An Editorial Comment
by Otto Diederichs
It is almost traditional the public discussion of crime rates and the war on crime are the exclusive realm of the political rightwing. Representative of the leftwing and the liberal elements of the political spectrum have traditionally proven themselves at a loss to cope with such questions and have generally limited their activities to little more than appeals or protests to uphold civil rights and liberal freedoms. The present issue of CILIP attempts to strengthen these voices and to formulate new policies on ‚Domestic Security‘ so direly needed at present against the popular current. Summaries weiterlesen
Archiv der Kategorie: CILIP 057
(2/1997) Reform der „Politik Innerer Sicherheit“
Vorrechte und Immunitäten für Europol – Dokumentation des Zusatzprotokolls zur Europol-Konvention
von Otto Diederichs
Normalerweise erscheint die von Bürgerrechte & Polizei/CILIP zusammengestellte Bilanz polizeilicher Todesschüsse jeweils in der ersten Ausgabe des Folgejahres, während die offizielle Statistik der Innenministerkonferenz (IMK) meist erst im Sommer oder Herbst bekannt gegeben wird. Daß die CILIP-Statistik in diesem Jahr verspätet erscheinen muß, hat indes seinen Grund: Zum ersten Male wies sie für 1995 gravierende Unterschiede zur IMK-Statistik auf, die nicht durch notwendige abweichende Erfassungskriterien zu erklären waren.
Die Nachrecherche ergab, daß das wichtigste Kontrollinstrument, die Presse, nicht mehr ausreichend funktioniert. Vielfach blieben Meldungen in den Lokalteilen der Zeitungen hängen und waren damit einer überregionalen Auswertung entzogen. Der umgekehrte Fall, daß Todesschüsse, die gar nicht stattgefunden haben, gemeldet, jedoch nicht wieder korrigiert werden, ist zwar seltener, hat aber ebenfalls stattgefunden: (1) In der Chronologie in Heft 55 (2/96) hatte CILIP gemeldet, am 6. August 1996 sei es in Bremen zu einem tödlichen Schuß auf einen Jugendlichen gekommen. (2) Das Bremer Polizeipräsidium belegte daraufhin gegenüber der Redaktion, daß es sich lediglich um einen Schuß in den Boden gehandelt hat, bei dem niemand verletzt wurde. (3) Vorrechte und Immunitäten für Europol – Dokumentation des Zusatzprotokolls zur Europol-Konvention weiterlesen
Europäische Innere Sicherheit – Möglichkeiten parlamentarischer Kontrolle?
von Heiner Busch
Seit Mitte der 70er Jahre wurde die polizeiliche Zusammenarbeit in Europa quantitativ und qualitativ erheblich ausgedehnt. Betrieben von den nationalen Sicherheitsexekutiven, zeichnete sich die Europäisierung der Inneren Sicherheit von Anfang an durch ihr demokratisches Defizit aus. Die Themen und Gegenstände der Kooperation waren die gleichen, die auch im Staatsinnern zentral waren. Vor allem durch die Terrorismusbekämpfung wurde die Kooperation maßgeblich ausgebaut. Dabei wurden neue Institutionen geschaffen und Verträge geschlossen, die nur zum Teil auf die ‚Europäische Gemeinschaft‘ (EG) bezogen sind.
Bis zum Inkrafttreten des Maastrichter Vertrages über die Europäische Union (EUV) gab es keine rechtliche Grundlage für eine Zusammenarbeit auf justiz- und innenpolitischem Gebiet im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft. Dennoch begannen die EG-Mitgliedstaaten ihre Kooperation auf diesem Sektor bereits in den 70er Jahren. 1976 trafen sich die für die Polizei zuständigen Innen- bzw. Justizminister der Mitgliedstaaten erstmals im Rahmen von TREVI (terrorism, radicalism, extremism, violence international). Obwohl das Gremium auf die EG-Staaten begrenzt war bzw. parallel zur Erweiterung der EG wuchs, blieb TREVI bis zu seinem formalen Ende im Jahre 1993 außerhalb der formellen Strukturen der Gemeinschaft. Weder die EG-Kommission noch das Europäische Parlament wurden beteiligt oder in zureichendem Maße informiert. Europäische Innere Sicherheit – Möglichkeiten parlamentarischer Kontrolle? weiterlesen
Die Interessen der Opfer – Opferschutz und „Täter-Opfer-Ausgleich“
von Otto Diederichs
Traditionell gilt dem Täter die staatliche Aufmerksamkeit: Strafe und Strafandrohung sollen normkonformem Verhalten den nötigen Nachdruck verleihen; der Staat verspricht Schutz, indem er Stärke gegenüber Rechtsbrechern demonstriert. Hinter dem staatlichen Strafanspruch treten die Interessen der unmittelbaren Opfer meist in den Hintergrund.
Um die Position von Gewaltopfern zu verbessern, wurde vor rund 20 Jahren das ‚Opferentschädigungsgesetz‘ (OEG) geschaffen (zuletzt geändert im Juli 1993). Um die Stellung von Verbrechensopfern im Strafverfahren zu stärken, trat im Dezember 1986 das ‚Gesetz zur Verbesserung der Stellung des Verletzten im Strafverfahren‘ (sog. Opferschutzgesetz) in Kraft. Während im Strafverfahren auf diese Weise zumindest das Instrument der Nebenklage breiter genutzt wird, ist das OEG immer noch weithin unbekannt. (1) An diesem Umstand hat allem Anschein nach selbst die traurige Debatte um die Ausdehnung des OEG auf ausländische Gewaltopfer in der Folge der rechtsradikalen Anschläge von Mölln und Solingen nichts geändert. Nach wie vor läßt der gesellschaftliche Umgang mit Kriminalitätsopfern im allgemeinen zu wünschen übrig. Die Interessen der Opfer – Opferschutz und „Täter-Opfer-Ausgleich“ weiterlesen
Polizei und Gemeinde – Präventionsräte als Chance?
von Norbert Pütter und Otto Diederichs
Der Ruf nach einer ‚bürgernahen‘ Polizei oder konkreter nach einer ‚gemeindebezogenen Polizeiarbeit‘ erfreut sich allgemeiner Beliebtheit. Als eine zentralisierte, in der Öffentlichkeit unsichtbare Institution, in ihren Handlungen gesteuert von bürokratischen Routinen und ausgerichtet auf die Bekämpfung von (schwerer) Kriminalität, zeigte sich die Polizei immer unfähiger, auf die tatsächlichen Sicherheitsprobleme und -bedürfnisse vor Ort zu reagieren.
Seit wenigen Jahren werden nun auch in der Bundesrepublik Anstrengungen unternommen, ‚Sicherheit‘ im lokalen Kontext jenseits traditioneller Polizeiarbeit zu befördern. Während die privatwirtschaftliche Ökonomisierung öffentlicher Sicherheit in Form diverser Sicherheitsdienste aus bürgerrechtlicher Perspektive abgelehnt werden muß, weisen die Versuche, die auf BürgerInnenbeteiligung setzen, zumindest in die richtige Richtung – sofern einige Bedingungen erfüllt sind.
Sicherheit und Sicherheitsgefühl, so die Vermutung, lassen sich nur dann im lokalen Kontext erfolgversprechend verbessern, wenn Polizei und Gemeinde zusammenarbeiten, gemeinsam Kriminalitäts-, aber auch Sicherheits- und Ordnungsprobleme als solche identifizieren und nach gemeinsamen Lösungen suchen. (1)
Diese Grundüberzeugung der bundesdeutschen Diskussion um eine ‚gemeindebezogene Polizeiarbeit‘ folgt den US-amerikanischen Konzepten des ‚community policing‘. Trotz unterschiedlicher Voraussetzungen geht es in beiden Fällen darum, die „gemeindliche Isolation“ (2) der Polizeien aufzubrechen und die Gemeinde selbst in Fragen der öffentlichen Sicherheit zu aktivieren. Bislang haben die Formen gemeindebezogener Polizeiarbeit in der Bundesrepublik vor allem in der Gründung von „Präventionsräten“ ihren Niederschlag gefunden. Polizei und Gemeinde – Präventionsräte als Chance? weiterlesen
Umdenken in der Gesetzgebung: Polizei-, Strafprozeß- und Strafrecht
von Norbert Pütter
Die Veränderungen im Recht der Inneren Sicherheit seit der ersten Häfte der 70er Jahre speisten sich zumeist aus einer Mischung von polizeilichen Allmachtsphantasien und bürokratischer Phantasielosigkeit. Sie wiesen und weisen Polizei und Strafverfolgung einen Ort im gesellschaftlich-staatlichen Gefüge zu, der die Eigenarten der Apparate Innerer Sicherheit maßlos über- und die Gefahren für die demokratische Verfassung gefährlich unterschätzt. In einem demokratischen Verfassungsstaat hat die Polizei keinen ‚gesellschaftssanitären‘ Auftrag und das Strafrecht ist nicht dazu da, irgendetwas – und sei es ein Verbrechen – zu ‚bekämpfen‘. (1) Ihre Aufgabe besteht in der Sicherung zentraler Schutzgüter, durch die Androhung und Verhängung von Strafen, sofern diese verletzt werden.
Das Recht der Inneren Sicherheit ist bezogen auf die Handlungen von Personen. Der Störer im Polizeirecht, der Straftäter (Verdächtiger, Beschuldigter etc.) in der Strafprozeßordnung (StPO). Diese individualistische Ausrichtung ist kennzeichnend für unseren Rechtskreis; sie geht von verantwortlich handelnden Individuen aus, die belangt werden können, wenn sie eine Gefahr verursachen oder eine kriminalisierte Handlung begehen. Dieses Modell versagt jedoch vor den modernen Großgefahren. Es wird weder dem gerecht, was kollektive Akteure (Gruppen oder Unternehmen z.B.) tun, noch kann es auf solche Phänomene angemessen reagieren, die sich nicht auf das Verhalten einzelner zurückführen lassen. Wo dies doch geschieht, indem z.B. abstrakte Gefährdungsdelikte als Straftatbestände eingeführt werden oder indem die Strafbarkeitsschwellen gesenkt werden, werden gesamtgesellschaftliche Ursachenkomplexe zu Abweichungen schuldhaft handelnder Individuen verniedlicht. Eine solche Strategie muß scheitern. Umdenken in der Gesetzgebung: Polizei-, Strafprozeß- und Strafrecht weiterlesen
Kriminalität und Kriminalitätsfurcht – Wo gehobelt wird, fallen Späne
von Otto Diederichs
„Deutsche fürchten um ihr Eigentum“; „Berliner fühlen sich unsicher“; „Bürger fühlen sich von Krimellen bedroht“; „Kieler leben gefährlich“, lauten einige willkürlich aufgegriffene Schlagzeilen der letzten Jahre. Nimmt bzw. behält man die ‚Polizeiliche Kriminalstatistik‘ (PKS) zum Maßstab für die Kriminalitätsentwicklung, wird man nicht umhin können, gemeinsam mit dem Chor aus Politik, Polizei und Presse in das Klagelied von der stetig steigenden Kriminalität einzustimmen, denn mit dem Instrument der PKS vermessen, wächst die Kriminalitätsbelastung in der Bundesrepublik nahezu kontinuierlich an und hat sich in den vergangenen 30 Jahren mehr als verdoppelt. (1) Auch wenn verschiedene Indizien für eine tatsächliche Steigerung von Kriminalität sprechen, ist der Trend doch weitaus weniger dramatisch als dies der Öffentlichkeit immer wieder suggeriert wird. (2) Aus dem Anspruch, Leib, Leben und Eigentum seiner BürgerInnen zu schützen, leitet der moderne Staat einen Großteil seiner Legitimation ab. Die ‚Innere Sicherheit‘ genießt deshalb bei den Parteien einen hohen Stellenwert und in der Diagnose sind sich alle einig: Kriminalität und Gewalt bedrohen die öffentliche Sicherheit. Wo es jedoch konkret werden müßte, herrscht im Regelfall eher Ratlosigkeit und der Ruf nach ‚Mehr Grün auf die Straße‘ und/oder verstärkter Repression zur Abschreckung potentieller Täter. Kriminalität und Kriminalitätsfurcht – Wo gehobelt wird, fallen Späne weiterlesen
Redaktionelle Vorbemerkung
von Otto Diederichs
Statt wie gewohnt im März, erschien Heft 56 (1/97) dieses CILIP-Jahrgangs erst im Juni des Jahres. Durch diese bedauerliche, aber notwendige Verschiebung mußte zwangsläufig auch der Erscheinungstermin dieser Ausgabe weiter nach hinten rutschen. Die dritte Nummer des Jahrganges 1997 soll jedoch wieder zum gewohnten Rhythmus zurückkehren und Anfang Dezember erscheinen. Redaktionelle Vorbemerkung weiterlesen
Eine Sicherheitswacht für Sachsen: Politischer Taschenspielertrick nach bayerischem Vorbild
von Otto Diederichs
In Sachsen möchte man sich in Sachen ‚Innere Sicherheit‘ auch von seinen Patenländern Bayern und Baden-Württemberg nichts vormachen lassen. Das dortige Polizeigesetz, nach seiner Zurückweisung durch das sächsische Verfassungsgericht, derzeit in der innenministeriellen Überarbeitung, gilt als eines der schärfsten in der Bundesrepublik. Die sächsische Polizei lebt dementsprechend in starkem Maße von dem Nimbus, Verbrechen besonders entschieden zu bekämpfen. Allem Anschein nach reicht es offenbar nicht, den Landeskindern ein hinreichendes Sicherheitsgefühl zu vermitteln. In Dresden plant man daher, im Freistaat nach bayerischem Vorbild eine ‚Sächsische Sicherheitswacht‘ ins Leben zu rufen.
In Bayern existiert eine solche Sicherheitswacht bereits seit drei Jahren. Am Neujahrsmorgen 1994 trat dort ein ‚Sicherheitswachterprobungsgesetz‘ (SEG) in Kraft, das zunächst bis Ende 1996 befristet, am 19.12.96 in ein auf Dauer angelegtes Gesetz umgewandelt wurde. Das nun geplante ‚Sächsische Sicherheitswachterprobungsgesetz‘ (SächsSWEG) lehnt sich nicht nur in seinem Titel erkennbar an das bayerische SEG an. Legt man die beiden Gesetze nebeneinander, so zeigt sich, daß den Autoren des SächsSWEG das SEG des Nachbarlandes unübersehbar als Vorlage diente. Eine Sicherheitswacht für Sachsen: Politischer Taschenspielertrick nach bayerischem Vorbild weiterlesen
Reformen Innerer Sicherheit – Über die Notwendigkeit von Veränderungen
von Norbert Pütter
Noch nie schien sie so wichtig wie heute – und noch nie waren ihr Scheitern und ihre verheerenden Folgen so offensichtlich: ‚Innere Sicherheit‘ ist längst in den Strudel vordergründiger politischer Kampagnen geraten, in denen der Knüppel staatlicher Repression zum Allheilmittel gesellschaftlicher Probleme gekürt wird. Während die Schar der WählerInnenfänger ausschwärmt und die immergleiche Melodie vom starken Staat, vom Durchgreifen, von der sprichwörtlichen Ruhe und Ordnung etc. pfeift, wird eine demokratisch-bürgerrechtlich orientierte ‚Politik Innerer Sicherheit‘ nötiger denn je.
Wer den Blick in die Tagesnachrichten noch wagt, wird nicht enttäuscht. Die Regierenden bleiben sich treu. Die Beispiele könnten Seiten füllen. Ob der Justizminister höhere Strafen für Jugendliche fordert oder der Drogenbeauftragte der Bundesregierung Eduard Lintner die kontrollierte Heroinabgabe an Süchtige ablehnt, ob Bundesinnenminister Manfred Kanther beim PKK-Verbot bleibt oder der strafrechtliche und polizeiliche Kampf gegen Korruption, Schleuser, Schwarzarbeiter, Graffiti-Sprayer forciert werden soll: Bedrohungsszenarien und Kriminalisierungsforderungen überziehen das Land. Einer alten Tradition gemäß proben Sozialdemokraten die entsprechende Profilierung. Gerhard Schröders Parole zum Umgang mit straffällig gewordenen Ausländern zeigt, welche Alternativlosigkeit eine Regierung unter seiner Verantwortung verspricht. Reformen Innerer Sicherheit – Über die Notwendigkeit von Veränderungen weiterlesen