Schlagwort-Archive: Neonazis

Schattenarmee oder Einzelfälle? – Rechte Strukturen in den Sicherheitsbehörden

Sebastian Wehrhahn und Martina Renner

Der Fall Franco A., rechte Chatgruppen, der Verein Uniter, Feindeslisten und Drohbriefe: Wie weit reichen die rechten Netze in der Bundeswehr und der Polizei?

Als bekannt wurde, dass der rechte Bundeswehr-Oberleutnant Franco A. sich eine Tarnidentität als Flüchtling aufgebaut hatte, um möglicherweise Anschläge zu begehen, waren Aufmerksamkeit und Druck groß. Zwar währte dieser Druck nicht lange, unmittelbar reichte er jedoch, um die Verteidigungsministerin dazu zu bringen, eine durchaus grundsätzliche Initiative zu lancieren. „Die Bundeswehr hat ein Haltungsproblem und sie hat offensichtlich eine Führungsschwäche auf verschiedenen Ebenen und da müssen wir konsequent dran gehen“, äußerte sich Ursula von der Leyen damals.[1] Schattenarmee oder Einzelfälle? – Rechte Strukturen in den Sicherheitsbehörden weiterlesen

Schatten der Vergangenheit – Kritischer Blick auf die Aussteigerprogramme für Neonazis

Interview mit Prof. Esther Lehnert

„Im Mittelpunkt der Aussteigerprogramme für Neonazis steht eine männliche Zielgruppe, die vor allem anhand ihrer Defizite gesehen wird: gewalttätig, kriminell, ideologisch radikal“, sagt Prof. Esther Lehnert, die an der Alice-Salomon-Hochschule in Berlin zu sozialpädagogischen Strategien im Umgang mit Rechtsextremismus forscht. Dirk Burczyk befragte sie nach Parallelen zwischen den Programmen für Neonazis und denen für djihadistisch/islamistische AkteurInnen.

In der Debatte um Strategien in der Auseinandersetzung mit islamistischen Strömungen und gewalttätigen „Djihadisten“ wird als ein Element neben polizeilichen und geheimdienstlichen Anti-Terror-Maßnahmen auch immer das Stichwort „Deradikalisierung“ genannt. Darunter werden insbesondere Aussteigerprogramme verstanden, wie es sie für den Rechtsextremismus schon lange gibt. Was waren die Ursprünge in Deutschland, was waren die ersten Ansätze der Aussteigerarbeit mit Neonazis? Schatten der Vergangenheit – Kritischer Blick auf die Aussteigerprogramme für Neonazis weiterlesen

Nazi-Spitzel Trinkaus: Noch eine Thüringer V-Mann-Geschichte

von Paul Wellsow

Der Untersuchungsausschuss „V-Leute gegen Abgeordnete“ (UA 5/2) des Thüringer Landtages lieferte interessante Einblicke in das trübe Innenleben und den dubiosen Alltag des „Verfassungsschutzes“.

Parallel zur Aufklärung rund um den „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) setzte das Landesparlament im Dezember 2012 auf Antrag der Fraktion DIE LINKE und mit Unterstützung von GRÜNEN und SPD einen weiteren Untersuchungsausschuss ein. Das Gremium sollte Aufklärung über die Anwerbung, Führung und die dubiosen Aktivitäten des früheren NPD-Funktionärs und Spitzels des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz (TLfV) Kai-Uwe Trinkaus bringen. Konkret ging es darum, die „erfolgte Bespitzelung, Herabwürdigung und Infiltration von Parteien, Fraktionen und Vereinen“ durch Trinkaus aufzuklären und herauszufinden, ob seine Aktivitäten „mit Wissen und/oder Zustimmung“ des TLfV und der Landesregierung erfolgten, wie es im Einsetzungsbeschluss hieß. Trinkaus hatte während seiner Zeit als V-Mann Aktionen initiiert, mit denen Abgeordnete verschiedener Parteien aus Land und Bund sowie GewerkschafterInnen öffentlich diskreditiert wurden sowie Fraktionen des Landtages, die Verwaltung des Parlaments und Vereine unterwandert worden waren. Sein Vorgehen erinnerte BeobachterInnen schon damals an geheimdienstliche Methoden.[1] Nazi-Spitzel Trinkaus: Noch eine Thüringer V-Mann-Geschichte weiterlesen

Warum ich trotzdem für ein Verbot der NPD bin

von Annelie Buntenbach

Ein Verbot der NPD löst das Problem des Rechtsextremismus nicht. Es nährt allerdings diese Illusion, wenn sich die Debatte wie im Herbst 2000 ganz überwiegend darauf beschränkt. Rechtsextremismus ist kein Problem am Rand dieser Gesellschaft, sondern es kommt aus der Mitte.

Viel notwendiger als repressive sind zivile Maßnahmen, etwa ein Ende der ausgrenzenden Diskurse über Asyl und Einwanderung oder eine Politik der gleichen Rechte für Minderheiten, deren Ausgrenzung aus der Gesellschaft und Diskriminierung eine wesentliche Ursache auch für neonazistische Gewalt ist. Auch anderen Opfergruppen der Rechtsextremen, wie etwa Obdachlosen, wäre weit mehr geholfen, wenn die Armut bekämpft würde und nicht ihre Sichtbarkeit durch Ausgrenzung und Vertreibung aus den Innenstädten. Rechtsextreme und Neonazis ziehen ihre Legitimation für Gewalt aus diesem politischen und gesellschaftlichen Verhalten. Sie setzen in Gewalt um, was sie für den „Volkswillen“ halten. Diese Beispiele seien vorausgeschickt, um die beschränkte Wirksamkeit einer Verbotspolitik deutlich zu machen, die nicht in eine Gesellschaftsveränderung in Richtung Solidarität, Respekt und Toleranz oder mehr Demokratie eingebettet ist. Die Herauskehrung des autoritären Staates, die in der Handhabung des NPD-Verbots zum Ausdruck kommt, ist in dieser Hinsicht sogar kontraproduktiv. Trotzdem bin ich in der Sache für ein Verbot der NPD. Warum ich trotzdem für ein Verbot der NPD bin weiterlesen