Schlagwort-Archive: BKA

Reform im Zeichen der Modernisierung – BfV und BND werden neu „aufgestellt“

von Martin Beck

Neue Zeiten brechen an für die bundesdeutschen Geheimdienste. So soll bis zum Jahresende 2009 der Umbau des Bundesnachrichtendienstes (BND) abgeschlossen sein. Und auch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) in Köln durchlebt eine Phase der Reorganisation, die ebenfalls bis 2009 umgesetzt sein soll.

Von „radikalem Umbau“ oder „Modernisierung“ ist bei der Reform der beiden Dienste die Rede: Strukturen sollen verschlankt, Reibungsverluste minimiert und ihre „Servicefunktion“ in den Vordergrund gestellt werden. Nur in einem Punkt bleibt alles beim Alten: Informationen über die Veränderungen in Aufbau und Struktur der Dienste gibt es kaum. Ihr Umbau geht also so vonstatten, wie es sich für geheim arbeitende Behörden – zumal in Deutschland – gehört: verdeckt und verborgen. Reform im Zeichen der Modernisierung – BfV und BND werden neu „aufgestellt“ weiterlesen

Unkontrollierbare Anziehungskraft – Institutionalisierte Kooperation von Polizei und Diensten

von Jan Wörlein

KGT, IGR, KGIntTE, BAO-USA, GTAZ, GASIM, GIZ … die inflationäre Zunahme „hybrider Organisationen“ aus Polizei und Geheimdiensten ist eine der wesentlichen Neuerungen der deutschen „Sicherheitsarchitektur“.

Vertreter von Polizei und Geheimdiensten haben sich zwar bereits seit 1982 vierteljährlich getroffen, um ihre Antiterrormaßnahmen zu koordinieren. Doch erst Anfang der 90er Jahre begann man mit völlig neuen Organisationsformen zu experimentieren. Seitdem ist abseits der Öffentlichkeit eine ganze Reihe neuer parallel zueinander existierender Strukturen entstanden, die die ungehinderte Zusammenarbeit in unterschiedlichen Bereichen erlauben. Von anlassbezogener Koordinierung über den in gemeinsamen Dateien institutionalisierten Informationsaustausch bis hin zur konkreten operativen Zusammenarbeit findet sich mittlerweile für alle Tätigkeitsbereiche, die man auch in einer regulären Sicherheitsbehörde vorfindet, die passende hybride Organisationsform. Mit dem grundlegenden Unterschied freilich, dass zu einer regulären Behörde ein rechtlicher Rahmen sowie ein öffentliches Auftreten gehört und Polizei und Geheimdienste gemäß dem Trennungsgebot in einer solchen nie zusammenkommen dürfen. Unkontrollierbare Anziehungskraft – Institutionalisierte Kooperation von Polizei und Diensten weiterlesen

Das neue BKA-Gesetz – Geschäftsgrundlage einer Bundesgeheimpolizei

von Fredrik Roggan

Das neue BKA-Gesetz wird bereits vor seiner Verabschiedung als das „bedeutendste Sicherheitsgesetz“ in der laufenden Legislaturperiode bezeichnet. Das Bundeskriminalamt soll in der Terrorismusbekämpfung auch präventiv tätig werden.

Zahnlos war das Bundeskriminalamt (BKA) mit seinen derzeit rund 4.800 Stellen (ca. 5.500 Beschäftigten) und seinem Haushalt von 362 Mio. Euro auch bisher nicht. Sein seit Ende der 60er Jahre in zum Teil rasanten Schritten erfolgter Aufstieg zur mächtigsten Polizeibehörde der Bundesrepublik stützte sich insbesondere auf drei Pfeiler: erstens seine Rolle als Zentralstelle – und das hieß seit Anfang der 70er Jahre als zentraler Knotenpunkt des informationstechnischen Verbundes der deutschen Polizei; zweitens seine Funktion als Schaltstelle für die internationale Zusammenarbeit, die mit dem Ausbau der Polizeikooperation im Rahmen der EU kontinuierlich an Bedeutung zugenommen hat; und drittens seine seit Ende der 60er Jahre im BKA-Gesetz (BKAG) festgeschriebenen und erweiterten Ermittlungskompetenzen. Das neue BKA-Gesetz – Geschäftsgrundlage einer Bundesgeheimpolizei weiterlesen

Überwachen statt schnarchen – Das Bundesverwaltungsamt mausert sich zur Schnittstelle für Polizei und Geheimdienste

von Mark Holzberger

Im Bundesverwaltungsamt wird derzeit nicht nur an einer besseren informationellen Vernetzung deutscher Polizeien und Nachrichtendienste gearbeitet. Jetzt soll dort auch die Telekommunikationsüberwachung der Sicherheitsbehörden konzentriert werden.

Seit seiner Gründung im Jahr 1959 führt das Kölner Bundesverwaltungsamt (BVA) mit seinen knapp über 2.000 Beschäftigten eher ein Mauerblümchendasein: Denn viel gab und gibt es nicht zu berichten etwa über die Betreuung des deutschen Auslandsschulwesens, über das Beglaubigen von Unterschriften auf deutschen öffentlichen Urkunden – oder über die Hilfe des BVA bei der Abrechnung oder der Zeiterfassung für andere Bundesbehörden. Das ändert sich nun.

Seit Jahren bereits werden im BVA u.a. die Daten der jährlich mehr als 2 Mio. Visumsanträge zusammengeführt und überprüft. Das BVA baut zudem für sämtliche deutschen Dienststellen die Dateninfrastruktur für das neue Visa-Informationssystem (VIS) auf.[1] Über eine Kopfstelle beim BVA soll nun auch der Zugang deutscher Behörden zum VIS laufen. Hierfür arbeiten im Referat III A6 des BVA seit 2006 vier MitarbeiterInnen u.a. an der technischen Entwicklung dieser nationalen Schnittstelle und dem Aufbau einer ausfallsicheren Netzwerkinfrastruktur. Überwachen statt schnarchen – Das Bundesverwaltungsamt mausert sich zur Schnittstelle für Polizei und Geheimdienste weiterlesen

Das Dickicht der Dienste – Der Einfluss des Verfassungsschutzes in § 129a-Verfahren

von Martin Beck

Zu vermuten ist sie immer. Offensichtlich wurde sie oft. Sie nachzuzeichnen gelang selten: die Steuerung so genannter Terrorismusverfahren durch den Verfassungsschutz. Ein eklatantes Beispiel dafür bietet nun das Ermittlungsverfahren 2 BJs 10/06-2 gegen 17 AktivistInnen der Anti-G8-Bewegung, das die Bundesanwaltschaft (BA) im April 2006 einleitete.

So spektakulär dieses Ermittlungsverfahren in die Öffentlichkeit drang, so spektakulär sein vorläufiger Ausgang: Am 9. Mai 2007 waren mehrere hundert BeamtInnen des Bundeskriminalamtes (BKA), verschiedener Landeskriminalämter und der Bereitschaftspolizei aufgeboten, um in Berlin, Bremen und Hamburg, in Brandenburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein 40 Wohnungen, Büros und Projekte der linken Szene zu durchsuchen.[1] Sie waren auf der Suche nach vermeintlich konspirativen Strukturen einer ominösen „militanten Kampagne zur Verhinderung des G8-Gipfels“, die unter verschiedenen Gruppennamen vor allem im Raum Hamburg und Berlin zwölf Brandanschläge auf Autos und Gebäude durchgeführt haben soll. Festnahmen gab es keine. Das Dickicht der Dienste – Der Einfluss des Verfassungsschutzes in § 129a-Verfahren weiterlesen

Ein Wackelpudding – Das Analyse- und Strategiezentrum illegale Migration

von Mark Holzberger

Im Mai 2006 wurde das Gemeinsame Analyse- und Strategiezentrum illegale Migration (GASIM) eingerichtet. Die dortige Zusammenarbeit von Polizei und Geheimdiensten wird – auch gegen parlamentarische Anfragen – gut abgeschirmt.[1]

GASIM will es den beteiligten Behörden ermöglichen, ihre Informationen zum „Phänomenbereich“ der unerlaubten Zuwanderung „zusammenzuführen und zu verdichten“, sich in „operativen und strategischen Fragen zu unterstützen“ und ihr Vorgehen bei der grenzüberschreitenden Bekämpfung irregulärer Migration zu koordinieren. Ein Wackelpudding – Das Analyse- und Strategiezentrum illegale Migration weiterlesen

Subjektiv terroristisch – § 129a StGB aktuell

von Anja Lederer

Bei den Ermittlungen gegen angebliche Mitglieder der „militanten gruppe“ scheinen Bundeskriminalamt und Bundesanwaltschaft den Bogen überspannt zu haben. Angefacht durch die Proteste von WissenschaftlerInnen gegen die Verhaftung eines Kollegen ist die Reichweite des § 129a des Strafgesetzbuchs wieder in die öffentliche Debatte gelangt.

Im Herbst 2003 vermeldete die bürgerliche Presse einen angeblich kurz bevorstehenden Ermittlungserfolg des Bundeskriminalamtes (BKA) gegen die „militante Gruppe“ (mg): Vier Berliner seien als deren „konspirativer Kern“ identifiziert worden. Nach den Berichten sollte es sich bei dem „enttarnten Quartett“ um die „ideologischen Schreibtischtäter“ handeln. Andere „Komplizen“ würden dagegen die eigentlichen Brandsätze zünden.[1] Seit 2001 steht das BKA unter Fahndungsdruck, die 2003 angekündigten „Erfolge“ blieben allerdings aus. Am 31. Juli 2007 ließ das Amt in einer groß in Szene gesetzten Aktion vier andere Männer, die es der Mitgliedschaft in der „mg“ verdächtigt, festnehmen. Subjektiv terroristisch – § 129a StGB aktuell weiterlesen

Fälle

Abdel-Halim Khafagy

Abdel-Halim Khafagy, ein Ägypter, der seit 1979 mit seiner Familie als Verleger in München lebt, wurde zwei Wochen nach dem 11. September 2001 in Sarajevo vermutlich von SFOR-Soldaten unter Terrorverdacht festgenommen. Der damals 69-Jährige war mit seinem jordanischen Schwager geschäftlich unterwegs, um in einer bosnischen Druckerei, die für seinen Verlag arbeitete, den Produktionsprozess zu kontrollieren. Mitten in der Nacht vom 25. September 2001 stürmten vermummte Männer das Hotelzimmer der beiden und schlugen Khafagy so brutal mit dem Gewehrkolben am Kopf, dass die Wunde mit mehr als zwanzig Stichen genäht werden musste. Später notierte der Bundesnachrichtendienst (BND), der in diesen Fall involviert war, dass ein „Großteil“ der dabei „von US-Seite beschlagnahmten Dokumente extrem blutverschmiert“ gewesen sei.[1] Nach Angaben des Magazins „stern“ hätten die US-Amerikaner einen der beiden für den Al-Qaida-Kommandeur Abu Zubaydah gehalten. Khafagy und sein Schwager wurden in den US-Stützpunkt „Eagle Base“ in Tuzla gebracht. Was in der Eagle Base genau geschah, ist bislang nur bruchstückhaft bekannt. Khafagy selbst sprach gegenüber dem Fernsehmagazin „Kontraste“ von Schlafentzug, Isolation, Einschüchterungen und täglichen Verhören, zu denen er mit verbundenen Augen geführt wurde. Aus seiner Zelle konnte er laute Schreie und Weinen anderer Häftlinge hören. Außerdem sei seine Kopfwunde ohne Betäubung genäht worden.[2] Fälle weiterlesen