Literatur – Rezensionen und Hinweise

Literatur zum Schwerpunkt

Kommission zur Erforschung und Ausarbeitung der Geschichte der Deutschen Volkspolizei beim Ministerium des Innern der DDR: Geschich-te der Deutschen Volkspolizei, 2 Bände, Berlin (DDR) 1979
Bloße Selbstbeweihräucherung und einfach Schrott.

Lüers, Hartwig: Das Polizeirecht in der DDR. Aufgaben, Befugnisse und Organisation der Deutschen Volkspolizei, Köln 1974

Harnischmacher, Robert: Geschichtliche Entwicklung der Polizei in beiden deutschen Staaten, in: Bayerische Polizei, 4/1989, S. 6-9, und
ders.: Das Polizei-Sicherheits-System der DDR, in: Die Polizei, 10/1990, S. 272-283

Gudd, Siegfried: Wir im gesellschaftlichen Wandel, in: Die Volkspolizei, 4/1990, S. 19-20

Ministerium für Innere Angelegenheiten: Versuch einer kritischen Selbst-darstellung. Erkenntnisse, die ein neues Polizeiverständnis nicht ausgrenzen darf, in: Die Volkspolizei 5/1990, S. 2-8

Surkau, Wolfgang: Volkspolizei – Demokratie – Erneuerung,
Pachaly, Erhard: Fragen zur Geschichte der Deutschen Volkspolizei, in: Die Volkspolizei 5/1990

Billig, Joachim: Erneuerung der Polizei – wohin mit unseren Feindbildern?, in: Wissenschaftliche Beiträge – Hochschule der Volkspolizei, 1/1990, Teil I

Steinke, Wolfgang: Die Entwicklung der Kriminalität in der früheren DDR. Analyse und Versuch einer Prognose, in: Kriminalistik 12/1990, S. 670-672
Der Autor, Abteilungsleiter beim BKA, malt ein düsteres Bild der Ex-DDR. Extremismus, Hausbesetzung und natürlich auch die organisierte Kriminalität nähmen zu.

Über die Hilfe der westdeutschen Bundesländer für die Polizeien der fünf neuen Länder kann man sich am ehesten in „Die Streife“, dem Polizeiblatt aus NRW, und „Die Polizei-Zeitung“ aus Baden-Württemberg informieren. Beide Zeitschriften berichten immer wieder über die Beschlüsse der IMK zu Fragen des Neuaufbaus in den neuen Ländern sowie über die Anstrengungen ihrer Länder in den Patenländern Brandenburg und Sachsen. Schwerpunkte der Berichte sind Ausrüstungs- und besonders Ausbildungshilfen sowie die Entsendung von „Leihbeamten“. Einige Beiträge:

Polizeiführer des Landes haben in Sachsen leitende Positionen übernommen, in: Die Polizei-Zeitung 12/1990, S. 5

Polizei des Landes kommt Kollegen in Sachsen zu Hilfe, in: Die Polizei-Zeitung, 10/1990, S. 2-3

Einen abgrundtiefen Konflikt hat es nie gegeben. Interview mit Führungskräften der DVP, in: Die Polizei-Zeitung 8/1990, S. 4

Umfassende Zusammenarbeit zwischen Brandenburg und NRW, in: Die Streife 12/1990, S. 2-4

Die Deutsche Volkspolizei, in: Die Streife 3/1990, S. 8-11

NRW unterstützt Brandenburg beim Aufbau seiner Polizei, in: Die Streife 11/1990, S. 3-6

Forum der Kriminalistik
Die ehemalige DDR-Zeitschrift ist in die West-„Kriminalistik“ eingegangen und wird vorläufig als eigene Sparte im Heft geführt. In Heft 2/1991 finden sich u.a. Beiträge zur Rolle des GLKA.

STASI

Gesamtdeutsches Institut/ Bundesanstalt für gesamtdeutsche Aufgaben (Hg.): Dokumentation zum Staatssicherheitsdienst der ehemaligen DDR in 6 Teilen, 1. November 1989 – 30. Oktober 1990, Berlin 1991
Zusammenstellung von Berichten und Materialien zur STASI. Sehr brauchbar.

Bürgerkomitee Leipzig (Hg.): STASI intern – Macht und Banalität, Leipzig 1991.
Nachdem bereits Berichte zur Arbeitsweise und zur Auflösung der STASI-Bezirksämter aus Suhl, Rostock, Brandenburg und Potsdam veröffentlicht wurden, legte unlängst auch das „Bürgerkomitee zur Auflösung des MfS/ AfNS“ in Leipzig seine Dokumentation vor.
Der Leipziger Bericht, wie die Berichte aus anderen Orten der DDR in erster Linie ein Dokumentenband, besticht durch seine klare Gliederung. Den Dokumenten zur Arbeitsweise der STASI und zur Vernetzung von STASI, SED und Polizei sind jeweils knappe Interviews oder Einführungstexte zum folgenden Dokumentarmaterial vorangestellt. Wie auch in den anderen „Auflösungsberichten“ ist die Dokumentenauswahl bis auf wenige Ausnah-men konzentriert auf die letzen Jahre der DDR, ergänzt um einige Fund-stücke, die bis in die 70er Jahre zurückreichen. Auch vermittelt der Leipziger Bericht einen Einblick in die kurze Vorgeschichte des Sturms auf die STASI-Zentralen in der DDR.
Es dürfte einer der letzten Berichte sein, bewahrheitet sich doch inzwischen unsere Prognose vom Herbst letzten Jahres (vgl. CILIP 36, S. 104 f.), daß die neuen politischen Entscheidungsträger aus der DDR bzw. jene, die für die DDR nun in Bonn und anderswo Entscheidungen treffen, wenig Interesse daran haben, freizügig Einsicht in die Geschichte, in die Methoden und die Arbeitsweise der STASI zu gewähren. Die Entlassung der zwei Historiker Mitter und Wolle aus der „Gauck-Behörde“, die „freiwillige“ Aufgabe der Mitarbeit seitens des Historikers Laufer (vgl. taz vom 6.3.91) und ihre gemeinsame Klage, daß seit dem 3. Oktober 1990 der Zugang zu den Akten und damit die historische Aufarbeitung der STASI-Geschichte nahezu un-möglich wurde, sind hierfür aussagekräftige Indizien.
Umso begrüßenswerter ist die Vielzahl an Dokumentationen und Publikatio-nen, die sich auf Material stützen können, das zu Zeiten eines bürokratischen Machtvakuums, zwischen Dezember ’89 und Oktober ’90, gesichert werden konnte.
FW

Geheimdienste

Gemballa, Gero: Geheimgefährlich. Dienste in Deutschland, PapyRossa-Verlag, Köln 1990
Das Buch enthält viele Details, ist spannend geschrieben und empfehlenswert als Einstieg in die Debatte um Verfassungsschutz und andere Geheimdienste. Allerdings gibt es eine Reihe von Punkten, wo man mehr erwartet hätte: In Sachen Datenverarbeitung liest man zwar viel über die Datenverarbeitung der Polizei, aber kaum etwas über die der Dienste. Dies ist zum einen sicher erklärbar aus fehlendem Material, zum anderen werden selbst zugängliche Informationen (z.B. zu NADIS) nicht verarbeitet. Auch fehlt eine genauere Analyse der Rechtsentwicklung, auf die Gemballa mehrfach Bezug nimmt.
HB
Leo A. Müller: „Gladio – das Erbe des kalten Krieges“, rororo aktuell, Reinbek 1991

Bericht der Parlamentarischen Untersuchungskommission zur besonderen Klärung von Vorkommnissen mit großer Tragweite im Eidgenössischen Mili-tärdepartment vom 17.November 1990

Es ist schon erstaunlich, wie schnell Bücher zu aktuellen Ereignissen auf den Markt geworfen werden – die Fortsetzung des Tagesjournalismus mit anderen Mitteln: Werner Raith, der taz-Korrespondent in Italien, steuert den aktuel-len Aufhänger „Gladio“ bei. Dort war ans Licht gekommen, daß es in nahezu allen europäischen Nato-Ländern militärische Geheimdienste gibt, die nach dem 2. Weltkrieg aufgebaut wurden, um im Fall einer Besetzung den Kampf hinter den Linien zu organisieren. Leo Müller hatte schon länger über den „Bund deutscher Jugend“ (BDJ) recherchiert, der von US-amerikanischen Quellen finanziert, mit Hilfe ehemaliger SS- und Wehrmachtleute eine anti-kommunistische Untergrundbe-wegung in der Nachkriegs-BRD aufbaute. Der BDJ besaß u.a. eine steckbriefartige Kartei, vor allem über SPD- und KPD-Mitglieder, die am „Tage X“ nach Aussagen eines BDJ-Führers „dem Zugriff der Russen entzogen werden sollten, damit sie keine Möglichkeit haben, ihre Gegner an die Russen zu ver-raten“ (127). Die Ermittler stellten fest: „Die Proskriptionsliste enthält diejenigen Personen, die beseitigt werden soll-ten“(128). Die Tätigkeit des BDJ war in den 50er Jahren vom Verfassungs-schutz im damals sozialdemokratisch geführten Hessen aufgedeckt worden. Das Verfahren gegen führende BDJ-Mitglieder wurde in rechtsstaatlich zwie-lichtiger Weise auf Betreiben u.a des Bundesministeriums für Gesamt-deutsche Fragen  von der Bundesanwaltschaft verschleppt (138). Der Hohe Amerikanische Kommissar bedauerte, daß man von den innenpolitischen Tendenzen des BDJ nicht unterrichtet gewesen sei, und sicherte seine Mit-hilfe zu, den BDJ aufzulösen (151). Nun gewinnt diese Recherche aktuellen Bezug, da es sich hier personell, funktionell und ideologisch offenbar um eine Vorläufer-Organisation von „stay behind“, der bundesdeutschen Varian-te von „Gladio“ handelt.
Auch in der Schweiz wurde in den letzten Jahren die Tätigkeit „geheimer“ Geheimdienste aufgedeckt, die ohne gesetzlichen Auftrag und ohne klare Unterstellung, aber aus pauschalisierten Mitteln der offiziellen Geheim-dienste finanziert, von alten Militärs mit antikommunistischen Intentionen betrieben wurden. Auch hier wurden nicht nur „Verdächtigenlisten“ ange-legt, sondern offenbar auch der Bau von „Internierungslagern“ für den „staat-lichen Notstand“ von der Armee geübt (144 ff.). Die eingesetzte Parlaments-kommission kommt zu dem Schluß, daß es sich mehr oder weniger um priva-te Machenschaften handelt, die rechtlich unzulässig, nachrichtendienstlich in-effizient, im befürchteten Spannungsfall wahrscheinlich untauglich, dafür aber innenpolitisch höchst gefährlich sind. Zur Einsetzung der Parla-mentskommissionen und zur Herausgabe ihrer detaillierten und relativ unge-schminkten Berichte dürfte die starke bürgerrechtliche Bewegung in der Schweiz beigetragen haben. Aus der Initiative „Schweiz ohne Armee“ (SoA), die von den militärischen Geheimdiensten in enger Zusammenarbeit mit der Bundespolizei bekämpft wurde, ging die Initiative „Schluß mit dem Schnüf-felstaat“ (SoS) hervor, die zur Kundgebung am 3.März auf dem Berner Bun-desplatz 3.500 Teilnehmer mobilisierte. Von ihr wird auch ein Buch heraus-gegeben, daß umfassend über die hundertjährige Geschichte der amtlichen „Schnüffelei“ informiert.
BG

Komitee Schluß mit dem Schnüffelstaat: „Schnüffelstaat Schweiz – Hundert Jahre sind genug“, Limmat Verlag, Zürich 1990

Borke, Astrid von: „Unsichtbare Weltmacht KGB – Steht sie hinter Gorbatschows Perestroika?“, Hänssler Verlag, Neuhausen-Stuttgart 1989
Bei der Lektüre des Vorworts möchte man das Buch gleich wieder zuklappen: „Manche scheinbar völlig spontane Entwicklung unserer Tage, bei-spielsweise die Friedensbewegung, lassen sich erst dann richtig verstehen, wenn man hinter die Kulissen schaut und sich über die Rolle des KGB im klaren wird.“ Was folgt ist aber eine durchaus differenzierte Analyse dieser sowjetischen Ordnungsmacht, die wenigstens in Ansätzen hilft, die verwir-renden tagespolitischen Meldungen über die innenpolitischen Spannungen in der UdSSR besser zu verstehen. Viele Darstellungen Borkes sind zwar noch von den Spuren der Kreml-Astrologie geprägt, aber das Bemühen um neue Quellen, um neue methodische Ansätze und um „neues Denken“ auch dies-seits des verrosteten „eisernen Vorhangs“ ist unverkennbar.
BG

Knightley, Philipp: Die Geschichte der Spionage im 20. Jahrhundert, Schertz, München 1989
Philipp Knightley, britischer Spionage-Spezialist von internationaler Reputa-tion, hat ein neues Buch vorgelegt. Kenntnis- und faktenreich beschreibt er auf rund 370 Seiten Entstehung und Entwicklung der drei großen interna-tionalen Geheimdienste CIA, SIS und KGB. Seinen eigentlichen Wert bezieht das Buch jedoch nicht aus der Darstellung der einzelnen Fakten; vieles davon hat man so oder so ähnlich bereits vorher irgendwo gelesen. Interessant und lesenswert wird das Buch durch Analysen und Schlußfolgerungen des Autors. Bei aufmerksamer Lektüre wird man sich seinem Resümee kaum verschließen können: „Das Wesen der Geheimdienstarbeit begünstigt eine elitäre Haltung und ein Gefühl der Überlegenheit. Die Zugehörigkeit zu dieser Elite wird als Privileg betrachtet. Der neue Mitarbeiter lernt, keinem Außenseiter zu trauen, und stellt bald fest, daß er sich nur unter seinesgleichen gehen lassen kann … Bald wird der Club, ob er nun CIA, SIS oder KGB heißt, eine geschlossene autarke Gesellschaft. Die Außenwelt wird immer ferner, ihre Realitäten immer unwichtiger.“
Vor dem Hintergrund des Zusammenbruch der DDR-Staatssicherheit, die u.a. letztlich auch an ihrem angehäuften Wissen erstickt ist, wirken Knightleys Verweise auf die Unsinnigkeit geheimdienstlicher Sammelleiden-schaft geradezu prophetisch. Dies könnte für die Menschen außerhalb der di-versen Dienste etwas Beruhigendes haben, wiese der Autor nicht gleichzeitig nach, daß die außer Kontrolle geratene Flut von Geheimdiensterkenntnissen für Außenstehende zwar sichtbar ist, die Dienste und ihre Beamten allerdings schon nach Mitteln und Wegen suchen, um sie zu kanalisieren. So scheint ein weiteres Überleben der Geheimdienste auch in Zukunft mehr als wahr-scheinlich.
Daß Knightley zwischenzeitlich selbst vom Virus der massenhaften Kleintei-ligkeit ergriffen wurde und seitenlange Agentenstories vor den Lesern aus-breitet, wie man sie von Stil und Inhalt zur Genüge kennt, ist zwar bedauer-lich, tut dem Wert des Buches aber keinen Abbruch.
OD

Rechtsextremismus

Ködderitzsch, Peter/ Müller Leo A.: Rechtsextremismus in der DDR, Lamuv Verlag, Göttingen 1990
Assheuer, Thomas/ Sarkowicz, Hans: Rechtsradikale in Deutschland. Die alte und die neue Rechte, Verlag C.H. Beck, München 1990
Über rechtsextreme Aktionen in der ehemaligen DDR wird in offiziellen Medien erst seit 1987 berichtet; Anlaß war der Angriff von Skinheads auf Besucher eines Rockkonzerts in der Ost-Berliner Zionskirche. Während bis dahin propagiert wurde, Rechtsextremismus gäbe es nicht, wurden die Vorfälle nun zwar erwähnt und auch verfolgt, aber mit „Rowdytum“ und Beeinflussung durch West-Skins begründet. Es existieren kaum brauchbare Untersuchungen über die Ursachen der vor allem in den 80er Jahren zu-nehmenden Ausschreitungen von Skinheads. Ködderitzsch/Müller beschrän-ken sich deshalb hauptsächlich auf die Entwicklung nach dem November ’89. In einem ausführlichen Abschnitt zeigen sie am Beispiel der „Republikaner“ und der Burschenschaften auf, wie Rechtsextreme aus dem Westen die politi-schen Veränderungen nutzen konnten, um ihre Organisationen auf die DDR auszuweiten. Ein Großteil des Buches macht die alphabetische Auflistung dieser – bis zum Oktober ’90 – entstandenen Organisationen aus. Leider ge-
hen die Autoren nur knapp auf drei Studien ein, die 1990 erarbeitet wurden und in denen besonders die Ausländerfeindlichkeit von Jugendlichen deutlich wird.
Im Gegensatz hierzu befassen sich Assheuer/Sarkowicz in einem erste Anhaltspunkte liefernden Abschnitt mit der Entwicklung des rechtsradikalen Potentials seit Gründung der DDR: Sie beginnen mit der Entnazifizierung und der Bedeutung der NDPD, die ehemalige NSDAP-Mitglieder auffangen sollte. Sie verweisen auf die Politik der SED besonders im „Kalten Krieg“, die Diskussionen verhinderte und bewirkte, daß antisemitische und nationali-stische Wertorientierungen nicht abgebaut wurden.
Ihr Schwerpunkt liegt jedoch in der Darstellung der Entwicklung rechts-extremer bundesdeutscher Organisationen und Publikationen von der „Alten“ zur „Neuen Rechten“, wobei insbesondere der Bezug zu rechten Ideologien aus der Weimarer Republik hergestellt wird.
KT

Weitere Neuerscheinungen

Jansen, Helmut/ Schubert, Michael (Hg.): Staatssicherheit. Die Bekäm-pfung des politischen Feindes im Innern, AJZ-Verlag, Bielefeld 1990
Dieses Buch versammelt eine Reihe zum Teil ausgezeichneter und interessanter Artikel und zum Teil langweiliger Wiederholungen und Nach-drucke zum Thema Staatsschutz und politische Justiz. Es werden verschie-dene Facetten präsentiert – vom Gutachten der Gewaltkommission, über die Rolle der poli-tischen Justiz, den   129a StGB und den Landfriedensbruch, die Ausdehnung von Repressionsmodellen auf die gesamte EG, bis hin zur STASI und zur politischen Justiz der DDR. Im Anhang finden sich mehrere Dokumente, deren Stellenwert unklar bleibt. Bei allen Schwächen und den vielen Stärken einzelner Artikel und der Wichtigkeit der Dokumente bleibt dieses Buch ein Sammelsurium. Es gibt keine gemeinsame Fragestellung, keine Diskussion der verschiedenen politischen und analytischen Ansätze und bis auf den allgemeinen demokratischen und linken Grundkonsens der Autor-Innen auch kein gemeinsames Ergebnis.
HB

Weichert, Thilo: Informationelle Selbstbestimmung und strafrechtliche Ermittlung, Centaurus Verlag, Pfaffenweiler 1990
Nur höchst selten sind juristische Bücher radikale Schriften. Thilo Weicherts Dissertation gehört zu dieser Spezies. Der Autor untersucht die juristische Rechtfertigung polizeilicher Eingriffe in die informationelle Selbst-bestimmung von einer konsequent auf Bürgerrechte und Datenschutz insistierenden Position aus. Dargestellt wird sowohl die Entwicklung vor dem Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts, als auch die For-meln, die seit 1983 die kriminalpolizeiliche Datenerhebung, -verarbeitung und -übermittlung legitimieren sollen: vom „Grundrecht auf Sicherheit“ über die „Funktionstüchtigkeit der Strafrechtspflege“ bis hin zur „vorbeugenden Verbrechensbekämpfung“ sowie deren Umsetzung (u.a. in Gesetzentwürfen zur Änderung der Strafprozeßordnung). Die starke Untergliederung des Buches in kleinste mit Detailüberschriften versehene Abschnitte erschwert zum Teil das durchgängige Lesen. Gerade diese Detailgliederung macht es andererseits aber zu einem gelungenen Nachschlagewerk für diejenigen, die bei einem gut informierten und datenschützerisch radikalen Autor juristische Argumentationshilfe suchen.
HB

Adams, James: Geld und Gewalt. Wer finanziert den internationalen Terror?, Lübbe Verlag, Bergisch Gladbach 1990
Der Autor, Korrespondent der Sunday Times, kritisiert am Anfang seines Buches den Terrorismus-Begriff der CIA und anderer westlicher Geheim-dienste. Seiner Meinung nach ist die Sowjetunion nicht der internationale Drahtzieher des Terrorismus. Auch weitere Kritikpunkte in seinem Einlei-tungskapitel könnten die LeserInnen auf eine weniger ideologisch belastete Darstellung hoffen lassen.
Die Frage des Autors ist sicherlich relevant: Jede irreguläre bewaffnete Organisation – sei sie nun Guerilla, aufständisches Heer, paramilitärische Truppe – bedarf der Finanzierung und dieser Zwang trübt u.U. die politi-schen Ziele revolutionärer Organisationen mindestens genauso wie die innere militärische Struktur. Das Thema ist also durchaus einer genaueren Analyse wert. Genau dies geschieht hier aber nicht. Die Quellen speisen sich zu großen Teilen aus den trüben Wassern der „Anti-Terror-Experten“ der USA, Westeuropas und Israels. Legenden, die längst widerlegt sind, werden noch einmal aufge-kocht. Länder (Kolumbien-Bolivien) werden verwechselt. Perso-nen, die bereits verstorben sind, bereiten nach wie vor Wellen von Attentaten vor (Jaime Bateman, historischer Führer der kolumbianischen M-19, gestor-ben 1984), Verbindungen werden hergestellt, die nie bestanden haben, etc.
Das ganze wird begossen mit der Soße vermeintlich authentischer Berichter-stattung. Für einen Krimi vielleicht gut. Für eine ordentliche Analyse mise-rabel. Für 39,80 DM eine Unverschämtheit.
HB