Archiv der Kategorie: CILIP 062

(1/1999) Polizeien des Bundes

Vorbild BKA – Zentralisierung der Schweizerischen Kriminalpolizei

von Heiner Busch

Das schweizerische Polizeisystem ist mehr noch als das der BRD ein föderalistisches. Eine größere Rolle spielte der Bund traditionell nur beim Staatsschutz, der politischen Polizei, die in einer Abstimmung im Juni 1998 bestätigt wurde. Seit Anfang der 90er Jahre strickt das Justizministerium (Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement – EJPD) an einer weitreichenden Zentralisierung, bei der die kriminalpolizeilichen Zentralstellendienste (ZSD) eine hervorgehobene Bedeutung haben. Schweizer PolizistInnen liebäugeln mit der Idee eines Bundeskriminalamtes.

Der 1989 von einer Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) ins Rollen gebrachte Skandal um die Akten der politischen Polizei, der Fichenskandal, bildet eine Wasserscheide in der Entwicklung der schweizerischen Polizei. Unter den zu diesem Zeitpunkt existierenden Polizei- bzw. Strafverfolgungsinstitutionen des Bundes war die Bundesanwaltschaft (BA) die bedeutendste: Sie war und ist gleichzeitig Anklage- und Ermittlungsbehörde in allen der Bundesgerichtsbarkeit unterstehenden Fällen (Straftaten von Mitgliedern der Bundesverwaltung, die meisten politischen Delikte, Falschgeld etc.) sowie für international und interkantonal bedeutsame Fälle von Drogenhandel. Ihr angegliedert war (und ist) die Bundespolizei (BUPO), die von der BA einerseits mit gerichtspolizeilichen Ermittlungen betraut werden kann und andererseits als Zentrale des präventiven Staatsschutzes, anders ausgedrückt: der politischen Polizei, agiert. Vorbild BKA – Zentralisierung der Schweizerischen Kriminalpolizei weiterlesen

Inpol-neu – Folgen für den Datenschutz

von Antonia Wirth

Das 1972 beim BKA in Betrieb genommene Informationssystem der Polizeien des Bundes und der Länder – kurz: INPOL – ist in die Jahre gekommen. Nach 27jähriger Dienstzeit rund um die Uhr soll es im nächsten Jahr durch ein modernes Datenbanksystem abgelöst werden. Dessen schlichte Bezeichnung INPOL-neu läßt die damit einhergehende Neustrukturierung des Datenbestandes und der Datenverarbeitung nicht erkennbar werden.

Als das aktuelle INPOL-System eingeführt wurde, galt es als technische Meisterleistung. Man hatte es geschafft, die teilweise bereits vorher existierenden und nur begrenzt kompatiblen EDV-Systeme der Länderpolizeien in einem gemeinsamen Datenverbund mit dem BKA zusammenzufassen. Seit den 70er Jahren wurde das System ständig ausgebaut. Insbesondere seit der Einführung der PIOS-Dateien (Personen – Institutionen – Objekte – Sachen) kamen immer neue Anwendungen, neue Dateien, mit unterschiedlichen Operationscodes und Erfassungsmasken hinzu. Eine Folge davon war, daß immer gleiche Grunddaten in verschiedenen Dateien wiederholt erfaßt wurden und die Fallbeschreibungen je nach Anwendung variierten. Inpol-neu – Folgen für den Datenschutz weiterlesen

Zollfahndung und Zollkriminalamt – Die unbekannten und unterschätzten Polizeien

von Heiner Busch

Am 24. Dezember 1999 werden die deutschen ZollfahnderInnen nicht nur Weihnachten feiern können. Der Zollfahndungsdienst (ZFD) wird 80. Wer in Polizeifachzeitschriften nach Artikeln über die Kriminalpolizei der Zollverwaltungen und ihre Zentralstelle, das Zollkriminalamt (ZKA), sucht, wird jedoch nicht viel finden. Der ZFD wird häufig weder von seinen polizeilichen PartnerInnen, noch von der Polizeikritik für voll genommen. Zu Unrecht.

Die fehlende Aufmerksamkeit gegenüber dem Zoll dürfte u.a. darin begründet sein, daß er dem Bundesfinanzministerium und nicht den Innenministerien unterstellt ist. Tatsächlich sind die Zollbehörden in erster Linie Verwaltungsbehörden. Ihnen obliegt die Verwaltung von Zöllen und Verbrauchssteuern, die Anwendung der EG-Zoll- und Agrarregelungen, die Überwachung des Außenwirtschaftsverkehrs und damit zusammenhängend auch jener Verbote und Beschränkungen, die sich aus diversen Gesetzen ergeben – vom Betäubungsmittel- und Kriegswaffenkontrollgesetz bis hin zum Geflügelfleischhygienegesetz. Diese Verwaltungsaufgabe wird großenteils von den 21 Oberfinanzdirektionen sowie den ihnen nachgeordneten 113 Hauptzollämtern (HZÄ) durchgeführt. Den HZÄ in Grenznähe ist ferner der Zollgrenzdienst (ZGD) mit den Zollabfertigungsstellen, -kommissariaten und Grenzaufsichtsstellen angeschlossen. Die meist uniformierten ZGD-BeamtInnen teilen sich mit dem BGS die Aufgaben der Grenzkontrolle und -überwachung. Zollfahndung und Zollkriminalamt – Die unbekannten und unterschätzten Polizeien weiterlesen

Bundesgrenzschutz – Eine omnipräsente und omnipotente Bundespolizei?

von Petra Pau und Katina Schubert

Freiberg im Erzgebirge, Juli 1998: Der Bundesgrenzschutz (BGS) verfolgt auf deutscher Seite einen Bus, der mit Flüchtlingen besetzt ist, die die Grenze illegal überschritten hatten. Die Verfolgung endet in einem Unfall. Sieben Flüchtlinge sterben; etliche werden verletzt. Der BGS weist jede Schuld von sich. Die Verletzten müssen die Bundesrepublik verlassen. Seit 1989 spielen sich solche Szenen an den deutschen Ostgrenzen fast täglich ab. Mindestens 70 Menschen haben seitdem dort ihr Leben gelassen.

Szenenwechsel: München Hauptbahnhof, August 1998: „Ihren Ausweis!“ Drei junge Männer werden von fünf Polizisten umringt und angeherrscht. „Warum wollen Sie meinen Ausweis kontrollieren?“, fragt einer. „Das geht sie gar nichts an, wir dürfen hier jeden und alles kontrollieren“, lautet die Antwort des BGS-Beamten. Der Mann wird zur Seite geschleudert und muß sich einer Leibesvisitation unterziehen.

Nachdem Kommunismus und Terrorismus als Hauptbedrohungen der Inneren Sicherheit und des allgemeinen westdeutschen Konsenses ausgedient hatten, traten drei neue Bedrohungsszenarien auf den Plan: die illegale Einwanderung, die organisierte Kriminalität und der Drogenhandel. Eine Schlüsselrolle bei der Bekämpfung der illegalen Einwanderung und zum Teil der sog. organisierten Kriminalität, darunter die organisierte Fluchthilfe, nahm spätestens seit 1990 der Bundesgrenzschutz ein. Bundesgrenzschutz – Eine omnipräsente und omnipotente Bundespolizei? weiterlesen

Das Bundeskriminalamt – Intelligence-Zentrale oder Schaltstelle des bundesdeutschen Polizeisystems?

von Hartmut Aden

Das Bundeskriminalamt hat heute drei Hauptfunktionen: Es ist die Informations- und Technikzentrale des bundesdeutschen Polizeisystems, die Schnittstelle zwischen internationalen und bundesdeutschen Polizeistellen, und es hat für eine Reihe von Fällen eigenständige Ermittlungsbefugnisse. Zwei weitere Aufgaben kommen hinzu: die Kriminalistik und der Schutz von Mitgliedern der Verfassungsorgane.

Die Geschichte des Bundeskriminalamtes (BKA) ist die eines kontinuierlichen Ausbaus. Bei näherer Betrachtung steckt dahinter ein doppelter Wachstumsprozeß. Zum einen entwickelten die ursprünglichen Aufgaben des Amtes eine Eigendynamik. Zum anderen wuchs die Behörde durch zusätzliche Aufgaben. Das Bundeskriminalamt – Intelligence-Zentrale oder Schaltstelle des bundesdeutschen Polizeisystems? weiterlesen

Literatur

Zum Schwerpunkt

Die Literatur zu den „Polizeien des Bundes“ ist insgesamt spärlich. Nach wie vor gibt es keine halbwegs umfassende Darstellung von Bundeskriminalamt oder Bundesgrenzschutz, die nicht von Polizisten oder im Auftrag der Polizeien verfaßt worden ist. Wer sich über die zentralen deutschen Polizeibehörden informieren will, ist deshalb auf Polizei- und polizeinahe Quellen angewiesen. Die wichtigsten werden im folgenden aufgelistet. Literatur weiterlesen

Hochrangige Gruppe Asyl und Einwanderung

Dies ist der Name einer neuen Arbeitsgruppe, die der Rat am 8./9.12.1998 eingesetzt hat. Auf die Gruppe gehen diverse „Aktionspläne zur Bekämpfung von Fluchtursachen“ zurück, mit denen Druck auf die Herkunftsstaaten von Flüchtlingen ausgeübt werden soll. Danach wird die EU in folgenden Ländern bzw. Regionen aktiv: Marokko, Afghanistan/Pakistan, Somalia, „Albanien und Nachbarland“ (i.e. Kosovo), Sri Lanka. Der bereits im Januar 1998 vom Rat angenommene Plan zu „Irak und Nachbarregionen“ soll fortgeführt werden. Er dient denn auch als Muster für die fünf neuen Regionen: Hochrangige Gruppe Asyl und Einwanderung weiterlesen

Europol: Geschäftsordnung der Kontrollinstanz

Die Europol-Konvention ist zwar im Oktober 1998 in Kraft getreten. Dennoch konnte sie bisher nicht angewendet werden. Das Haager Amt arbeitet nach wie vor als Europol-Drogen-Einheit, darf also die eigenen Computersysteme noch nicht gebrauchen. Grund hierfür ist ein Streit zwischen den Regierungen der BRD und Frankreichs über die Geschäftsordnung der Gemeinsamen Kontrollinstanz, die vorab vom Rat einstimmig gebilligt werden muß. Die nationalen Datenschutzbeauftragten, die jeweils mit zwei Personen in der Kontrollinstanz vertreten sind, hatten sich im November 1998 auf einen Entwurf geeinigt.[1] Das darin vorgesehene Verfahren vor dem Beschwerdeausschuß der Kontrollinstanz – so befürchtet die französische Regierung – könnte die Geheimhaltung von Europol-Daten aufweichen. Europol: Geschäftsordnung der Kontrollinstanz weiterlesen