Archiv der Kategorie: CILIP 098

(1/2011) Internet unter Kontrolle? Die Staatsgewalt im Web 2.0

Top oder Flop? Werthebach-Kommission und neue Sicherheitsarchitektur

von Albrecht Maurer

Ende 2010 löste der Bericht der Werthebach-Kommission[1] wüste Proteste aus. Bundespolizei (BPol) und Bundeskriminalamt (BKA), die Polizeigewerkschaften und einige Landesinnenminister wehrten sich gegen eine Fusion der beiden „Sonderpolizeien des Bundes“. Nach dem Amtsantritt des neuen Bundesinnenministers schienen die Pläne erledigt. Wirklich?

Den Vorschlag, „aus den Polizeien des Bundes eine Polizei des Bundes zu machen“, fände er „überzeugend, bedenkenswert und verfolgenswert“, hatte der damalige Bundesinnenminister Thomas de Maizière erklärt, als er am 19. Dezember 2010 den Bericht der von ihm einberufenen Kommission unter Vorsitz des früheren Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Eckart Werthebach, präsentierte. „Kurz und schnell“ wollte er die Organisationsreform vollziehen und deshalb bereits im März 2011 eine Grundsatzentscheidung treffen.[2] Dazu kam es – dank der Kabinettsrochade – nicht mehr. Top oder Flop? Werthebach-Kommission und neue Sicherheitsarchitektur weiterlesen

Gläserne soziale Netzwerke – Fahndung in digitalen sozialen Interaktionen

von Christiane Schulzki-Haddouti

Menschen kommunizieren, planen, organisieren im Netz und können darüber auch Gleichgesinnte mobilisieren. Strafverfolger können aus den dabei anfallenden Daten nicht nur soziale Netzwerke rekonstruieren, sie können auch Social-Network-Dienste direkt für ihre Zwecke verwenden.

Eine Vielzahl von Diensten unterstützt die Kommunikation im so genannten Social Web. Über Soziale Netzwerke wie Facebook, Xing oder LinkedIn können Menschen Kontakte aufbauen und pflegen oder ihre Beziehungsnetze erweitern. Plattformen wie YouTube und Flickr bieten einfache Möglichkeiten für die Veröffentlichung oder den Tausch von Videos und Fotos. Über Microblogging-Dienste wie Twitter lassen sich per Rechner oder Smartphone Kurznachrichten und Bilder nicht nur an Freunde, sondern ganze Scharen von Interessierten verteilen. Kooperation und Kollaboration über Dienste, die Gruppenkommunikation unterstützen, erweitern die Reichweite der Nutzer – und erlauben eine orts- und zeitunabhängige Präsenz im Netz. Die Menschen geben dabei nicht nur Inhalte preis, sondern auch, wann sie wo mit wem kommunizieren. Gläserne soziale Netzwerke – Fahndung in digitalen sozialen Interaktionen weiterlesen

Digitaler Untergrund – Kriminalisten und Kriminalisierte wetteifern im Web 2.0

von Matthias Monroy und Heiner Busch

Mit der Ineinssetzung von Krieg, Terror und organisierter Kriminalität werden uferlose Kontrollinstrumente des Internet begründet. Dabei hat es bislang keinen „cyber-terroristischen“ Angriff gegeben.

Das digitale Böse lauert bei jedem Mausklick: So jedenfalls will es ein im Januar eigens für das Kriminalitätsphänomen Internet erstellter Bericht von Europol glauben machen. Das fortan alle zwei Jahre publizierte „Threat Assessment on Internet Facilitated Organised Crime“ (iOCTA)[1] der EU-Polizeiagentur analysiert, wie das Internet als Kommunikationsmittel, Informationsquelle, Marktplatz, Ort zur Suche nach Gleichgesinnten und Finanzdienstleister dient. Nichts Neues eigentlich, nur dass im Focus von Europol vor allem organisierte Kriminelle stehen, die demnach mit neuen digitalen Möglichkeiten ihre „offline organisierte Kriminalität“ befördern: Herstellung von und Handel mit Drogen, Menschenhandel, Produktpiraterie, Steuerbetrug mit so genannten „Karussellgeschäften“, Währungsfälschung, Waffenhandel oder Kinderpornografie. Online-Glücksspiele helfen laut Europol, das ergaunerte Geld weltweit und damit schwer nachvollziehbar in geregelte Finanzströme zu überführen. Auch illegalisierte Migration wird laut Europol vom Internet begünstigt. Digitaler Untergrund – Kriminalisten und Kriminalisierte wetteifern im Web 2.0 weiterlesen

Redaktionsmitteilung

So schnell kann das gehen: Noch im Frühjahr dieses Jahres applaudierten PolitikerInnen und Medien auch hierzulande den „Facebook-Revolutionen“ in Tunesien und Ägypten. Mutige BloggerInnen hatten der Meinungsfreiheit zum Durchbruch verholfen. Via Twitter kamen die Demo-Termine und auf YouTube konnte man Handy-Filme der Aufständischen bestaunen.

Nur wenige Monate später ist die Begeisterung verflogen. Im „Spiegel“ wettert Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich Anfang August gegen die „anonymen Blogger“, bei denen sich Anders Breivik, der Attentäter von Oslo, die Versatzstücke seiner Ideologie zusammengesucht hat. Warum müssen sie „ihre wahre Identität nicht offenbaren?“, fragt er. Ein Vermummungsverbot fürs Internet will er aber nicht gefordert haben. Im britischen Unterhaus entsetzt sich Premier David Cameron darüber, dass sich die Randalierer in London und anderen Städten über die diversen „social media“ verabredet haben. Er propagiert Kommunikationssperren. Redaktionsmitteilung weiterlesen

Summaries

Thematic focus: The internet under control?

Digital underground: Web 2.0 as new arena for criminal investigators and those being labelled criminal
by Matthias Monroy and Heiner Busch

Unlimited instruments to control the internet are justified by the equation of war, terrorism and organised crime. Hence the open nature of the internet is becoming the projection surface for security ideologies of all kind. The article provides an overview of current scenarios of threat and of those who articulate these. Summaries weiterlesen

Grenzüberschreitendes Spitzelwesen

Neue Enthüllungen über den gegenwärtig bekanntesten Ex-Spitzel haben in Großbritannien für Aufsehen gesorgt: Der Undercover-Polizist Mark Kennedy hatte gegenüber der Presse erklärt, er sei damit beauftragt gewesen, den von ihm infiltrierten Aktivisten Tatvorwürfe wie „conspiracy“ (entspricht der deutschen „Vereinigung“) anzuhängen.[1] Die britische Polizei wollte gegen die Ausgeforschten nicht mehr nur wegen kleinerer Delikte wie Sachbeschädigung oder Hausfriedensbruch ermitteln. Grenzüberschreitendes Spitzelwesen weiterlesen

Europaweite Fahndungstage mit fragwürdigem Erfolg

Mehr als 21.000 PolizistInnen waren Anfang Februar 2011 im Einsatz, um im Rahmen eines groß angelegten Fahndungstages europaweit gegen das Verschieben gestohlener Autos vorzugehen. Im Rahmen der „Joint Police Operation“ AUTOMOTOR wurden vom 17. bis zum 19. Februar 150.484 Fahrzeuge, 156.510 Personen und 154.022 Ausweise kontrolliert. Angeführt von Ungarn beteiligten sich Polizeibehörden aus 17 EU-Staaten sowie Kroatien an der Aktion. Involviert waren darüber hinaus Europol, Interpol und das europäische TISPOL-Netzwerk von Autobahnpolizeien. Europaweite Fahndungstage mit fragwürdigem Erfolg weiterlesen

Auf dem Weg zu einem EU-Geheimdienst?

„Die Zukunft der EU-Intelligence und Inneren Sicherheit“, das war der Titel einer Anhörung, die die Europäische Volkspartei, die konservative Fraktion im Europäischen Parlament (EP), am 30. März 2011 in Brüssel organisierte. Auch angesichts des Aufbaus des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) sollte die künftige Form nachrichtendienstlicher Kooperation unter dem Dach der EU ausgelotet werden.[1] Hintergrund der Veranstaltung waren zum einen die laufende Revision der EU-Terrorismus-Bekämpfung und zum anderen die Pläne für die Umsetzung der EU-Strategie für die Innere Sicherheit (ISS). Auf dem Weg zu einem EU-Geheimdienst? weiterlesen