Archiv der Kategorie: Beiträge

Nicht alle Artikel der Zeitschrift Bürgerrechte & Polizei/CILIP sind online verfügbar. Im Netz finden sich bisher die kompletten Ausgaben 0 bis 72, die Nummern 73 bis 95 stellen wir in langsamer Folge ebenfalls online. Jüngere Hefte können hier bestellt werden.

Das Katastrophenschutz-Ergänzungsgesetz: Die Vervollkommnung der Notstandsgesetze

von Christian Busold*

Am 15.11.1989 hat der Bundestag den Regierungsentwurf eines „Katastrophenschutzergänzungsgesetzes“ (BT-Drs. 11/4728) in 2. und 3. Lesung verabschiedet. Sofern der Bundesrat zustimmt bzw. von seinem Einspruchsrecht keinen Gebrauch macht, kann das Gesetz bereits Anfang 1990 in Kraft treten. Dieses „Notstandsrecht“ beinhaltet gravierende neue Befugnisse zu Zwangsmaßnahmen im Rahmen der Gesamtverteidigung. Das Katastrophenschutz-Ergänzungsgesetz: Die Vervollkommnung der Notstandsgesetze weiterlesen

Ausländergesetz: 2. Referentenentwurf: Wenig Integration – viel Abschottung

von Germán Meneses Vogel*/Dieter Liehmann**

Nachdem die Neufassung des Ausländerrechts unter dem früheren Innenminister Zimmermann (Referentenentwurf vom 1.2.88) erst in der Öffentlichkeit zerpflückt, dann auch innerhalb der Regierungskoalition zu Fall gebracht wurde, liegt mit Datum vom 27.09.89 ein weiterer Referentenentwurf des BMI für ein neues Ausländergesetz vor. Die Voraussetzungen sind dieses Mal anders; be-reits im Frühsommer einigte sich eine Arbeitsgruppe aus den Koalitionsparteien auf sogenannte „Eckwerte“ und steckte damit den Rahmen für den neuen Entwurf ab. Ausländergesetz: 2. Referentenentwurf: Wenig Integration – viel Abschottung weiterlesen

Chronologie

Juli
7.7., Berlin (W.): Die 1. Kammer des VG erklärt den Polizeikessel anläßlich des Besuchs von  Präsident Reagan am 12.6.87 in Berlin für rechtswidrig.
9.7., Berlin (W.): Das Kammergericht lehnt die Revision der TAZ gegen ein Urteil des LG v. Juni 88 ab. Das LG hatte einen Redakteur wegen Verstoß gegen Paragraph 130a StGB (Abdruck eines Bekennerschreibens einen Tag nach Inkrafttreten des   130a) zu einer Geldstrafe verurteilt.
11.7., Berlin (W.): Ab sofort kann vom LfV Auskunft über gespeicherte Daten und Dossiers verlangt werden. Zugesagt ist die großzügige Beantwortung. Die Anfragen der HerausgeberInnen dieser Zeitschrift sind bisher nur in 2 Fällen beantwortet worden. Eingereicht ist eine Auskunftsklage.
12.7., Köln: Es wird bekannt, daß das Bundesamt f. VfS seit Anfang des Jahres die Adressen von Wohnungen und Arbeitsstätten aller Aus- und Übersiedler aus Osteuropa in einer Datei mit dem Namen ADOS (Adressendokumentation Ost) speichert. VfS-Präsident Boeden versichert (am 3.11.), die Aus- und Übersiedler würden nicht „beschnüffelt“, bestätigt und verteidigt aber die Existenz der Datei. Chronologie weiterlesen

„Demonstrationstätigkeit in den Jahren 1968 bis 1988“

Eine Statistik des Bundesinnenministeriums

Jahr       Demonstrationen  davon unfriedlich
insgesamt      absolut      in %
—————————————————-

1968        2.059        533        25,9
1969        2.253        813        36,1
1970        1.383        132         9,5

1971        1.548        208        13,4
1972        1.547         77         5,0
1973        1.805        125         6,9
1974        1.922        144         7,5
1975        2.551        210         8,2

1976        2.956        191          6,5
1977        2.887        250         8,7
1978        2.980        209         7,0
1979        3.327         98         3,0
1980        4.471        143         3,2

1981        5.772        357         6,2
1982        5.313        229         4,3
1983        9.237        274         3,0
1984        7.454        230         3,1
1985        5.691        207         3,6

1986        7.143        261         3,7
1987        7.320        289         4,0
1988        7.103        133         1,9

Die Statistik wird vom BMI auf Grundlage von Meldungen
aus den Bundesländern geführt. „Die Benennung der im
Zusammenhang mit den Demonstrationen begangenen Straftaten erfolgte nicht aufgrund durchgeführter Strafver-
fahren, sondern aufgrund von Polizeiberichten.“
(aus: Innere Sicherheit, Nr.54/1980, vgl. auch „Innere
Sicherheit“ Nr.3/1989)

Zum Aussagewert dieser Statistik vgl. den Beitrag von
Roland Appel/ Dieter Hummel in dieser CILIP-Ausgabe.

Vereint gegen Bürgerprotest: Staatssicherheit, Volkspolizei und SED-Führung

Zu Demonstrationen waren die BürgerInnen der DDR seit 40 Jahren verpflichtet: am 1. Mai, bei Staatsbesuchen, noch bei den Jubelfeiern am 7.10. zum 40jährigen Bestehen der „Republik“. Doch Demonstrationen, nicht als staatlich organisierte Zurschaustellung des Volkes, sondern als Form der unmittelbaren Artikulation von BürgerInnen sind eine neue Errungenschaft. Sie wurde nicht gewährt, sondern hart erkämpft, von hunderttausenden von Menschen in allen größeren Städten, gegen die Partei- und Staatsführung, gegen Volkspolizei und Stasi. Die Vorgehensweisen der Polizei und vieles, was dabei erlitten wurde, klingt uns durchaus vertraut. Vereint gegen Bürgerprotest: Staatssicherheit, Volkspolizei und SED-Führung weiterlesen

Berlin (O.): Erlebnisbericht vom 7./8.10.89

„Wir wurden am 7.10. gegen 22.30 Uhr auf der Greifswalder Str. Nähe Mollstr. zusammen mit etwa 30 Leuten von Polizei eingekreist. Wir wurden ohne Auffor-derung, den Ort zu verlassen oder uns zu zerstreuen, mit Stößen, Tritten und Gummiknüppeln zusammengetrieben, auf LOs verladen und in die Strafvollzugsan-stalt Rummelsburg zugeführt. Auf dem Weg dorthin wurden wir von Polizisten beschimpft mit: „Ihr seid zu doof zum ficken.“ In Rummelsburg standen wir etwa anderthalb Stunden in der Kälte auf dem Hof. Wir sahen Leute in offenen Gara-gen, die dort mit dem Gesicht zur Wand stehen mußten. Berlin (O.): Erlebnisbericht vom 7./8.10.89 weiterlesen

Demonstrationsstatistik – Die Legende vom Anwachsen gewalttätiger Demonstrationen

von Roland Appel*/ Dieter Hummel**

„How to lie with statistics“ – so der Titel eines bekannten Buches der amerikanischen Soziologie. Die jüngste Antwort der Bundesregierung auf eine große Anfrage der Grünen im Bundestag zur vom BMI jährlich veröffentlichten Statistik des Demonstrationsgeschehens macht deutlich, daß die in jenem Buch beschriebenen politischen Chancen des Umgangs mit Zahlen – insbesondere was die Erfassung sogenannter „unfriedlicher“ Kundgebungsformen des Bürger(un)willens angeht – auch vom Bundesinnenministerium virtuos beherrscht werden. Demonstrationsstatistik – Die Legende vom Anwachsen gewalttätiger Demonstrationen weiterlesen

Vertraute Bilder, Nachrichten und Betroffenenberichte, die in den letzten Monaten aus der DDR zu uns kommen:

Provokateure, die zu Gewalttätigkeiten animieren,
polizeilicher Kessel,
Suche nach Rädelsführern,
Greifkommandos,
ED-Behandlung festgenommener DemonstrantInnen,
Urteile im Schnellverfahren,
Polizeiliche Dokumentationstrupps mit Videogeräten und selbstverständlich die direkte Prügel mit dem Knüppel oder des Polizisten Faust.

Man gewinnt den Eindruck, als hätten wenigstens die Vopos und Stasi-Leute, wenn schon ansonsten niemand mehr willens war, von Schnitzlers montägliche Schreckensbilder aus dem realen Kapitalismus anzuschauen, mit professionellem Interesse die Einsätze ihrer westlichen Kollegen im Schwarzen Kanal, im ZDF oder in der ARD verfolgt – mit sichtbarem Lernerfolg!
Denn, ob im Berliner „Häuserkampf“ oder bei Brokdorf-Demonstrationen, ob in Wackersdorf oder bei Polizeiaktionen während der Berliner IWF-Tagung etc. – wir kennen dieser Bilder. CILIP hat hinreichend oft vergleichbare Be-troffenenberichte und Einsatztaktiken „unserer“ Polizei dokumentieren müssen.

„Vom Westen lernen heißt siegen lernen“ – die östlichen „Staatssicherer“ haben sich diese Parole bereits zu eigen gemacht, noch bevor sie zur halbwegs generellen Devise in der DDR wurde, die Ausrüstung mit westl. „riot control“-Gerät eingeschlossen. Vertraute Bilder, Nachrichten und Betroffenenberichte, die in den letzten Monaten aus der DDR zu uns kommen: weiterlesen