Staatsversagen bei Finanzkriminalität – Warum Deutschland für Geldwäsche anfällig ist

von Stefan Herweg

Die Bekämpfung von Geldwäsche in Deutschland ist reformbedürftig. Eine Gesamtstrategie wäre nötig, um Defizite bei der Transparenz von Eigentumsverhältnissen, der Aufsicht, der Financial Intelligence Unit und der Strafverfolgung zu schließen.

Geldwäsche bezeichnet die Legalisierung von Geldern aus kriminellen Aktivitäten, sogenannten Vortaten. Die Einschleusung inkriminierter Vermögen in den legalen Wirtschaftskreislauf findet in der Regel in drei Phasen statt: Im ersten Schritt der Einspeisung (placement) wird meist Bargeld in kleinen Stückelungen in das Finanzsystem überführt. Im zweiten Schritt der Verschleierung (layering) wird durch Überweisungen innerhalb des Finanzsystems, oft über Ländergrenzen hinweg und unter Nutzung komplexer Finanzierungsstrukturen, die Nachverfolgung der Gelder stark erschwert. Im letzten Schritt der Rückführung (integration) wird das Geld in einen legalen Vermögenswert (Immobilie, Firmenanteile, Wertpapiere) investiert.

Nach Schätzungen des Internationalen Währungsfonds liegt das jährliche Geldwäsche-Volumen bei circa zwei bis fünf Prozent der globalen Wirtschaftsleistung. Dies wären 2019 weltweit zwischen 1,75 und 4,36 Billionen US-Dollar, also möglicherweise mehr als das deutsche Bruttoinlandsprodukt.[1] Eine Studie der Universität Halle im Auftrag des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) schätzte 2015 für Deutschland ein jährliches Geldwäsche-Volumen von rund 100 Milliarden Euro.[2]

Deutschland gilt Kommentator*innen aufgrund guter Anlagemöglichkeiten, ökonomischer Stabilität und begrenzter Geldwäschebekämpfung[3] als „Paradies für Geldwäsche“.[4] Medienberichte dokumentieren signifikante Finanzströme der internationalen Organisierten Kriminalität.[5] Laut Schätzungen lagern Billionen Euro ausländisches Kapital unversteuert im deutschen Finanzsystem[6] – auch in größerem Stil von Vertreter*innen von Regierungen unter Korruptionsverdacht.[7]

Das internationale Tax Justice Network veröffentlicht alle zwei Jahre den weltweiten Schattenfinanzindex (Financial Secrecy Index), der die Finanz(in)transparenz von mittlerweile fast 120 Staaten bewertet. An der Spitze stehen klassische Steueroasen wie die Schweiz oder die Kaimaninseln. Deutschland rangiert aufgrund begrenzter Unternehmenstransparenz und dem großen Finanzplatz auf Platz 7.[8]

Die Geldwäscheaufsicht ist problembehaftet

Staatlichen Strukturen, auch beim Zoll, mangelt es an Ressourcen und Koordination, um Finanzkriminalität wirksam zu stoppen. Seit Jahren fehlt politischer Wille, gegen Steuerhinterziehung, Geldwäsche und damit verbundene Straftaten hinreichend vorzugehen. Banken und Anwält*innen verhindern durch Lobbyismus intensivere Mitwirkungspflichten. Finanzvergehen werden politisch oft als Kavaliersdelikte behandelt. Dem bis 2017 amtierenden Finanzminister Wolfgang Schäuble waren verdeckte Kassen und „Geldkoffer“ aus der eigenen Parteigeschichte nicht unbekannt. Und die föderale Komplexität hemmt in Deutschland teils ein konzertiertes Vorgehen aller Behörden.

Durchgreifendes Handeln ist die Ausnahme, obgleich es Milliarden an Mehreinnahmen einbringen kann – wie etwa im Falle der Ermittlungsarbeit mit politischer Unterstützung nach den Ankäufen von Steuer-CDs in Nordrhein-Westfalen. Auch die laufende systematische Auswertung der Daten aus den Panama Papers und weiteren Steuerleaks durch das Bundeskriminalamt (BKA) in Zusammenarbeit mit hessischen Finanzbehörden bleibt mit den bisher eingesetzten Ressourcen begrenzt. Aus grundrechtlicher Perspektive sind diese Vorgänge nicht unproblematisch, da hier der Diebstahl privater Daten bei Anwaltsfirmen (Panama Papers) oder Banken (Steuer-CDs) staatlich positiv sanktioniert wurde.

In Deutschland ist Geldwäsche sowie die Beihilfe zur Geldwäsche nach § 261 Strafgesetzbuch strafbar. Der Kampf gegen Geldwäsche ist insofern speziell, als der Staat durch das Geldwäschegesetz in großem Umfang private Wirtschaftsakteur*innen wie Banken, Notar*innen, Wirtschaftsprüfer*innen oder Juwelier*innen zur Abgabe von Geldwäscheverdachts­meldungen an die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (Financial Intelligence Unit, FIU) verpflichtet. Damit wird ein Teil der Rechtspflege an nicht-staatliche Akteur*innen ausgelagert, was aber nötig ist, wenn der Staat nicht selber jegliche Finanztransaktionen überwachen will beziehungsweise soll. Dadurch würde neben einem massiven Verwaltungsaufwand ein extremer Grundrechtseingriff erzeugt. Allerdings bestehen Anreizkonflikte, denn die Meldung verdächtiger Vorgänge bedeutet möglicherweise den Verlust von Kund*innen und Geschäften. Auf der anderen Seite überschwemmen Banken die Meldestelle teils mit großen Mengen an Verdachtsmeldungen, um ihre eigenen rechtlichen Risiken zu minimieren.

Zur Kontrolle der Meldepflichten unterliegen die Verpflichteten im Finanzsektor der Aufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Im Nicht-Finanzsektor sind Stellen der Bundesländer zuständig, von kommunalen Kreisverwaltungen in Rheinland-Pfalz bis zu Landesministerien in Brandenburg oder Berlin. Teilweise lagert der Staat die Geldwäscheaufsicht selbst wiederum an Berufsvereinigungen wie Steuerberater*innenkammern aus, wodurch weitere Interessenskonflikte entstehen können.

Die funktionale Zersplitterung der Aufsichtsbehörden im Nicht-Finanzsektor, die oft mit begrenzten Personalressourcen einhergeht, macht diese zur Achillesferse der Geldwäschebekämpfung in Deutschland.[9] Auch aufgrund mangelnder Kontrollen kamen 2018 nur 0,8 Prozent aller Verdachtsmeldungen an die FIU aus dem Nicht-Finanz­sektor,[10] obgleich das Ausmaß an Bargeschäften nach wie vor erheblich ist und Schmuckhandel, Kasinos oder der Immobilienmarkt bekannte Hochrisikosektoren sind. Die Dunkelziffer nicht abgegebener Verdachtsmeldungen im Nicht-Finanzsektor schätzte die Universität Halle auf fast 30.000 Meldungen jährlich.[11]

Insbesondere der Immobiliensektor war zuletzt im Fokus, da durch explodierende Preise in deutschen Städten internationale Anleger*innen in den Markt drängen und Kontrollen äußerst selten sind: 2017 führten Aufsichtsbehörden in zehn von 16 Bundesländern keine einzige Vor-Ort-Kontrolle bei Notar*innen durch und auch Makler*innen werden kaum auf die Einhaltung ihrer Pflichten geprüft.[12]

Bei Notar*innen kommt erschwerend hinzu, dass für sie aufgrund von Schweigepflichten in Mandant*innenverhältnissen viele Geldwäsche-Pflichten nur eingeschränkt gelten. So müssen sie beispielsweise Verdachtsmeldungen nur abgeben beziehungsweise Geschäftsbeziehungen nur beenden, wenn sie von Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung wissen. In juristischer Konsequenz bedeutet dies: Mandant*innen müssen bereits verurteilt sein oder es müssen zumindest überwältigende Indizien bestehen, welche die betroffene Person belasten. Faktisch wird dadurch die Kontrollfunktion des Geldwäschegesetzes ausgehebelt. Gleiches gilt für Anwält*innen und Wirtschaftsprüfer*innen.

Bereits 2012 haben die Bundesländer den Bund gebeten, mindestens Teile der Aufsicht für den Nicht-Finanzsektor zu übernehmen.[13] Laut Sachverständigen im Finanzausschuss des Bundestags lehnte die Bundesregierung dies ohne überzeugende rechtliche Gründe ab.[14] Gleichzeitig ist auch die von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ausgeübte Aufsicht über den Finanzsektor in der Kritik. So sprach die BaFin nach einer Sonderprüfung durch einen externen Gutachter sämtliche deutsche Banken von geldwäscherechtlichen Verstößen im Zusammenhang mit den Panama Papers frei.[15] Der Prüfbericht ist trotz Anfragen von Abgeordneten des Bundestags unter Verschluss. So bleibt auch unklar, ob das Ergebnis auf eine zu oberflächliche Prüfung zurückzuführen ist, welche beispielsweise die Auslandsgeschäfte der deutschen Banken nicht beleuchtete, und/oder ob die rechtlichen Grund­lagen des Geldwäschegesetzes unzureichend sind. Diese erlauben beispielsweise deutlich verringerte Sorgfaltspflichten in Fällen von (vermeintlich) geringem Risiko, wodurch ein großer Auslegungsspielraum der gesetzlichen Regeln bei den Verpflichteten entsteht.

In den vergangenen Monaten wurden zudem massive Geldwäscheskandale im europäischen Bankensektor publik, die auch nach Deutschland ausstrahlten.[16] Bereits im September 2018 schlug die EU-Kom­mis­sion daher unter anderem verstärkte geldwäscherechtliche Aufsichtsbefugnisse für den Finanzsektor bei der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) vor. Im März 2019 wurden nach Abschwächung durch die Regierungen der Mitgliedstaaten vom Europäischen Parlament und dem Rat der EU mehr Mitspracherechte der europäischen Ebene, aber keine echte Kontrolle nationaler Aufsichtsbehörden verabschiedet.

Im April 2019 sprachen sich die nationalen Aufsichtsbehörden unter den bestehenden Regeln im Entscheidungsgremium der EBA gegen die Annahme eines unabhängigen Prüfberichts aus, welcher im Zusammenhang mit dem Danske-Skandal Verstöße gegen EU-Recht bei den Aufsichtsbehörden aus Dänemark und Estland gefunden hatte.[17] In diesem Skandal wurden über Jahre mindestens 200 Miliarden Euro mutmaßlich inkriminierte Gelder über die estnische Filiale der Danske Bank gewaschen und maßgeblich von der Deutschen Bank als Korrespondenzpartnerin in die internationalen Märkte gespeist.

Die Verschleierung von Eigentum bleibt möglich

Neben Risikoanalysen bei Zahlungen müssen die Verpflichteten nach dem Geldwäschegesetz in Deutschland insbesondere die sogenannten wirtschaftlich Berechtigten von Vermögensgegenständen oder Unternehmen im Geschäftsverkehr identifizieren. Wenn beispielsweise eine Briefkastenfirma als Käuferin eines Gewerbeparks auftritt oder eine Person im Auftrag eines Dritten ein teures Kunstwerk ersteigert, sollen so die tatsächlich entscheidenden und profitierenden natürlichen Personen ausfindig gemacht und aus geldwäscherechtlicher Sicht geprüft werden. Dies ist aber in Deutschland aus mehreren Gründen schwierig.

Zum einen besteht eine Mindestschwelle von 25 Prozent Anteilen an einer Firma, ab der ein*e Eigner*in als wirtschaftlich berechtigt gilt. Dies macht stark gestreute Eigentumsverhältnisse – rechnerisch ab fünf beteiligten Personen – immun gegen die Identifizierung. Zudem besteht keine Pflicht zur Ausleuchtung längerer Beteiligungsketten über Ländergrenzen hinweg,[18] obwohl diese oft für die Verschleierung von Finanzströmen genutzt werden.[19] Schließlich besteht die Möglichkeit, statt der tatsächlichen Eigentümer*innen auch Geschäftsführer*innen von Firmen anzugeben. Wie unter anderem die Panama Papers gezeigt haben, wurde dieses Schlupfloch der Geldwäschebekämpfung massiv genutzt, um durch Scheindirektor*innen Eigentumsverhältnisse zu verschleiern.

Nun soll das Transparenzregister, welches die Informationen zu Eigentumsstrukturen zentralisiert, in Umsetzung einer EU-Vorgabe öffentlich werden. Dadurch könnten Journalist*innen und Wissenschaftler*innen besser analysieren, wie Netzwerke aus Briefkastenfirmen aufgebaut sind und welchem Zweck sie dienen.

Die angedachte Reform wird aber die Lücken im Register nicht beheben und somit in der Praxis nur begrenzte Verbesserungen herbeiführen. Auch sollen Datenzugriffe kostenpflichtig bleiben, und Daten können nicht maschinenlesbar exportiert werden, was strukturelle Untersuchungen kaum möglich macht. Schließ­lich fehlen Informationen über die Besitzer*innen von Immobilien, da die Grundbücher nicht die tatsächlichen Eigentümer*innen erfassen und weder digitalisiert noch zentralisiert sind.

Die Zentralstelle der Geldwäschebekämpfung wird zum Flaschenhals

Der Zoll erhielt erst 2017 eine zentrale Rolle im System der Geldwäschebekämpfung, als im Rahmen der Umsetzung der vierten Anti-Geld­wäsche-Richtlinie der EU die Financial Intelligence Unit (FIU) vom BKA zur Generalzolldirektion und damit in den Zuständigkeitsbereich des BMF überführt wurde. Durch die Neuschaffung einer administrativen FIU sollte der internationale Austausch mit den Geldwäschebehörden anderer Staaten erleichtert werden. Viele Länder kritisierten die direkte Weitergabe von Informationen an eine polizeiliche Stelle in Deutschland und teilten daher nur zögerlich Informationen. Auch sollte die FIU durch ihre vorgelagerte Filter- und Analysefunktion dem starken Anstieg von knapp 7.500 Verdachtsmeldungen 2008 auf fast 60.000 Meldungen 2017 begegnen und es den Landeskriminalämtern ermöglichen, polizeiliche Ermittlungen auf begründete Verdachtsfälle zu begrenzen.[20]

Bereits vor der Umsetzung wurde der Umbau von polizeilicher Seite als „Risiko für die innere Sicherheit“ kritisiert.[21] Vom Start der neuen FIU beim Zoll am 26. Juni 2017 bis Mitte 2018 führten Personalmangel, monatelang dysfunktionale IT-Systeme, welche die Banken zur Abgabe von Verdachtsmeldungen per Fax-Gerät zwangen, sowie fehlende fachliche und kriminalistische Expertise der neu eingestellten Beschäftigten zu phasenweise über 30.000 unbearbeiteten Verdachtsmeldungen[22] und weiterer Kritik der Strafverfolgungsbehörden an Falscheinschätzungen und mangelnder Analysequalität der FIU.[23] Zum Teil waren sogar Fälle betroffen, bei denen der Verdacht eines Bezugs zu Terrorismusfinanzierung bestand.[24] Dabei wurde klar, dass die FIU die ihr zugedachte Filter- und Analysefunktion bisher nur unzureichend wahrnehmen kann. Die genaue Planung dieser Funktion ist nicht öffentlich. Eine verstärkte Zentralisierung von Daten zur verbesserten Erstbewertung und Filterung von Verdachtsmeldungen sollte aber bei allen Vorteilen für die Bekämpfung von Finanzkriminalität grundrechtliche Freiheiten nicht beschneiden und sich auf Hochrisikosektoren fokussieren, statt massenhafte Datensammlung als Selbstzweck zu betreiben.

Im Sommer 2018 tauschte Finanzminister Olaf Scholz den Chef der FIU aus und kündigte einen umfassenden „Managementplan“ zur Behebung der Missstände an. Nach Zahlen der Bundesregierung hat sich die Situation allerdings Anfang 2019 sowohl hinsichtlich des Rückstaus unbearbeiteter Verdachtsmeldungen als auch des Personalaufbaus nicht nachhaltig verbessert.[25] Der Bund Deutscher Kriminalbeamter kritisiert, Deutschland verletze damit das Geldwäschegesetz und verstoße gegen europa- und völkerrechtliche Verpflichtungen zum Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung.[26] Einen Antrag der Linksfraktion im Bundestag von Juni 2018[27] zur Behebung der Schwachstellen bei der FIU lehnten die Regierungsfraktionen CDU/CSU und SPD ab.[28]

Neben der zentralen Analyse von Verdachtsmeldungen ist der Zoll für die Kontrolle grenzüberschreitender Bargeldtransaktionen verantwortlich. Laut Europol spielt Bargeld im Rahmen von Geldwäsche weiterhin eine zentrale Rolle.[29] Gemäß dem Zollverwaltungsgesetz sind Beträge ab 10.000 Euro bei Grenzübertritt grundsätzlich meldepflichtig. Zur Durchsetzung der Meldepflicht verfügt der Zoll über umfangreiche Kontrollmöglichkeiten. Er kann überdies unter anderem bei Hinweisen auf Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung Bargeldbestände fünf Tage lang – oder nach gerichtlicher Entscheidung bis zu drei Monate – festhalten, um deren Herkunft oder Verwendungszweck aufzuklären.

Nach Angaben der Bundesregierung hat der Zoll allerdings seit 2010 in nur wenigen Hundert Fällen pro Jahr Bargeld bei Grenzüberschritt vorläufig sichergestellt oder Geldwäsche-Verdachtsmeldungen an die FIU abgegeben.[30] Dauerhaft eingezogen wurden Gelder in den letzten acht Jahren nur in insgesamt zehn Fällen und mit einem Gesamtvolumen von knapp elf Millionen Euro. Seit 2013 gab es nur mehr zwei Einziehungen in Höhe von insgesamt 786.000 Euro.

Es braucht eine Gesamtstrategie gegen Geldwäsche

Bis Januar 2020 wird die fünfte Anti-Geldwäsche-Richtlinie der EU national umgesetzt. Die Richtlinie war ab 2016 als Reaktion auf die Pariser Terroranschläge sowie die Enthüllung der Panama Papers entstanden. Dies wäre die Gelegenheit für den Bundesfinanzminister, mit einer Gesamtstrategie das staatliche Versagen bei der Geldwäschebekämpfung in Deutschland zu beenden. Die Baustellen bei Geldwäscheaufsicht, FIU und Transparenzregister sind offensichtlich. Es bräuchte hinreichend Ressourcen zur Durchsetzung der Geldwäschepflichten sowie ein lückenloses Transparenzregister. Transparenz würde überdies eine Wiedererhebung der Vermögensteuer schaffen, da dann nicht nur Erträge, sondern auch Bestandsvermögen gegenüber den Behörden offenzulegen wären.

Auch im strafrechtlichen Bereich besteht Handlungsbedarf. So würde die Einführung eines Unternehmensstrafrechts Ermittler*innen ermöglichen, Institute wie die Deutsche Bank direkt zu belangen, statt die individuelle Schuld von Bankangestellten bei der Beihilfe zur Geldwäsche feststellen zu müssen. Zudem ist eine bessere Verzahnung aller an der Bekämpfung von Finanzkriminalität beteiligten Behörden (Finanzverwaltung, Geldwäscheaufsicht, Zoll, Polizei und Staatsanwaltschaften) erforderlich.

Trotz der beschriebenen Schwächen birgt der Aufbau einer analytischen Zentrale der Geldwäschebekämpfung in Deutschland das Potenzial zur strukturellen Verbesserung. Die FIU ist hier ungeachtet der handwerklichen und politischen Versäumnisse grundsätzlich ein sinnvoller erster Schritt zu einer einheitlichen und effektiven Geldwäschebekämpfung. Zentral ist der nachhaltige Ausbau laufender Maßnahmen zur Schulung und zum Personalaufbau. Kurzfristig wären auch Abordnungen von erfahrenen Beamt*innen aus anderen Bereichen denkbar, um den Ausfall der Geldwäschebekämpfung durch die Neustrukturierung zu begrenzen.

Daneben besteht für die FIU ein Informationsdefizit bezüglich sensibler Datenbanken der Polizei. So verfügt die Zentralstelle aktuell bei eingehenden Verdachtsmeldungen in vielen Fällen nicht über die Information, ob bei betroffenen Personen Übereinstimmungen zu Ermittlungen der Landespolizeibehörden in Bereichen wie der Terrorismusbekämpfung vorliegen. Eine Lösung dieses Problems müsste nicht nur grundrechts- und datenschutzkonform sein, sondern auch der Verfassungsrealität im Föderalismus mit Blick auf die Aufgabenteilung von Bund und Ländern gerecht werden.

Im Rahmen der Geldwäschebekämpfung nimmt der Zoll – wie auch in anderen Bereichen – zunehmend eine Zwitterrolle ein: Er agiert einerseits als Akteur der inneren Sicherheit und andererseits – klassisch – zur Einnahmesicherung für den Fiskus. Dabei sollte die Erweiterung von Kompetenzen und Datenzugriffsrechten bei Stellen wie der FIU auf den Kern der Bekämpfung von Geldwäsche und damit mittelbar auch von anderer (Finanz-)Kriminalität beschränkt bleiben. Aus grundrechtlicher Sicht ist die Tendenz von Sicherheitsbehörden zur massenhaften Datensammlung und deren Verknüpfung zwischen einer Vielzahl von Datenquellen problematisch.

[1]    Camdessus, M. : Money Laundering – the importance of international Countermeasures, Rede v. 10.2.1998 unter www.imf.org, news
[2]    Bussmann, K. D.: Dunkelfeldstudie über den Umfang der Geldwäsche in Deutschland, www.w-t-w.org/de/wp-content/uploads/2016/02/Geldwaesche-Deutschland-Studie.pdf
[3]    Financial Action Task Force: Mutual Evaluation Report Germany, February 2010
www.fatf-gafi.org/media/fatf/documents/reports/mer/MER%20Germany%20full.pdf
[4]    Transparency International Deutschland: Geldwäsche bei Immobilien in Deutschland, Berlin 2018, S. 9, siehe unter Publikationen auf www.transparency.de
[5]    Mattioli, S.; Zoppei, V.: Mafiaparadies Deutschland, in: Blätter für deutsche und internationale Politik 2016, Nr. 7, S. 73-80, s.u. www.blaetter.de
[6]    Meinzer, M.: Steueroase Deutschland, München 2015
[7]    www2.weed-online.org/uploads/schattenfinanzzentrum_deutschland.pdf
[8]    www.financialsecrecyindex.com/PDF/Germany.pdf
[9]    BT-Drs. 19/3818 v. 15.8.2018; Handelsblatt.com v. 27.9.2018; Spiegel online v. 2.6.2016
[10] BT-Drs. 19/9326 v. 11.4.2019
[11] siehe Bussmann a.a.O. (Fn. 2); BMF: 3.1. Steuerbetrug, trickreiche Steuervermeidung und Geldwäsche konsequent bekämpfen, in: Monatsbericht April 2016 (www.bundesfinanzministerium.de)
[12] BT-Drs. 19/3818 v. 15.8.2018
[13] BR-Drs. 459/1/12 v. 11.9.2012
[14] Frank, A.: Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der 4. EU-Geldwäscherichtlinie, zur Ausführung der EU-Geldtransferverordnung und zur Neuorganisation der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen, Öffentliche Anhörung des BT-Finanzausschusses v. 24.4.2017, siehe www.bundestag.de/ausschuesse/ausschuesse18/a07/anhoerungen/110–501856
[15] Spiegel online v. 19.1.2018
[16] zum Fall der Danske Bank Estland siehe rbb24.de v. 10.1.2019
[17] Reuters Business News v. 30.4.2019
[18] Zoppei, W.; Beying, M.S.: Geldwäsche-Bekämpfung im Zeichen der Terrorgefahr, Stiftung Wissenschaft und Politik Aktuell 55, Berlin August 2017 (www.swp-berlin.org)
[19] Meinzer, M.: Germany rejects beneficial ownership transparency, www.taxjustice.net v. 18.5.2017
[20] Financial Intelligence Unit: Jahresbericht 2017, Köln 2018, siehe unter www.zoll.de
[21] Spiegel online v. 26.4.2017 und 20.3.2018
[22] BT-Drs. 19/1763 v. 20.4.2018, Frage 7
[23] Bayerischer Rundfunk (br.de): Nachrichten v. 28.9.2018, 11 Uhr
[24] Tagesschau.de v. 9.8.2018
[25] Spiegel online v. 15.4.2019
[26] Stellungnahme BDK zum nicht-öffentlichen Fachgespräch des Finanzausschusses am 21.3.2018
[27] BT-Drs. 19/2592 v. 7.6.2018
[28] BT-Drs. 19/4985 v.12.10.2018
[29] Europol, Financial Intelligence Group: Why Cash is still a King, Den Haag 2015, online unter www.europol.europa.eu/publications-documents
[30] BT-Drs. 19/7708 v. 13.2.2019

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