von Heiner Busch
In den vergangenen zwei Jahrzehnten war das Strafverfahrensrecht einer Serie von Veränderungen unterworfen, die vor allem der Polizei einen Machtzuwachs im Ermittlungsverfahren brachten. Die Strafprozessordnung, die einst als Magna Charta der Beschuldigtenrechte galt, wurde ins Recht der Inneren Sicherheit eingemeindet.
Wer die ersten Seiten des Kommentars von Meyer-Goßner zur Strafprozessordnung (StPO) aufschlägt, wird sich die Augen reiben.[1] Hier findet man eine Übersichtstabelle über die Änderungen der StPO seit ihrer Einführung 1877: Von den insgesamt 149 Änderungsgesetzen fallen 120 in die Geschichte der Bundesrepublik. Von denen wiederum wurden 91 seit der Strafprozessreform von 1974 und 74 seit dem Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts von Dezember 1983 verabschiedet.
Welp konstatierte schon 1994, die StPO habe mittlerweile nur noch die Stabilität einer „Ausführungsverordnung zum Einkommenssteuergesetz“.[2] Dass ein Gesetzeswerk wie dieses in relativ kurzer Zeit so oft geändert wurde, ist eines. Etwas anderes ist, dass es sich bei den Veränderungen keineswegs nur um irgendwelche Detailanpassungen gehandelt hat, sondern zum Teil um tiefe Einschnitte. Verpolizeilichung des Strafverfahrens – Eine Gesetzgebungsbilanz weiterlesen →
von Karin Gasser
Die Schweizerische Bundeshauptstadt Bern ist bekannt für ihr mittelalterliches Stadtbild und die grüne Aare, die sich um die Altstadt windet. In dieser scheinbar so friedlichen Stadt nehmen Themen wie Sauberkeit, Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum seit einigen Jahren eine zentrale Position in der stadtpolitischen Diskussion ein.
Die Polizei hat maßgeblich dazu beigetragen, dass sich dieser Sicherheitsdiskurs unabhängig von realen Bedrohungen verselbständigt und verstärkt hat. Seit fünf Jahren praktiziert sie regelmäßig Wegweisungen aus bestimmten Zonen der Innenstadt und bringt sich damit im ganzen Land in die Schlagzeilen – und verletzt Grundrechte. Wegweisungsverfügung heißt das Zaubermittel, das ihr zur Verfügung steht, seitdem der Kanton Bern 1998 sein neues Polizeigesetz in Kraft setzte. Diese polizeiliche Praxis hat in der Schweiz Pilotcharakter – Nachahmungen anderer Städte sind absehbar, denn die Praxis genießt eine breite politische Unterstützung. Wie ist eine solch neue Strategie in einem gesamtgesellschaftlichen Kontext zu verstehen? Worauf zielt sie im Grunde genommen ab und wie ist sie entstanden? Polizei betreibt City-Pflege – Polizeiliche Aufenthaltsverbote in der Stadt Bern weiterlesen →
von Katharina Kümpel*
Nach einer nicht enden wollenden Kette von Skandalen steht die niedersächsische Polizei unter starkem Legitimationsdruck. Erfolge an der „Drogenfront“ sollen offensichtlich dazu dienen, ihr angeschlagenes Image wieder aufzubessern. Zugleich hat der „Krieg gegen die Drogen“ und die mit dem Drogenhandel verbundene „organisierte Kriminalität“ bundesweit die Funktion zugeschrieben bekommen, die Forderung nach weiteren personellen Ressourcen und neuen Eingriffsbefugnissen der Polizei publikumswirksam zu begründen. Zu erinnern ist etwa an den jüngst vom Bundeskanzler angekündigten „Nationalen Rauschgiftbekämpfungsplan“ (Tsp, 23.10.89). Diese Gemengelage an Interessen zeigt sich exemplarisch am „Drogenkrieg“ in Hannover, der im Ergebnis nur einen Effekt zeitigte: die Verschärfung einer ausländerfeindlichen Politik. „Drogenkrieg“ in Hannover – Eine Inszenierung für dritte Ziele ? weiterlesen →
Seit 1978 Berichte, Analysen, Nachrichten zu den Themen Polizei, Geheimdienste, Politik „Innerer Sicherheit“ und BürgerInnenrechte.