Spitzel mit doppelter Staatsbürgerschaft

Laut dem Bundesinnenministerium dürfen die Bundespolizei, das Bundeskriminalamt, der Verfassungsschutz, Zollbehörden, der Bundesnachrichtendienst und der Militärische Abschirmdienst sogenannte Tarnpapiere ausstellen. Allerdings verfüge die Bundesregierung über keinen Überblick zur Gesamtzahl der MitarbeiterInnen von Polizeien und Geheimdiensten mit doppelten Identitäten. Auch zu den Bundesländern habe das Ministerium keine Zahlen. Landesbehörden dürfen Ausweisdokumente mit Tarnidentitäten in eigener Verantwortung ausstellen und müssen dies nicht gegenüber der Bundesregierung anzeigen.

Tarnpapiere werden unter anderem für verdeckte Ermittlungen, Agententätigkeiten oder im Bereich des Zeugenschutzes genutzt. In der Antwort des Bundesinnenministeriums auf die parlamentarische Anfrage heißt es, dass eine Vergabe auch an „Mitarbeiter anderer Behörden“ oder von den Behörden „beauftragte Personen“ erfolgen kann. Dies würde bedeuten, dass auch Privatpersonen mit falschen Urkunden und Ausweisen ausgestattet werden dürfen. Der Ausstellung geht eine einwohnermelderechtliche Erfassung im Melderegister voraus. Für Bundes-, Landes- und Kommunalwahlen wird dann auch eine Wahlbenachrichtigung versandt. Sogar die Teilnahme am Rechtsverkehr ist erlaubt, denn unter Legende abgeschlossene Verträge und Verwaltungsakte sind trotzdem gültig.

Angehörige ausländischer Geheimdienste können ebenfalls Tarnpapiere erhalten. In der Antwort werden die Begünstigten als „Personen, die sonst für die Nachrichtendienste tätig sind“ umschrieben. Im Rahmen seiner mittlerweile aufgelösten „Hauptstelle für Befragungswesen“ (HBW) hat der Bundesnachrichtendienst „Deckpapiere“ an „Befrager“ US-amerikanischer oder britischer Geheimdienste ausgestellt, damit diese sich als Deutsche ausgeben können. Zu den Papieren gehörten ein Bundespersonalausweis, ein deutscher Führerschein und ein HBW-Dienstausweis. Das Blog Netzpolitik veröffentlicht hierzu ein BND-Dokument, das diese Praxis als „Routinevorgang, der bis in die 50er Jahre zurückgeht“ beschreibt.