von Henriette Scharnhorst
Die Ausweitung der europäischen Strafverfolgung geht einher mit erheblichen Eingriffen in die Rechte der Betroffenen, ohne gleichzeitig die Beschuldigtenrechte und deren effektive gerichtliche Durchsetzbarkeit zu gewährleisten. Der Europäische Haftbefehl ist ein Musterbeispiel für die seit dem 11. September 2001 rapide vorangetriebene Europäisierung der Strafverfolgung.
Obwohl die europäische Rechtssetzung und ihre Durchsetzung unmittelbare Auswirkungen auf die Lebenswirklichkeiten der BürgerInnen sowie die Rechtswirklichkeit in den einzelnen Mitgliedstaaten hat, ist das Bewusstsein für diese Entwicklungen nach wie vor gering – sowohl in der Rechtspraxis und der Rechtspolitik als auch bei den Betroffenen. Das gilt insbesondere auch für den ab 2002 eingeführten Europäischen Haftbefehl (EuHB). EU-Haftbefehl: Fiktion einheitlichen Rechtsraums, Abbau von Beschuldigtenrechten weiterlesen →
von Michael Sturm
Die straf- und strafverfahrensrechtliche Rechtssetzung auf EU-Ebene ist einseitig von den Vorstellungen von Strafverfolgungsbehörden geprägt. Ideologischer Hintergrund ist die Behauptung eines „Grundrechts auf Sicherheit“, das benutzt wird, um angeblich effiziente Verfahrensabläufe innerhalb eines vereinigten Europas in Strafsachen herbeizuführen. Die Beschuldigtenrechte werden dabei auf dem Altar einer behaupteten „Effizienz der Strafverfolgung“ geopfert.
Der im Juli 2002 verabschiedete Europäische Haftbefehl war zwar ein wichtiger Markstein, aber nicht der Anfang einer Rechtssetzung in Sachen Strafrecht auf europäischer Ebene.[1] Zum Abschluss völkerrechtlicher Verträge über die Rechtshilfe in Strafsachen und über die Auslieferung war es bereits in den 50er Jahren gekommen – seinerzeit allerdings im Rahmen des Europarats. Die Strafrechtssetzung in der EU – Im eisernen Griff der Strafverfolgungsbehörden weiterlesen →
von Mark Holzberger
Seit den Anschlägen vom 11. September legen auch die EU-Gremien einen hektischen gesetzgeberischen Aktionismus an den Tag. Sie nutzen die Gunst der Stunde, um Polizei und Geheimdiensten Kompetenzen zu eröffnen, die bislang nicht durchsetzbar erschienen.
Genau eine Woche nach den Terror-Anschlägen in New York und Washington präsentierte die EU-Kommission ihren seit längerem vorbereiteten Entwurf für einen sog. Rahmenbeschluss über die Einführung eines europäischen Haftbefehls, der künftig in der EU an die Stelle von Auslieferungsverfahren treten soll.[1]
Insbesondere die Auslieferung mutmaßlicher „Terroristen“ hatte zwischen den EU-Staaten immer wieder für Ärger gesorgt. Politische StraftäterInnen dürfen nämlich nach der Europäischen Auslieferungskonvention von 1957 nicht ausgeliefert werden. Seit 1977 hatte man sich daher mit dem Terrorismusbekämpfungsabkommen des Europarates (EuTerrÜ) geholfen. Darin wird Terrorismus über einen Katalog von Straftaten definiert (vom Mord bis zu Sachbeschädigung, bei der Menschen gefährdet werden). Diese Delikte sollten fortan in Auslieferungsverfahren nicht mehr als politische Straftaten angesehen werden. Zudem hatte die EU 1995 und 1996 zwei Abkommen zur Vereinfachung von Auslieferungen beschlossen.[2] Durchmarsch in Brüssel – Die EU reagiert auf den 11. September weiterlesen →
Seit 1978 Berichte, Analysen, Nachrichten zu den Themen Polizei, Geheimdienste, Politik „Innerer Sicherheit“ und BürgerInnenrechte.