Chronologie

von Andrea Böhm

November 2000

02.11.: Schlag gegen Drogenschmuggler: Bei der Kontrolle eines albanischen Lastzuges auf der Autobahn Salzburg-München stellen Beamte der Mobilen Kontrollgruppe des Hauptzollamtes Bad Reichenhall 411 Kilogramm Haschisch und Marihuana im Großhandelswert von mehr als zwei Millionen DM sicher. Am deutsch-tschechischen Grenzübergang im bayerischen Waidhaus finden Zollfahnder in einem Ford-Transit 87 Kilogramm Heroin.

03.11.: Kein Prozess gegen „feige Polizisten“: Das Amtsgericht (AG) Tiergarten (Berlin) lehnt in einem Beschluss die Eröffnung eines Hauptsacheverfahrens gegen sechs Berliner Polizisten ab. Die Beamten hatten im Juni 1998 vor einem Lokal verharrt und nicht eingegriffen, als die Wirtin von zwei Räubern zur Invalidin geschlagen wurde.

07.11.: Polizeibeamte wegen Misshandlungen verurteilt: Das AG Landau (Rheinland-Pfalz) verhängt gegen vier Bundesgrenzschutz (BGS)-Beamte Bewährungsstrafen zwischen sechs und 15 Monaten sowie Geldstrafen. Es sieht es als erwiesen an, dass die Angeklagten bei einem Einsatz vor zwei Jahren einen togolesischen Asylsuchenden geschlagen und gestoßen hatten.

13.11.: Urteil im „Hetzjagd-Prozess“: Das Cottbuser Landgericht (LG) verurteilt neun Rechtsextreme, die den algerischen Asylsuchenden Farid Guendoul am 13.2.1999 in Guben zu Tode gehetzt hatten, zu Jugendstrafen bis zu drei Jahren. Sechs Haftstrafen werden auf Bewährung ausgesetzt. Zwei weitere Angeklagte werden nur verwarnt.

15.11.: Haftstrafe gegen „Kalif von Köln“: Wegen Aufforderung zum Mord an einem Rivalen verurteilt das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf den türkischen Islamisten Metin Kaplan (alias „Kalif von Köln“) zu vier Jahren Gefängnis.

20.11.: Prozessserie gegen AKW-Gegner begonnen: Begleitet von Protesten wird vor dem AG Dannenberg das erste von 30 Verfahren gegen Atomkraftgegner eröffnet. Ihnen wird Hausfriedensbruch, Nötigung und Körperverletzung zur Last gelegt. Sie waren an der zweitägigen Besetzung des Informationshauses der deutschen Atomindustrie in Gorleben im Juni 1998 beteiligt.

21.11.: Prozessauftakt gegen mutmaßliches RAF-Mitglied: Vor dem OLG Stuttgart beginnt die Verhandlung gegen die im September 1999 in Wien festgenommene Andrea Klump. Die Bundesanwaltschaft wirft ihr versuchten Mord und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vor.

22.11.: Rücktritt des saarländischen Innenministers: Der CDU-Politiker Klaus Meiser soll in die „Caritas-Affäre“ um die Scheinfinanzierung des FC Saarbrücken verwickelt sein, die schon dem SPD-Politiker Reinhard Klimmt das Amt des Bundesverkehrsministers kostete.

23.11.: Mordanschuldigungen publik gemacht: Nach einem Bericht der Bild-Zeitung nimmt die Polizei drei zunächst der rechtsextremistischen Szene zugerechneten Jugendlichen unter Mordverdacht fest. Sie werden beschuldigt, im Juni 1997 in einem Freibad im sächsischen Sebnitz einen sechsjährigen Jungen eines deutsch-irakischen Ehepaares gefoltert und ertränkt zu haben. Am 27.11. werden sie wieder freigelassen, die Hauptbelastungszeugen hatten sich als unglaubwürdig erwiesen. Am 25.1.2001 gibt die Staatsanwaltschaft Dresden bekannt, dass auch das dritte gerichtsmedizinische Gutachten Gewalteinwirkung mit größtmöglicher Sicherheit ausgeschlossen hatte.

24.11.: Fenstersprung eines kurdischen Asylbewerbers: Als uniformierte Polizeibeamte mit gezogenen Pistolen eine Berliner Beratungsstelle für Folteropfer stürmen, springt ein 17-jähriger Kurde aus Angst vor der Abschiebung aus dem Fenster und verletzt sich lebensgefährlich. Ein Ermittlungsverfahren wird eingeleitet – allerdings nicht gegen die Polizisten, sondern gegen den Therapeuten und seine Sekretärin wegen unterlassener Hilfeleistung und Widerstandes gegen die Staatsgewalt.

25.11.: Übergriff bei NPD-Gegendemonstration: Bei einer Demonstration mit insgesamt 3.000 TeilnehmerInnen gegen den Aufmarsch von 1.400 NPD-AnhängerInnen in Berlin schlägt ein Polizist einem japanischen Fernsehjournalisten mit der Faust ins Gesicht. Das Opfer erleidet einen Jochbeinriss. Der SFB strahlt am 1.12. ein Amateurvideo aus, das den Übergriff dokumentiert. Am 6.12. wird der Tatverdächtige identifiziert.

27.11.: Polizeiliche Zusammenarbeit vereinbart: Der hessische Innenminister Volker Bouffier und sein Thüringer Kollege Christian Köckert unterzeichnen eine „Sicherheitskooperation“ der beiden Länderpolizeien zur Bekämpfung schwerer und organisierter Kriminalität.
Mehr Telefonüberwachung: Laut Bundesjustizministerium (BMJ) hörten die Strafverfolgungsbehörden 1999 in 3.034 Verfahren mit 12.651 Einzelanordnungen den Telefon- und Faxverkehr von 6.443 Personen ab.

28.11.: Bewährungsstrafe wegen Reizgas-Angriff: Das AG Frankfurt (Main) verurteilt einen BGS-Beamten, der in der Asyl-Unterkunft am Frankfurter Flughafen einen Algerier ohne jeden Grund mit Reizgas besprüht hatte, zu einer siebenmonatigen Bewährungsstrafe.
Drogentod eines Münchener Polizisten: In einer Privatwohnung wird ein 25-jähriger Polizeiobermeister tot aufgefunden. Bei der Obduktion werden Heroin- und Alkoholreste in seinem Blut nachgewiesen.

29.11.: Neuer Chef der Polizei-Gewerkschaft: Der Hamburger Kriminalhauptkommissar Konrad Freiberg wird vom Gewerkschaftsbeirat zum neuen Bundesvorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei (GdP) gewählt.

30.11.: Angebliche RZ-Mitglieder angeklagt: Der Generalbundesanwalt erhebt vor dem Berliner Kammergericht Klage gegen vier mutmaßliche Mitglieder der „Revolutionären Zellen“ (RZ). Den drei Männern und einer Frau wird die Beteiligung an Sprengstoffanschlägen und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen.

Dezember 2000

01.12.: Prostitution nicht sittenwidrig: Das Verwaltungsgericht (VG) Berlin erklärt die bisherige Rechtsprechung zur Sittenwidrigkeit von Prostitution ohne kriminelle Begleiterscheinungen für überholt und gibt einer Bordellbesitzerin Recht, die gegen den Entzug ihrer Gaststättenerlaubnis geklagt hatte.

04.12.: Falsche Wohnungen gestürmt: Nachdem vor einem Frankfurter Lokal drei Bauarbeiter erschossen werden, stürmt ein Sondereinsatzkommando der Polizei auf der Suche nach dem Todesschützen versehentlich die Wohnungen zweier Unbeteiligter. Bei der Durchsuchung richteten die Beamten erheblichen Sachschaden an.

07.12.: Anschlag auf Düsseldorfer Synagoge aufgeklärt: Generalbundesanwalt Kay Nehm gibt bekannt, dass der Brandanschlag von Anfang Oktober offensichtlich durch die gewalttätigen Auseinandersetzungen im Nahen Osten motiviert gewesen sei. Ein staatenloser Araber und ein marokkanischstämmiger Deutscher seien festgenommen worden.

08.12.: NPD-Verbotsantrag verabschiedet: Mit den Stimmen von SPD, Grünen und PDS beschließt der Bundestag als drittes Verfassungsorgan nach Bundesregierung und Bundesrat dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) einen Verbotsantrag gegen die NPD vorzulegen. Der Antrag der Bundesregierung wird am 30.1.2001 beim BVerfG eingereicht.
Weitere Verurteilung im Prozess um Konsulatsbesetzung: Im Prozess um die versuchte Besetzung des israelischen Generalkonsulates in Berlin durch kurdische Demonstranten im Februar 1999 wird ein 19-Jähriger zu gemeinnütziger Arbeit verurteilt und zudem ein Jahr unter Aufsicht eines Betreuers gestellt.

09.12.: Afrikaner von Rechtsextremisten niedergeschlagen: Ein 16-jähriger Schwarzafrikaner wird im oberbayerischen Mühldorf von zehn jugendlichen Skinheads zusammengeschlagen und schwer verletzt. Am 17.12. jagen zwei rechtsextremistische Jugendliche zwei afrikanische Asylbewerber durch die Mindener Innenstadt, nachdem sie zuvor einem der Opfer ins Gesicht geschlagen hatten.

12.12.: Völkermord-Urteil zulässig: Das BVerfG bestätigt das erste rechtskräftige Urteil eines deutschen Strafgerichts wegen Völkermordes und nimmt die Verfassungsbeschwerde eines bosnischen Serben nicht zur Entscheidung an. (Az.: 2 BvR 1290/99)
Volksverhetzung auch von Australien aus strafbar: Der Bundesgerichtshof (BGH) entscheidet, dass Volksverhetzung („Auschwitzlüge“) via Internet auch dann in Deutschland bestraft werden kann, wenn sie von einem Ausländer außerhalb von Deutschland ins Netz gestellt wurde. (Az.: 1 StR 184/00)

13.12.: Videoüberwachung in Brandenburg künftig erlaubt: Mit den Stimmen der Regierungsfraktionen SPD und CDU segnet der brandenburgische Landtag eine entsprechende Polizeigesetz-Änderung ab. Am 14.12. beschließt auch der Landtag von Baden-Württemberg, dass öffentliche Straßen und Plätze mit Videokameras überwacht werden dürfen.
Keine weiteren Ermittlungen gegen mutmaßliches RAF-Mitglied: Die Bundesanwaltschaft gibt die Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen Barbara Meyer bekannt. Der 44-jährigen konnte keine Beteiligung an Straftaten der Roten Armee Fraktion im Jahre 1985 und keine RAF-Mitgliedschaft für die Zeit nach 1986 nachgewiesen werden.

14.12.: „Genetischer Fingerabdruck“ gebilligt: Das BVerfG erklärt die Speicherung von DNA-Profilen nach dem DNA-Identitätsfeststellungsgesetz von 1998 für verfassungsgemäß. (Az.: 2 BvR 1741/99)

15.12.: Dauer der Abschiebehaft begrenzt: Das BVerfG entscheidet, dass die Abschiebehaft für ausgewiesene Ausländer in der Regel drei Monate nicht überschreiten darf und gibt der Beschwerde eines Kurden statt. (Az.: 2 BvR 347/00)

16.12.: Nazi-Gegner im Polizeikessel: Am Rande eines Neonazi-Aufmarsches in Dortmund kesselt die Polizei 573 GegendemonstrantInnen stundenlang ein und nimmt sie in Gewahrsam. Am 20.12. reicht die Fraktionsvizechefin der Grünen im Landtag Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Dortmunder Polizeipräsidenten Hans Schulze ein.

18.12.: Kronzeuge verurteilt: Das Berliner Kammergericht verurteilt den 41-jährigen Tarek Mousli wegen Anschlägen der RZ in den 80er Jahren zu zwei Jahren Haft auf Bewährung. Mousli hatte Ende 1999 umfassend gegen andere angebliche RZ-Mitglieder ausgesagt und nahm die am 30.12.1999 ausgelaufene Kronzeugenregelung in Anspruch.

20.12.: Haas-Urteil bestätigt: Das BVerfG bestätigt die fünfjährige Haftstrafe gegen die angebliche RAF-Sympathisantin Monika Haas trotz Bedenken an der Prozessführung des OLG Frankfurt. (Az.: 2 BvR 591/00)

21.12.: Polizistenmord geahndet: Das LG Wuppertal verurteilt den „Polizistenmörder von Remscheid“ zu zwölf Jahren Haft und weist ihn in die geschlossene Psychiatrie ein. Der Mann hatte im Februar eine Polizistin erstochen, nachdem er zuvor seine Ehefrau misshandelt hatte.
Geldstrafe für Farbbeutel-Werfer: Wegen seiner Farbbeutel-Attacke auf Bundesaußenminister Joschka Fischer beim Sonderparteitag der Grünen im Mai 1999 in Bielefeld muss ein 37-jähriger Mann 3.600 DM Geldstrafe zahlen. Das AG Bielefeld wertete den Angriff als gefährliche Körperverletzung im minder schweren Fall.

22.12.: Generalbundesanwalt darf gegen Rechtsextreme ermitteln: In einem Grundsatzurteil bestätigt der BGH die Zuständigkeit des Generalbundesanwalts in Verfahren gegen rechtsextremistische Gewalttäter – vorausgesetzt, der Fall habe wegen der Signalwirkung für potentielle Nachahmungstäter oder einer Beeinträchtigung des Ansehens der Bundesrepublik im Ausland eine besondere Bedeutung. (Az.: 2 StR 378/00)
Milde Strafen für rechte Schläger: Der Übergriff von Rechtsextremisten auf eine Gruppe Afrikaner in einer Straßenbahn in Cottbus im Juni 1999 wird vom LG Cottbus mit einer 17-monatigen Haft- und mehreren Bewährungsstrafen geahndet.
Redeverbot für „Kritische Polizisten“: Per einstweiliger Verfügung untersagt das LG Berlin der Bundesarbeitsgemeinschaft Kritischer PolizistInnen, Mobbing-Vorwürfe gegen die Berliner Polizei im Zusammenhang mit dem Suizid eines Polizeibeamten am 3.11. zu verbreiten.

26.12.: Rechtsextremer Angriff in Guben: Drei rechtsextreme Jugendliche greifen einen asiatisch aussehenden jungen Deutschen an und verletzen ihn durch einen Messerstich in den Rücken. Einer der Täter war bereits im sogenannten Hetzjagd-Prozess zu 200 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt worden.

28.12.: Bin Laden-Anhänger verhaftet: Wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung und Verstoßes gegen das Waffengesetz lässt die Bundesanwaltschaft vier aus Algerien, Irak und Frankreich stammende islamische Fundamentalisten festnehmen. Die Männer seien in Lagern des Terroristen Osama bin Laden für Terroranschläge trainiert worden.

Januar 2001

04.01.: Asylstatistik veröffentlicht: Im Jahr 2000 beantragten 78.564 Menschen in Deutschland Asyl, 16.549 (17,4%) weniger als 1999. Dies ist der geringste Stand seit 1987. Hauptherkunftsländer waren der Irak, die Bundesrepublik Jugoslawien, die Türkei und Afghanistan.

05.01.: Haft für Funktionär der DHKP-C: Das Hanseatische OLG in Hamburg verurteilt den Deutschland-Chef der als linksextremistisch eingestuften türkischen Organisation DHKP-C wegen Rädelsführerschaft in einer terroristischen Vereinigung zu sechseinhalb Jahren Haft.

08.01.: Zahl der Todesopfer rechter Gewalt nach oben korrigiert: Die Bundesregierung geht nunmehr von 36 (zuvor 25) Todesfällen mit rechtsextremistischem, fremdenfeindlichem oder antisemitischem Hintergrund in den vergangenen zehneinhalb Jahren aus. (S. den Beitrag von Mark Holzberger in diesem Heft.)

12.01: Skinhead-Überfall in München: Vor einem Münchener Lokal wird ein Grieche von Skinheads angegriffen und schwer verletzt. Die Polizei nimmt 18 Täter fest. Eine Sonderkommission wird gebildet.

18.01.: Misshandlungsvorwürfe gegen Grenzschützer und Ärzte: Ein Inder und ein Kameruner erklären in einer eidesstattlichen Versicherung, zwei Ärzte hätten ihnen mithilfe mehrerer BGS-Beamter gegen ihren Willen gewaltsam Medikamente verabreicht, um ihre Abschiebung zu erleichtern.

21.01.: „Übereifer“ eines LKA-Agenten bleibt straflos: Es wird bekannt, dass die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen einen Beamten des baden-württembergischen Landeskriminalamtes eingestellt hat, der als verdeckter Ermittler in der Karlsruher Neonazi-Szene aktiv war. Der Polizist hatte während seines Einsatzes eine führende Rolle bei der Ausdehnung der rechtsextremen Aktivitäten gespielt.
Entschädigung für Opfer rechter Gewalt bereitgestellt: Die von der Bundesregierung im Haushalt des BMJ eingeplante Summe von 10 Millionen DM gilt rückwirkend bis Anfang 1999.

23.01.: Zahl der Todessopfer deutscher Asylpolitik veröffentlicht: Nach Angaben der Berliner Antirassistischen Initiative sind seit 1993 durch staatliche Maßnahmen 239 Flüchtlinge ums Leben gekommen.
Verfahren gegen Gelöbnis-Gegnerinnen eingestellt: Das AG Tiergarten (Berlin) beurteilt die medienwirksame Störung des öffentlichen Soldatengelöbnisses im Juli 1999 durch mehrere nackte Frauen als „groben Unfug“, aber nicht als Straftat.

24.01.: „Hell’s Angels Düsseldorf“ aufgelöst: Nordrhein-Westfalens Innenminister Fritz Behrends verbietet den Verein „Hell’s Angels Germany Chapter Düsseldorf“. Zeitgleich finden umfangreiche polizeiliche Durchsuchungen bei Vereinsmitgliedern statt.
Observation durch Satellit erlaubt: Der BGH erklärt die Überwachung der PKWs von Beschuldigten durch das satellitengestützte Navigationssystem GPS in Ermittlungsverfahren für rechtmäßig. (Az.: 3 StR 324/00)
Filmverbot im Gerichtssaal bleibt bestehen: In einem Grundsatzurteil bestätigt das BVerfG das seit 1964 bestehende Verbot von Fernsehaufnahmen in Prozessen. (Az.: 1 BvR 2623/95, 1 BvR 622/99)
Dauerhafte Kooperation von BGS und Bremer Polizei: Bundesinnenminister (BMI) Otto Schily und der Bremer Innensenator Bernt Schulte unterzeichnen eine Vereinbarung, durch die die „Aktion Sicherheitsnetz“, eine Kooperation zwischen der Polizei Bremen und dem BGS, in eine dauerhafte „Sicherheitspartnerschaft“ überführt wird.

26.01.: Verbot rechter Aufmärsche an Gedenktagen weiter möglich: Laut Urteil des BVerfG können rechtsextremistische Demonstrationen an Gedenktagen auch in Zukunft untersagt werden, wenn dem Tag eine gesellschaftlich wichtige Symbolkraft zukomme. (Az.: 1 BvQ 8/01)

27.01.: Aktionsprogramm der Bundesregierung vorgestellt: Die Bundesregierung will zukünftig die Arbeit kleiner Initiativen gegen Rechtsextremismus mit 40 Mio. DM unterstützten. Weitere 25 Mio. DM kommen aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds hinzu. Der Schwerpunkt der Projekte liegt in Ostdeutschland.

Februar 2001

02.02.: Haftstrafe gegen Rechtsextreme wegen Mordes verhängt: Das LG Stralsund wertet die Tötung eines Obdachlosen im Juli 2000 in Ahlbeck (Usedom) als rechtsradikale Tat und verurteilt einen 19-Jährigen und zwei 16-Jährige zu zwölf, sechs bzw. drei Jahren Haft.

03.02.:  Auflösung eines Skinhead-Konzerts: In Hamburg lösen 800 PolizistInnen aus ganz Norddeutschland ein Skinhead-Konzert auf. Ein Polizist und vier Skins werden verletzt. Gegen drei Personen wird wegen Landfriedensbruchs ermittelt.

09.02: Polizist wegen tödlicher Schüsse verurteilt: Das LG Chemnitz verurteilt einen Polizeibeamten wegen fahrlässiger Tötung eines Hafturlaubers zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren. Der Polizist hatte den Mann aus Angst vor dessen Kampfhund erschossen.

15.02.: Opec-Prozess abgeschlossen: Das LG Frankfurt verurteilt Hans Joachim Klein wegen gemeinschaftlichen Mordes und Geiselnahme zu neun Jahren Haft. Der Angeklagte Rudolf Schindler wird freigesprochen. Klein, dem die Beteiligung an dem Attentat auf die Opec-Konferenz 1975 in Wien, bei dem drei Menschen starben, zur Last gelegt wurde, profitierte noch von der Kronzeugenregelung. Am 20.2. erhebt Generalbundesanwalt Kay Nehm Anklage gegen den freigesprochenen Schindler wegen Rädelsführerschaft in einer terroristischen Vereinigung und Beteiligung an einen Sprengstoffattentat.
Bosnische Flüchtlinge dürfen bleiben: Die Innenministerkonferenz (IMK) beschließt, bosnischen Flüchtlingen unter bestimmten Voraussetzungen ein dauerhaftes Bleiberecht in Deutschland einzuräumen.

19.02.: BGS-Verstärkung gegen Rechtsextremismus: In der Niederlausitz (Cottbus) unterstützt eine 80-köpfige BGS-Sondereinheit die brandenburgische Polizei bei der „Bekämpfung des Rechtsextremismus“.
Neue Dienstvorschrift: Der IMK-Vorsitzende, Sachsen-Anhalts Innenminister Manfred Püchel, verkündet, dass die Polizei bundesweit künftig auch bei scheinbar harmlosen Kontrollen ihre Hand an der Dienstwaffe halten werde. Die Eigensicherung der Beamten solle erhöht werden.

20.02.: Chancen auf Asyl für afghanische Flüchtlinge verbessert: In zwei Urteilen erkennt das Bundesverwaltungsgericht die flächendeckende Verfolgung von RegimegegnerInnen und anderen Personen durch die herrschenden Taliban als relevant für die Anerkennung als Flüchtling an. (Az.: BVerwG 9 C 20.00, 21.00)

21.02.: Verfolgung von Kriegsverbrechern gestärkt: Der BGH erweitert die Zuständigkeit deutscher Gerichte auf Körperverletzungsdelikte und Freiheitsberaubungen im Ausland, wie sie während der „ethnischen Säuberungen“ in Bosnien-Herzegowina 1992 an muslimischen Zivilisten begangen worden waren. (Az.: 3 StR 372/00)
Urteil zum Anschlag auf Asylunterkunft: Das LG Wuppertal verurteilt vier Rechtsextreme wegen des Brandanschlages auf ein Wohnheim in Wuppertal im September 2000 zu Haftstrafen von bis zu zehn Jahren.
Polizistin wegen „Kniebiesler“ gerügt: Eine 22-jährige Beamtin der bayerischen Bereitschaftspolizei wird vom Verwaltungsgericht München mit einer förmlichen Missbilligung bedacht. Sie hatte einen Kollegen als „Kniebieseler“ tituliert. Das eher harmlose schwäbische Schmähwort bezeichnet eine noch ungereifte, erfahrungsarme Persönlichkeit.

23.02.: Kooperation zwischen Deutschland und Litauen vereinbart: BMI Otto Schily und sein litauischer Kollege Vytautas Markevièius unterzeichnen ein Abkommen zur „Bekämpfung der Organisierten Kriminalität“, insbesondere von Drogendelikten, Waffen- und Menschenhandel, Schleusung, Geldwäsche sowie Eigentumskriminalität.

Andrea Böhm studiert Politikwissenschaft an der FU Berlin und ist Redaktionsmitglied von Bürgerrechte & Polizei/CILIP.