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Kommentar: Kriminalstatistik: „Nichts zu beschönigen“

„Berlin ist die ‚Hauptstadt des Verbrechens‘“, titelt der Tagesspiegel. Berlin sei „die gefährlichste Stadt Deutschlands“, steht in der Berliner Zeitung. Und der Spiegel trägt das Grauen hinaus in die Weiten der Republik: „So gefährlich ist es in ihrer Region“ – bitte auf der Karte anklicken und sich fürchten. Anlass für die medialen Gruselstunden war die Veröffentlichung der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) durch Bundesinnenminister Thomas de Maizière und seinen sächsischen Amtskollegen Markus Ulbig, den aktuellen Vorsitzenden der Innenministerkonferenz (IMK), am 24. April 2017.

„Licht und Schatten“ will der Bundesinnenminister in der Statistik gesehen haben. Licht, weil die Zahlen der gemeldeten Wohnungseinbrüche, Ladendiebstähle und Betrugsdelikte zurückgegangen sind und die Aufklärungsquote auf dem höchsten Stand seit fünf Jahren ist. Diese Erkenntnis hindert die Bundesregierung nicht daran, an einem Gesetzentwurf zur Strafverschärfung und weitergehenden Strafverfolgung bei Wohnungseinbrüchen herumzudoktern, und dies mit dem Gegenteil zu begründen – alternativfaktisch sozusagen. Kommentar: Kriminalstatistik: „Nichts zu beschönigen“ weiterlesen

Ausweisung reloaded: Gesetzgebung unter dem Vorwand von Köln

von Anja Lederer

Innerhalb des Sondersanktionssystems des Aufenthaltsrechts erfreut sich die Ausweisung seit jeher besonderer Beliebtheit in der Sicherheitspolitik. Kaum ein anderes Instrument eignet sich besser für symbolische Gesetzgebung. Seit dem 1. Januar 2016 hat der Bundestag zwei weitere Verschärfungen des Ausweisungsrechts beschlossen.

Als am 1. Januar 2016 eine gravierende Neuregelung des Ausweisungsrechts[1] in Kraft trat, schien das Gesetz durch die Ereignisse der Silvesternacht bereits überholt. Kaum war publik geworden, dass es vor dem Kölner Hauptbahnhof angeblich zu massenhaften sexuellen Übergriffen gegen Frauen hauptsächlich durch Geflüchtete gekommen sei, stimmten PolitikerInnen reflexhaft den Ruf nach weiteren Verschärfungen des Ausweisungsrechts an. Es folgte unmittelbarer legislativer Aktionismus: Am 16. Februar 2016 legten die Koalitionsfraktionen den „Entwurf eines Gesetzes zur erleichterten Ausweisung von straffälligen Ausländern und zum erweiterten Ausschluss der Flüchtlingsanerkennung bei straffälligen Asylbewerbern“ vor, der fast unverändert am 11. März 2016 beschlossen wurde.[2]

Damit nicht genug: Lange war über den Entwurf des „Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung“ beraten worden. Am 4. Juli 2016, drei Tage vor der abschließenden Lesung im Bundestag, brachten die Koalitionsfraktionen im Rechtsausschuss einen Änderungsantrag ein, mit dem erneut das Ausweisungsrecht verschärft werden sollte. Am 7. Juli wurde das Gesetz verabschiedet.[3] Ausweisung reloaded: Gesetzgebung unter dem Vorwand von Köln weiterlesen