Archiv der Kategorie: CILIP 091

(3/2008) Sicherheitsarchitektur II – Europäische Großbaustelle

SitCen – Solanas geheimdienstliches Vorzimmer

von Heiner Busch

Das von dem Briten William Shapcott geführte Gemeinsame Lagezentrum (SitCen) ist Teil der Zweiten Säule, der militärisch-außen­politischen Strukturen der EU also. Es ist eine jener Institutionen, die unmittelbar dem „Generalsekretär des Rates und Hohen Beauftragten für die Außen- und Sicherheitspolitik der EU“ unterstellt sind – ein Doppelamt, das seit Inkrafttreten des Amsterdamer Vertrages 1999 von Javier Solana bekleidet wird.

Seinen Auftrag leitet SitCen aus einer Zusatzerklärung zum Amsterdamer Vertrag her, in der sich die Mitgliedstaaten verpflichteten, die damals neu geschaffene „Strategieplanungs- und Frühwarneinheit“ des Ratssekretariats „soweit irgend möglich durch Bereitstellung einschlägiger Informationen, auch vertraulicher Art“ zu unterstützen. Das aus dieser Einheit hervorgegangene Zentrum sei bis zum 11. September 2001 ein „leeres Schneckenhaus“ gewesen, sagte Shapcott im November 2004 in seiner Stellungnahme vor dem EU-Ausschuss des House of Lords. SitCen – Solanas geheimdienstliches Vorzimmer weiterlesen

Redaktionsmitteilung

Liebe CILIP-LeserInnen,
liebe Mitglieder des RAV,

was Sie hier vor sich haben, ist eine Kooperationsausgabe von Bürgerrechte & Polizei/CILIP und dem Republikanischen Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV). Es ist nicht das erste Mal, dass der RAV und die Redaktion CILIP zusammenarbeiten. RAV-Mitglieder haben des Öfteren in dieser Zeitschrift und CILIP-Redakteure im Info-Brief des RAV geschrieben. Gemeinsam gehörten wir zu dem „bürgerrechtlichen Wanderzirkus“ (Wolfgang Kaleck), der regelmäßig und leider mit wenig Erfolg an Veranstaltungen und Pressekonferenzen gegen die rechtlichen Verschärfungen angetreten ist, die in den vergangenen Jahren als „Anti-Terror-Gesetze“ daher kamen. Dass die Analysen und Hintergrundberichte in CILIP und die konkreten Erfahrungen der Anwältinnen und Anwälte sich ergänzen, ist nahe liegend. Wir wollen deshalb mit dieser Gemeinschaftsausgabe erneut sowohl CILIP-LeserInnen für den RAV als auch Anwältinnen und Anwälte für CILIP und das Institut für Bürgerrechte & öffentliche Sicherheit begeistern (siehe die Selbstdarstellung am Ende des Heftes). Redaktionsmitteilung weiterlesen

Leuchtende Zukunft – Nächste Runde beim Aufbau des EU-Staats

von Heiner Busch und Peer Stolle

Ende 2009 läuft das Haager Programm „zur Stärkung von Freiheit, Sicherheit und Recht“ aus. Bis dahin sollen die Staats- und Regierungschefs der EU, der Europäische Rat, einen neuen Fünfjahresplan für die Innen- und Justizpolitik beschließen. Die Vorarbeiten dazu leistete die „Zukunftsgruppe“.

Vom ersten Fünfjahresplan für die Innen- und Justizpolitik der EU (2000-2004), den „Schlussfolgerungen“ von Tampere, erhielt die Öffentlichkeit erst am Morgen des 16. Oktobers 1999 Kenntnis, wenige Stunden bevor sie die Staats- und Regierungschefs verabschiedeten. Das darauf folgende Haager Programm (2005-2009) lag gerade mal vier Wochen vor, als es der Europäische Rat am 4. November 2004 ohne weitere Diskussion absegnete. Für die Erarbeitung des neuen Programms, so scheint es, haben sich die InnenpolitikerInnen der EU neue Manieren zugelegt: Von „Transparenz“ ist die Rede, von „offener“ Diskussion und „intensivem Austausch“, für die man sich ungewöhnlich viel Zeit nahm. Leuchtende Zukunft – Nächste Runde beim Aufbau des EU-Staats weiterlesen

Mobile Daten – begrenzte Kontrolle – Auf dem Weg zum europäischen Informationsverbund

von Eric Töpfer

Mit dem Auslaufen des „Haager Programms“ geht die Entwicklung des grenzüberschreitenden Informationsaustausches in eine neue Runde. Hatte die Europäische Union mit dem „Grundsatz der Verfügbarkeit“ bereits 2004 einen Paradigmenwechsel eingeleitet und fortan die Vernetzung nationaler Datenbanken vorangetrieben, ist das neue Ziel die „Konvergenz“ der Plattformen, um eine Zusammenarbeit in Echtzeit zu ermöglichen. Der Datenschutz bleibt dabei auf der Strecke.

Im April 2008 ging mit dem sTESTA-Netzwerk eine gemeinsame Kommunikationsinfrastruktur für den europaweiten Austausch von „sensiblen“ Daten in Betrieb. Das für 210 Millionen Euro von einem Konsortium aus der France-Telecom-Tochter Orange Business Services und Hewlett Packard aufgespannte sTESTA (Secured Trans-European Services for Telematics between Administrations) löste verschiedene, parallel existierende Netze ab, die bis dato nationale Verwaltungsintranets miteinander verbanden. Auf Beschluss der Europäischen Kommission, des Europäischen Polizeiamtes Europol und der Europäischen Eisenbahnagentur eingerichtet, soll es als Breitband-Backbone dem gesicherten Datenaustausch auch im Rahmen diverser europäischer Projekte und Agenturen der Polizei- und Justizzusammenarbeit sowie der Migrationskontrolle dienen, so z.B. dem Schengen-Informationssystem der zweiten Generation (SIS II), dem Datenaustausch von Fingerabdrücken der erkennungsdienstlich behandelten Asylsuchenden im Rahmen von EURODAC, dem Visa-Informationssystem (VIS), der Kommunikation des Europäischen Polizeiamtes Europol mit den Mitgliedstaaten, dem Austausch von Daten über LKW-Fahrtenschreiber im Rahmen von TACHONET, dem Kommunikations- und Informationssystem für Katastrophenfälle CECIS, den Financial Intelligence Units der nationalen Polizeibehörden zur Aufdeckung von Geldwäsche, dem europäischen Bildspeicherungssystem FADO zum Austausch von Informationen über echte und falsche Dokumente oder dem europäischen KFZ- und Führerschein-Informationssystem EUCARIS.[1] Mobile Daten – begrenzte Kontrolle – Auf dem Weg zum europäischen Informationsverbund weiterlesen

Summaries

Focus: EU security architecture

Next round in the construction of an EU state
by Heiner Busch and Peer Stolle
The report of the informal Future Group from June 2008 is the blueprint for the next five year programme of the EU’s home affairs policy. The group continued to build on the existing agenda towards the construction of an EU state: it wants to continue cementing the external borders, expand FRONTEX and Europol and not only do away with barriers to the information exchange between police forces, but also to the operational cooperation across internal borders. The abolition of the separation of police and military is not viewed as a problem by Europe’s executive powers. And data protection is used by them as a legitimising veneer for the extension of state surveillance. Summaries weiterlesen

Präventive TKÜ- und Postkontrolle durch das ZKA

Im Juni 2008 legte das Gremium zur Kontrolle der präventiven Überwachungsbefugnisse des Zollkriminalamtes und der Zollfahndungsämter seinen Evaluationsbericht für den Zeitraum 28.12.2004 bis 4.12.2007 dem Bundestag vor.[1] Der Zoll ist befugt, zur Verhütung von ungenehmigtem Transport und Handel mit Kriegswaffen, biologischen, chemischen oder Atomwaffen Postsendungen und Telekommunikation (TK) zu überwachen. Im Berichtszeitraum hat er in zehn Fällen von dieser Befugnis Gebrauch gemacht. Die Mehrzahl der Fälle betraf die Ausfuhr von Gütern, die zur Herstellung, Lagerung oder dem Einsatz von ABC-Waffen dienen könnten. Präventive TKÜ- und Postkontrolle durch das ZKA weiterlesen

Große Lauschangriffe 2007

Für 2007 meldet die Bundesregierung 13 polizeiliche Lauschangriffe aufgrund von Bundesgesetzen.[1] Zehn dieser akustischen Überwachungen von Wohn- oder Geschäftsräumen erfolgten im Rahmen der Strafverfolgung – und zwar in Bayern (4), Hamburg (1), Niedersachsen (1), Sachsen (1) und in drei Verfahren der Bundesanwaltschaft. Hinzu kamen zwei Maßnahmen des BKA zum Schutz von Verdeckten Ermittlern und eine weitere Eigensicherungsmaßnahme des Zollfahndungsamtes Dresden. (Nicht in der Statistik enthalten sind präventive Lauschangriffe der Landespolizeien nach ihrem jeweiligen Polizeirecht.) Große Lauschangriffe 2007 weiterlesen

Umfang von Sicherheitsüberprüfungen

Durch das „Terrorismusbekämpfungsgesetz“ vom Januar 2002 waren die Sicherheitsüberprüfungen ausgeweitet worden: Ging es vorher um die Überprüfung der Zuverlässigkeit von Personen, die Zugang zu vertraulichen/geheimen öffentlichen Dokumenten hatten, so werden seither im Rahmen des „vorbeugenden personellen Sabotageschutzes“ auch die ArbeitnehmerInnen in verteidigungs- oder lebenswichtigen Einrichtungen überprüft. Umfang von Sicherheitsüberprüfungen weiterlesen