Schlagwort-Archive: Nationalsozialistischer Untergrund

Wer schützt die Innere Sicherheit? Der Untersuchungsausschuss und die Geheimdienste

NSU und NSA: zwei Abkürzungen zum verwechseln, zwei „Skandale“. In dem einen geht es um Morde, die wie plötzlich (un-)aufgeklärt an diversen Orten ruchbar wurden. In dem anderen um Staaten- und personeneindringliche Informationen, geliefert durch einen gerade noch geheimdienstlich tätigen Mann, der zur global schrillenden Pfeife gegriffen hat. Wer also schützt die Innere Sicherheit und wer schützt uns vor den „Beschützern“?

NSU und NSA haben nichts miteinander zu tun. Oder doch? Nichts, insofern im Falle des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ und seiner TäterInnen bundesdeutsche Innenpolitik und handelnd explodierende Vorurteile gegen Andere und Andersartigkeiten kundgeworden sind. Sie haben sich entwickelt und sind mörderisch geworden mitten in einem Land, das sich wenigstens halboffiziell als „Bündnis der Toleranz“ wähnt. Seit 1950 rühmt es sich seiner in Bund und Ländern offen und geheim tätigen Ämter für Verfassungsschutz, die „sichere“ und „unsichere“ Bürger, Vereine und Parteien an Hand des 1952 und 1956 vom Bundesverfassungsgericht gekerbten Maßstabs der „freiheitlichen demokratischen Grundordnung“ sortieren. Wer schützt die Innere Sicherheit? Der Untersuchungsausschuss und die Geheimdienste weiterlesen

Auch die Vorgeschichte im Blick – Der Thüringer NSU-Untersuchungsausschuss

Interview mit Martina Renner

Die Geschichte des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ beginnt nicht erst mit dem Abtauchen des Trios Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe 1998. Das Gewaltpotenzial der Neonazi-Szene wurde verharmlost. Der Verfassungsschutz agierte mit seinen V-Leuten „rechts- und regellos“, sagt Martina Renner. Heiner Busch befragte die Landtagsabgeordnete der LINKEN und stellvertretende Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses.

Was ist der Auftrag des Untersuchungsausschusses?

Der Untersuchungsausschuss wurde im Januar 2012 auf gemeinsamen Antrag aller Fraktionen im Thüringer Landtag eingesetzt. Er soll mögliches Fehlverhalten der Sicherheits- und Justizbehörden des Landes im Zusammenhang mit Aktivitäten rechtsextremer Strukturen, insbesondere des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) und des „Thüringer Heimatschutzes“ (THS), unter die Lupe nehmen. Zum Auftrag des Ausschusses gehört auch die Rolle der zuständigen Ministerien einschließlich ihrer politischen Leitungen sowie der mit den Sicherheitsbehörden zusammenarbeitenden Personen, der so genannten menschlichen Quellen, der V-Leute also. Auch die Vorgeschichte im Blick – Der Thüringer NSU-Untersuchungsausschuss weiterlesen

Mit Bits und Bytes gegen Rechts? Anti-Terror-Datei gegen Rechtsextremisten

von Sönke Hilbrans

Ein Kooperationszentrum und ein gemeinsames Informationssystem für Polizei und Verfassungsschutz sollen „Pannen“ wie bei der Verfolgung der Zwickauer Zelle künftig ausschließen. Falsche Konsequenzen aus einer falschen Problemanalyse.

Wir erinnern uns: Kurz nach dem 11. September 2001 – der Staub über Manhattan hatte sich kaum gelegt – legte der seinerzeitige Bundesinnenminister Otto Schily gleich ein ganzes Bündel an Verschärfungen von Sicherheitsgesetzen vor. Mit den im Volksmund bald so genannten Otto-Katalogen sollten insbesondere der Kampf gegen islamistische „Schläfer“ aufgenommen und „Sicherheitslücken“ geschlossen werden. Mit Bits und Bytes gegen Rechts? Anti-Terror-Datei gegen Rechtsextremisten weiterlesen

Unfall NSU? Falsche Interpretationen und übliche Lösungen

von Heiner Busch

Die Bundesregierung und die etablierten Parteien haben sich längst festgelegt: Mangelnde Koordination, fehlender Informationsaustausch und unklare Kompetenzen seien die Gründe für das Versagen der Sicherheitsbehörden angesichts der Morde des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ gewesen. Dementsprechend sehen auch ihre Folgerungen aus.

Der „Nationalsozialistische Untergrund“ (NSU) und die Arbeit der „Sicherheitsbehörden“ beschäftigen derzeit mehrere parlamentarische Untersuchungsausschüsse. Jener des Bundestages wurde im Januar 2012 nach dem üblichen Gerangel zwischen Regierung und Opposition eingesetzt. Das Innenministerium Thüringens – jenes Bundeslandes, aus dessen Neonazi-Szene der NSU hervorgegangen ist – beauftragte zunächst ein Dreiergremium unter Leitung des ehemaligen Bundesrichters Gerhard Schäfer mit einem Gutachten,[1] bevor der Landtag ebenfalls Ende Januar einen Untersuchungsausschuss auf die Beine stellte. Die Parlamente Sachsens und Bayerns zogen im März bzw. im Juli nach. Unfall NSU? Falsche Interpretationen und übliche Lösungen weiterlesen

Aktionismus statt Aufklärung – Der neue staatliche „Kampf gegen Rechts“

von Heiner Busch

Die Ämter für Verfassungsschutz hatten maßgeblichen Anteil daran, dass das „Terror-Trio“, das sich selbst „Nationalsozialistischer Untergrund“ nannte, 1998 abtauchen konnte und bis zum November 2011 unentdeckt blieb. Für ihr Versagen werden sie nun mit dem Ausbau ihrer Macht belohnt.

Neun Gewerbetreibende türkischer bzw. griechischer Herkunft, die zwischen 2000 und 2006 regelrecht hingerichtet wurden; eine getötete Polizistin und ihr Kollege, der bei dem Anschlag in Heilbronn 2007 nur knapp mit dem Leben davon kam; zwei Bombenanschläge 2001 und 2004 in Köln mit vielen Verletzten; vierzehn Überfälle auf Banken und Sparkassen – das ist die Bilanz der Straftaten des „Nationalsozialistischen Untergrunds“, die sich seit dem 4. November, seit dem Tod von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt in ihrem Wohnmobil in Eisenach und seit dem von Beate Zschäpe gelegten Brand in der gemeinsamen Wohnung in Zwickau herauskristallisiert hat. Aktionismus statt Aufklärung – Der neue staatliche „Kampf gegen Rechts“ weiterlesen