksverhetzende Inhalte verbreitet hatte. Durch Presseberichte wird am 20. Dezember bekannt, dass die StA im Prozess vor dem LG Stuttgart (Baden-Württemberg) gegen den suspendierten Inspekteur der baden-württembergischen Polizei wegen sexueller Belästigung, die Ermittlungen gegen eine Polizistin, die ein Videotelefonat mit dem Mann heimlich aufgezeichnet hatte, eingestellt hat. Die Frau habe aus „rechtfertigendem Notstand“ gehandelt.

10. Dezember: Polizeilicher Todesschuss: Bei einer Geiselnahme in Dresden (Sachsen) erleidet der psychisch kranke Täter bei der Geiselbefreiung und Festnahme durch ein SEK tödliche Verletzungen. Näheres hierzu wird herzu zunächst nicht bekannt. Der Mann hatte vermutlich zuvor seine Mutter getötet und in einem Einkaufszentrum eine Frau und ein Kind als Geisel genommen. Am 11. Dezember wird bekannt, dass es bei der Geiselbefreiung zu einem Schusswechsel kam, bei dem der Täter tödlich getroffen wurde.

14. Dezember: Tod nach Polizeieinsatz: In Hattersheim (Hessen) kollabiert ein Mann in einem Restaurant; gegenüber den alarmierten Rettungskräften wird er anschließend aggressiv. Daraufhin werden Polizist*innen hinzugerufen, doch auch hier leistet er Widerstand und die Beamt*innen setzen Pfefferspray ein. Der Mann wird bewusstlos und muss reanimiert werden; im Krankenhaus stirbt er. Gegen die Beamt*innen wird wegen fahrlässiger Tötung ermittelt.

Verfassungsschutz: Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entscheidet, dass die Bundesregierung auch parlamentarische Anfragen zum Verfassungsschutz und der anderen Geheimdienste beantworten muss und sich nicht auf Geheimhaltungsgründe zurückziehen kann. Ausnahmen davon gelten nur in engen Grenzen und müssen gut begründet werden; auch reiche es nicht, nur das geheim tagende Parlamentarische Kontrollgremium (Pkgr) zu informieren.

Rechtsextremer Mordanschlag: Im Untersuchungsausschuss des hessischen Landtages zum Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (CDU) im Juni 2019 sagt der frühere LfV-Präsident Robert Schäfer aus, dass die Akte des späteren Lübcke-Mörders im Juni 2015 gesperrt worden sei und aus der aktiven Bearbeitung herausgenommen worden sei. Dies könne er sich nicht erklären, ebenso wenig warum das LfV im Jahr 2012 keine Hinweise an die Waffenbehörde weitergegeben habe. Der mutmaßliche Waffenlieferant des Mörders, der am gleichen Tag als Zeuge vernommen werden soll, beruft sich auf sein Aussageverweigerungsrecht.

19. Dezember: Rassistische Angriffe und Handlungen: In einem Berliner Hotel beleidigt ein Mann zwei andere rassistisch. Als alarmierte Polizist*innen seine Personalien überprüfen, stellen sie fest, dass gegen den Mann zwei offene Haftbefehle vorliegen; er wird ins Gefängnis gebracht.

Private Sicherheitsdienste: In Berlin überprüfen Polizeibeamt*innen den Privaten Sicherheitsdienst der Erstaufnahmeeinrichtung des Landesamtes für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF). Dabei geht es um Hinweise, dass Mitarbeiter*innen der Sicherheitsfirma Flüchtlinge für die Vergabe von Schlafplätzen erpresst und genötigt haben sollen; auch Gewalttätigkeiten werden geprüft. Als Mitarbeiter eines Privaten Sicherheitsdienstes am 27. Dezember die Maskenpflicht in einem Berliner Bus überprüfen wollen, sprüht ein Mann einem der Sicherheitsleute Pfefferspray ins Gesicht, bevor er mit seinem Begleiter unerkannt flüchtet.

23. Dezember: Presseangriffe: Vor dem LG Berlin scheitert eine Journalistin mit ihrer Klage gegen die Polizei wegen Schmerzensgeld. Die Frau war bei der Mai-Demonstration 2020 von einem Polizisten mit der Faust ins Gesicht geschlagen worden. Der Vorfall ist zwar unbestritten, ein verdächtiger Beamter konnte jedoch nicht ermittelt werden. Zudem scheide ein vorsätzlicher Schlag aus, so das Gericht, denn die Journalistin habe sich „leichtfertig der Gefahr ausgesetzt, im Gedränge von Handbewegungen getroffen zu werden“.

Beitragsbild: Die Polizei nimmt die von „Letzte Generation“ abgesägte Spitze eines Weihnachtsbaums in Gewahrsam (Oliver Feldhaus).

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert