Chronologie

zusammengestellt von Norbert Pütter

November 1994

01.11.: Das neue Bundesgrenzschutzgesetz tritt in Kraft. U.a. wird die Zuständigkeit des BGS auf einen 30 Kilometer breiten Grenzstreifen aus-gedehnt, und er wird ermächtigt, Personen in „Unterbindungsgewahrsam“ zu nehmen.
Die Landesregierung in Hannover beschließt den Entwurf einer Änderung des niedersächsischen Verfassungsschutzgesetzes, demzufolge der Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel bei allen gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung gerichteten Bestrebungen gestattet wird.
02.11.: Vor dem Berliner Landgericht beginnt der Prozeß gegen den früheren DDR-Unterhändler Wolfgang Vogel. Ihm werden Erpressung, Untreue und Meineid im Zusammenhang mit der Ausreise von DDR-BürgerInnen vorgeworfen.
03.11.: Innenminister Manfred Kanther (CDU) und sein tschechischer Amtskollege Jan Ruml unterzeichnen ein Rückübernahmeabkommen, mit dem sich die Tschechische Republik verpflichtet, von ihrem Territorium illegal nach Deutschland eingereiste Personen zurückzunehmen.
05.11.: In einem Großeinsatz mit rund 100 Polizisten verhindert die ba-den-württembergische Polizei die Gründung der Neonazigruppe ‚Stuttgarter Kameradschaft‘. 197 Personen werden kurzfristig festgenommen; zwei Personen werden dem Haftrichter vorgeführt.
08.11.: Auf Anordnung der Bundesanwaltschaft werden in Köln Wohnung und Büro des Journalisten Michael Opperskalski durchsucht. Dem Mitbegründer der Zeitschrift ‚Geheim‘ wird nachrichtendienstliche Tätigkeit für die DDR vorgeworfen.
09.11.: Gegen die Frankfurterin Monika Haas erläßt der Bundesge-richtshof einen erneuten Haftbefehl wegen ihrer mutmaßlichen Beteiligung an der Entführung der Lufthansa-Maschine ‚Landshut‘ im Jahre 1977.
10.11.: Bundesinnenminister Manfred Kanther erläßt ein Verbot der neonazistischen ‚Wiking-Jugend‘.
13.11.: Rund 1.000 Polizisten setzen im brandenburgischen Halbe das Verbot einer Kundgebung von Rechtsextremisten anläßlich des Volkstrauertages durch.
Der ’20. Richterratschlag‘ fordert auf seinem Treffen in Damp die Entkri-minalisierung von Haschisch.
15.11.: Vor dem Oberlandesgericht Frankfurt/M. beginnt der Prozeß gegen Birgit Hogefeld wegen Mitgliedschaft in der RAF, vierfachen Mordes und zehnfachen Mordversuchs.
Im Prozeß um den Mordfall Kaindl verurteilt das Berliner Landgericht fünf Angeklagte zu Haft- und Bewährungsstrafen wegen gemeinschaftlicher Kör-perverletzung mit Todesfolge. Der Vorsitzende der ‚Deutschen Liga für Volk und Heimat‘ war 1992 in einer Berliner Gaststätte erstochen worden.
Bei Kundgebungen von Kurden vor den britischen Konsulaten in Hamburg und Stuttgart werden mehrere Polizisten verletzt und 28 Demonstranten fest-genommen. Am 26.11. kommt es in mehreren Städten zu Straßenblockaden und Kundgebungen gegen das Verbot der PKK. In Kassel und Darmstadt werden bei Auseinandersetzungen zehn Menschen verletzt; 50 Personen werden festgenommen.
17.11.: Der frühere DDR-Spion Rainer Rupp (Deckname Topas) wird vom Düsseldorfer Oberlandesgericht wegen schweren Landesverrats zu zwölf Jahren Haft verurteilt.
18.11.: Vor dem Amtsgericht Berlin-Tiergarten beginnt der erste Prozeß gegen zwei Berliner Polizisten, denen vorgeworfen wird, einen vietnamesischen Zigarettenverkäufer mißhandelt zu haben. Aus Mangel an Beweisen werden die Beamten am 07.12. freigesprochen.
21.11.: Vom Amtsgericht Kiel wird ein Polizist verurteilt, der 1993 einen Asylbewerber grundlos geprügelt und ihm die Dienstwaffe an den Kopf gesetzt hatte. Er erhält eine 20monatige Bewährungsstrafe.
24.11.: Vor dem Oberlandesgericht Schleswig gestehen am ersten Pro-zeßtag zwei der Angeklagten ihre Beteiligung an dem Brandanschlag auf die Lübecker Synagoge vom März 1994. Am 01.12. gesteht ein dritter Angeklagter seine Beteiligung.
Die Mannheimer Richter Orlet und Müller, die das skandalöse Urteil gegen den NPD-Vorsitzenden Deckert fällten, bleiben nach einem Beschluß des Präsidiums des Landgerichts Mannheim in ihren Ämtern.
Laut einer Richtlinie der niedersächsischen Justizministerin Heidi Alm-Merk wird der Besitz von bis zu 6 Gramm Haschisch straffrei. Bei bis zu 15 Gramm Haschisch oder 1 Gramm Kokain oder Heroin kann die Staatsanwaltschaft von der Strafverfolgung absehen. Am 28.12. kündigt die rheinland-pfälzische Landesregierung eine Bundesratsinitiative an, derzufolge Besitz und Erwerb von bis zu 20 Gramm Haschisch nicht mehr als Straftat, sondern als Ordnungswidrigkeit eingestuft werden sollen.
25.11.: Die Innenministerkonferenz einigt sich nicht auf die Verlänge-rung des Abschiebestopps für Flüchtlinge aus Ex-Jugoslawien und für Kurden aus der Türkei. Am 12.12. verlängert die Bundesregierung den Abschiebestopp für Kurden bis zum 20.01.1995. Am 12.01.1995 wird der Abschiebestopp bis zum 28.02. und am 23.02. bis Mitte März verlängert. Trotz des Stopps wird am 27.12. in Bayern ein Kurde abgeschoben, der an den Ausschreitungen im Frühjahr 1994 in Augsburg beteiligt war.
28.11.: Der Chef des Landeskriminalamtes von Mecklenburg-Vorpom-mern, Siegried Kordus, wird vom Dienst suspendiert. Gegen ihn wird ein Disziplinarverfahren wegen seiner Kontakte zum Rostocker Rotlichtmilieu eingeleitet. Anfang Dezember wird bekannt, daß ein Verfahren gegen einen Beamten der Rostocker Kriminalpolizei eingeleitet wurde, dem vorgeworfen wird, der örtlichen Szene Fahndungsaktionen und Razzien der Polizei verraten zu haben. Am 06.12. wird der Innen-Staatssekretär Klaus Baltzer in den einstweiligen Ruhestand versetzt, weil er Informationen über Kordus‘ Rot-lichtkontakte nicht an den Minister weitergegeben hatte. Mitte Dezember be-nennt Innenminister Rudi Geil (CDU) eine Arbeitsgruppe zur Prüfung von Amtsdelikten innerhalb der Polizei.
29.11.: Das Hanseatische Oberlandesgericht in Hamburg verurteilt den früheren CDU-Politiker Gerd Löffler wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit für die DDR zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten.

Dezember 1994

01.12.: Das ‚Verbrechensbekämpfungsgesetz‘ tritt in Kraft. U.a. wird der Bundesnachrichtendienst (BND) ermächtigt, im Rahmen der strategischen Telefonüberwachung gezielt Erkenntnisse über Straftaten zu gewinnen und an die Strafverfolgungsbehörden weiterzugeben; die Kronzeugenregelung wird auf Bereiche der organisierten Kriminalität ausgedehnt; ein beschleunigtes Strafverfahren wird eingeführt und die Verhaftung Verdächtiger bei Wieder-holungsgefahr wird erleichtert. Am 26.01.1995 beziffert der Hamburger Da-tenschutzbeauftragte Hans-Hermann Schrader die vom BND auf der Grundlage des neuen Gesetzes abgehörten Gespräche mit jährlich ca. 1,5 Mio. Auslandstelefonaten.
Die frühere RAF-Terroristin Irmgard Möller wird nach mehr als 22 Jahren Haft auf Bewährung entlassen.
Das Berliner Landesamt für Verfassungsschutz wird nach einem Beschluß des Abgeordnetenhauses der Zuständigkeit des Innensenators entzogen und dem Regierenden Bürgermeister unterstellt.
Wegen der drohenden Räumung einer Bauwagensiedlung kommt es in Hamburg zu gewaltsamen Auseinandersetzungen mit der Polizei. 22 Polizisten werden verletzt. Da niemand festgenommen wurde, prüft die Staatsanwaltschaft, ob es einen Anfangsverdacht für Strafvereitelung im Amt durch die Polizeiführung gebe.
02.12.: In Frankfurt am Main wird der erste ‚Gesundheitsraum‘ in Deutschland geöffnet, der Abhängigen die Drogeneinnahme unter erträglichen Bedingungen ermöglichen soll.
06.12.: Der Essener Polizeipräsident verbietet die für den 9.12. ge-plante Demonstrationen gegen den EU-Gipfel. Der Rechtsstreit geht bis zum Bundesverfassungsgericht, das schließlich das Verbot bestätigt. 918 Personen, die sich trotzdem zur Demonstration einfinden, werden von der Polizei ein-gekesselt und vorläufig festgenommen. Die Polizei betreibt Bußgeldverfahren gegen 779 Festgenommene; gegen weitere 31 Personen werden Strafver-fahren eingeleitet.
09.12.: Nach der Entscheidung eines norwegischen Gerichts wird die frühere palästinensische Luftpiratin Soraya Ansari nicht nach Deutschland ausgeliefert. Die Bundesanwaltschaft betreibt die Auslieferung weiter.
Die Staatsanwaltschaft Hannover erhebt Anklage gegen einen Polizisten wegen fahrlässiger Tötung. Der Polizist hatte im Mai einen 16jährigen Kurden erschossen.
Das Verwaltungsgericht Weimar stellt die Rechtswidrigkeit des Demonstra-tionsverbotes gegen den chinesischen Ministerpräsidenten Li Peng vom Juli 1994 fest.
14.12.: Wegen des Verdachts der Bestechlichkeit bzw. Vorteilsnahme wird in Schwerin ein leitender Polizeibeamter verhaftet. Dem Mann wird vorgeworfen, Schmiergelder von Lieferanten für Schutzkleidung angenommen zu haben. In einer bundesweit koordinierten Aktion finden wegen desselben Verdachts auch Durchsuchungen in Nordrhein-Westfalen statt. In Kor-ruptionsverdacht geraten auch Polizeibeamte aus Hamburg, Berlin, Baden-Württemberg und Niedersachsen.
15.12.: Der Bayerische Landtag verabschiedet eine Novellierung des Polizeiaufgabengesetzes, durch die u.a. verdachtsunabhängige Personen-kontrollen legalisiert werden.
17.12.: In Wuppertal wird ein Kurde durch Schüsse in Brust und Kopf getötet. Am 9.1.95 übernimmt der Generalbundesanwalt die Ermittlungen wegen Mordes und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. Bei dem Mord habe es sich um eine „Bestrafungsaktion“ der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) gehandelt.
27.12.: Nach Angaben der Berliner Justizsenatorin Lore Maria Peschel-Gutzeit (SPD) leitete die Berliner Staatsanwaltschaft 1993 und 1994 insgesamt 104 Ermittlungsverfahren gegen Polizisten ein, denen Übergriffe gegen Ausländer vorgeworfen wurden. 33 Verfahren wurden eingestellt; nur in drei Fällen kam es bisher zur Anklage.

Januar 1995

01.01.: In der Silvesternacht kommt es in mehreren Orten Brandenburgs zu massiven Auseinandersetzungen zwischen Jugendlichen und der Polizei. 33 Personen werden festgenommen.
06.01.: Nach der Jahresbilanz des Bundesinnenministeriums wurden 1994 insgesamt 127.210 Asylanträge gestellt. Im Vorjahr waren noch 322.599 Anträge gezählt worden.
09.01.: Nach Presseberichten sind in Brandenburg in den Jahren 1990 und 1991 insgesamt 212 hauptamtliche Stasi-Mitarbeiter in den Polizeidienst übernommen worden.
10.01.: Von Beamten des Hessischen Landeskriminalamtes werden mehrere Büros des Bundeskriminalamtes durchsucht, ebenso die Wohnungen von drei BKA-Beamten, die in der Abteilung Terrorismus arbeiten. Die Beamten werden verdächtigt, interne Informationen über den Polizeieinsatz in Bad Kleinen an die Presse weitergegeben zu haben.
11.01.: Das Bundeskabinett stimmt einem Abkommen mit Vietnam zu, in dem sich das Land bereit erklärt, seine BürgerInnen aufzunehmen, die aus Deutschland abgeschoben werden sollen. Nach Angaben der Bundesregierung werden davon rund 40.000 Personen betroffen sein. Im Gegenzug wird die Entwicklungshilfe für Vietnam wieder aufgenommen. Am 20.2. scheitern die weiteren Gespräche, weil die vietnamesische Regierung die zugesagte Ent-wicklungshilfe nicht entsprechend den deutschen Auflagen ausgeben will.
13.01.: Auf Einladung der Lübecker Staatsanwaltschaft treffen sich Ver-treter des Bundesamtes für Verfassungsschutz, des Bundesnachrichtendien-stes, des Bundeskriminalamtes und der Gauck-Behörde, um die jeweils vorliegenden Informationen zum Tod des früheren schleswig-holsteinischen Mi-nisterpräsidenten Uwe Barschel zusammenzutragen. Über die Ergebnisse des Treffens wird nichts bekannt. Am 23.02. läßt die Lübecker Staatsanwaltschaft die Berliner Gauck-Behörde nach angeblich zurückgehaltenen Beweismitteln durchsuchen. Die Durchsuchung bleibt ohne Erfolg. Gegen die Aktion legt die Gauck-Behörde Beschwerde ein.
17.01.: Der schleswig-holsteinische Innenminister Hans-Peter Bull tritt zurück. Am 25.1. wird der bisherige Staatssekretär Ekkehard Wienholtz als neuer Innenminister vereidigt.
Der Berliner Datenschutzbeauftragte Hansjürgen Garstka wird für weitere fünf Jahre in seinem Amt bestätigt.
22.01.: In Wolfsburg explodiert eine Bombe vor dem Haus des ehemaligen CDU-Bundestagsabgeordneten und parlamentarischen Staatssekretärs Volkmar Köhler. Ein am Tatort gefundenes Bekennerschreiben nennt Köhlers Mitverantwortung für die Verelendung in der ‚Dritten Welt‘ als Grund für den Anschlag.
26.01.: Der Bundestag wählt mit Manfred Such zum ersten Mal einen Politiker der Grünen in die Parlamentarische Kontrollkommission (PKK), die die Geheimdienste des Bundes kontrollieren soll.
31.01.: Der Polizist Roland Schlosser, der einen Asylbewerber aus dem Polizeigewahrsam entlassen und privat untergebracht hatte, wird vom Land-gericht Landau wegen „vollendeter Gefangenenbefreiung“ verwarnt. Das Amtsgericht hatte ihn in erster Instanz zu einer Strafe von 2.000 DM verur-teilt.

Februar 1995

01.02.: Mit zwei Anschlägen werden der Frankfurter Flughafen und einige umliegende Gemeinden vom Telefonnetz abgeschnitten. Die Gruppe ‚Keine Verbindung e.V.‘ will damit gegen Abschiebungen protestieren.
02.02.: Nach intensiver Fahndung gelingt es der Würzburger Polizei, den Dieb einer Gummipuppe der Marke ‚Privat-Callgirl‘ auf der Autobahn A3 zu fassen. Die Puppe konnte unversehrt an die bestohlene ‚In-timboutique‘ zurückgegeben werden.
Der Berliner Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen kündigt die „nach-richtendienstliche Überwachung linksextremistischer Gruppen“ in der Berliner PDS an.
Nach Presseberichten wurden 1994 in Deutschland rund 3.100 fremdenfeindliche Straftaten registriert. 1993 waren 6.721 Delikte gezählt worden.
04.02.: Als Reaktion auf mehrere Korruptionsfälle in der Berliner Verwaltung kündigt Innensenator Dieter Heckelmann die Bildung einer Ar-beitsgruppe ‚Innenrevision, Stichprobenkontrollen‘ an.
06.02.: Der Leiter des Landesamtes für Verfassungsschutz Mecklenburg-Vorpommerns, Volkmar Seidel, wird in den Ruhestand versetzt; diszi-plinarrechtliche Vorermittlungen werden eingeleitet. Die Staatsanwaltschaft teilt mit, daß gegen Seidel wegen Vorteilsannahme ermittelt wird.
07.02.: Das Bundeskabinett beschließt den Entwurf eines neuen Bun-deskriminalamtgesetzes.
08.02.: Das Polizeipräsidium Berlin und das Grenzschutzpräsidium Ost des Bundesgrenzschutzes bilden eine gemeinsame Ermittlungsgruppe gegen Schlepper und Schleuser.
09.02.: Der Immunitätsausschuß des Bundestages gibt die erforderliche Zustimmung, den Vorsitzenden der PDS-Gruppe im Bundestag, Gregor Gy-si, erneut wegen möglicher Mitarbeit für die Stasi zu überprüfen.
10.2.: Bayerns Innenminister Günther Beckstein kündigt an, daß der Modellversuch ‚Sicherheitswacht‘ auf weitere Städte ausgedehnt werden soll.
13.02.: Aus Protest gegen den Ausstieg seiner Partei aus der Koalition tritt der Bremer Innensenator Friedrich van Nispen aus der FDP aus.
14.02.: Der Schriftsteller und ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Dieter Lattmann ist von der Bundesanwaltschaft wegen des Verdachts der Tätigkeit für die Stasi vernommen worden. Lattmann weist den Verdacht zurück.
15.02.: Die WAA-Gegnerin Luise Nomayo wird verhaftet und in die Justizvollzugsanstalt nach Regensburg gebracht. Im Unterschied zu den Vorinstanzen hatte der Bundesgerichtshof auf der Bestrafung eines „Wider-standsfrühstücks“ am 5.10.87 als vollendete Nötigung bestanden. Nomayo hatte mehrere Haftantrittstermine verstreichen lassen.
Es wird bekannt, daß 1994 erstmals weniger Anordnungen zur Telefonüberwachung erlassen wurden als im Vorjahr. Mit 3.730 Anordnungen ging die Zahl im Vergleich zu 1993 um fast 250 zurück.
In einer Klausurtagung lehnt die Landesregierung Brandenburgs eine von In-nenminister Alwin Ziel (SPD) geforderte Verschärfung des Brandenburgischen Polizeigesetzes ab. U.a. werden erweiterte Abhörbefugnisse und die Regelung des „finalen Rettungsschusses“ gestrichen; aufgenommen werden soll hingegen die Einführung eines maximal viertägigen Unterbringungsgewahrsams und die Zusammenarbeit mit V-Personen. Am 22.02. verabschiedet der brandenburgische Landtag eine Novelle zum Polizeigesetz, durch die die Zuständigkeit des Landeskriminalamts ausgeweitet wird. Das LKA ist künftig generell zuständig für Ermittlungen in Fällen überregional organisierter Kriminalität, bei Landes-, Friedens- und Hochverrat sowie bei Ermittlungen nach  129a StGB.
16.02.: Die Hamburger Bürgerschaft entscheidet, daß die besetzten Häu-ser in der Hafenstraße nicht geräumt, sondern an einen privaten Investor verkauft werden.
17.02.: Die Heidelberger Polizei nimmt den NPD-Vorsitzenden Günther Deckert in Gewahrsam, weil er angekündigt hatte, eine Veranstaltung des Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Ignaz Bubis, besuchen zu wollen. Da Deckerts Ankündigung beleidigende und volksverhetzende Aussagen aufwies und zudem mit erheblichen Störungen der Veranstaltung zu rechnen sei, bleibt der NPD-Vorsitzende bis zum Ende der Veranstaltung unter Polizeiaufsicht.
18.02.: Die Polizei löst im sächsischen Hoyerswerda eine nicht ge-nehmigte Demonstration von 60 rechtsradikalen Jugendlichen auf. 35 Personen werden vorläufig festgenommen.
19.02.: Die Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts Jutta Limbach kritisiert die Änderungen des Asylrechts als „mit heißer Nadel genäht“ und kündigt eine Verfassungsgerichtsentscheidung zum Asylrecht im Verlauf des Jahres an.
20.02.: Die Generalstaatsanwaltschaft in Celle erhebt Anklage gegen 17 Mitglieder der Göttinger Autonomengruppe ‚Antifa M‘ wegen Mitglied-schaft in einer kriminellen Vereinigung, Verstöße gegen das Versammlungsgesetz und Landfriedensbruch. Die Beschuldigungen beziehen sich auf die von der Gruppe organisierten Demonstrationen gegen Rechtsextremismus.
21.02.: Nach Angaben der Bundesregierung ist die Zahl der Rausch-gifttoten in der Bundesrepublik 1994 im Vergleich zum Vorjahr um 6,6 Prozent gesunken. 1.624 Menschen starben an ihrer Sucht.
Aus gesundheitlichen Gründen wird die frühere RAF-Terroristin Christine Kuby nach 17 Jahren aus der Haft entlassen.
22.02.: Die hessische Polizei stellt ab sofort BürgerInnen der Euro-päischen Union zu den gleichen Bedingungen wie Deutsche ein.
23.02.: Es wird bekannt, daß die Telekom Anrufumleitungen und -wei-terleitungen für Telefonanschlüsse nicht mehr verkauft. Bundeskriminalamt und Geheimdienste hatten interveniert, da die umgeleiteten Gespräche abhörsicher seien und deshalb vermehrt von Straftätern benutzt würden.
24.02.: Bundesinnenminister Manfred Kanther verbietet die Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei (FAP). Der Hamburger Innensenator Hartmuth Wrocklage (SPD) verbietet die Nationale Liste (NL). Bundesweit geht die Polizei um 6.00 Uhr morgens mit Durchsuchungen gegen FAP-Mitglieder vor.
Der Bundesgrenzschutz „begleitet“ bis auf weiteres keine algerischen Flüchtlinge mehr. bei der Abschiebung. Nach einer Flugplanänderung müßten die Beamten in Algerien übernachten, was ihnen aus Sicherheitsgründen nicht zugemutet werden könne.
Ein Polizist schießt aus Eifersucht mit seiner Dienstwaffe auf die Besucher einer Diskothek in Braunschweig. Drei Menschen werden verletzt.
25.02.: Die Nürnberger Polizei nimmt 60 Neonazis fest, die in einem Lokal rechtsradikale Parolen gerufen und randaliert hatten.
In Berlin, Köln und Bremen werden Brandanschläge auf türkische Reisebüros verübt. In an den Tatorten gefundenen Schreiben wird zum Boykott von Urlaubsreisen in die Türkei aufgerufen.
27.02.: Einer der Anführer des Elbterrassen-Überfalls vom Mai 1992 wird vom Magdeburger Landgericht zu vier Jahren Haft wegen schwerem Landfriedensbruch und gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Das erste Urteil, das auf sechs Jahre Haft wegen versuchten Totschlags gelautet hatte, war vom Bundesgerichtshof aufgehoben worden.
Das Bundesverfassungsgericht nimmt die Verfassungsbeschwerde des ehemaligen Stasi-Chefs Erich Mielke nicht zur Entscheidung an. Mielkes Beschwerde richtete sich gegen einen Beschluß des Bundesgerichtshofs, der ihm Verhandlungsfähigkeit attestiert hatte. Mielke bleibt weiter in Haft.