Bild: Matthias Monroy

Chronologie Juli 2016

zusammengestellt von Otto Diederichs

2. Juli: Rockerkriminalität:  In Nürnberg nimmt ein Spezialeinsatzkommando (SEK) den Chef der Hamburger Rockergruppe „Mongols“ fest. Weil er wegen Verstößen gegen das Waffen- und Betäubungsmittelgesetz eine Haftstrafe verbüßen sollte, war er untergetaucht und von Zielfahndern aufgespürt worden.

4. Juli: Dschihadisten-Prozesse: Das Landgericht (LG) Frankfurt/M. verurteilt einen Dschihadisten wegen Verstoßes gegen das Waffen- und Sprengstoffgesetz sowie Urkundenfälschung zu zweieinhalb Jahren Haft. Der Vorwurf einen Anschlag auf ein Radrennen geplant zu haben wird fallengelassen. Bei seiner Festnahme im Mai 2015 war u.a. eine Rohrbombe gefunden worden. Am 7. Juli verurteilt das Frankfurter Oberlandesgericht (OLG) sechs Männer wegen Beteiligung an der somalischen al-Shabab-Miliz zu Strafen zwischen zwei Jahren auf Bewährung und fünf Jahren Haft. Das gleiche OLG verurteilt am 12. Juli einen 21-Jährigen Deutsch-Iraner wegen Kriegsverbrechens zu zwei Jahren Haft ohne Bewährung. Der Mann hatte 2014 am Syrien-Krieg teilgenommen und im Internet vor abgeschlagenen und aufgespießten Köpfen posiert. Durch Presseberichte wird am 29. Juli bekannt, dass die Bundesanwaltschaft (BAW) derzeit 130 Ermittlungsverfahren gegen rund 190 mutmaßliche Islamisten führt; weitere 50 wurden an die Landesbehörden abgegeben.

Festnahmen von mutmaßlichen Dschihadisten: Bei seiner Rückkehr wird auf dem Frankfurter Flughafen ein 28-Jähriger Deutscher festgenommen. Er steht im Verdacht seit 2012 Mitglied der al-Shabab-Miliz zu sein. In Aachen wird am 7. Juli gegen einen 20-Jährigen Algerier Haftbefehl wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation erlassen; er steht im Verdacht die Attentäter von Paris unterstützt zu haben. In Nordrhein-Westfalen wird ein 18-Jähriger Deutscher in Untersuchungshaft genommen, der im Verdacht steht  für die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) mindestens neun Propagandatexte übersetzt zu haben, die anschließend ins Internet gestellt wurden.

5. Juli: Polizeischüsse: Bei dem Festnahmeversuch eines mutmaßlichen Mörders geben Zielfahnder des Bundeskriminalamtes (BKA) und der Elitetruppe GSG 9 der Bundespolizei in Gelsenkirchen (NRW) mindestens fünf Schüsse auf die Verdächtigen ab. Eine Person wird festgenommen, der Gesuchte kann fliehen.

Schleuserkriminalität: Bei einer großangelegten Razzia in Nordrhein-Westfalen und im Saarland werden sieben mutmaßliche Schleuser festgenommen. Ihnen wird vorgeworfen bei rund 50 Schleusungen insgesamt 250 Personen illegal in die Bundesrepublik gebracht zu haben. Eine größere Menge Bargeld und weitere Beweismittel werden sichergestellt. In einer konzertierten Aktion nehmen Polizeibeamte am 25. Juli in Deutschland, Österreich und Ungarn insgesamt 17 mutmaßliche Schleuser fest.

6. Juli: Neuer BND-Präsident: Bruno Kahl wird als neuer Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND) in sein Amt eingeführt.

Rechtsextremistische Terrorgruppe NSU: Erstmals in dem mittlerweile rund dreijährigen Prozess vor dem OLG München können die Nebenklagevertreter Fragen an die Angeklagte Beate Zschäpe richten. Deren Anwalt erklärt jedoch gleich zu Beginn, es sei „vorauszusehen, dass die Fragen wohl nicht beantwortet werden“.

7. Juli: Polizeilicher Todesschuss: In Groß Rosenburg (Sachsen-Anhalt) wird die Polizei zu einem Familienstreit gerufen. Da bekannt ist, dass es sich um eine Jägerfamilie mit mehreren Waffen handelt, wird ein SEK eingesetzt. Bei ihrem Eintreffen richtet der Sohn der Familie einen Revolver auf die Beamten.  Diese geben mehrere Schüsse auf ihn ab und treffen ihn tödlich.

Verfassungsschutz: Das Landesamt für Verfassungsschutz Bayern (LfV) kann künftig auf die Vorratsdatenspeicherung zugreifen; zudem muss dem Parlamentarischen Kontrollgremium statt wie bisher halbjährlich nur noch einmal im Jahr berichtet werden. Dies beschließt der Bayerische Landtag in einem neuen Verfassungsschutzgesetz.

8. Juli: Polizeischuss: In Bonn (NRW) wird bei einem Nachbarschaftsstreit ein Mann erstochen und eine Frau schwer verletzt. Um den Täter zu stoppen geben die herbeigerufen Polizeibeamten drei Schüsse auf ihn ab. Er wird verletzt ins Krankenhaus gebracht.

9. Juli: Rechtsradikale und fremdenfeindliche Demonstrationen: An einer Demonstration eines Ablegers der fremdenfeindlichen „Pegida“-Bewegung (Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes) in Leipzig beteiligen sich rund 100 TeilnehmerInnen (Gegendemo: 120). Laut Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) kam es 2015 in Deutschland zu insgesamt 690 rechtsextremistischen Demonstrationen, die sich mehrheitlich gegen Zuwanderung und Asyl richteten (2014: 225). Dies wird am 14. Juli durch Presseberichte bekannt. Zu einer rechtspopulistischen Demonstration versammeln sich in Berlin am 30. Juli rund 800 Personen (Gegendemo: 700).

10. Juli: Polizeischüsse: In Stuttgart (Hessen) alarmiert ein Mann unter einem Vorwand die Polizei. Als ein Streifenwagen eintrifft, greift er die Polizisten mit einem Messer an und verletzt einen von ihnen schwer. Die Beamten geben mehrere Schüsse auf den Mann ab und verletzen ihn ebenfalls schwer.  In Ingolstadt (Bayern) wird die Polizei informiert, dass ein psychisch kranker Mann Hilfe benötige. Beim Eintreffen der Beamten greift der Mann sie mit einem Hammer an. Als Pfefferspray erfolglos bleibt, schießen ihm die Beamten ins Bein.

20160808_Berlin_Christian_Ditsch11. Juli: Rechte und fremdenfeindliche Angriffe auf Flüchtlingsheime: Auf zwei Wohnungen im brandenburgischen Premnitz werden Brandanschläge verübt. Die Bewohner können die Brände selbst löschen; verletzt wird niemand. Am 22. Juli teilt die Staatsanwaltschaft (StA) mit, dass die Ermittlungen zu dem Brandanschlag vom April 2015 auf eine geplante Flüchtlingsunterkunft im sächsischen Tröglitz ergebnislos eingestellt wurden. Ebenfalls am 22. Juli ruft in Berlin ein Mann ausländerfeindliche Parolen in Richtung eines Flüchtlingsheimes und zeigt verfassungsfeindliche Symbole. Er wird festgenommen. Bei einer weiteren Berliner Flüchtlingsunterkunft werfen mehrere Personen Steine auf vor dem Haus stehende Bewohner und verletzen einen von ihnen am Knie. Aus einem vorbeifahrenden Auto schießen am 23. Juli Unbekannte auf ein erleuchtetes Zimmer im Asylheim im sächsischen Niesky; verletzt wird niemand. Am 28. Juli teilt die StA Potsdam mit, dass gegen einen örtlichen NPD-Politiker und fünf weitere Männer wegen des Brandanschlages auf eine geplante Flüchtlingsunterkunft in Nauen im August 2015 Anklage wegen Gründung einer kriminellen Vereinigung erhoben wurde. Durch eine Anfrage der GRÜNEN-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus geht am 30. Juli hervor, dass es in Berlin im ersten Halbjahr bereits 30 Angriffe auf Flüchtlingsheime gab (2015: 57, 2014: 39).

BND-Affäre: Durch Presseberichte wird die Bewertung des „Parlamentarischen Kontrollgremiums“ (PKGr) für die Geheimdienste zur Spionage-Affäre des Bundesnachrichtendienstes (BND) bekannt. Danach hat der BND bis Ende 2013 rund 3.300 rechtlich umstrittene Ziele mit insgesamt 15.000 Suchmerkmalen ausspioniert; vor allem diplomatische Vertretungen von EU- und NATO-Staaten aber auch Privatpersonen.

Im Wald ausgesetzt: Das LG Frankfurt/M. bestätigt das Urteil gegen zwei Polizeibeamte zu Geldstrafen von 4.500 EUR und 6.300 EUR wegen Nötigung. Sie hatten im März 2011 einen randalierenden Betrunkenen nachts im Stadtwald ausgesetzt. Sie hatten argumentiert, ein solcher Verbringungsgewahrsam sei durchaus üblich.

13. Juli: Polizeilicher Todesschuss: Um einen Mann von einem Seniorenpflegeheim in eine psychiatrische Klinik zu bringen wird in Erharting (Bayern) die Polizei zu einem Amtshilfeeinsatz gerufen. Als die Beamten gemeinsam mit zwei Pflegerinnen das Zimmer betreten, greift der Mann sie mit einem Messer an und verletzt einen von Ihnen. Daraufhin schießen die Beamten und treffen ihn tödlich.

13. Juli: Razzia wegen Hasspostings: In 14 Bundesländern führt die Polizei Hausdurchsuchungen bei insgesamt 60 Personen durch. Sie stehen im Verdacht, Mitglieder einer geheimen facebook-Gruppe zu sein und fremdenfeindliche, antisemitische und sonstige rechtsextremistische Inhalte zu verbreiten.

14. Juli: Love-Parade-Katastrophe: Durch Presseberichte wird bekannt, dass die StA Duisburg einen weiteren Gutachter beauftragt hat, die Sicherheitsvorkehrungen der „Love-Parade“ 2010 erneut zu untersuchen, bei der 21 Menschen zu Tode kamen und mindestens 652 zum Teil schwer verletzt wurden. Damit soll die Anklage gegen Organisatoren und Behördenmitarbeiter untermauert werden. Am 25. Juli übergeben Hinterbliebene beim OLG Düsseldorf eine von über 350.000 Personen unterschriebene Petition, einen Prozess gegen potentiell Verantwortliche zu eröffnen.

Fingierte Messerattacke auf LINKEN-Politiker: Gegen einen 19-Jährigen Nachwuchspolitiker der Linkspartei in Mecklenburg-Vorpommern wird Anklage wegen des Verdachts der Vortäuschung einer Straftat erhoben. Der Mann hatte erklärt, Anfang Januar in Wismar von mehreren Männern überfallen worden zu sein. Seine Verletzungen wiesen jedoch „alle Merkmale einer Selbstbeibringung“ auf, so die StA.

18. Juli: Polizeilicher Todesschuss: Bei Würzburg (Bayern) attackiert ein 17-Jähriger afghanischer Flüchtling in einem Regionalzug Reisende mit einer Axt und einem Messer und verletzt vier Menschen schwer und einen weiteren leicht. Auf seiner Flucht verletzt er eine weitere Frau schwer, wird allerdings  von einem zufällig in der Nähe anwesenden SEK verfolgt. Als er auch die Beamten angreift, wird er nach Warnschüssen erschossen. Bei der Durchsuchung seines Zimmers wird eine handgemalte IS-Fahne gefunden. Kurz darauf taucht im Internet ein Propaganda-Video des IS mit dem Täter auf und auch an seiner wahren Identität mehren sich Zweifel.

Körperverletzung im Amt: Bei einer Demonstration gegen die rechte Pegida-Bewegung in München zieht ein Polizist eine junge Frau aus einer Sitzblockade, schlägt ihr gegen die Brust und schubst sie in eine Hecke; ein danebenstehender Kollege schlägt ihr dabei gezielt ins Gesicht. Die Frau erleidet Schädelprellungen und eine leichte Gehirnerschütterung.

Hamburger Hafenstraße: Mit einem Großaufgebot und vorgehaltenen Waffen stürmt die Polizei mehrere Wohnungen in den ehemals besetzten Häusern der Hafenstraße. Mehrere Personen werden festgenommen. Grundlage ist ein zwei Monate alter Durchsuchungsbeschluss wegen des Verdachtes der „Beihilfe zum unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln“.

19. Juli: Kriminelle Polizisten:  Wegen des unberechtigten Verbreitens von Fotos eines Festgenommenen sowie des Besitzes von Kinderpornografie und einer Pumpgun wird ein Beamter der Bundespolizei in Hannover zu einer 10-Monatigen Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Das Verfahren wegen Verdachtes der Körperverletzung wird  eingestellt. Der Beamte war in der Vergangenheit schon einmal verurteilt worden, weil er einem 14-Jährigen Mädchen ein pornografisches Foto geschickt hatte.

Anschlag auf Sikh-Tempel: Gegen die drei Jugendlichen, die im April einen Anschlag auf einen Sikh-Tempel mit drei Verletzten in Essen verübt hatten, wird Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung, versuchter Tötung und Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion erhoben. Am 29. Juli wird der erste Angeklagte zu 20 Monaten Jugendhaft auf Bewährung und zur Ableistung von 100 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt.

21. Juli: Polizeischuss: Weil sich ein Mann in seiner Wohnung verbarrikadiert hat, wird im bayerischen Heßdorf die Polizei gerufen. Als die Beamten eintreffen, greift er sie mit einer Sichel an. Daraufhin schießt ein Polizist auf ihn und verletzt den Mann schwer.

MVG-Betrieb-eingestellt-2016-07-22,_122. Juli: Amoklauf in München: In einem Münchner Einkaufszentrum schießt ein 18-Jähriger wild um sich, tötet neun Menschen und verletzt über 20 z.T. schwer. Da Zeugen insgesamt drei Täter gesehen haben wollen und mehrere sonstige Fehlalarme aus dem Stadtgebiet eingehen, geht die Polizei zunächst von einem Attentat aus. Über Stunden wird für München der Ausnahmezustand ausgerufen, der öffentliche Nah- und Fernverkehr  eingestellt. Knapp fünf Stunden später wird die Leiche des Täters gefunden und der Alarm aufgehoben. Wie sich herausstellt hatte er sich selbst erschossen.

24. Juli: Amoklauf in Reutlingen: In der Innenstadt von Reutlingen (Baden-Württemberg) tötet ein Mann ein Frau bei einem 40 cm langen Dönermesser und verletzt fünf weitere Personen bevor er von einem Autofahrer bewusst angefahren wird. Dabei wird der Täter selbst schwer verletzt.

25. Juli: Selbstmord-Anschlag in Ansbach: Im Eingangsbereich eines Musikfestivals in Ansbach (Bayern) zündet ein 27-Jähriger syrischer Flüchtling eine Rucksack-Bombe. Der Täter, der mehrfach in psychiatrischer Behandlung war, stirbt; 12 Menschen werden verletzt, drei von ihnen schwer. Die Polizei riegelt die komplette Altstadt ab. Wenig später übernimmt der IS offiziell die Verantwortung; eine tatsächliche Verbindung bleibt jedoch unklar.

„Stuttgart 21“: 19 Opfer des rechtswidrigen Polizeieinsatzes vom September 2010 gegen Gegner des Bahnhofsprojektes „Stuttgart 21“ erhalten Entschädigungen zwischen 300 und über 10.000 Euro. Dies bestätigt ein Polizeisprecher.

27. Juli: Salafismus: Im niedersächsischen Hildesheim durchsucht die Polizei mit rund 400 Beamten die Räume einer Moschee und die Wohnungen von acht Vorstandsmitgliedern des Vereins „Deutschsprachiger Islamkreis Hildesheim“ (DIK). Der Verein gilt den Behörden als „bundesweiter hotspot der radikalen Salafistenszene“.

31. Juli: Pro-Erdogan-Demonstration in Köln: Zu einer Demonstration für den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan versammeln sich etwa 20.000 Menschen. Am Rande kommt es zu vereinzelten Auseinandersetzungen zwischen rechtsnationalen Türken und linken kurdischen Gegendemonstranten. Eine Gegenkundgebung der rechtspopulistischen Partei „Pro NRW“ mit rund 250 Teilnehmern löst die Polizei auf als sich diese zu einem Demonstrationszug formieren.

Bilder: Matthias Monroy, Christian Ditsch, Renardo la vulpo, MVG-Betrieb-eingestellt-2016-07-22, 1, CC BY-SA 4.0

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