zusammengestellt von Otto Diederichs
1. Oktober: Umweltproteste: Bis September des Jahres hat die Berliner Staatsanwaltschaft (StA) bereits 460 Ermittlungsverfahren gegen Klimaaktivist*innen eingeleitet. Am 18. Oktober verurteilt ein Berliner AG einen Klimaaktivisten, der sich im Februar an einer Straßenblockade beteiligt hatte, zu einer Geldstrafe von 600 EUR. Am gleichen Tag erstattet ein Berliner CDU-Abgeordneter gegen die Klimaschutzbewegung Anzeige wegen Gründung einer kriminellen Vereinigung. Durch Presseberichte wird am 19. Oktober bekannt, dass die Berliner Justiz in Verbindung mit den Straßenblockaden aktuell 666 Verfahren führt, in 224 Fällen wurden bereits Strafbefehle verschickt. Wegen eines Steinwurfs auf einen Polizisten im November 2020 verurteilt das AG Alsfeld (Hessen) ebenfalls am 19. Oktober eine Besetzerin des Dannenröder Forstes zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten, ausgesetzt auf drei Jahre zur Bewährung sowie 1.200 EUR Geldstrafe. Bis zum 25. Oktober hat die Berliner Justiz bereits 130 Verfahren abgeschlossen und 150 Strafbefehle gegen Klimaaktivist*innen erlassen; 730 Verfahren sind aktuell noch offen. Am 31. Oktober blockieren Umweltschützer*innen erneut die Berliner Stadtautobahn und mehrere Straßen in der Stadt, vermutlich durch den entstehenden Verkehrsstau erreicht ein Feuerwehrfahrzeug einen Unfallort mit einer lebensgefährlich verletzten Fahrradfahrerin erst mit erheblicher Verspätung. Die Polizei nimmt gegen zwei Aktivisten Ermittlungen auf.
Rechtsradikale Demonstrationen und Kundgebungen: In Berlin findet eine als „Handwerker-Protest“ getarnte, rechtsradikale Demonstration mit rund 600 Teilnehmer*innen statt. Nach der Abschlusskundgebung drängen etliche von ihnen durch die Polizeiketten und verschmelzen mit einer linken Friedensdemonstration.
4. Oktober: Angriffe auf Polizist*innen: Vor dem LG Berlin beginnt der Prozess gegen einen Mann, der bei einem Einsatz wegen Ruhestörung im November 2021, eine Polizistin mit einer Metallstange angegriffen und am Kopf verletzt hatte. Laut einer Studie des Bundeskriminalamtes (BKA), die am 13. Oktober bekannt wird, wurden 2021 bundesweit insgesamt 39.649 gewalttätige Angriffe auf Polizist*innen registriert, darunter etwa 1.500 Fälle schwerer oder gefährlicher Körperverletzung und 30 versuchte Mord- oder Totschlagsdelikte (2020: 63); außerdem wurden über 19.000 Widerstandshandlungen erfasst. Demgegenüber ging die Zahl der Gewalttaten in Rheinland-Pfalz im Vorjahr zurück (2021: 1.553), wie am gleichen Tag durch Pressemeldungen bekannt wird; ebenso in NRW (2021: 7.512) und zwei weiteren Bundesländern. In Mecklenburg-Vorpommern sind die Zahlen jedoch auf 912 gestiegen (2020: 696). Ebenfalls am 13. Oktober versucht sich in Bonn (NRW) ein Autofahrer einer Verkehrskontrolle zu entziehen und fährt dabei eine Polizistin an; die Frau muss ins Krankenhaus gebracht werden. Als sich der Täter am 14. Oktober selbst stellt, wird Haftbefehl gegen ihn erlassen. Am 17. Oktober wird die Polizei in Obersendling (Bayern) gerufen, weil ein Mann in der Innenstadt randaliert. Als die Beamt*innen eintreffen, greift der Mann sie sofort an. Ein Beamter wird durch Schläge leicht verletzt, ein zweiter in den Oberschenkel gebissen. Ein Berliner AG verurteilt am 18. Oktober zwei Männer, die im September zwei Polizisten angegriffen und schwer verletzt hatten, zu einem Jahr Haft auf drei Jahre zur Bewährung. Am 21. Oktober wird die Polizei in Berlin zu einem Streit in einer Bar gerufen. Bei ihrem Eintreffen schubst einer der Kontrahenten die Polizistin weg und versucht ihren Kollegen zu schlagen; er wird festgenommen. Daraufhin erscheinen sein Vater und sein Bruder und versuchen ihn zu befreien. Durch herbeigerufene Verstärkung werden alle drei festgenommen. Ebenfalls in Berlin alarmiert am 24. Oktober ein Mann die Polizei, weil sich in seiner Wohnung Unbekannte aufhalten. Als die Beamt*innen eintreffen und niemand öffnet, sie aber Geräusche in der Wohnung hören, verschaffen sie sich gewaltsam Zutritt. Daraufhin greift der psychisch gestörte Wohnungsinhaber sie mit einem Messer an und verletzt eine Beamtin leicht, er wird in Gewahrsam genommen. Am 28. Oktober stoppt die Polizei in Dötlingen (Niedersachsen) eine betrunkene Autofahrerin. Als die Frau zur Blutprobe auf´s Revier gebracht werden soll, schlägt sie der Polizistin ins Gesicht. Gegen sie werden Ermittlungsverfahren eingeleitet. Die Polizei in Straubing (Bayern) teilt am 29. Oktober mit, dass ein Mann, der sich nach einer Auseinandersetzung nicht ausweisen wollte und die Beamt*innen angriff, in Gewahrsam genommen wurde. In der Halloween-Nacht des 31. Oktober werden in Berlin und anderen deutschen Städten Polizist*innen angegriffen. Zu den heftigsten Angriffen kommt es in Hamburg.
Prozesse gegen Polizeibeamt*innen: In München (Bayern) stehen zwei Polizeibeamte wegen Verfolgung Unschuldiger und falscher uneidlicher Aussage vor Gericht. Ihnen wird vorgeworfen, in Einsätzen „gezielt unangemessene Gewalt angewendet“, „Leute schikaniert“ und sich „an dem, was man erreicht hat, noch erfreut“ zu haben. Vor allem Obdachlose, Ausländer und Alkoholisierte seien von den Beamten brutal attackiert worden. Aufgefallen waren sie, weil sich in Handy-Chats stolz darüber ausgetauscht hatten. Im Berufungsprozess vor dem LG Hagen (NRW) gegen zwei Polizistinnen, die im Mai 2020 Kollegen, die in eine Schießerei verwickelt waren, nicht unterstützt hatten, verurteilt das Gericht am 5. Oktober die Frauen zu je vier Monaten Haft auf Bewährung. Am gleichen Tag beobachten Zivilbeamt*innen in Berlin einen Kollegen dabei wie er Kokain aus dem Fahrzeug eines Drogenlieferdienstes kauft; gegen ihn und die Fahrerin des „Koks-Taxis“ wird ermittelt. Am 10. Oktober beginnt vor dem AG München (Bayern) der Prozess gegen zwei Polizeibeamte wegen Körperverletzung im Amt, Verfolgung Unschuldiger, Nötigung, Falschaussage und Weitergabe von Kokain. Durch Presseberichte wird am 16. Oktober bekannt, dass gegen einen Polizeibeamten, der bei einem Marsch von Fans des Hamburger Fußballvereins FC St. Pauli am 14. Oktober auf einen der Fans, der bereits fixiert am Boden lag, eingeschlagen hatte, ein Strafverfahren eröffnet wurde. Durch Presseberichte wird am 19. Oktober bekannt, dass die Polizei in Dresden (Sachsen) gegen einen ihrer Beamten Ermittlungen wegen zweifacher Körperverletzung sowie ein Disziplinarverfahren eingeleitet hat. Der Mann war als Zivilbeamter an einer Kontrolle Jugendlicher beteiligt und hat dabei grundlos zwei von ihnen geschlagen; Kolleg*innen erstatteten noch vor Ort Anzeige gegen ihn.
Rechtsextremismus: Vor einem Berliner AG beginnt der Prozess gegen einen Rechtsextremisten wegen Verwendung verfassungswidriger Kennzeichen und gefährlicher Körperverletzung. Am gleichen Tag verurteilt ein AG in Bayreuth (Bayern) einen Chefarzt wegen Verwendung von verfassungswidrigen Kennzeichen zu einer Geldstrafe von rund 32.000 EUR. Der Mann hatte auf einer Internetplattform den Nationalsozialismus verherrlichende Videos veröffentlicht; er war geständig. Am 9. Oktober werden auf dem Bahnhof in Straußfurt (Thüringen) zwei nicht zündfähige Bomben gefunden, von denen eine ein Hakenkreuz trägt. Durch Pressemeldungen wird am 11. Oktober bekannt, dass die Bundesanwaltschaft (BAW) Anklage gegen einen Jugendlichen erhoben hat, der im Mai einen rechtsextremistisch und rassistisch motivierten Bombenanschlag auf seine Schule in Essen (NRW) geplant haben soll. Am gleichen Tag wird ebenfalls durch Presseberichte bekannt, dass die BAW in mehreren Bundesländern gegen einen rechtsextremen Buchverlag ermittelt; nach dem Hauptverantwortlichen wird mit Haftbefehl gefahndet. Im Prozess vor einem Berliner AG gegen einen Rechtsextremisten, der im Juli 2021 einen Jamaikaner mit einem Messer am Hals verletzt hatte, stellt sich der Angeklagte am 13. Oktober als Opfer dar. Er sei von dem Mann zuerst angegriffen worden und habe sich nur verteidigt. In Zusammenhang mit dem Bombenfund auf dem Bahnhof von Straußfurt (Thüringen) durchsucht die Polizei am 14. Oktober vier Wohnungen und ein Gartengrundstück; Grundstoffe zur Sprengstoffherstellung werden sichergestellt. Am 19. Oktober stockt das AG Schwalmstadt (Hessen) eine bereits bestehende Jugendstrafe eines Rechtsextremisten auf zwei Jahre und 11 Monate auf. Im November 2021 hatte der junge Mann einen anderen vor ein Auto geworfen; das Opfer war nur aufgrund der schnellen Reaktion des Autofahrers unverletzt geblieben. Am gleichen Tag verurteilt ein AG in Berlin einen Rechtsextremisten, der im Sommer 2017 Rudolf-Heß-Aufkleber an Bushaltestellen und Verteilerkästen angebracht hatte, zu einer Geldstrafe von 4.500 EUR. In Hamburg entdeckt ein Hausmeister am 22. Oktober über 100 Hakenkreuze und Nazi-Parolen an zwei Schulen. Am 25. Oktober durchsucht die Polizei in Berlin die Wohnungen von fünf Personen wegen des Verdachts der Volksverhetzung und weiterer Delikte. Sie hatten im Internet gewaltverherrlichende Texte und Bilder, unter anderem mit Corona-Bezügen, veröffentlicht. Am gleichen Tag verurteilt das AG München (Bayern) zwei Mitglieder der rechtsextremen Kleinpartei „Der III. Weg“, die im September 2021 Plakate mit der Aufschrift „Hängt die Grünen“ verklebt hatten, wegen Volksverhetzung und Aufforderung zum Totschlag. Ein Angeklagter erhält eine Haftstrafe von sechs Monaten, der zweite eine Geldstrafe. In mehreren Städten in Hessen durchsucht die Polizei am 26. Oktober die Wohnungen von 11 Personen der rechtsextremen Szene; ihnen wird Bedrohung, Volksverhetzung und die Verwendung verfassungsfeindlicher Organisationen vorgeworfen. Mobiltelefone, Tablets und verschiedene Waffen werden sichergestellt. Am 27. Oktober werden auf mehreren Schildern der Gedenkstätte Buchenwald (Thüringen) rechtsextreme Schmierereien entdeckt. In Berlin werfen am 30. Oktober Unbekannte die Scheiben eines Cafés, legen Feuer und hinterlassen eines rechten Schriftzug.
Abschiebungen: Durch eine parlamentarische Anfrage der Links-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus wird bekannt, dass aus der Stadt von Januar bis August bisher 570 Menschen abgeschoben wurden; überwiegend in Balkanländer (Moldau: 169 / Bosnien/Herzegowina: 118 / Serbien: 44 / Polen: 26 / Russland: 23). Durch Presseberichte wird am gleichen Tag bekannt, dass das Landratsamt in Passau (Bayern) Ende September einen Iraner mit falschen Behauptungen in das Amt gelockt hat, um ihn dort für die Abschiebung festnehmen zu lassen. Noch am gleichen Abend stoppt das bayerische Innenministerium die Abschiebung. Am 7. Oktober kündigt Landesinnenminister Joachim Herrmann (CSU) an, Abschiebungen in den Iran vorerst auszusetzen. Nach weiteren Bundesländern setzt am 9. Oktober auch NRW Abschiebungen in den Iran aus. Am 10. Oktober erklärt auch Berlin einen vorläufigen Abschiebestopp in den Iran. Das Verwaltungsgericht (VG) Würzburg (Bayern) stoppt am 17. Oktober die geplante Abschiebung eines Nigerianers. Den Mann, der in Deutschland eine Schul- und eine Krankenpflegerausbildung machte, nennt selbst der Würzburger CDU-Oberbürgermeister ein „Beispiel gelungener Integration“.
Corona-Proteste: Ein AG in Frankfurt (Hessen) verurteilt einen Corona-Leugner, der in einem Linienbus einen Mann, der ihn auf die Maskenpflicht aufmerksam gemacht hatte, ins Gesicht geschlagen und anschließend alarmierte Polizist*innen angegriffen hatte, zu einer Haftstrafe von 16 Monaten. Am 6. Oktober wird durch Presseberichte bekannt, dass bei 34 Schulen in neun Berliner Bezirken Drohschreiben eingegangen sind, in denen Lehrer*innen unter Androhung von Gewalt davor gewarnt werden, Corona-Maßnahmen wie Masken, Lüften oder Testen umzusetzen. Durch Presseberichte wird am 11. Oktober bekannt, dass der Richter des Truppendienstgerichtes in Erfurt (Thüringen) die Corona-Impfpflicht für Soldat*innen der Bundeswehr Ende September ausgesetzt hat. Sie sei wegen erheblicher Gesundheitsgefahren unzumutbar und zudem wirkungslos (Az: S 5 Blc 11/22). Am 26. Oktober machen zwei Bahnmitarbeiter*innen in einem Zug in Frankfurt/M. (Hessen) einen Mann auf die Maskenpflicht aufmerksam; daraufhin greift er sie an und verletzt sie. Er wird von der BPol festgenommen.
6. Oktober: Tod nach Polizeieinsatz: In einem Berliner Krankenhaus verstirbt ein Mann, der Mitte September bei einem Polizeieinsatz kollabiert war und von einem Notarzt reanimiert werden werden musste. Da es sich bei dem Verstorbenen um einen psychisch kranken PoC handelt, wirft die Opferberatungsstelle Reachout der Polizei Rassismus vor. Im Innenausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses erklärt Polizeipräsidentin Barbara Slowik am 17. Oktober, bisher lägen noch keine zuverlässigen Ergebnisse zur Todesursache des Mannes vor; Hinweise auf ein Fremdverschulden gebe es jedoch nicht. Am 19. Oktober setzt die Polizei in Dortmund (NRW) gegen einen Randalierer einen Elektro-Taser ein, der Mann kollabiert. Im Krankenhaus wird sein Tod festgestellt. Die Obduktion ergibt, dass der Mann schwer herzkrank und alkoholisiert war.
Grenzkontrollen: Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) ordnet eine verstärkte Schleierfahndung des bayerischen Grenzschutzes in den Gebieten zu Tschechien und Österreich an, um irreguläre Grenzübertritte von Flüchtlingen zu verhindern. Am 7. Oktober nimmt der Grenzschutz die Arbeit hierzu auf.
7. Oktober: Rassistische Angriffe und Handlungen: In einem Park in Berlin wird ein Mann von drei Unbekannten rassistisch beleidigt, geschlagen und mit einem Stein beworfen. Als am 8. Oktober ein Bangladeshi in Berlin aus einem Bus aussteigt, wird er von einem anderen Fahrgast geschubst, rassistisch beleidigt und mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen. Der Täter kann wenig später in der Nähe festgenommen werden. In Brandenburg/Havel (Brandenburg) wird ein dunkelhäutiger Pizza-Auslieferer von einem Mitarbeiter des Johanniter-Unfalldienstes angegriffen, weil die Bestellung unvollständig ausgeliefert wurde. Der Mann erleidet einen Armbruch. Der Mitarbeiter wird bis zum Abschluss der polizeilichen Ermittlungen vom Dienst suspendiert. In mehreren Städten in Sachsen kommt es am 10. Oktober zu Demonstrationen gegen ukrainische Kriegsflüchtlinge mit teilweise um die 1.000 Teilnehmer*innen. Am 21. Oktober wird in Berlin eine Rettungssanitäterin im Einsatz von einem Mann rassistisch beleidigt; die Polizei stellt seine Personalien fest. In München (Bayern) wird am 25. Oktober eine Westafrikanerin von einem Mann rassistisch beleidigt, geschlagen und getreten; er wird festgenommen.
Rechtsradikale Polizist*innen: Die StA Berlin teilt mit, dass sie gegen einen Beamten der Gefangenensammelstelle der Berliner Polizei ermittelt, der seit etwa zwei Jahren Kolleg*innen rassistisch beleidigen soll; sechs Vorfälle seien bisher bekannt. Am gleichen Tag stellt die Senatsinnenverwaltung eine 2021 in Auftrag gegebene Studie vor. Darin berichten migrantische Jugendliche über häufige Personenkontrollen. Auch würden Migrant*innen bei Anzeigenerstattungen häufig unsensibel behandelt und weniger Ernst genommen. Ein Racial Profiling bei der Berliner Polizei erkennt die Studie jedoch nicht; die Rassismusfrage bleibt unbeantwortet. Am 18. Oktober durchsucht die Berliner Polizei die Dienstelle eines Kollegen, der sich in einer polizeilichen Chatgruppe rechtsradikal geäußert hatte. Von StA und Polizei wird gegen ihn wegen Verdacht auf Volksverhetzung ermittelt; zudem werden weitere dienstrechtliche Schritte geprüft.
Rechtsextremer Mordanschlag: Vor dem Untersuchungsausschuss des hessischen Landtages zum Mordanschlag auf den Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (CDU) im Juni 2019 sagt der frühere Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV), Roland Desch, als Zeuge aus. Er kann sich nicht daran erinnern, dass der Name des späteren Mörders während seiner Amtszeit überhaupt gefallen ist.
8. Oktober: Alternative für Deutschland (AfD): Rund 10.000 Teilnehmer*innen (https://www.tagesspiegel.de/berlin/liveblog/pressevertreter-attackiert-angriffe-auf-mehrere-journalisten-8727343.html) beteiligen sich in Berlin an einer AfD-Demonstration gegen die Energiepolitik der Bundesregierung und die Sanktionspolitik gegen Russland. Es kommt zu Angriffen auf Pressevertreter*innen und auch Rechtsextremist*innen nehmen an der Demonstration teil. An einer Gegendemonstration beteiligen sich etwa 1.400 Personen. Auf beiden Demonstrationen kommt es zu insgesamt 24 Festnahmen, gegen 18 Personen werden Ermittlungsverfahren eingeleitet. Am 13. Oktober scheitert die Berliner Justizverwaltung vor dem Richterdienstgericht damit, eine Richterin, die vier Jahre als AfD-Bundestabgeordnete gearbeitet hatte, in den vorzeitigen Ruhestand zu versetzen. Die Frau muss wieder als Richterin zugelassen werden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, die Verwaltung kann in Berufung gehen. Durch Presseberichte wird am 14. Oktober bekannt, dass die Berliner Polizei gegen einen thüringischen AfD-Politiker Ermittlungen wegen Störung der Totenruhe und der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener eingeleitet hat. Der Mann war am 8. Oktober am Rande einer AfD-Demonstration auf das Holocaust-Denkmal geklettert und hatte sich dort mit ausgebreiteten Armen fotografieren lassen. Auf ihrem Bundeskongress in Apolda (Thüringen) wählt die AfD-Jugendorganisation „Junge Alternative“ (JA) den Bundestagsabgeordneten und ehemaligen Zeitsoldaten Hannes Gnauck zu ihren neuen Bundesvorsitzenden. Gnauck wurde vom Militärischen Abschirmdienst (MAD) als Extremist eingestuft; die JA wird vom Verfassungsschutz (VfS) als Verdachtsfall eingestuft. Am 25. Oktober entscheidet das VG München (Bayern), dass das LfV den bayerischen AfD-Landesverband bis auf Weiteres nicht mehr mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachten darf. Außerdem ist es ihm vorläufig untersagt, „Öffentlichkeitsarbeit hinsichtlich möglicher verfassungsfeindlicher Bestrebungen der Partei zu betreiben“. Der Beschluss gilt bis zu einem endgültigen Urteil. Am gleichen Tag demonstriert in Bautzen (Sachsen) die AfD vor einem ehemaligen Hotel gegen dessen Umwidmung zu einer Flüchtlingsunterkunft. Etwa 50 Personen beteiligen sich am 29. Oktober in Berlin an einer AfD-Demonstration gegen eine geplante Kindertagesstätte der Berliner Schwulenberatung. Rund 300 Menschen demonstrieren dagegen.
9. Oktober: Polizeischüsse: In Berkheim (Baden-Württemberg) bedroht ein Betrunkener zunächst eine Kollegin und später zwei weitere Personen, die ihn daran hindern wollen mit seinem Auto zu fahren, mit einem Messer. Als Polizist*innen eintreffen und er sie angreift, schießt ihm ein Beamter in den Oberschenkel. In Ludwigshafen (Rheinland-Pfalz) ersticht ein Mann zwei Menschen und verletzt auf seiner Flucht einen weiteren schwer. Eine Polizeistreife nimmt die Verfolgung auf; bei seiner Festnahme wird der Täter angeschossen und schwer verletzt. Drei Schüsse treffen den Mann in die Beine und ins Gesäß. Am 26. Oktober kommt es in Frankfurt/O. (Brandenburg) zu einem Streit zwischen einem Mann und einem Jugendlichen, der dabei mit einem Messer verletzt wird. Als er ins Krankenhaus gebracht werden soll, erscheinen weitere Personen und es kommt erneut zu einer Schlägerei, bei der eine Polizistin leicht verletzt wird; ihr Kollege gibt einen Warnschuss ab.
10. Oktober: Bundesnachrichtendienst (BND): Durch eine Studie der Unabhängigen Historikerkommission zur Erforschung der Geschichte des BND wird bekannt, dass der Auslandsgeheimdienst bis in 1960er Jahre gezielt NS-Verbrecher als Mitarbeiter angeworben hat.
Rechtsextremistische und rassistische Angriffe auf Flüchtlinge und Flüchtlingsheime: In Apolda (Thüringen) wird ein Anschlag auf eine Unterkunft für Ukrainer*innen von der Feuerwehr verhindert. Ein Unbekannter hatte in unmittelbarer Nähe der Unterkunft eine geöffnete Gasflasche deponiert; bei den Löscharbeiten wird ein Feuerwehrmann leicht verletzt. In der Nacht des 19. Oktober brennt in Groß Strömkendorf (Mecklenburg-Vorpommern) eine Unterkunft für Ukraine-Flüchtlinge nahezu vollständig ab, verletzt wird niemand. Da am gleichen Tag bereits Hakenkreuz-Schmierereien an dem Gebäude entdeckt wurden, geht die Polizei von Brandstiftung aus. Am 24. Oktober wird durch Presseberichte bekannt, dass der Landkreis Eichsfeld die Anmietung einer Unterkunft für 150 ukrainische Kriegsflüchtlinge in Leinefelde (Thüringen) rückgängig gemacht hat, da deren Sicherheit nicht gewährleistet sei. Grund sind Drohungen im Internet sowohl gegen den Vermieter wie Mitarbeiter des Landkreises. Auf eine geplante Flüchtlingsunterkunft in Bautzen (Sachsen) wird am 28. Oktober ein Brandanschlag verübt; vier Personen, die sich im Gebäude aufhielten um es vorzubereiten bleiben unverletzt. Am 29. Oktober beschmieren Unbekannte ein Mehrfamilienhaus in Rostock (Mecklenburg-Vorpommern), in dem Flüchtlinge untergebracht sind, mit Hakenkreuzen. In Neukieritzsch (Sachsen) werfen am 30. Oktober Unbekannte Pytotechnik auf das Gelände eines Flüchtlingsheimes, verletzt wird niemand.
13. Oktober: „Reichsbürger“: In Sachsen nimmt die Polizei die mutmaßliche Anführerin einer militanten „Reichsbürger“-Gruppierung fest. Die Gruppe soll eine Entführung von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und die Zerstörung von Einrichtungen der Stromversorgung als Auftakt eines Staatsstreichs geplant haben. Der GBA ermittelt gegen die Frau und vier, im April festgenommene, Mitbeschuldigte wegen Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens.
„Identitäre Bewegung“: Das VG Köln (NRW) lehnt eine Klage der „Identitären Bewegung“ gegen ihre Einstufung als rechtsextrem und die Beobachtung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) ab. Seit 2019 ist die „Identitäre Bewegung“ Beobachtungsobjekt.
Ermittlungen gegen Politiker*innen: Im Rahmen von Ermittlungen gegen den CDU-Landesvorsitzenden wegen des Verdachts der Bestechlichkeit lässt die StA Erfurt (Thüringen) mehrere seiner Räume durchsuchen.
14. Oktober: Rechtsextremistischer Mordanschlag in Hanau: Vor dem Untersuchungsausschuss des hessischen Landtags zum Anschlag vom Februar 2020 sagt ein StA als Zeuge aus, die Situation am Tatort sei polizeilich sehr nachlässig dokumentiert worden; ein vollständiger Lagebericht etwa sei nie vorgelegt worden. Am 20. Oktober wird durch Presseberichte bekannt, dass der Vater des Attentäters mehrfach mit seinem Schäferhund vor dem Haus der Mutter eines der Mordopfer aufgetaucht ist und sie eingeschüchtert hat. Am 18. Oktober erteilt die StA ein Annäherungsverbot und leitet Ermittlungen ein.
15. Oktober: Racial Profiling: Einem hochrangigen Funktionär einer afrikanischen Gesundheitsorganisation wird bei seiner Einreise auf dem Flughafen Frankfurt/M. (Hessen) von kontrollierenden BPol-Beamt*innen unterstellt, er wolle illegal in Europa bleiben. Der Mann bricht seine Weiterreise zum Weltgesundheitsgipfel in Berlin ab und reist zurück. Am 18. Oktober kritisiert der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Deutschlands Umgang mit polizeilichem Racial Profiling (Beschwerde-Nr: 215/19). In Berlin haben sich seit September 2020 insgesamt 68 Menschen über Racial Profiling durch Beamt*innen der Polizei beschwert. Dies teilt die Justizsenatorin am 19. Oktober im Rechtsausschuss des Abgeordnetenhauses mit. Mindestens 109 Menschen hätten diskriminierendes Verhalten durch Beamt*innen der Polizei mitgeteilt.
18. Oktober: Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI): Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) beruft den BSI-Präsidenten Arne Schönbohm wegen „möglicherweise mangelnder Distanz zu russischen Geheimdienstkreisen“ von seinem Amt ab.
19. Oktober: Prozess gegen Polizeigewerkschafter: Durch Presseberichte wird bekannt, dass das LG Lübeck (Schleswig-Holstein) einen ehemaligen Gewerkschafter der rechtskonservativen Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) wegen Weitergabe von Dienst- und Privatgeheimnissen an einen Journalisten zu einer Geldstrafe von 13.200 EUR verurteilt hat.
24. Oktober: Polizeilicher Todesschuss: In Zülpich (NRW) wird die Polizei zu einem Einbruchsversuch alarmiert. Als die Beamt*innen eintreffen, greift der Mann die Beamtin einem Messer an. Ihr Kollege schießt daraufhin auf ihn und trifft ihn in den Kopf; der Mann stirbt noch vor Ort.
Rechtsextremistische Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund (NSU): Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) weist eine Verfassungsbeschwerde der NSU-Terroristin Beate Zschäpe ab. Zschäpe wollte damit ein neues Verfahren des Bundesgerichtshofs (BGH) erzwingen. Vor dem NSU-Untersuchungsausschuss des bayerischen Landtages sagt am gleichen Tag ein Opfer des NSU aus. Der Mann berichtet, nach einem misslungenen Anschlag in Nürnberg 1999, sei er bei den damaligen Ermittlungen anfänglich selbst als Verdächtiger behandelt worden. Am 28. Oktober veröffentlichen der Fernseh-Moderator Jan Böhmermann und die Internet-Plattform „Frag den Staat“ Akten des hessischen LfV zu den Morden des NSU, die ursprünglich geheim bleiben sollten. Am 31. Oktober erstattet das LfV daraufhin Strafanzeige gegen Unbekannt wegen der unrechtmäßigen Weitergabe von als Verschlusssachen eingestuften Dokumenten.
Rechtsextremismus bei der Bundeswehr: Das OLG Stuttgart (Hessen) verurteilt zwei ehemalige Bundeswehrsoldaten zu 18 und 14 Monaten Haft zur zweijährigen Bewährung. Die Männer hatten versucht, aus aktiven und früheren Bundeswehrsoldaten eine 150 Mann starke Söldnertruppe für den Bürgerkrieg im Jemen zu gründen.