Nach dem Auslaufen des Stockholmer Programms wird es zwar keinen neuen Fünfjahresplan für die Innen- und Rechtspolitik der EU mehr geben, aber sehr wohl eine Fortschreibung der Politik der Inneren Sicherheit.
Seit dem EU-Gipfel in Tampere 1999 gaben sich die InnenministerInnen der EU-Staaten alle fünf Jahre ein neues Programm, mit dem die strategischen Linien der Politik des „Raums der Sicherheit, der Freiheit und des Rechts“ festgelegt und konkrete Vorhaben sowohl für die Rechtsetzung als auch die Zusammenarbeit benannt wurden.
Die bisherigen Programme waren davon geprägt, dass die Innen- und Justizpolitik Bestandteil der sogenannten Dritten Säule der EU war, als Teil der intergouvernementalen Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten. Die Innen- und Rechtspolitik lag damit in der alleinigen Zuständigkeit der EU-Staaten, die ihre gemeinsame Politik mittels „Rahmenbeschlüssen“ und völkerrechtlichen Verträgen umsetzten. Rahmenbeschlüsse beispielsweise zur Bekämpfung von Geldwäsche und Drogenhandel oder der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen setzten Einstimmigkeit voraus; andere wesentliche Elemente der EU-Innenpolitik wie das Schengener Durchführungsübereinkommen, das Dublin-Abkommen, die Europol- und die Eurojust-Konvention oder der Prümer Vertrag zur grenzüberschreitenden polizeilichen Zusammenarbeit waren zunächst völkerrechtliche Verträge außerhalb des EU-Rechtsrahmens, die dann erst in den gemeinsamen Besitzstand überführt wurden. Lediglich im Bereich der Asyl- und Visapolitik galt auch vor dem Vertrag von Lissabon schon die qualifizierte Mehrheit im Rat, um Richtlinien und Verordnungen beschließen zu können.
Durch den Vertrag von Lissabon, der am 1. Dezember 2009 in Kraft trat, erfuhr die EU-Innenpolitik schließlich einen institutionellen Wandel. Der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher und außergerichtlicher Entscheidungen, zentral für die rechtliche Harmonisierung im Binnenmarkt, wurde nun auf die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit übertragen. Auch die Zuständigkeit der EU für die Verstärkung polizeilicher Zusammenarbeit wurde im Vertrag von Lissabon verankert. Die Rechtsetzung in diesem Bereich ist nun nicht mehr auf Einstimmigkeit angewiesen. Verordnungen und Richtlinien können weitgehend mit qualifizierter Mehrheit im Rat ergehen, auf Initiative der EU-Kommission und mit Zustimmung des Europäischen Parlaments. Nur im Hinblick auf die operative Zusammenarbeit gilt noch das Einstimmigkeitsprinzip im Rat. Zur Stärkung der Zusammenarbeit im Bereich der Inneren Sicherheit wurde mit dem Vertrag der „Ständige Ausschuss für die operative Zusammenarbeit im Bereich der Inneren Sicherheit“, kurz COSI, eingesetzt.[1] Ihm obliegt die strategische Steuerung und Auswertung der operativen Kooperation der EU-Staaten.
Rückblick: Tampere, Den Haag, Stockholm
Im Programm von Tampere 1999, das die EU auf dem Weg zu „einer Union der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“ sah, lag der Schwerpunkt klar auf der Asyl- und Migrationspolitik. Hier wurde der politische Grundstein für die zentralen Richtlinien der EU in diesem Bereich gelegt, aber auch für das europäische Fingerabdrucksystem EURODAC, mit dem festgestellt werden kann, wo ein Asylsuchender zuerst in einen EU-Staat eingereist ist. Geprägt war die Behandlung des Themas Migration durch die Verknüpfung mit dem Thema „grenzüberschreitende Kriminalität“. Neben einer Reihe restriktiver Maßnahmen zur Migrationskontrolle sah das Programm die Stärkung von Europol und die Einrichtung von Eurojust zur Unterstützung des Justiziellen Austauschs in Strafsachen vor. Ein als „dringlich“ eingefügter dritter Schwerpunkt galt der Bekämpfung der Geldwäsche: Auch hier sollte der Informationsaustausch über die Zentralstellen zur Entgegennahme von Geldwäscheverdachtsanzeigen, die Financial Investigation Units (FIU), verbessert werden.
Das Haager Programm 2004 war geprägt von der Änderung des Sicherheitsdiskurses nach den Anschlägen in New York und Washington am 11. September 2001 und in Madrid am 11. März 2004. Organisierte Kriminalität spielte im Hinblick auf die geplanten Maßnahmen nur noch eine untergeordnete Rolle. Nun musste die Bekämpfung des Terrorismus als Legitimation für den Ausbau von Datenaustausch und Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden herhalten. Europol und Eurojust sollten verstärkt genutzt werden. Zentral für den Datenaustausch der Sicherheitsbehörden wurden die Grundsätze der Verfügbarkeit und der Interoperabilität: Alle BeamtInnen sollten die Informationen erhalten und technisch verarbeiten können, die in einem anderen Mitgliedstaat verfügbar sind. Die Sicherstellung der „Interoperabilität“ der Daten nicht nur der nationalen, sondern auch der europäischen Datenbanken ist bis heute Thema. Zum ersten Mal wurde die Schaffung eines EU-Passagierdatenregisters angeregt. Um dem Anspruch auf „Freiheit und Recht“ gerecht zu werden, wurde die Europäische Stelle zur Beobachtung von Fremdenfeindlichkeit und Rassismus in die Agentur für Grundrechte (FRA) umgewandelt. Zugleich sollten die Rechte der UnionsbürgerInnen (Freizügigkeit, Kommunalwahlrecht) gestärkt werden, auch für den Datenschutz machte sich das Programm stark. Versprechen auf eine verbesserte Rechtsstellung von Flüchtlingen gingen einher mit Maßnahmen zur weiteren Abschottung der Außengrenzen, auch mittels der im gleichen Jahr geschaffenen EU-Grenzschutzagentur Frontex.
Zentral für das 2009 folgende Stockholmer Programm war die Entwicklung einer „Strategie der Inneren Sicherheit“ (ISS), die die Kommission im Anschluss an das Programm vorlegte. In zwei Feldern – der Bekämpfung der „internationalen organisierten Kriminalität“ und der „Verringerung der terroristischen Bedrohung“ – sollten Pilotprojekte entwickelt werden, die auch den BürgerInnen den „Mehrwert“ – eine der zentralen Politikberatungssprechhohlformeln der EU – einer verstärkten europäischen Zusammenarbeit vor Augen führen sollten. Als Blaupause für verstärkten Informationsaustausch (vor allem an den Außengrenzen zur Bekämpfung illegaler Migration) sollte ein „Europäisches Informationsmodell“ entwickelt werden, das strategische Analysekapazitäten stärken, die Erfassung und Verarbeitung operativer Informationen verbessern und in der Folge die operative Zusammenarbeit ausbauen helfen sollte. Man ahnt, worum es sich drehte: die Aufwertung von Europol, dessen Zuständigkeit 2010 auf „alle Formen schwerer grenzüberschreitender Kriminalität“ erweitert wurde. Das Europäische Polizeiamt sollte laut Programm zur „Drehscheibe“ des Informationsaustauschs der Polizeizusammenarbeit werden. Das Stockholmer Programm bildete zudem den Auftakt zu einer Reihe von Großprojekten: das europäische Grenzüberwachungssystem „Eurosur“, seit Dezember 2014 in Betrieb, und das später „smarter border package“ genannte Paket zur umfassenden Verdatung der Grenzkontrollen. Geplant sind dabei ein elektronisches System zur Erfassung von Ein- und Ausreise und ein System für registrierte Reisende. Hierzu laufen derzeit „Pilotprojekte“, mit denen tatsächlicher Nutzen, Praktikabilität und Kosten untersucht werden sollen.
Fortschreibung der Strategie der Inneren Sicherheit
Im Anschluss an das Stockholmer Programm wird es keine Neuauflage geben. Zu den Bereichen Justiz und Migration hat die Kommission jeweils eine eigene Agenda vorgelegt, die inklusive der Umsetzungspläne von den MinisterInnen diskutiert und mit Änderungen befürwortet wurden.
Anders verlief die Debatte um die Fortentwicklung der ISS. Im April 2015 legte die Kommission die „Europäische Sicherheitsagenda 2020“ vor, die sie selbst als Fortschreibung der ISS verstand und dem Rat deshalb die entsprechende Annahme vorschlug.[2] Das wurde dort schroff zurückgewiesen. Stattdessen zog der Rat der Justiz- und Innenminister am 9. Juni mit seinen „Ratsschlussfolgerungen für die erneuerte Strategie der Inneren Sicherheit (ISS) 2015-2020“ nach.[3] Der Beschluss enthält nun lediglich einen Verweis auf die „Agenda“, und zugleich den Auftrag an COSI, bis Ende des Jahres einen Plan zur operativen Umsetzung zu erstellen. Der „Sicherheitsagenda“ wird so der Status eines reinen Arbeitsprogramms für die Kommission zugewiesen, während die Innenminister die Hoheit über die strategische Ausrichtung für sich beanspruchen.
Dahinter steht ein Konflikt über den Verlauf der Europäisierung der Inneren Sicherheit. Auf der einen Seite stehen unter anderem Mitgliedstaaten wie die Bundesrepublik, die großen Wert auf die nationale Zuständigkeit in allen Fragen der Inneren Sicherheit legen und dem entsprechend Harmonisierung von Standards und horizontale Zusammenarbeit betonen. Auf der anderen Seite steht die Kommission, die für sich und die einschlägigen Agenturen eine stärkere und eigenständigere Rolle wünscht. Exemplarisch für diesen Konflikt ist der weitere Ausbau von Europol. 2013 hatte die EU-Kommission einen Verordnungsentwurf vorgelegt, mit dem nicht nur das Europäische Polizeiamt Europol deutlich gestärkt werden, sondern zugleich die Europäische Polizeiakademie (CEPOL) in Europol integriert werden sollte.[4] Dem haben die Mitgliedstaaten früh eine Absage erteilt, nun wird die CEPOL-Verordnung getrennt behandelt. Auch bei Frontex gab es schon ähnliche Konflikte: Während im ursprünglichen Entwurf der aktuellen Verordnung von einem „Europäischen Grenzschutz“ die Rede war, blieben nach Interventionen aus Deutschland und anderen EU-Staaten nur noch die „Europäischen Grenzschutzteams“. Sogar begrifflich soll jeder Eindruck vermieden werden, dass hoheitliche Rechte im Bereich von Grenzschutz und Polizei an die EU abgetreten werden.
Strategische Ziele der ISS und die Sicherheitsagenda
Abgesehen von solchen Konflikten sind die zentralen Ziele der Strategie der Inneren Sicherheit unbestritten. Die Kommission hat sich bei ihrer Agenda ohnehin an den viel konkreteren Ratsschlussfolgerungen vom November 2014 „zur Entwicklung einer Strategie der Inneren Sicherheit der Europäischen Union“ orientiert.[5] Darin werden zentral drei Prioritäten für den Bereich der Inneren Sicherheit benannt: schwere und organisierte Kriminalität, Terrorismus und Radikalisierung, Bedrohungen für Bürger und Unternehmen aus dem Cyberspace. Zwei weitere Prioritäten aus der alten ISS – Grenz- und Migrationskontrolle sowie der Katastrophenschutz – spielen keine herausragende Rolle mehr.
Die Agenda der Kommission knüpft mit den vorgeschlagenen Maßnahmen an diese Ausrichtung an. Auch in der weiteren Vorgehensweise besteht Konsens. Die Europäisierung der Inneren Sicherheit soll nicht in erster Linie durch weitere Richtlinien und Verordnungen vorangetrieben werden, sondern durch die konsequente Anwendung bestehender Instrumente zum Datenaustausch, den Ausbau der operativen Zusammenarbeit sowie gemeinsame Aus- und Fortbildung der Einsatzkräfte und umfassende Forschungssubventionen für den sicherheitstechnologisch-industriellen Komplex im Rahmen des EU-Forschungsprogramms „Horizont 2020“.[6]
Der Datenaustausch wird argumentativ vor allem auf die Bekämpfung reisender DschihadistInnen und allgemein des Terrorismus ausgerichtet. Die Kommission listet einige dieser Datenbanken auf, die entweder noch entsprechend ausgebaut werden müssten (wie das Schengener Informationssystem, in dem bislang keine Ausreiseverbote ausgeschrieben werden können) oder die von den Mitgliedsstaaten überhaupt erst umfassend in Anspruch genommen werden müssten: die Stolen and Lost Travel Documents (SLDT)-Datenbank von Interpol, das European Criminal Records Informations System ECRIS (das bislang nur Daten zu EU-BürgerInnen enthält und kaum abgerufen wird) oder das European Police Record Index System (EPRIS), mit dem EU-weit recherchiert werden kann, wer bereits polizeiauffällig geworden ist. Neu hinzukommen soll nach dem Willen der EU-Kommission wie der Mitgliedstaaten ein Passenger Name Record (Fluggastdaten, PNR)-System, mit dem Flugbewegungen in und aus dem EU-Raum komplett erfasst und analysiert werden könnten; zudem soll der Austausch von PNR-Daten mit Drittstaaten ausgebaut werden. Auch bezüglich des Datenaustauschs zwischen den EU-Staaten im Rahmen der Prümer Beschlüsse sieht die Kommission Defizite, die sie mit allen Mitteln beheben will. Das kann nur bedeuten, dass jene Mitgliedstaaten, die auf nationaler Ebene noch nicht die gesetzlichen Voraussetzungen beispielsweise für den automatisierten Abgleich von DNA-Spuren geschaffen haben, demnächst mit Vertragsverletzungsverfahren zu rechnen haben.
Für den Bereich der operativen Zusammenarbeit schlägt die Kommission ebenfalls einen Ausbau vor, belässt es aber weitgehend bei einer Zustandsbeschreibung. Konkretisierungen in der Agenda sind auch überflüssig, es reicht der Verweis auf den „EU Policy cycle for organized or serious crime“. Mit dem so genannten „Policy Cycle“ wurde im Bereich der Innenpolitik nach Lissabon ein neues Instrument geschaffen, um die Zusammenarbeit zu vertiefen. Darin werden Arbeitsbereiche (illegale Migration, Schmuggel, Drogenhandel etc.) festgelegt und strategische Ziele für die Zusammenarbeit definiert (Verstärkung der Zusammenarbeit selbst, Aufklärung europäischer krimineller Netzwerke etc.), die dann in den einzelnen Operativen Aktionsplänen umgesetzt werden. Dem COSI kommt hierin die Aufgabe zu, bei der Erstellung des Policy Cycle und der Aktionspläne mitzuwirken und eine strategische Auswertung vorzunehmen. Dieses Instrument soll nach dem Willen der Mitgliedstaaten und der Kommission den BürgerInnen einmal mehr den „Mehrwert“ einer europäisierten Inneren Sicherheit nahebringen: Angesichts offener Grenzen stellen die Polizeien unter Beweis, dass sie gegen europaweit agierende Kriminelle weiterhin handlungsfähig sind. Nicht ohne Stolz verweist die Kommission auf die im Policy Cycle 2014 verabredete „Operation Archimedes“, bei der unter Koordination von Europol im September 2014 in 34 Staaten tausend Verdächtige festgenommen worden waren.
In der eigenen Zuständigkeit verweist die Kommission auf Europol. Bei der öffentlichen Vorstellung der Agenda standen die Kommissionspläne im Mittelpunkt, ein „Europäisches Terrorabwehrzentrum“ (European Counter Terrorism Center, ECTC) bei Europol zu errichten. Hier sollen weitgehend bereits bestehende Einrichtungen zusammengeführt werden: der Focal Point Travellers, eine Europol-Arbeitsdatei, in der Informationen zu reisenden DschihadistInnen und ihrem Umfeld zusammengeführt werden; das Terrorist Finance Tracking Programm (TFTP), innerhalb dessen Daten zu Finanztransaktionen auf Anfrage an das FBI übermittelt werden, das dafür im Gegenzug seine Analysen zur Verfügung stellt; das Netzwerk der Financial Intelligence Units, das den Austausch der zuständigen nationalen Stellen zur Beobachtung verdächtiger Finanzströme sichern soll (FIU.NET ab 2016); die bereits vorhandenen Kapazitäten im Bereich Schusswaffen und Sprengstoffe; die im Juli geschaffene Meldestelle für verdächtige Internetinhalte (Internet Referral Unit). Mit diesem Ausbau Europols zu einer Zentralstelle in der Bekämpfung des islamistisch motivierten Terrorismus versucht die Kommission Fakten zu schaffen, während die EU-Innenminister über den Entwurf einer neuen Europol-Verordnung verhandeln.[7] Denn auch hier zeigt sich der Konflikt zwischen Europäisierung und nationaler Hoheit: Während die EU-Kommission das Arbeitsprogramm Europols an den EU-Prioritäten (also u.a. der Agenda) ausrichten will, wollen die Bundesregierung und ihre Bündnispartner Europol weiterhin vor allem auf die Unterstützung der Mitgliedstaaten ausrichten. Gerade der Bundesregierung dürfte klar sein, wohin die Entwicklung unweigerlich führt. Schließlich hat auch das deutsche Bundeskriminalamt mal als Zentralstelle zur Unterstützung der Landespolizeien angefangen – und hat mittlerweile Befugnisse im Bereich der Gefahrenabwehr, eine klassische Länderaufgabe.
Freiheit und Recht – wie immer im Anhang
An der Debatte um Europol zeigt sich auch, welchen Platz Demokratie und Wahrung von Grund- und Freiheitsrechten in diesem Europa der Sicherheit zugewiesen bekommen: allerhöchstens einen nachgeordneten. Nach dem Vorschlag der Kommission soll Europol sein mehrjähriges strategisches Arbeitsprogramm dem EU-Parlament vorlegen, im Rahmen von Anhörungen können die Abgeordneten dann unverbindliche Vorschläge abgeben. EU- und nationale Parlamente sollen mit Berichten über die laufende Arbeit informiert werden. Forderungen des Europaparlaments, einen interparlamentarischen Ausschuss als dauerhaftes Kontrollgremium zu schaffen, haben hingegen keine Chance.[8] Wie auch immer ein solches Kontrollgremium aussehen könnte – es wäre wohl der einzige Hebel, um wenigstens etwas Licht ins Dunkel der EU-weiten polizeilichen Kooperation zu bringen. Denn gleichzeitig wird die gegenseitige Anerkennung von Haftbefehlen, Beschlagnahme- und Ermittlungsanordnungen[9] vorangetriebenen. Ein EU-Staat muss demnach in einem anderen EU-Staat erlassene Ermittlungsanordnungen durchführen, beispielsweise die Entnahme von DNA-Proben. Aufwändige Rechtshilfeersuchen sollen damit überflüssig werden. Zugleich wird jedoch die richterliche und die politisch-ministerielle Kontrolle über solche grenzüberschreitenden Grundrechtseingriffe immer weiter zurückgedrängt oder zum bloßen Annex der Ermittlungstätigkeit. Für EU-TechnokratInnen, denen es ganz im Sinne des „new public management“ in erster Linie um Effizienz geht, eine traumhafte Vorstellung – für die VerteidigerInnen von Grund- und Freiheitsrechten ein Alptraum.