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„Reisende Täter“ – OK-Bekämpfung und rassistische Stigmatisierung

Seit mehr als zehn Jahren steht die Figur der „reisenden Täter“ im Zentrum der polizeilichen Bekämpfung von mutmaßlich organisierter Eigentumskriminalität. Im Rahmen der täterorientierte Verfolgungsstrategie haben insbesondere als Sint_izze und Rom_nja markierte Menschen ein hohes Risiko, ins Visier polizeilicher Ermittlungen wegen Organisierter Kriminalität (OK) zu geraten.

 Als nach 2008 die Einbruchszahlen in Deutschland deutlich stiegen, waren die vermeintlich Schuldigen schnell benannt: „Reisende Täter“ oder „mobile kriminelle Banden“ aus Ost- und Südosteuropa wurden von Innenpolitik und Polizei verantwortlich gemacht und die Bekämpfungsstrategien entsprechend ausgerichtet. Den Höhepunkt fand die Entwicklung, als die Innenministerkonferenz (IMK) auf ihren Sitzungen 2016 erklärte, dass die Bekämpfung reisender Einbrecherbanden weiterhin oberste Priorität habe und die konsequente Umsetzung eines „täterorientierten Ansatzes“, eine Stärkung der länderübergreifenden Zusammenarbeit sowie die Verschärfung des Strafrechts und neue Befugnisse zur Strafverfolgung forderte.[1]
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Wechselt häufig Aufenthaltsort: Kontinuität antiziganistischer Ermittlungsansätze[1]

von Markus End

Für deutsche Polizeibehörden gehören antiziganistische Ermittlungs­ansätze seit dem 19. Jahrhundert zum festen Repertoire. Bis heute lassen sich unzulässige Datenspeicherungen, Hinweise auf vermeintliche Minderheitenzugehörigkeit in polizeilicher Kommunikation und darauf basierende Ermittlungstätigkeiten nachweisen.

Spät aber oho: Europas Politik und Medien haben empört auf die Aussagen des italienischen Innenministers Matteo Salvini reagiert. Er hatte im Juni angekündigt, die im Land lebenden Rom_nja zählen zu wollen und spöttisch hinzugefügt, italienische Staatsbürger_innen müsse man „unglücklicherweise behalten“. Immer wenn die deutsche Öffentlichkeit den Rassismus in anderen Ländern verortet, sollte das Anlass genug sein, die Situation in der Bundesrepublik genauer unter die Lupe zu nehmen.

Um es gleich deutlich zu formulieren: Historisch gehörten antiziganistische Ermittlungsansätze zur Grundlage der polizeilichen Arbeit in Deutschland, in vielen Bereichen lieferten sie sogar die Motivation zur Einführung neuer Techniken, Methoden oder Verfahren. Die Verwendung des Begriffs „Zigeuner“ als Polizeikategorie lässt sich bereits im frühen 18. Jahrhundert nachweisen und die polizeiliche Verfolgung selbst hatte einen starken Anteil an der inhaltlichen Ausprägung des Ter­minus, indem sie den Begriff als Etikett für bestimmte Formen ‚unerwünschten Verhaltens‘ etablierte. Wechselt häufig Aufenthaltsort: Kontinuität antiziganistischer Ermittlungsansätze[1] weiterlesen