von Ulrich Lewe
Die Allgemeinpsychiatrie und der psychiatrische Maßregelvollzug (MRV) sind in Deutschland über unterschiedliche Gesetzesvorgaben mit dem staatlichen Gewaltmonopol verbunden. Der Artikel beschreibt problematische Entwicklungen, die sich aus dieser Verbindung ergeben, benennt die besonderen Risiken, denen Menschen mit psychosozialen Behinderungen[1] allgemein und besonders im MRV ausgesetzt sind und macht auf die Gefahren der neueren Diskursfigur vom angeblich „gefährlichen Irren“ aufmerksam.
Psychiatrie und MRV sind in Deutschland vor allem über vier Gesetze mit dem staatlichen Gewaltmonopol verbunden. Erstens über das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), das in § 1831 eine zwangsweise Unterbringung wegen akuter Selbstgefährdung ermöglicht. Zweitens über die Psychisch-Kranken-Hilfe-und-Schutz-Gesetze (meist PsychKHG) der Länder, die eine zwangsweise Unterbringung bei akuter Selbst- oder Fremdgefährdung regeln. Drittens über das Jugendgerichtsgesetz (JGG), das in § 7 für strafmündige Jugendliche ab 14 Jahren eine Unterbringung im psychiatrischen MRV ermöglicht. Und viertens über das Strafgesetzbuch (StGB), das für rechtsbrüchige Bürger*innen zwei unterschiedliche Sanktionssysteme bereithält: den Strafvollzug und die Maßregeln der Besserung und Sicherung nach § 61ff. StGB. Psychiatrie und Maßregelvollzug: Ordnungsmächte mit Nebenwirkung weiterlesen →
von Norbert Pütter
Polizisten, die prügeln, BürgerInnen verletzen, beleidigen: das sind die Bilder, die mit polizeilichen Übergriffen verbunden werden. Die Reaktionen auf derartige Berichte sind bekannt: Teile der Öffentlichkeit entrüsten sich, die beschuldigten Polizist(inn)en leugnen, die Verantwortlichen wiegeln ab – bis zum nächsten „Fall“. Wer jedoch die Berichte über Polizeigewalt ernst nimmt, gelangt recht bald vom Fehlverhalten einzelner zu den institutionellen und politischen Bedingungen polizeilichen Handelns.
Was genau ein „Übergriff“ durch die Polizei ist, ist nur schwer bestimmbar. Im umgangssprachlichen Verständnis bezieht sich der Begriff auf die Anwendung übermäßiger körperlicher (physischer) Gewalt. Rechtlich betrachtet wird die polizeiliche Gewaltanwendung von einem legalen Eingriff in die Rechte der BürgerInnen zu einem „Übergriff“, wenn sie „unverhältnismäßig“ geschieht. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, demzufolge „unter mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen diejenigen zu treffen (sind), die den einzelnen und die Allgemeinheit am wenigsten beeinträchtigen“,[1] soll gewährleisten, dass „von Zwangsmitteln und Zwangsmaßnahmen kein unangemessener Gebrauch gemacht wird“.[2] Polizeiübergriffe – Polizeigewalt als Ausnahme und Regel weiterlesen →
Seit 1978 Berichte, Analysen, Nachrichten zu den Themen Polizei, Geheimdienste, Politik „Innerer Sicherheit“ und BürgerInnenrechte.