Vermutlich nur noch ein Wunder kann die „Bundesarbeitsgemeinschaft Kritischer Polizistinnen und Polizisten (Hamburger Signal) e.V.“ vor dem endgültigen Ende retten. Den vorläufigen Höhepunkt erreichte die Krise durch drei Unterlassungsklagen, ausgelöst durch eine Pressemitteilung des Vorstandes, in der Mobbing-Vorwürfe gegen einen Berliner Polizeibeamten erhoben worden waren. Da die bisherigen Prozesse in diesem Streit verloren gingen, entstanden bereits Kosten von 10.000 bis 30.000 DM – eine Summe, die in jedem Fall durch Vereinsmittel nicht gedeckt werden kann. Das Finanzproblem ist jedoch nur ein Aspekt der Krise. Bereits im letzten Jahr waren drei Gründungsmitglieder ausgestiegen, weil bei den Kritischen nach Ihrer Ansicht die „Beschäftigung mit der Polizei“ an die Stelle der „politischen Auseinandersetzung über gesellschaftspolitische Themen“ getreten sei. Außerdem, so der Schlussabsatz in der Austrittserklärung, sei „nach all den Jahren aktiven Eintretens für Grund- und Menschenrechte auch die Luft raus“. Auf der Mitgliederversammlung im November 2000 wurde ein Auflösungsantrag abgelehnt. Mit einem neuen Vorstand sollte eine neue politische Standortbestimmung gesucht werden. Stattdessen eskalierten jedoch, beschleunigt durch die Berliner Mobbing-Vorwürfe, die Probleme innerhalb des Vorstandes: Am 5. Mai wählte eine außerordentliche Mitgliederversammlung Thomas Wüppesahl als Sprecher ab. Der Sprecher erkannte die Abwahl jedoch nicht an, da er die Rechtmäßigkeit der Versammlung bezweifelt(e). Im Anschluss an diese Vorgänge erklärten u.a. die Vorstandsmitglieder Manfred Such, Dieter Schenk und Martin Herrnkind ihren Austritt. Ein erneuter Neuanfang ist gegenwärtig nicht in Sicht. Dabei wären kritische Impulse innerhalb der deutschen Polizei heute genauso nötig, wie sie es vor 15 Jahren waren, als sich das „Hamburger Signal“ gründete. Zu hoffen bleibt, dass die „Kritischen“ auch ohne ihre Vereinigung kritische PolizistInnen bleiben, und dass sich zukünftig Kooperationsformen herausbilden, die die Vereinzelung derjenigen verhindern, die dem Mainstream bundesrepublikanischer Polizeipolitik widerstehen.
(Norbert Pütter)