Schlagwort-Archive: SPUDOK

INPOL-neu – Informatisierung des polizeilichen Alltags

von Heiner Busch

Nach über zehn Jahren Planungsdiskussion und Entwicklungsarbeiten, einem weitgehenden Scheitern der ursprünglichen Pläne und einem bescheideneren Neuanfang ging am 18. August 2003 die erste Stufe von INPOL-neu in Betrieb.

Als die ersten 35 Terminals des alten INPOL-Systems im Herbst 1972 ans Netz gingen, schien für die Polizei eine neue Ära anzubrechen. „Kommissar Computer“ wurde von seinen polizeilichen Kollegen mit Jubel begrüßt. Im August 2003, beim Start von INPOL-neu, mochte dagegen keine rechte Begeisterung aufkommen. Eher war man erleichtert, dass es mit dem neuen System doch noch geklappt hatte, bevor im Jahr 2004 die Wartungsvereinbarungen für die Software des alten abgelaufen wären, bevor die letzten internen Spezialisten in Pension gingen und ohne dass das Fahndungssystem zusammenbrach. INPOL-neu – Informatisierung des polizeilichen Alltags weiterlesen

Einmal verdächtig, immer verdächtig – Göttinger Spudok-Skandal: BürgerInnen unter Dauerverdacht

von Rolf Gössner

In der Nacht zum 7. November 1997 brannte das Arbeitsamt in Göttingen. Brandstifter hatten im Eingangsbereich Benzin ausgekippt und angezündet. Sie waren unerkannt verschwunden. Alarmstufe 1 für die ermittelnde Polizei, die aufgrund eines „Bekennerschreibens“ von einem „terroristischen“ Anschlag ausging. Routiniert hielt sie sich an die üblichen Verdächtigen aus der linken Göttinger Szene. Dabei geriet auch eine ganze Reihe angesehener Bürgerinnen und Bürger ins Fahndungsvisier, unter ihnen Rechtsanwälte und Ärzte, Journalisten und Pfarrer, ein Stadtarchivar und ein Baudezernent, Stadträte und Fotografen, Fraktionsmitarbeiter und Ministerialbeamte, Angestellte und Hausfrauen.

Auch eine 68jährige Ehrenbürgerin der Stadt Göttingen, die seit ihrer Kindheit auf einen Rollstuhl angewiesen ist, wird von der Sonderkommission 413 des Landeskriminalamtes und der Göttinger Polizei auf der Verdächtigenliste geführt. Insgesamt 105 Personen sind dort mit Namen, Geburtsdaten und Adressen verzeichnet. Die Fahnder legten diese Liste auch dem brandgeschädigten Arbeitsamt vor, das per Datenabgleich (Rasterfahndung) prüfen sollte, „ob diesen Personen Leistungen versagt, gekürzt oder gestrichen wurden“ – für die Ermittler ein mögliches Motiv der Brandstifter.[1] Der Brand, der einen Schaden von einer halben Mio. DM anrichtete, konnte rasch gelöscht werden, die personenbezogenen Daten, die für die Ermittlungen genutzt wurden, jedoch bis heute nicht, obwohl dies nach Datenschutzrecht längst hätte geschehen müssen. Der entstandene Schaden ist nicht bezifferbar. Wie kamen die 105 Männer und Frauen, die zumeist in den 80er Jahren als StudentInnen politisch aktiv gewesen waren, in den schweren Verdacht der Brandstiftung und der Bildung einer „terroristischen Vereinigung“? Einmal verdächtig, immer verdächtig – Göttinger Spudok-Skandal: BürgerInnen unter Dauerverdacht weiterlesen