Archiv der Kategorie: CILIP 071

(1/2002) Überwachung neuer Kommunikationstechnologien

EU-weite Rasterfahndung

Um einen Export heimischer Methoden auf die Ebene der EU bemüht sich auch die BRD.[1] Bereits im Oktober forderte sie den Aufbau eines EU-weiten und jeweils nationaler Ausländerzentralregister. Über eine solche Datenbank verfügt außer Deutschland bisher nur ein EU-Staat (Luxemburg). Weitere Vorschläge wurden in Deutschland in dem am 1. Januar in Kraft getretenen „Terrorismusbekämpfungsgesetz“ verankert: Verwendung von Eurodac-Daten (Fingerabdrücke von Flüchtlingen) für polizeiliche Zwecke, Visa-Entscheidungs-Da­teien mit polizeilichem und geheimdienstlichem Zugriff, neue Methoden der „Identitätssicherung“. EU-weite Rasterfahndung weiterlesen

Terrorismus-Definition und die Folgen

Die am 6. Februar auch vom Europäischen Parlament gebilligte Terrorismus-Definition der EU zwingt die Mitgliedstaaten zur Einführung eines Tatbestandes der „terroristischen Vereinigung“ und erlaubt es, ty­pische Handlungsformen militanten Protests (u.a. Haus- und Platzbesetzungen) als „terroristisch“ zu kriminalisieren.[1] Bürgerrechtliche Kritik an diesem Rahmenbeschluss hatte der Rat durch hastig eingebaute Bekundungen abzufedern versucht: „Grundrechte wie die Versammlungs-, Vereinigungs- oder Meinungsfreiheit“ würden nicht geschmälert. Terrorismus-Definition und die Folgen weiterlesen

Fernmelde- und Postkontrolle nach dem G 10-Gesetz

Im Februar dieses Jahres legte das Parlamentarische Kontrollgremium (PKG) des Bundestages seinen jährlichen Bericht über die Post- und Fernmeldekontrolle durch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), den Bundesnachrichtendienst (BND) und den Militärischen Abschirmdienst (MAD) vor (BT-Drs. 14/8312). Durch die Neufassung des G 10-Gesetzes, die am 29.6.2001 in Kraft trat, ist das PKG nicht mehr nur verpflichtet, über die Anordnungen im Bereich der strategischen Fernmeldeüberwachung durch den BND zu berichten, sondern auch über Art und Umfang der individuellen Post- und Fernmeldekontrollen durch die drei Geheimdienste. Fernmelde- und Postkontrolle nach dem G 10-Gesetz weiterlesen

Todesfall nach Pfeffersprayeinsatz in Hamburg

In der Nacht zum 8. März 2002 verstarb in Hamburg ein Mann nach einem Polizeieinsatz. Die wegen einer Schlägerei in einer Wohnung alarmierten Polizeibeamten hatten Reizgas und Pfefferspray eingesetzt, um einen Widerstand leistenden Mann zu überwältigen. Dieser ging zu Boden, worauf ihm die Beamten Handfesseln anlegten und ihn auf den Bauch drehten. „Plötzlich begann er zu verkrampfen und kollabierte“, heißt es in der Erklärung der Polizeipressestelle. Todesfall nach Pfeffersprayeinsatz in Hamburg weiterlesen

Anklage gegen BGS-Beamte nach tödlicher Abschiebung

Am 28.5.1999 starb Aamir Ageeb während seiner Abschiebung auf dem Lufthansaflug von Frankfurt a.M. nach Kairo. BGS-Beamte hatten den 30-jährigen Sudanesen gefesselt, ihm einen Helm aufgesetzt, und ihn solange in den Sitz gedrückt, bis er erstickte. Die drei Bundesgrenzschützer wurden nun wegen fahrlässiger Tötung von der Frankfurter Staatsanwaltschaft angeklagt. In mehreren medizinischen Gutachten wird ein „lagebedingter Erstickungstod“ als Todesursache benannt. Anklage gegen BGS-Beamte nach tödlicher Abschiebung weiterlesen

Rot-rote Koalitionsvereinbarung in Berlin

SPD und PDS haben sich im Dezember 2001 auf eine Koalitionsvereinbarung für die Hauptstadt geeinigt. Über weite Strecken folgen die Koalitionäre dem Mainstream bundesrepublikanischer innerer Sicherheitspolitik, etwa in der Betonung von Prävention, der gewünschten intensiveren Zusammenarbeit mit dem Bundesgrenzschutz oder mit privaten Sicherheitsdiensten, den angestrebten Auslagerungen und Teilprivatisierungen, der Straffung der Polizeiorganisation etc. Rot-rote Koalitionsvereinbarung in Berlin weiterlesen

Literatur

Zum Schwerpunkt

Die Befürchtung, dass aus den neuen Kommunikationstechnologien neue Sicherheitsgefahren und neue Schwierigkeiten für die Strafverfolgungsbehörden resultieren, kennen wir aus der Diskussion über die Handy-Überwachung in der ersten Hälfte der 90er Jahre. Wenige Jahre später sind nicht die Straftäter, die sich mit fremden Handys der Polizei entziehen, das Problem, sondern die mobile Telefonie ist zu einer zusätzlichen Überwachungsquelle geworden: Sie ermöglicht nicht allein das Abhören, sondern erlaubt gleichzeitig die Identifizierung von Telefonanschlüssen und die Ortung und Verfolgung der Telefonierenden. Die Wandlung vom angeblichen Sicherheitsverlust zum umfassenderen Überwachungsinstrument steht prototypisch für die realen „Entwicklungschancen“ des Telekommunikationszeitalters: Die neuen Informationsfreiheiten machen die BürgerInnen vermehrt zum Objekt staatlicher (und privatwirtschaftlicher) Kontrolle. Dank der neuen Technologien geschieht diese Kontrolle unmerklicher für die Überwachten, sie gerät umfassender – neben den Inhalten werden die äußeren Umstände der Kommunikation überwacht –, und sie unterliegt einem technologisch bedingten schnellen Wandel, der Erweiterungen staatlicher Eingriffsmöglichkeiten nach sich zieht. Insofern gibt auch die Literatur über die neuen Überwachungspraktiken nur eine Momentaufnahme, die teilweise heute schon überholt ist. Wir beschränken uns im Folgenden nur auf wenige Beiträge, die die polizeiliche und geheimdienstliche Telekommunikationskontrolle (vornehmlich in Deutschland) betreffen. Literatur weiterlesen

Terrorismusbekämpfungs-Gesetz in Kraft – Der Ausbau der Sicherheitsapparate geht voran

von Norbert Pütter

Lediglich sechs Wochen benötigte der Bundesgesetzgeber, um das „Gesetz zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus“[1] in Kraft zu setzen. In 22 Artikeln verschärft das Gesetz eine Reihe von rechtlichen Bestimmungen, die von A wie „Ausländerrecht“ bis Z wie „Zentralregister“ reichen. Ob die neuen Kontroll- und Erfassungsbefugnisse tatsächlich der „Bekämpfung“ des Terrorismus dienen, steht in den Sternen. Sicher ist in jedem Fall, dass sie das Überwachungspotential der Sicherheitsapparate stärken.

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