von Otto Diederichs
Sofern dies nicht längst geschehen ist, so sind die Landtage in den neuen Bundesländern derzeit u.a. damit beschäftigt, durch die Verabschiedung eigener Polizeiorganisationsgesetze die Voraussetzungen für den Aufbau der Landespolizeien zügig abzuschließen. Im wesentlichen folgen sie dabei den Bespielen ihrer jeweiligen „Patenländer“; und noch etwas ist bereits jetzt klar: auf die Aufstellung einer eigenen Bereitschaftspolizei und Sondereinsatzkommandos mochten sie dabei ebensowenig verzichten wie auf ein eigenes Landeskriminalamt.
Berlin
Innensenator: Prof. Dr. Dieter Heckelmann (CDU)
Patenländer: keine
Mit Wirkung vom 3. Oktober 1990 hat sich die Westberliner Polizei auf Ge-samtberlin „erstreckt“. Die Westberliner Polizeidirektion 1 (Dir 1) erhielt neben Reinickendorf und Wedding als neue Bezirke Pankow, Weißensee, Prenzlauer Berg, Hohenschönhausen, Marzahn und Hellersdorf hinzu. Der Direktion 3 (Dir 3) wurde der Bereich Berlin-Mitte zugeschlagen. Die Direktion 5 erhielt zu Kreuzberg, Neukölln und dem nördlichen Tempelhof zudem die Bezirke Friedrichshain, Lichtenberg, Treptow und Köpenick und ist damit nun Berlins größte Polizeidirektion mit einer Zuständigkeit für über 1 Mio. Einwohner. Dir 2 und Dir 4 blieben unverändert. Die Polizeien Ost- und Westberlins wurden unter der Führung des Westberliner Polizeipräsidenten personell „durchmischt“ (siehe hierzu CILIP 37). Die Polizeistärke Berlins soll sich von derzeit 23.000 (davon 13.500 Vollzugsbeamte) auf 32.000 (21.500) erhöhen.
Brandenburg
Innenminister: Alwin Ziel (SPD)
Patenländer: Nordrhein-Westfalen und Saarland
Ende Januar 1991 wurde der vom Innenministerium erarbeitete Entwurf für ein Polizeiorgansationsgesetz (POG) vom Kabinett gebilligt und am 20.3.91 vom Landtag verabschiedet. Vorgesehen sind darin sechs Polizeipräsidien in Potsdam, Neuruppin Luckenwalde, Frankfurt/Oder, Eberswalde und Cottbus. Jedem Präsidium wird ein Bereich „Zentrale Kriminalpolizeiliche Dien-ste“ (Mordkommission, Erkennungsdienst, Kriminaltechnik, Dezernate für Bandenkriminalität und Rauschgiftdelikte) zugeordnet. Dezentral, je nach den örtlichen Gegebenheiten werden „Schutzbereiche“ mit untergeordneten Wachen und Posten gebildet, in denen Schutz- und Kriminalpolizei unter einer Führung zusammenarbeiten sollen.
Ferner werden ein Landeskriminalamt, ein Polizeidienst für Technik und Be-schaffung, eine Wasserschutzpolizei, eine Bereitschaftspolizei (bei der im Gegensatz zu allen übrigen Ländern jedoch keine kasernierte Ausbildung von Polizeischülern stattfinden soll) und eine Landespolizeischule geschaffen.
Zur Ablösung der früheren Abschnittsbevollmächtigten ist an den Aufbau eines Kontaktbereichsdienstes nach Berliner Muster gedacht. Die künftige Po-lizeistärke in Brandenburg soll ca. 10.000 Beamte betragen.
Als Zugeständnis an den Koalitionspartner „BÜNDNIS 90“ (B’90) werden bei den Polizeipräsidien als Bindeglied zwischen Polizei und Bevölkerung sog. Polizeibeiräte installiert, wie sie auch in NRW bestehen.
Mecklenburg-Vorpommern
Innenminister: Dr. Georg Diederich
Patenländer: Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen
Nahezu abgeschlossen ist der Polizeiaufbau in Mecklenburg-Vorpommern. Bereits seit Anfang Januar 1991 verfügt das nördlichste der fünf neuen Länder über ein vorläufiges POG. Bis auf das im Aufbau befindliche Landeskriminalamt gilt auch der strukturelle Aufbau als abgeschlossen. Seit Mitte Januar bestehen sechs Polizeidirektionen und eine Kriminalpolizeidirektion. Mit einer derzeitigen Personalstärke von ca. 70 Mann gilt sie als der Grundstock für das (dann personell aufzustockende) Landeskriminalamt. Weiterhin verfügt Mecklenburg-Vorpommern über eine Bereitschaftspolizeiabteilung, eine Wasserschutzpolizeidirektion und eine eigene Landespolizeischule.
Die abschließende Polizeistärke soll ca. 7.500 Mann betragen.
Sachsen
Innenminister: Dr. Rudolf Krause (CDU)
Patenländer: Baden-Württemberg und Bayern
Am 14.3.91 hat das sächsische Polizeiorganisationsgesetz das Kabinett pas-siert. Bei seiner in Kürze anstehenden Verabschiedung durch den Landtag wird angesichts der politischen Kräfteverteilung nicht mit Schwierigkeiten gerechnet. Vorbild für die Polizeistruktur ist das Patenland Baden-Württem-berg. Vorgesehen sind nach dem POG drei Landespolizeidirektionen mit Sitz in Dresden, Leipzig und Chemnitz. Diese untergliedern sich in 13 Polizeidi-rektionen, die für jeweils mehrere der rd. 40 sächsischen Kreise zuständig sein werden. Weiterhin soll eine Bereitschaftspolizeidirektion mit zwei Ab-teilungen aufgebaut werden. Allgemeine Ordnungsbehörden werden hierarchisch gegliedert bei den Regierungspräsidien, den Landräten und Oberbürgermeistern angesiedelt.
Die polizeiliche Ausbildung findet derzeit überwiegend noch in den Paten-ländern statt. Langfristig ist allerdings an eine eigene Ausbildung gedacht; bei der Bereitschaftspolizei wurde damit bereits begonnen.
Die Polizeistärke Sachsens wird auf rund 11.000 geplant.
Sachsen-Anhalt
Innenminister: Wolfgang Braun (CDU)
Patenland: Niedersachsen
Das POG ist zum 1. März dieses Jahres in Kraft getreten. Damit sind die bis dahin bestehenden Bezirksbehörden aufgelöst und durch drei Bezirksregierungen ersetzt worden. Ihnen nachgeordnet sind zwei Polizeidirektionen mit Sitz in Magdeburg und Halle sowie sieben Polizeiinspektionen. Darüber hinaus wurden auf die sachsen-anhaltinischen Kreise 37 Polizeireviere verteilt, weitere 11 Reviere den Direktionen zugeordnet.
Weiterhin besteht eine Bereitschaftspolizeiabteilung mit vier Einsatzhundert-schaften und einer Stabshundertschaft. Bereits eröffnet ist das „Technische Polizeiamt“(TPA); es ist dem „Polizeiamt für Technik und Verkehr“ (PATVN) in Niedersachsen nachgebildet und zuständig für den gesamten technischen Bereich der Polizei (DV-/EDV-, Fahrzeug-, Waffen-, Kriminal- und Verkehrstechnik). Während die Polizeischule für Verkehr und Technik ihre Arbeit schon aufgenommen hat, ist die Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege noch im Aufbau. Dies gilt ebenso für das künftige Landes-kriminalamt, dessen personelle Stärke gegenwärtig noch nicht feststeht.
Die endgültige Polizeistärke Sachsen-Anhalts soll ca. 10.000 Mann betragen.
Thüringen
Innenminister: Willibald Böck (CDU)
Patenland: Hessen
Am weitesten zurück beim Aufbau seiner Polizei liegt Thüringen. Dort ist das POG in seinen Grundzügen zwar auch fertig, die Verabschiedung durch den Landtag steht allerdings noch aus.
Dem Gesetzentwurf zufolge soll als obere Führungsebene ein Landespolizei-präsidium mit nachgeordneten Polizeidirektionen gebildet werden. Das Lan-despolizeipräsidium leitet weiterhin die Bereitschaftspolizeiabteilung und verfügt über eine eigene Abteilung Polizeiverwaltung, zuständig für Planung und Beschaffung.
Den Polizeidirektionen sind als untere Führungsebene Polizeiinspektionen angegliedert. Sie sollen mit eigenen Ermittlungsgruppen die Bearbeitung in Fällen von Kleinkriminalität übernehmen. Für spezialisiertere Aufgaben ver-fügen die Direktionen über je eine Kriminalinspektion, eine Verkehrsinspektion und eine Inspektion für Zentrale Aufgaben.
Der Bereitschaftspolizei angegliedert sind ein Fortbildungsinstitut, der poli-zeiärztliche Dienst, das SEK und das Polizeimusikkorps.
Das geplante Landeskriminalamt wird dem Innenministerium direkt nachgeordnet. Bei der Ausbildung strebt Thüringen eine Zusammenarbeit mit Sachsen-Anhalt an.
Die Polizeistärke Thüringens wird mit rd. 9.500 Mann berechnet.