Redaktionsmitteilung

So schnell kann das gehen: Noch im Frühjahr dieses Jahres applaudierten PolitikerInnen und Medien auch hierzulande den „Facebook-Revolutionen“ in Tunesien und Ägypten. Mutige BloggerInnen hatten der Meinungsfreiheit zum Durchbruch verholfen. Via Twitter kamen die Demo-Termine und auf YouTube konnte man Handy-Filme der Aufständischen bestaunen.

Nur wenige Monate später ist die Begeisterung verflogen. Im „Spiegel“ wettert Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich Anfang August gegen die „anonymen Blogger“, bei denen sich Anders Breivik, der Attentäter von Oslo, die Versatzstücke seiner Ideologie zusammengesucht hat. Warum müssen sie „ihre wahre Identität nicht offenbaren?“, fragt er. Ein Vermummungsverbot fürs Internet will er aber nicht gefordert haben. Im britischen Unterhaus entsetzt sich Premier David Cameron darüber, dass sich die Randalierer in London und anderen Städten über die diversen „social media“ verabredet haben. Er propagiert Kommunikationssperren.

Der „Cyberspace“ ist seit Jahren eine ideale Projektionsfläche für SicherheitspolitikerInnen, Polizei, Geheimdienste und im wachsenden Maße auch für Militärs. Die Gremien und Institutionen zur Sicherung dieser „kritischen Infrastruktur“ gegen Angriffe von Hackern, Kriminellen, Terroristen oder feindlichen Staaten boomen. Das Internet ist längst (auch) zu einem Testfeld neuer verdeckter Überwachungsmethoden geworden.

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Die Hamburger Polizeikommission war der einzige Versuch, eine von Justiz und Parlamenten unabhängige Form der Kontrolle zu etablieren. Sie wurde nach nur zwei Jahren wieder abgeschafft. Haben solche Institutionen heute bessere Chancen? Welche Modelle kommen dafür in Frage? Mit diesem Thema wird sich die kommende Ausgabe von Bürgerrechte & Polizei/CILIP befassen.

(Heiner Busch)