Chronologie August 2020

zusammengestellt von Otto Diederichs

1. August. Repression gegen linken Aktivismus: An einer Protestdemonstration gegen die Schließung einer Szenekneipe in Berlin beteiligen sich rund 2.000 Personen. Die Demonstration wird von der Polizei beendet, dabei werden mindestens zwei Beamte verletzt. Am 8. August stellt der Eigentümer-Anwalt und der Hausverwalter eines teilbesetzten Hauses in Berlin Strafanzeige wegen Strafvereitelung im Amt und Beihilfe zu gefährlicher Körperverletzung durch Unterlassung gegen Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) und Polizeipräsidentin Barbara Slowik, Hintergrund ist ein Angriff der Besetzer*innen auf eindringende Bauarbeiter im Auftrag der Kläger im Juli. Vor der alarmierten Polizei flüchteten die Angreifer*innen in das Haus, wurden von den Beamt*innen wegen der seit Jahren gültigen Weisungslage dorthin jedoch nicht verfolgt. Durch eine parlamentarische Anfrage der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus wird am 26. August bekannt, dass dem Umfeld eines teilweise besetzten Hauses in der Rigaer Straße seit 2016 insgesamt 544 Strafanzeigen und 112 Sachbeschädigungen und Brandstiftungen zugerechnet werden. Am 31. August durchsucht die Polizei in Hamburg und drei weiteren Bundesländern insgesamt 28 Objekte einer so bezeichneten linksextremistischen Gruppe. Ermittelt wird gegen 24 Personen unter dem Vorwurf der Bildung einer kriminellen Vereinigung.

Demonstrationen gegen Rechts: In Erfurt (Thüringen) demonstrieren etwa 400 Menschen gegen Rechtsextremismus. Hintergrund ist ein Vorfall von Mitte Juli, bei dem eine Gruppe Jugendlicher angegriffen und verletzt wurde. Erneut demonstrieren am 20. August in Berlin mehrere Menschen vor dem Gebäude des Landeskriminalamtes (LKA) gegen Rechtsextremismus und die Aufklärung von rund 70 rechten Straftaten seit 2016 in ihrem Stadtteil. Die Demonstrationen finden bereits seit Mai einmal wöchentlich statt.

Demonstrationen gegen Corona-Auflagen: In Berlin versammeln sich rund 20.000 aus dem gesamten Bundesgebiet angereiste Demonstrant*innen unter dem Motto „Das Ende der Pandemie – Tag der Freiheit“. Weil Hygiene- und Abstandsregeln nicht eingehalten werden, erstattet die Polizei Strafanzeige gegen den Versammlungsleiter. Dieser erklärt die Demonstration daraufhin für aufgelöst, was jedoch kaum befolgt wird. Am frühen Abend löst die Polizei die Versammlung auf. Dabei werden 45 Beamt*innen verletzt, drei müssen im Krankenhaus behandelt werden. Über 100 Strafanzeigen werden erstattet. Ein Unternehmen aus Pfungstadt (Hessen) hat die Demonstration unter dem Motto „… für ne dufte Demo sorgen“, mit der notwendigen Technik und Mitarbeitern ausgestattet. Am 7. August beendet der Fußballverein SV Darmstadt 98 wegen solcher Unterstützung und Äußerungen des Firmeninhabers ein langjähriges Sponsoring. In Stuttgart (Baden-Württemberg) findet am 8. August eine Anti-Corona-Demonstration statt – nach Polizeiangaben mit mehreren hundert Teilnehmer*innen; der Veranstalter nennt 5.000. Abstände werden weitgehend eingehalten, die Demo verläuft ruhig. Mit rund 1.000 Teilnehmer*innen findet am 15. August eine Anti-Corona-Demonstration in Hamburg statt. Als die Polizei die Demonstration nach eineinhalb Stunden wegen mangelnder Abstände untereinander beenden will, formieren sich die Teilnehmer*innen neu und können so die Demo fortsetzen. Auch in Magdeburg (Sachsen-Anhalt) findet an diesem Tag eine Demonstration mit etwa 250 Menschen statt. Zu Auseinandersetzungen kommt es in beiden Fällen nicht. Am 25. August verbietet Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) sämtliche für das Wochenende angemeldete Anti-Corona-Demonstrationen und begründet dies mit den zu erwartenden Verstößen gegen die geltende Infektionsschutzverordnung. Am 27. August reichen die Veranstalter gegen das Verbot einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht (VG) Berlin ein und rufen weiterhin zu der Demonstration auf. Bei der Berliner Polizei gingen hierzu bis zum Vormittag des 28. August 5.000 weitere Demonstrationsanmeldungen ein. Am 28. August hebt das Berliner VG das Demonstrationsverbot unter Auflagen des Mindestabstandes auf (Az: 1 L 296/20). Am Abend des gleichen Tages demonstrieren daraufhin etwa 1.500 Menschen vor dem Brandenburger Tor gegen die deutsche Corona-Politik. Die Kundgebung verläuft friedlich. Am frühen Morgen des 29. August bestätigt das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg das Urteil; es ist damit rechtskräftig. Nahezu gleichzeitig hatte der Veranstalter beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) Anträge auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt. Diese werden vom BVerfG abgelehnt (Az: 1 BvR 2038/20). Somit beginnt die Demonstration am Vormittag mit rund 18.000 Teilnehmer*innen. Da die Mindestabstände trotz mehrfacher Aufforderung nicht eingehalten werden, erklärt der polizeiliche Einsatzleiter kurz nach dem Start das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes als Auflage. Da auch dies weitgehend ignoriert wird, beginnt die Polizei am Mittag mit der Auflösung der Veranstaltung. Vor der russischen Botschaft kommt es erstmals zu Auseinandersetzungen als Reichsbürger und Rechtsextremisten die Polizei angreifen; etwa 200 Personen werden festgenommen. Am Abend durchbrechen mehrere hundert Menschen – vorwiegend aus dem rechten Spektrum – die Polizeiabsperrungen am Reichstag. Auch hier kommt es zu Auseinandersetzungen. Über den Tag verteilt beteiligen sich rund 38.000 Personen an den verschiedenen Aktionen gegen die Anti-Corona-Maßnahmen; insgesamt kommt es zu etwa 30 Festnahmen. Bei den Dreharbeiten auf der Anti-Corona-Demonstration wird die ZDF-Journalistin Dunja Hayali von Teilnehmer*innen beleidigt und bedroht. Die Dreharbeiten werden abgebrochen. Am 30. August treffen sich rund 2.000 Anti-Corona-Demonstrant*innen erneut zu einem unangemeldeten Protest; die Polizei löst die Versammlung auf. Vereinzelt kommt es Widerstand. Am gleichen Tag verbietet das BVerfG ein, für 14 Tage geplantes, Protest-Camp in Berlin (Az: 1 BvQ 94/20).

Rechtsextremismus: Vor einem rechtem Szenetreffpunkt in Erfurt (Thüringen) greifen 12 Männer drei Menschen aus Guinea an und verletzen sie so schwer, dass sie im Krankenhaus behandelt werden müssen; einer schwebt zeitweilig in Lebensgefahr. Die Täter werden festgenommen, jedoch am nächsten Tag wieder auf freien Fuß gesetzt. Aus der parlamentarischen Anfrage der Linksfraktion im Landtag von Brandenburg am 3. August geht  hervor, dass es im Bundesland im zweiten Quartal 2020 zu insgesamt 45 rechtsextremen Aktivitäten gekommen ist (1. Quartal 2020: 6 / 2019 gesamt: 55). Den Schwerpunkt bildet der Landkreis Teltow-Fläming. Durch Presseberichte wird am 5. August bekannt, dass die Generalstaatsanwaltschaft (GStA) Naumburg (Sachsen-Anhalt) in Sachsen und Sachsen-Anhalt gegen mutmaßliche Mitglieder der rechtsextremen Prepper-Gruppe „Zuflucht“ wegen Verstößen gegen das Waffengesetz und Verwendens verfassungswidriger Kennzeichen ermittelt. Bei der Durchsuchung eines Aktivisten der rechten Szene in Mengerskirchen (Hessen) findet die Polizei am 6. August eine scharfe Schusswaffe und mehrere Dutzend Schuss Munition. Am 18. August beginnt in Halle (Sachsen-Anhalt) der Prozess gegen einen bekannten Rechtsextremisten wegen Volksverhetzung, Verleumdung und anderer Straftaten. Der Mann hetzt seit Jahren öffentlich und im Internet gegen Migranten und Personen des öffentlichen Lebens. Durch eine parlamentarische Anfrage der Linksfraktion im Landtag von Brandenburg wird am 25. August bekannt, dass Berliner Rechtsextremisten auch Daten von mindestens 22 Brandenburger Bürger*innen gesammelt haben. Vor einem Berliner Amtsgericht (AG) beginnt der Prozess gegen Rechtsextremisten wegen Sachbeschädigungen und Propagandadelikten. Die beiden Männer gelten zudem als Hauptverdächtige einer bisher unaufgeklärten rechtsextremen Serie von Brandstiftungen und einer Anschlagserie mit über 70 Taten. Nach kurzer Zeit setzt die Richterin den Prozess zunächst wegen zu eingeschränkter Aussagegenehmigungen der Polizeibeamten vorerst aus. Am 30. August wird die Polizei in Berlin auf einen Betrunkenen aufmerksam, der auf der Straße herumschreit. Als der Mann den Einsatzwagen bemerkt, zeigt er den Hitlergruß und grölt Naziparolen; er wird festgenommen.

Rassistische Handlungen: In Hamburg beleidigen an einem S-Bahnhof zwei Männer eine Gruppe von Kindern rassistisch und schlagen einem Mädchen mit der Faust ins Gesicht, bevor sie unerkannt flüchten. In Berlin beleidigt am 2. August ein Mann eine Frau und ihren Sohn rassistisch und bedroht die Mutter mit dem Tod. In einer U-Bahn in München (Bayern) beleidigt am gleichen Tag ein Mann einen Nigerianer und ein türkisches Ehepaar rassistisch und schlägt der Frau ins Gesicht. Die herbeigerufene Polizei nimmt seine Personalien auf und leitet Ermittlungen ein. Auch in Sendling (Bayern) beleidigt an diesem Tag ein Mann einen anderen rassistisch und zeigt den Hitlergruß. Gegen den polizeibekannten Mann wird ermittelt. In Berlin beleidigt am 3. August ein Mann eine Frau rassistisch. Er kann kurz darauf vorläufig festgenommen und erkennungsdienstlich behandelt werden. In Jena (Thüringen) werden am 5. August zwei junge Männer festgenommen, die im Februar einen Afghanen zusammengeschlagen hatten. Einer der Täter wird in eine Jugendhaftanstalt überwiesen; bei dem zweiten wird der Haftbefehl außer Vollzug gesetzt. Am 7. August wird wiederum in Berlin ein junger Mann aus einer fünfköpfigen Gruppe heraus rassistisch beleidigt. Die Täter können unerkannt flüchten. In einem Discounter in Hamburg beleidigt am 11. August ein Mann mehrere dunkelhäutige Kinder rassistisch. Die Polizei stellt seine Personalien fest. Am 12. August tritt in einem Berliner Bus ein Mann eine Frau in den Unterleib und beleidigt sie rassistisch; er kann unerkannt flüchten. Am gleichen Tag berichtet ein Sport-Magazin unter Bezug auf Briefe und Chatverläufe über Rassismusvorwürfe gegen einen Jugendtrainer des Fußballvereins FC Bayern; die Polizei nimmt Ermittlungen auf. In Berlin geraten am 18. August zwei Männer in einen Streit um Ruhestörung. Dabei beleidigt einer seinen Kontrahenten rassistisch, woraufhin dieser mit einem Besenstiel nach ihm schlägt, jedoch eine unbeteiligte Frau trifft. Am 24. August beleidigt in Berlin ein Mann Kinder rassistisch, bedroht sie und bewirft sie mit Gegenständen. Als er auf sie zurennt um sie anzugreifen wird er von Nachbarn festgehalten und der Polizei übergeben. Der Mann wird in die Psychiatrie gebracht. Bei einer Auseinandersetzung in Darmstadt (Hessen) beleidigt am 26. August ein Mann andere Personen rassistisch und skandiert verfassungsfeindliche Parolen. Die Polizei stellt seine Personalien fest.

3. August: „NSU 2.0“-Drohschreiben: Durch Presseveröffentlichungen wird bekannt, dass neben Kripo und Staatsanwaltschaft (StA) auch der hessische Datenschutzbeauftragte die Affäre um die rechtsextremen Drohschreiben mit Informationen aus hessischen Polizeicomputern prüft. Am 6. August meldet die StA Frankfurt/M. (Hessen), dass seit einer Sondersitzung des hessischen Landtags-Innenausschuss Mitte Juli weitere neue 14 „NSU 2.0“-Drohschreiben bekannt geworden sind. Durch weitere Presseberichte wird am 8. August bekannt, dass ein Polizeibeamter aus Frankfurt/M. (Hessen) im konkreten Verdacht steht, persönliche Daten in Zusammenhang mit der Affäre von Polizeicomputern abgerufen zu haben. Erneut wird durch Presseveröffentlichungen am 26. August bekannt, dass bereits im Mai 2019 von Polizeicomputern in Hessen, Berlin und Hamburg Daten einer türkisch-stämmigen Kabarettistin abgefragt wurden, die daraufhin „NSU 2.0“-Drohschreiben erhalten hatte.

Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Pegida): Auf einer Kundgebung in Dresden (Sachsen) lässt der Pegida-Gründer Lutz Bachmann die Teilnehmer*innen darüber abstimmen, ob er eine Geldstrafe von 3.000 EUR aus der Vereinskasse bezahlen darf. Die Menge stimmt zu. Durch Presseberichte wird am 8. August bekannt, dass die Stadt München (Bayern) einem Rechtsextremisten und Organisator von Pegida-Demonstrationen das Betreten eines zentralen Platzes, auf dem eine Synagoge und ein israelitisches Kulturzentrum stehen, verboten hat. Der Mann klagt dagegen vor dem VG. Bei einer Pegida-Demonstration am 17. August in Dresden (Sachsen) kommt es zu Auseinandersetzungen zwischen Pegida-Anhänger*innen und Gegendemonstrant*innen. Es werden neun Strafanzeigen erstattet.

Angriffe auf Polizist*innen: Die StA Landshut (Bayern) erhebt gegen einen 18-Jährigen Anklage wegen versuchten Mordes. Er hatte im April des Jahres bei einer Drogenkontrolle zwei Polizisten mit einem Messer angegriffen. Der bereits wegen Drogenhandels vorbestrafte Schüler sitzt seither in Untersuchungshaft. In Berlin beobachten Polizist*innen am gleichen Tag einen Mann beim Benzindiebstahl. Als sie ihn festnehmen wollen, überschüttet er einen Beamten mit dem Benzin und flüchtet. Zwei Komplizen können festgenommen werden. Bei Auseinandersetzungen auf der bereits genannten Demonstration gegen die Räumung einer linken Szene-Kneipe in Berlin wird am 7. August ein Polizist so schwer im Gesicht verletzt, dass er notoperiert werden muss. Am 11. August weigert sich in einem Supermarkt in Dortmund (NRW) ein Mann, der der „Reichsbürger“-Szene zugeordnet wird, beharrlich einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen. Als herbeigerufene Polizisten ihn aus dem Laden führen wollen, greift er sie an und verletzt sie so schwer, dass sie im Krankenhaus behandelt werden müssen. Er wird von Verstärkungsbeamt*innen festgenommen. Als am 12. August Polizist*innen in Berlin zwei Menschen, die in einem Restaurant randalierten, festnehmen wollen, werden zwei Beamte leicht verletzt. Einer der Männer tritt eine Beamtin gegen den Oberschenkel. Ebenfalls in Berlin wollen Polizist*innen am 16. August einen Streit von zwei Frauen schlichten, als sich mehrere andere Personen einmischen und die Beamt*innen angreifen. Zwei Polizistinnen und drei ihrer Kollegen werden verletzt, einer muss im Krankenhaus ambulant behandelt werden. Die Angreifer werden festgenommen. Wiederum in Berlin tritt am 20. August ein Ladendieb einen Polizisten an den Kopf und verletzt zwei weitere Kollegen leicht. Der Beamte mit der Kopfverletzung wird im Krankenhaus behandelt.

Festnahmen von mutmaßlichen Dschihadist*innen: Auf dem Flughafen Frankfurt/M. (Hessen) wird ein mutmaßlicher tschadschikischer Terrorist festgenommen, der mit anderen in Deutschland Terroranschläge geplant haben soll. Er wurde aufgrund eines entsprechenden Ersuchens des Generalbundesanwalt (GBA) von Albanien ausgeliefert. Am 4. August wird in Frankfurt/M. (Hessen) eine mutmaßliche Dschihadistin festgenommen, die 2014 mit ihrer dreijährigen Tochter nach Syrien ausgereist war und dort mehrere Kämpfer des „Islamischer Staat“ (IS) geheiratet hatte. In Potsdam (Brandenburg) nimmt die Polizei am 18. August einen mutmaßlichen Dschihadisten fest, der sich Ende 2013 in Syrien an Kriegsverbrechen beteiligt haben soll.

Homophobe Handlungen: Das AG Kassel (Hessen) verurteilt einen Biologie-Professor wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von 6.000 EUR. Er hatte homosexuellen Menschen eine generelle Neigung zur Pädophilie unterstellt. Am 13. August beschmipft ein Fahrradfahrer in Berlin eine Gruppe junger Leute, beleidigt einen von ihnen homophob und besprüht sie mit Reizgas; er entkommt unerkannt.

Polizei und Datenschutz: Laut seinem Tätigkeitsbericht 2019 verhängte der hessische Datenschutzbeauftragte im vergangenen Jahr gegen einen Polizeibeamten und eine Mitarbeiterin eines Ordnungsamtes Bußgelder wegen missbräuchlicher Datenabfragen. Das wird durch Presseveröffentlichungen bekannt. Durch eine parlamentarische Anfrage der Linksfraktion im sächsischen Landtag wird am 12. August bekannt, dass Polizeidienststellen des Freistaates vom 4. März bis 5. April illegal Daten von Corona-Listen über Restaurant- und Cafégäste abgefragt haben. Betroffen sind mindestens 7.200 Datensätze.

5. August: Polizeischüsse: In Ludwigsburg (Baden-Württemberg) schießen bei einem fingierten Drogendeal zwei Polizeibeamte mehrfach auf einen Fluchtwagen. Zwei Täter können festgenommen werden; der Fahrer entkommt.

Rechtsextremer Mordanschlag: Im Prozess vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt/M. (Hessen) um den Mord am dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (CDU) im Juni 2019 legt der Hauptverdächtige erneut ein Geständnis ab; dabei belastet er auch einen Mitangeklagten. Ein erstes Geständnis hatte er seinerzeit wieder zurückgezogen. Am 7. August ändert der Hauptangeklagte erneut sein Geständnis und erklärt, der Schuss auf Lübcke sei geplant gewesen, dabei räumt er auch Kontakte zu einem NPD-Aktivisten ein.

Rechtsradikale Polizist*innen: Die Berliner Polizei stellt einen 11-Punkte-Plan vor, mit dem rechte Einstellungen bei ihren Beamt*innen erkannt werden sollen. So sollen künftig vor der Ausbildung beim Verfassungsschutz mögliche Erkenntnisse über Bewerber*innen abgefragt werden. Zudem wird die Stelle eines/r  Extremismusbeauftragten geschaffen, der/die etwa anonymen Hinweisen nachgehen und Verfassungsschutzabfragen durchführen soll. Durch Presseberichte wird am 7. August bekannt, dass ein vom Dienst suspendierter Beamter des Sondereinsatzkommandos (SEK) und Gründer der Gruppe „Nordkreuz“ aus Mecklenburg-Vorpommern bereits im Jahr 2009 durch rechtsradikale Ansichten aufgefallen war, ohne das dies seinerzeit Konsequenzen hatte. Zudem wird am gleichen Tag eine Presseumfrage bei den Innenministerien der Länder zu rechtsradikalen, rassistischen oder antisemitischen Einstellungen ihrer Polizist*innen bekannt. Danach zählten die Bundesländer seit 2014 rund 340 derartige Vorfälle (Bundespolizei = 73 / Bayern = 18 / Bremen = 1 / Saarland = 2 / Hessen = 70). Durch eine parlamentarische Anfrage der FDP-Fraktion im hessischen Landtag und Presserecherchen wird am 9. August bekannt, dass nach Ermittlungen zu einer rechten Chatgruppe von Polizist*innen, 10 Beamt*innen wieder arbeiten dürfen; 12 Polizist*innen ist die Führung von Dienstgeschäften weiterhin verboten, zwei sind wegen rechtsextremer Delikte suspendiert. In sechs Fällen sind die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen; einer der hiervon betroffenen Beamten wurde „auf eigenes Verlangen entlassen“. Durch Presseberichte wird am 13. August bekannt, dass in Berlin im ersten Halbjahr gegen neun Polizeibeamte Disziplinarverfahren wegen rechtsmotivierter Vergehen eingeleitet wurden (2019 gesamt: 17). Durch weitere Presseberichte wird am 22. August bekannt, dass es im ersten Halbjahr bundesweit 40 neue Verdachtsfälle von Rechtsextremismus bei Polizist*innen gegeben hat. Die meisten davon mit 17 in Hessen; in Sachsen sind es sechs; gegen vier Personen wird strafrechtlich ermittelt, gegen drei wurden Disziplinarverfahren eingeleitet und drei Beamte wurden entlassen. Bei einem Beamten in Thüringen ruht ein Disziplinarverfahren derzeit bis zum Abschluss des Strafverfahrens.

Justizskandale: Die Berliner GStAin übernimmt die Ermittlungen zu einer rechtsradikalen Anschlagserie im Stadtteil Neukölln von 72 Fällen, darunter 23 Brandstiftungen aus den Jahren Ende 2016 bis Mitte 2017 gegen Personen, die sich gegen Rechtsextremismus engagieren. Zwei bisher ermittelnde StA der Staatsschutzabteilung stehen wegen ihrer Nähe zu einem Hauptverdächtigen, einem früheren AfD-Lokalpolitiker, im Verdacht der Befangenheit. Die StÄ werden versetzt, gegen den AfD-Politiker und einen möglichen Komplizen wird weiter ermittelt. Am 6. August berichtet Justizministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) dem Rechtsausschuss des hessischen Landtages über eine Korruptionsaffäre bei der GStA Frankfurt/M. (Hessen). Mitte Juli hatte das AG Frankfurt/M. für einen Oberstaatsanwalt (OStA) der im Verdacht der langjährigen und gewerbsmäßigen Bestechung und Bestechlichkeit steht, einen Haftbefehl wegen Verdunkelungsgefahr erlassen. Der Mann wurde in Untersuchungshaft genommen. Durch Presseberichte wird am 13. August bekannt, dass ein Polizeibeamter, der mit der Bearbeitung des Rechtsextremismus und der Aufklärung der Anschlagsserie im Berliner Stadtteil Neukölln befasst war, im April 2017 einen jungen Afghanen beschimpft und brutal zusammengeschlagen hat. Gegen ihn läuft ein behördeninternes Disziplinarverfahren und gemeinsam mit zwei Mittätern steht er seit Januar vor Gericht. Am gleichen Tag gibt die Berliner Datenschutzbeauftragte bekannt, dass die Polizei in Zusammenhang mit der Affäre Auskünfte über fragwürdige Datenabfragen aus Polizeicomputern verweigert: „Lediglich einen Teil dieser Zugriffe“ habe die Polizei „nachvollziehbar dienstlich“ begründen können. Die übrigen Zugriffe seien trotz „mehrfacher Mahnschreiben“ unbeantwortet geblieben.

Abschiebungen: Im ersten Halbjahr wurden insgesamt 4.616 Menschen aus der Bundesrepublik abgeschoben, wie aus einer parlamentarischen Anfrage der Linksfraktion im Bundestag hervorgeht (1. Halbjahr 2019: 11.496). Darunter waren 996 Frauen und 782 Minderjährige. An den deutschen Grenzen wurden im gleichen Zeitraum 12.188 Menschen zurückgewiesen (2019 gesamt: 13.689). Durch Presseveröffentlichungen wird am 21. August bekannt, dass von September 2019 bis Februar 2020 insgesamt 10.276 Menschen abgeschoben wurden (Vorjahreszeitraum: 11.204).

7. August: Ermittlungen gegen Polizeibeamt*innen: Durch Presseberichte wird bekannt, dass gegen einen Polizeibeamten in Bischofsheim (Hessen) Strafanzeige gestellt wurde, nachdem er seinem Polizeipräsidenten über interne Missstände und eine rechtswidrige Aktion in seiner Behörde unterrichtet hatte. Zudem wurde der Mann versetzt. Bei einer Anti-Corona-Demonstration in Augsburg (Bayern) nimmt am 8. Juni ein Dienstgruppenleiter der Polizei unter Bezug auf seine Dienststellung als Redner teil und wirft der Politik u.a. vor, „Angst und Schrecken“ zu verbreiten. Gegen den Mann werden dienstrechtliche Ermittlungen eingeleitet; er wird intern versetzt. Auch in Dortmund (NRW) tritt am 10. August ein Kriminalbeamter aus Hannover (Niedersachsen) unter ausdrücklicher Nennung seiner Position bei einer Anti-Corona-Demonstration als Redner auf; er wird vom Dienst suspendiert. Ebenfalls am 10. August teilt die StA Fulda (Hessen) mit, dass sie aufgrund einer Beschwerde des Bruders die Ermittlungen eines im April 2018 von einem Polizisten erschossenen Afghanen, die Ermittlungen wieder aufnimmt. In Frankfurt/M. (Hessen) erteilt die Polizei am 16. August einer Gruppe betrunkener Männer einen Platzverweis. Dem widersetzt sich ein Mann und spuckt die Beamten an. Bei seiner Festnahme wird er von mehreren Beamten brutal zu Boden gebracht und getreten, bevor der Einsatzleiter eingreift und später intern Meldung erstattet. Am 17. August werden mehrere Ermittlungsverfahren gegen die Beamten eingeleitet und nach dem Auftauchen eines neuen Videos drei Beamte vom Dienst suspendiert. Eine polizeiliche Bodycam war zum Einsatzzeitpunkt nicht im Einsatz, da der Akku leer war. Durch Presseberichte wird am 18. August bekannt, dass die Polizei in Paderborn (NRW) einen Streifenbeamten, der sich mehrfach rassistisch geäußert hatte, in den Innendienst versetzt und ein Disziplinarverfahren eingeleitet hat; zudem ermittelt die StA. Kollegen hatten Anfang August ihren Vorgesetzten von der Auffälligkeiten des Mannes informiert. Am 24. August durchsucht die niedersächsische Polizei im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens die Wohnung eines Kollegen, der auf zwei Anti-Corona-Demonstrationen als Redner aufgetreten war. Bayerns Innensenator Joachim Herrmann (CSU) informiert am 30. August darüber, dass bei den Anti-Corona-Demonstrationen in Berlin drei bayerische Polizeibeamte als Redner aufgetreten sind; gegen die Männer wird dienstrechtlich ermittelt. Durch Presseberichte wird am 31. August bekannt, dass die Berliner Polizei gegen einen Beamten ermittelt, der bei der Anti-Corona-Demonstration eine Frau, die sich der Festnahme widersetzt hatte, auf den Rücken geschlagen hatte.

Rechtsradikalismus bei der Bundeswehr: Durch Presseberichte wird bekannt, dass der Militärische Abschirmdienst (MAD) seit Mitte Juni gegen einen Ausbilder des Kommando Spezialkräfte (KSK) disziplinarische Vorermittlungen wegen Rechtsextremismus-Verdachts aufgenommen hat; der Mann ist beurlaubt. Im Innenausschuss des Landtages Mecklenburg-Vorpommern berichtet der Vorsitzende des Landesreservistenverbandes, dass dem Verband noch zwei von ursprünglich fünf Mitgliedern der rechtsextremen Gruppe „Nordkreuz“ angehören. Sie hatten sich gerichtlich gegen ihren Ausschluss gewehrt.

Asyl: Durch Presseberichte wird bekannt, dass Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) Thüringen verboten hat, 500 Flüchtlinge aus den überfüllten Lagern auf griechischen Inseln aufzunehmen. Vor wenigen Tagen hatte er bereits Berlin die Aufnahme von 300 Personen von dort untersagt. Am 18. August entscheidet das OVG Hamburg, dass nächtliche Razzien in Flüchtlingsunterkünften um Ausreisepflichtige festzustellen, rechtswidrig sind. Dies bestätigt ein Urteil des VG von 2019.

Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU): Durch Presseberichte wird bekannt, dass vor dem Landgericht (LG) Aachen (NRW) gegen einen Rechtsanwalt verhandelt wird, der im Mordprozess gegen die Überlebende der NSU-Terrorgruppe Beate Tschäpe vor dem OLG München (Bayern) eine Mandantin erfunden und so rund 211.250 EUR illegal eingenommen hatte. 2015 war der Betrug aufgeflogen. Durch Presserecherchen wird am 15. August bekannt, dass gegen einen Zeugen aus der rechten Szene des seinerzeitigen NSU-Prozesses Ende Juli, Anklage wegen Falschaussage erhoben wurde; drei Verfahren wurden eingestellt und in zwei Fällen sind die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen.

Menschenhandel: Auf einer Autobahnraststätte in Brandenburg befreit die Polizei nach Klopfgeräuschen vier afghanische Männer aus einem LKW; der Fahrer wird vorläufig festgenommen. Am 28. August beginnt vor dem LG Berlin der Prozess gegen sechs Vietnamesen wegen gewerbs- und bandenmäßigen Verstoßes gegen das Aufenthaltsgesetz und Erpressung.

Hasskriminalität: Durch eine parlamentarische Anfrage eines fraktionslosen Abgeordneten des Berliner Abgeordnetenhauses wird bekannt, dass die Berliner Polizei im vergangenen Jahr 2.802 Straftaten der Kategorie Hasskriminalität registrierte (2016: 1.727), davon 444 Gewaltdelikte (2016: 279) (https://www.morgenpost.dearticle2301126998/Tatmotiv-Hass-Polizei-registriert-immer-mehr-Delikte.html).

Antisemitismus: Durch eine parlamentarische Anfrage eines fraktionslosen Abgeordneten des Berliner Abgeordnetenhauses wird bekannt, dass die Berliner Polizei im ersten Halbjahr 162 antisemitische Straftaten registrierte. Durch Presseberichte wird am 14. August bekannt, dass der Polizeibeamte aus Hannover (Niedersachsen), der am 10. August als Redner bei einer Anti-Corona-Demonstration in Dortmund (NRW) auftrat, nach dem antisemitischen Anschlag in Halle im Oktober 2019 als Experte an den Sicherheitsüberprüfungen beteiligt war. Die Überprüfung erfolgt nun erneut. Einer parlamentarischen Anfrage der Linksfraktion im Bundestag zufolge, registrierte die Polizei im ersten Halbjahr bundesweit 878 antisemitische Straftaten. In den ersten sechs Monaten. 2020 wurden bisher 21 Gewalttaten mit 14 Verletzten verzeichnet (1. Halbjahr 2019: 22 Delikte mit 10 Verletzten).

10. August: Bayerische Grenzpolizei: Auf Antrag der der Partei Die Grünen im Landtag beginnen vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof (VerfGH) die Verhandlungen zur Rechtmäßigkeit der Wiedereinrichtung einer Bayerischen Grenzpolizei im August 2018. Am 28. August entscheidet der VerfGH dass die Befugnisse der Grenzpolizei in Teilen gegen das Rechtsstaatsprinzip verstoßen und somit zumindest teilweise gegen die Verfassung verstoßen.

Drogenfahndung: Im Hamburger Hafen stellen Polizei und Zoll 1,5 Tonnen Kokain mit einem Straßenverkaufswert von 300 Mio. EUR sicher.

12. August: Ausweisungen: Durch eine parlamentarische Anfrage der Linksfraktion im Bundestag wird bekannt, dass auf der Basis einer angenommenen Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung 2019 insgesamt 11.081 Menschen aus Deutschland ausgewiesen wurden (2018: 7.408).

Organisierte Kriminalität (OK): In mehreren Städten in NRW durchsucht die Polizei insgesamt 19 Objekte eines Mannes mit mutmaßlichen Verbindungen zu Netzwerken, die die Polizei als „Clans“ erfasst. Mehrere hochwertige Fahrzeuge und eine fünfstellige Summe Bargeld werden beschlagnahmt; Datenträger werden sichergestellt. Zu Festnahmen kommt es nicht. Erneut führt die Polizei in der Nacht zum 16. August in mehreren Städten in NRW eine Razzia gegen die sogenannte Organisierte Kriminalität durch; der Schwerpunkt liegt in Essen. Insbesondere Shisha-Bars, Wettbüros und Spielhallen mit mutmaßlichem Clanbezug werden kontrolliert. Mit einem Großeinsatz durchsucht die Polizei am 17. August 18 Objekte in Berlin und Brandenburg wegen illegalem Waffen- und Drogenhandel. 11 Verdächtige werden festgenommen. Zur Bekämpfung von „Clan-Kriminalität“ durchsucht die Polizei in Berlin am 21. August erneut mehrere Objekte wegen illegalem Glücksspiel, Drogenhandel und Waffenbesitz. 40 Anzeigen werden gefertigt, eine illegal aufhältige Person wird in Gewahrsam genommen.

14. August: Mordanklage nach Tötung von SEK-Beamten: Vor dem LG Essen (NRW) erhebt die StA Mordanklage gegen einen mutmaßlichen Drogenhändler, der bei der Erstürmung seiner Wohnung in Gelsenkirchen Ende April einen SEK-Beamten erschossen hatte.

Terroranschlag auf Berliner Weihnachtsmarkt: Vor dem Untersuchungsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses sagt ein Bundesanwalt als Zeuge aus, der Attentäter Anis Amri habe bei seinem Anschlag keine Komplizen gehabt. Anderslautende Zeugenaussagen hätten sich nicht als „auch nur halbwegs belastbar“ erwiesen. Am 17. August sagt im Landtags-Untersuchungsausschuss in Düsseldorf (NRW) ein ehemaliger V-Mann aus. Er bestätigt, dass er wusste, dass der Attentäter Amri verschiedene Anschlagspläne hatte, von denen er die Behörden mehrfach unterrichtet habe.

Rechtsextremismus: In einer Berliner Kneipe beleidigt ein Unbekannter einen anderen Mann, schlägt ihn und zeigt den Hitlergruß bevor er flüchtet. Laut einer parlamentarischen Anfrage der Linksfraktion im Bundestag registrierte die Polizei im ersten Halbjahr bundesweit 9.305 rechte Straftaten (1. Halbjahr 2019: 8.605), davon 300 Gewalttaten bei denen 148 Menschen verletzt wurden (1. Halbjahr 2019: 363 mit 917 Verletzten, 1 Toter).

15. August: Ermittlungen gegen Dschihadist*innen: Aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage im Bundestag geht hervor, dass der Generalbundesanwalt (GBA) im ersten Halbjahr 149 Ermittlungsverfahren gegen mutmaßliche Dschihadisten führt, 81 Verfahren wurden eingestellt.

Körperverletzung im Amt: In Düsseldorf (NRW) stört ein Jugendlicher einen Polizeieinsatz gegen Randalierer und greift schließlich Polizisten an, die seine Personalien aufnehmen wollen. Zwei Beamte bringen ihn zu Boden und einer kniet sich in seinen Nacken. Der Vorfall wird durch ein Video im Internet bekannt und wird nun polizeiintern untersucht.

16. August: Tod in Polizeigewahrsam: In einem Polizeigewahrsam in Dresden (Sachsen) verliert ein Mann, der kurz zuvor festgenommen worden war, weil er in einer Bar randaliert hatte, das Bewusstsein. Er wird reanimiert und in ein Krankenhaus gebracht, wo er verstirbt.

17. August: Pressefreiheit: Ein AG in Frankfurt/M. (Hessen) erklärt die Festnahme einer Journalistin bei einer Demonstration für die Aufnahme von Flüchtlingen im April in Frankfurt/M. für rechtswidrig. In Lübeck (Schleswig-Holstein) nimmt die Polizei am gleichen Tag drei Journalist*innen für mehrere Stunden in Gewahrsam, die Aktivist*innen bei einer Flugplatzbesetzung begleitet hatten.

18. August: Anschlag auf Berliner Autobahn: Auf der Berliner Autobahn verursacht ein Mann an drei Stellen absichtlich Unfälle indem er andere Fahrzeuge anfährt und gezielt „Jagd“ auf Motorradfahrer macht. Drei Menschen werden schwer, drei weitere leicht verletzt. Als er gestoppt wird, stellt er eine Kiste auf sein Autodach, in der sich angeblich Sprengstoff befinden soll. Seine Tat hat er zuvor im Internet angekündigt und in einen Bezug zum Islam gestellt haben; bei seiner Festnahme soll er „Alluha akbar“ gerufen haben. Die Polizei geht daher von einem islamistischen Anschlag aus. Außerdem habe der Täter möglicherweise zu einem als Gefährder eingestuften Mann Kontakt gehabt, mit dem er in einer Aufnahmeeinrichtung gewohnt hatte. Geprüft werden jedoch auch psychische Probleme des Täters. Ein Richter weist ihn am nächsten Tag vorläufig in die Psychiatrie ein.

Prozesse gegen Polizist*innen: Vor einem Berliner AG beginnt der Prozess gegen einen Polizisten wegen Körperverletzung im Amt. Ihm werden drei gewalttätige Übergriffe auf Festgenommene  vorgeworfen. Vor dem LG Berlin beginnt der Berufungsprozess gegen einen Polizeibeamten wegen illegaler Datenabfragen und Geheimnisverrat. Hierfür war der Beamte bereits 2017 von einem AG verwarnt worden. Gegen dieses Urteil hatte die StA Berufung eingelegt, die sie noch am gleichen Tag wegen Rechtsfehlern zurückzieht. Das Verfahren legt offen, dass die Ermittlungen wegen Geheimnisverrats auch in Richtung eines beteiligten SEK hätten geführt werden müssen – was aber nie geschah. Das AG-Urteil behält Bestand. Am 28. August beginnt vor einem AG in Saarbrücken (Saarland) der Prozess gegen einen Polizeibeamten wegen fahrlässiger Tötung. Der Beamte war im Februar 2019 bei einer Einsatzfahrt mit stark überhöhter Geschwindigkeit gegen eine Laterne geprallt; seine Kollegin war noch am Unfallort gestorben.

Alternative für Deutschland (AfD): Andreas Kalbitz gibt seinen Fraktionsvorsitz in der AfD-Fraktion im Landtag von Potsdam (Brandenburg) endgültig auf. Als Grund gilt ein Faustschlag gegen einen anderen AfD-Abgeordneten, der bei diesem zu einem Milzriss führte und im Krankenhaus behandelt werden musste. Die StA ermittelt wegen Verdachts der fahrlässigen Körperverletzung.  Am 21. August lehnt das LG Berlin einen Eilantrag von Andreas Kalbitz gegen seinen Parteiausschluss im Mai ab. Am 27. August bestätigt der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) offiziell, dass Kalbitz mit der Nummer 1330 auf der Mitgliederliste des Jahres 2000 des verbotenen Vereins „Heimattreue Deutsche Jugend“ (HDJ) steht ().

19. August: Antirassismus-Demonstrationen: Mit rund 2.500 Teilnehmer*innen findet in Berlin eine Antirassismus- und Gedenk- Demonstration anlässlich der Morde von Hanau (Hessen) im Februar statt. Am 21. August untersagt die Stadt Hanau (Hessen) eine für den nächsten Tag geplante Demonstration zum Gedenken an die Opfer des Anschlags am 19. Februar. Als Grund wird die stark steigende Zahl der Corona-Infektionen im Kreis angegeben. Gestattet wird jedoch eine Gedenkveranstaltung mit maximal 250 Teilnehmer*innen. Auch in rund 30 anderen Städten bundesweit finden Kundgebungen statt.

20. August: Dschihadist*innen-Prozesse: Vor dem Kammergericht (KG) Berlin erhebt die Bundesanwaltschaft (BAW) Anklage gegen eine Frau wegen mutmaßlicher Mitgliedschaft in der Terrororganisation IS. Die Frau war 2014 nach Syrien ausgereist und hatte dort zwei IS-Kämpfer geheiratet. Am gleichen Tag verurteilt das OLG Celle (Niedersachsen) ein ehemaliges IS-Mitglied zu einer Bewährungsstrafe von eindreiviertel Jahren. Die Frau habe dem IS-Terror glaubhaft abgeschworen (Az: 5 StS 1/20). Der Prozess steht im Kontext des ebenfalls vor dem OLG Celle seit 2017 verhandelten Tatvorwurfs der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung gegen den islamistischen Prediger Ahmad A. (Abu Walaa), der neben ihr zahlreiche weitere Personen für den IS in Syrien geworben haben soll.

21. August: Elektroschocker: Durch Presseberichte wird bekannt, dass die Bundespolizei (BPol) ab September zu Testzwecken an ihren Bahnpolizei-Inspektionen Frankfurt/M. (Hessen), Kaiserslautern (Rheinland-Pfalz) und Berlin je 10 Elektroimpulswaffen (Taser) einführt.

Prozesse gegen Justizbeamte: Die StA Dresden (Sachsen) erhebt Anklage gegen sechs Justizbeamte der Vollzugsanstalt Dresden wegen gefährlicher Körperverletzung im Amt. Sie sollen 2019 mehrere ausländische Gefangene geschlagen und getreten haben.

Angriffe auf Obdachlose: Nach vorangegangenen Streitigkeiten stößt in Berlin ein Mann einen Obdachlosen in einen Kanal. Der Mann ertrinkt; nach dem Täter wird gefahndet. In Dortmund (NRW) überfallen am 22. August zwei Jugendliche einen schlafenden Obdachlosen und stehlen sein gesammeltes Kleingeld. Sie werden kurz darauf festgenommen.

23. August: Verluste von Dienstwaffen: Vier Jahre nach dem Verschwinden einer Maschinenpistole (MP) der Polizei in Leipzig (Sachsen) hat die StA die Ermittlungen eingestellt. Die MP war im August 2016 nach Abschluss eines Einsatzes vergessen worden.

28. August: Fall Oury Jalloh: Die Sondergutachter des Landtages übergeben dem Rechtsausschuss des Landtages von Sachsen ihren Abschlussbericht. Darin sehen sie in dem Fall zwar etliche erhebliche Mängel bei Polizei und Regierung aber keine Ansätze für einen Mord oder Mordversuch. Der an Händen und Füßen gefesselte Asylbewerber Oury Jalloh verbrannte 2005 in einer Gewahrsamszelle eines Polizeireviers in Dessau. Es gebe jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass Polizeibeamte die Matratze, auf der Jalloh lag, angezündet hätten. DIE LINKE bestand als einzige Fraktion weiterhin auf der Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses.

Beitragsbild: Räumung der Kneipe „Syndikat“ am 7. August in Berlin (Oliver Feldhaus).

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert