Archiv der Kategorie: CILIP 077

(1/2004) Polizeiliche Statistik

Polizei betreibt City-Pflege – Polizeiliche Aufenthaltsverbote in der Stadt Bern

von Karin Gasser

Die Schweizerische Bundeshauptstadt Bern ist bekannt für ihr mittelalterliches Stadtbild und die grüne Aare, die sich um die Altstadt windet. In dieser scheinbar so friedlichen Stadt nehmen Themen wie Sauberkeit, Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum seit einigen Jahren eine zentrale Position in der stadtpolitischen Diskussion ein.

Die Polizei hat maßgeblich dazu beigetragen, dass sich dieser Sicherheitsdiskurs unabhängig von realen Bedrohungen verselbständigt und verstärkt hat. Seit fünf Jahren praktiziert sie regelmäßig Wegweisungen aus bestimmten Zonen der Innenstadt und bringt sich damit im ganzen Land in die Schlagzeilen – und verletzt Grundrechte. Wegweisungsverfügung heißt das Zaubermittel, das ihr zur Verfügung steht, seitdem der Kanton Bern 1998 sein neues Polizeigesetz in Kraft setzte. Diese polizeiliche Praxis hat in der Schweiz Pilotcharakter – Nachahmungen anderer Städte sind absehbar, denn die Praxis genießt eine breite politische Unterstützung. Wie ist eine solch neue Strategie in einem gesamtgesellschaftlichen Kontext zu verstehen? Worauf zielt sie im Grunde genommen ab und wie ist sie entstanden? Polizei betreibt City-Pflege – Polizeiliche Aufenthaltsverbote in der Stadt Bern weiterlesen

Editorial

von Heiner Busch

„Frieden, das ist nur Schlamperei, erst der Krieg schafft Ordnung. Die Menschheit schießt ins Kraut im Frieden. Mit Mensch und Vieh wird herumgesaut, als wärs gar nix … Wie viele junge Leut und gute Gäul diese Stadt da vorn hat, weiß kein Mensch, es ist niemals gezählt worden. Ich bin in Gegenden gekommen, wo kein Krieg war vielleicht siebzig Jahr, da hatten die Leut überhaupt noch keine Namen, die kannten sich selber nicht. Nur wo Krieg ist, gibt’s ordentliche Listen und Registraturen, kommt das Schuhzeug in Ballen und das Korn in Säck, wird Mensch und Vieh sauber gezählt und weggebracht, weil man eben weiß: Ohne Ordnung kein Krieg.“ Editorial weiterlesen

Die Polizei und ihre Statistik – Instrument der Erkenntnis, der Planung oder der Politik?

von Heiner Busch

Fünfzig Jahre Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) sind fünfzig Jahre vorprogrammierter Missverständnisse. Die Polizei weiß heute, dass die PKS nur eine Anzeigenstatistik ist. Diese Erkenntnis hält weder sie davon ab, PKS-Daten zur Basis von Lagebildern oder Einsatzplanungen zu machen, noch bewahrt es die Öffentlichkeit vor den alljährlichen Schockmeldungen über gestiegene Kriminalität.

Am Anfang, 1953, war da ein dünnes Heftchen. Heute ist die Polizeiliche Kriminalstatistik der Bundesrepublik Deutschland ein Wälzer von über 250 Seiten Definitionen, Erklärungen und Analysen und mehr als 170 Seiten Tabellen. Hinzu kommen oft ebenso dicke Bände aus den Bundesländern. Der Umfang der erfassten Merkmale und der Auswertungen ist erheblich gewachsen. Die Polizei, so ließe sich daraus schließen, weiß heute erheblich mehr über die bundesdeutsche Gesellschaft und ihre Kriminalität als noch vor 50 Jahren. Die Polizei und ihre Statistik – Instrument der Erkenntnis, der Planung oder der Politik? weiterlesen

Summaries

Statistics as police instrument
by Heiner Busch
Germany’s police crime statistics (PKS) is fifty years old. The initially meagre file has turned into a tome. Today, police know that PKS is not a representation of crime reality but merely a statistics of reports received by the police. This, however, does not prevent politicians to abuse the regular „increase in crime“ for their political propaganda, nor does it stop the police from using registered crime data for operational purposes. Summaries weiterlesen

Europol-Arbeitsdateien

Im Dezember 2003 betrieb Europol 19 Arbeitsdateien zu Analysezwecken. Darin waren insgesamt 146.183 Personen erfasst. Dies ergibt sich aus einer nachträglichen Antwort des Staatssekretärs im Bundesinnenministerium, Fritz Rudolf Körper, auf eine Anfrage der PDS-Abgeord­neten Petra Pau. Es ist das erste Mal, dass eine solche – wenn auch knappe – Zusammenstellung der Analyseprojekte und -dateien von Europol veröffentlicht wird. Wie Körper bereits während der Fragestunde des Bundestages am 24. September 2003 erklärte, musste er für die Bekanntgabe der Zahl gespeicherter Personen eigens die anderen Mitgliedstaaten um Zustimmung ersuchen. Europol habe „inzwischen mitgeteilt“, dass dem „keine Hindernisse“ im Wege stünden, heißt es in dem Nachbericht vom 15. Januar dieses Jahres. Europol-Arbeitsdateien weiterlesen

Anti-Terror-Beschlüsse der EU

Wie nach dem 11. September 2001 haben auch die Anschläge in Madrid am 11. März 2004 hektische Aktivitäten der EU-Gremien hervorgerufen. Am 18. März legte die Kommission ein „action paper“ vor. Am 19. März trafen sich die Innen- und Justizminister zu einer Sondersitzung. Eine Woche danach tagten die Staats- und Regierungschefs und beschlossen eine „Erklärung zum Kampf gegen den Terrorismus“.[1] Anti-Terror-Beschlüsse der EU weiterlesen

Graffiti-Bekämpfung in Sachsen

Auf Bundesebene ist der Gesetzentwurf zur „Graffiti-Bekämpfung“ gescheitert. Inhalt war eine Erweiterung des Sachbeschädigungsparagrafen um die Handlungsalternative der „Veränderung des Erscheinungsbildes einer Sache gegen den Willen des Eigentümers oder sonst Berechtigten“. Graffiti, die ohne eine Substanzverletzung an der Sache angebracht werden, hätten so als Straftat verfolgt werden können. Das Scheitern der Initiative rief den sächsischen Innenminister auf den Plan, der jetzt per Polizeiverordnung „illegale Graffiti“ als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße bis zu 1.000 Euro sanktionieren lässt. Graffiti-Bekämpfung in Sachsen weiterlesen

Toll Collect is watching you!

Pleiten, Pech und Pannen kennzeichnen das Mautsystem des Toll Collect Konsortiums, dessen Einführung nunmehr im dritten Anlauf für Anfang 2005 geplant ist. In einer Presseerklärung vom 4. November 2003 machten mehrere Bürgerrechtsorganisationen deutlich, dass das Projekt nicht nur ein technisches und finanzielles Problem darstellt, sondern auch ein datenschützerisches. Toll Collect is watching you! weiterlesen

Geheimdienstliche Telekommunikations-Überwachung 2003

Anfang März legte das Parlamentarische Kontrollgremium (PKG) des Bundestages seinen jährlichen Bericht über die Post- und Fernmeldekontrollen der Geheimdienste vor.[1] In wie vielen Fällen die Schlapphüte Telefone anzapften oder Briefe öffnen ließen, geht daraus nicht eindeutig hervor. „Die Anzahl der Verfahren“, in denen das Bundesamt für Verfassungsschutz und der Militärische Abschirmdienst zu diesen Mitteln griffen, „lagen im Berichtszeitraum zwischen 34 und 51“. Davon betroffen waren zwischen 205 und 291 Personen. Geheimdienstliche Telekommunikations-Überwachung 2003 weiterlesen

Fahnden für Otto S.

Bundesinnenminister Otto Schily hat am 15. Februar 2004 in Berlin grünes Licht für die bundesweite SMS-Fahndung gegeben. Mit diesem neuen Instrument zur Kriminalitätsbekämpfung, so Schily, könnten BürgerInnen die Polizei bei der Nahbereichsfahndung unterstützen. Sie melden sich mit der Nummer ihres Mobiltelefons und der Angabe der nächst gelegenen Polizeidienststelle auf der Homepage des BKA an und erhalten jeweils per SMS lokale Fahndungsmeldungen der Polizei. Fahnden für Otto S. weiterlesen