von Alfred Becker
Die technische Entwicklung macht neue Formen der Überwachung und der heimlichen Datenbeschaffung möglich. Deren Einsatz richtet sich weniger nach den Vorstellungen eines aktiv gewordenen Gesetzgebers als vielmehr nach den „Wünschen der Praxis“. Die dadurch geschaffenen Fakten legalisiert der Gesetzgeber regelmäßig dadurch, dass er nachträglich Eingriffsbefugnisse schafft.
Der so genannte IMSI-Catcher erlaubt es, die Kenn-, Anschluss- und SIM-Kartennummern aller Mobiltelefone in seiner Umgebung festzustellen. Das Gerät simuliert eine Funkzelle, so dass alle im Umkreis befindlichen Handys sich bei dieser einbuchen. Der Einsatz dieses Apparates betrifft infolgedessen nicht nur eine oder mehrere Zielpersonen, sondern regelmäßig zahlreiche Dritte. Nach der Herstellung bzw. Markteinführung der Geräte ist nur wenig Zeit vergangen, bis die Polizei spätestens seit der zweiten Hälfte der 90er Jahre die Technik im Rahmen der Strafverfolgung zu nutzen begann. Eine gesetzliche Grundlage dafür gab es zunächst nicht. Zwar gingen Teile der Exekutive davon aus, dass der Einsatz bereits durch die (damals bestehenden) Normen zur Telekommunikationsüberwachung – die Paragraphen 100a und folgende der Strafprozessordnung (StPO) – gedeckt waren. Dies wurde jedoch von vielen Seiten bestritten, und selbst die Bundesregierung hielt es im September 2001 in ihrer Antwort auf eine Anfrage der FDP für notwendig, die Sache zu klären und eine eigenständige Rechtsgrundlage zu schaffen.[1] Angesichts des wachsenden Drucks und da die Polizei auf ihre neue Ermittlungsmöglichkeit nicht mehr verzichten wollte, nahm der Bundestag ein Jahr später mit dem § 100i eine eigene Rechtsgrundlage für den IMSI-Catcher in die Strafprozessordnung auf.[2] Neue Technik, altes Recht – Zum Doppelpassspiel von Exekutive und Gesetzgeber weiterlesen