Chronologie Februar 2020

zusammengestellt von Otto Diederichs

2. Februar: Waffenverluste bei der Polizei: Durch Presserecherchen wird bekannt, dass bei den Polizeien der Länder in den vergangenen 10 Jahren insgesamt 35 Dienstwaffen verschwunden sind. Bei der Bundespolizei (BPol), Bundeskriminalamt (BKA) und Zoll sind es 12.

3. Februar: Rechtsradikale Polizist*innen: An einer Studie der Polizei in Hessen unter ihren etwa 17.000 Beamt*innen beteiligten sich 4.277 Polizist*innen. Davon befürchtet jede/r vierte, dass die Gefahr besteht, „dass Deutschland (ein) islamisches Land wird“. 1,7 Prozent gaben ihre Haltung mit „rechts“ oder „ausgeprägt rechts“ an. Bei der Präsentation dieser Studie teilt Innenminister Peter Beuth (CDU) zugleich mit, dass von ursprünglich 38 Beamt*innen, gegen die wegen rechter Umtriebe ermittelt wurde, 17 Fälle unterdessen eingestellt wurden, auch zu Entlassungen sei es bereits gekommen. Gegen 13 von ihnen wird noch ermittelt. In der Nacht zum 6. Februar wird die Polizei in Bautzen (Sachsen) gerufen weil aus einer Wohnung „Sieg Heil“-Rufe zu hören sind. Bei der Überprüfung stoßen die Beamt*innen auf drei Kommissaranwärter der Polizeihochschule. Sie werden vom Studium freigestellt und für die eingeleiteten Ermittlungen wegen Verwendung verfassungswidriger Kennzeichen suspendiert. Wegen des Verdachts der Volksverhetzung durchsucht die Polizei in Berlin am 7. Februar den Arbeitsplatz und die Wohnung eines ihrer Beamten. Der Mann, der von Hessen nach Berlin gewechselt ist, gilt als Mitglied einer rechtsradikalen Chatgruppe. Er wurde vom Dienst suspendiert und ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Die Ermittlungen führt das Landeskriminalamt (LKA) Hessen.. Ebenfalls am 7. Februar durchsucht die Polizei in Hessen die Wohnungen und Arbeitsplätze von drei Polizeibeamten aus Frankfurt/M. (Hessen). Die Durchsuchungen stehen dabei in Zusammenhang mit einer rechtsradikalen Chatgruppe in der rassistische und antisemitische Inhalte ausgetauscht wurden. Im Verdacht der Volksverhetzung stehen dabei sechs Beamte; bei dort vorgenommenen neuerlichen Durchsuchungen handelt es sich teils um bereits bekannte, aber auch um neue Verdächtige. In diesem Zusammenhang finden am gleichen Tag auch Durchsuchungen in der rechtsextremen Szene in Hessen statt. Am 12. Februar teilt die Polizeihochschule Baden-Württemberg mit, dass sie sieben Polizeischüler mit sofortiger Wirkung suspendiert und von der Ausbildung ausgeschlossen hat. Die Schüler hatten seit September 2019 in einer geschlossenen Chatgruppe nationalsozialistische, antisemitische und frauenfeindliche Inhalte ausgetauscht. Bei einer Razzia am 14. Februar gegen die rechtsextreme Terrorgruppe „Gruppe S“ an 13 Orten wird auch ein Verwaltungsmitarbeiter des Polizeipräsidiums Hamm (NRW) festgenommen. Wie in diesem Zusammenhang bekannt wird, hatte der Mann 2018 Reichskriegsflaggen auf seinen Balkon gehängt und war auch zum Dienst schon einmal in rechter Szene-Kleidung erschienen. Insgesamt sind damit 12 Verdächtige der „Gruppe S“ in Haft; sie soll Anschläge auf Politiker, Asylsuchende und Muslime geplant haben. Am 18. Februar wird an einem NPD-Infostand in Bochum (NRW) ein Mann von NPD-Mitgliedern beleidigt und bedroht. Ein hinzugekommener Polizist will jedoch keine Bedrohung erkennen und stellt in Frage, ob es sich bei der NPD überhaupt um eine rechtsradikale Partei handele. Ein ebenfalls eintreffender Mitarbeiter des Ordnungsamtes begrüßt einen NPDler mit Handschlag. Am 21. Februar gibt die Polizei Hamm (NRW) bekannt, dass zwei weitere ihrer Mitarbeiter in den Verdacht einer rechten Gesinnung geraten sind. In einem Fall seien keine strafrechtlichen Vorwürfe gefunden worden; im zweiten Fall seien die Prüfungen noch nicht abgeschlossen. Durch Presseberichte wird am 26. Februar bekannt, dass bei einer Razzia gegen die rechtsextreme Gruppe „Nordkreuz“ im Juni 2019 auch große Mengen Munition sichergestellt wurden, die teilweise aus Polizeibeständen mehrerer Bundesländer stammt. Anführer von „Nordkreuz“ ist ein ehemaliger Beamter eines Spezialeinsatz-Kommandos (SEK). Durch Presseberichte wird am 28. Februar bekannt, dass das BKA drei Kommissaranwärter, die in einem WhatsApp-Chat im Oktober 2019 über Halloween-Kostüme beraten hatten, sich als rechtsextremer Halle-Attentäter zu verkleiden oder Wehrmachtsuniformen zu tragen, vom Dienst suspendiert hatte. Gegen den Hauptbeschuldigten wurde zudem ein Entlassungsverfahren eingeleitet.

Körperverletzung im Amt: Laut der Studie der Polizei in Hessen unter ihren etwa 17.000 Beamt*innen gaben 31,5 Prozent an, sie hätten schon einmal „schwerwiegendes Fehlverhalten von Kollegen“ beobachtet. Weniger als die Hälfte informierte ihre Vorgesetzten über solche  Übergriffe, Beleidigung oder ähnliche Vorfälle. Am 26. Februar verurteilt das Landgericht (LG) Frankfurt/M. (Hessen) das Land zu einer Zahlung von 7.000 EUR Schmerzensgeld an einen Fan des Fußballvereins Eintracht Frankfurt. Er war bei einem Europacup-Spiel des Vereins 2019 von zwei Polizisten grundlos über eine Werbebande gestoßen worden. Darin sah das LG eine Verletzung der Amtspflichten.

Ermittlungen gegen Polizist*innen: Durch Presseberichte wird bekannt dass die Staatsanwaltschaft (StA) Stralsund (Mecklenburg-Vorpommern) die Ermittlungen gegen einen Polizeibeamten wegen Verstoßes gegen das Landesdatenschutzgesetz im Februar 2019 eingestellt hat, da die vorgeworfenen Taten nicht strafbar seien. Ob es dienstliche Konsequenzen gibt, ist unklar. Der Mann hatte versucht, über den Dienstcomputer an persönliche Daten eines Anzeigenerstatters zu gelangen. In München (Bayern) durchsucht die Polizei am 18. Februar die Wohnungen von acht ihrer Beamten unter dem Verdacht des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz; sie werden vorübergehend festgenommen. Es ist bereits die dritte Durchsuchung seit Dezember 2018. Gegen die suspendierten Beamten wird ermittelt. In einer Umkleidekabine der Berliner Polizei bedroht am 20. Februar ein Polizeibeamter seinen Kollegen mit der Dienstwaffe. Diese wird eingezogen und Ermittlungen gegen den Mann eingeleitet. Durch Presseberichte wird am 21. Februar bekannt, dass bei der Polizei in Thüringen im Jahr 2019 insgesamt 279 Ermittlungsverfahren gegen Polizist*innen eingeleitet wurden (2018: 274). Am häufigsten wegen Verdacht auf Körperverletzung im Amt und Strafvereitelung im Amt. Vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss in Kiel (Schleswig-Holstein) sagt am 24. Februar der frühere Mobbing-Beauftragte aus, bei den Untersuchungen wegen Vorwürfen gegen Führungskräfte des LKA sei  ihm 2013 aus dem Innenministerium jede weitere Tätigkeit in der Sache untersagt worden, obwohl er disziplinarrechtliche Ermittlungen für nötig gehalten habe. Der Hauptbeschuldigte sei später Landespolizeidirektor geworden. Am 27. Februar verbreiten zwei Polizeibeamte, die in Aachen zum Schutz einer Synagoge abgestellt sind, „Sieg-Heil“-Rufe über den Polizeifunk. Disziplinarische und strafrechtliche Ermittlungen werden eingeleitet.

6. Februar: Prozesse gegen Polizist*innen: Die StA Landshut (Bayern) erhebt Anklage gegen eine Polizistin, die seit Ende 2017 im Polizeicomputer die Wohnadressen kürzlich Verstorbener ausfindig gemacht hatte und danach gemeinsam mit einer Komplizin in diese eingebrochen war. Bei der Durchsuchung ihrer Wohnung waren auf dem Computer der Frau zudem kinderpornografische Bilder gefunden worden. Am 7. Februar erlässt ein Amtsgericht (AG) in Düsseldorf (NRW) gegen einen Polizeibeamten, der außer Dienst, auf dem Hauptbahnhof in alkoholisierten Zustand Kollegen beleidigt und Widerstand geleistet hatte, einen Strafbefehl über 4.000 EUR. Am 10. Februar verurteilt das AG Weiden (Bayern) einen Polizeibeamten wegen Bestechlichkeit und versuchter Strafvereitelung zu eineinviertel Jahren Haft auf Bewährung. Der Mann hatte bei einer Verkehrskontrolle im Mai 2019 einer jungen Frau Straferlass gegen sexuelle Handlungen angeboten. Er war bereits 2008 wegen sexueller Nötigung zu neuen Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Der Beamte wurde vom Dienst entfernt. Am 18. Februar befindet das Oberlandesgericht (OLG) Köln (NRW) einen Mann der Beleidigung von Polizeibeamten zwar für schuldig, entscheidet jedoch auf Straffreiheit, da der Mann bei einer CSD-Veranstaltung 2016 zuvor von einem Polizisten als „dumme Schwuchtel“ bezeichnet worden war. Das OLG sowie auch zwei Vorinstanzen sprachen stattdessen von Polizeigewalt. Die Strafverfolgung der an dem Vorfall beteiligten Beamten müsse nun „zeitnah erfolgen“, so das OLG. Am 25. Februar verurteilt das LG Berlin einen Polizeibeamten wegen besonders schwerer Vergewaltigung und Vortäuschung einer Straftat zu einer Haftstrafe von sechseinhalb Jahren. Er hatte im Dezember 2018 eine Prostituierte erniedrigt, misshandelt und zu nicht vereinbarten Sexpraktiken gezwungen.

Beitragsbild: Trauer für die Opfer des Hanau-Anschlags auf dem Integrationsgipfel am 2. März in Berlin (Christian Ditsch).

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