von Heiner Busch und Norbert Pütter
Während die Staatsführungen diesseits und jenseits des Atlantiks nicht müde werden zu betonen, dass der internationale islamistische Terrorismus die größte Gefahr für Demokratie und Freiheit darstelle, wird zusehends deutlicher, dass diese Regierungen selbst Menschen- und Bürgerrechte systematisch und dauerhaft verletzen.
Der neue, nicht nur transatlantische, sondern weltweite Anti-Terrorismus ist durch drei Elemente gekennzeichnet: Erstens wird in seinem Namen eine internationale Infrastruktur der Überwachung geschaffen. Zweitens werden mit ihm Kriege und militärische Operationen begründet. Und drittens wird im anti-terroristischen Kampf ein Instrumentarium entwickelt, das sich den herkömmlichen Kategorien entzieht: Es ist weder Krieg noch Strafverfolgung oder Gefahrenabwehr, es verknüpft militärische, polizeiliche und geheimdienstliche Aktionen; es steht außerhalb des Rechtssystems und stellt die Betroffenen rechtlos; es schaltet Öffentlichkeit und Parlamente aus und verbindet geheime exekutive Praktiken mit einem umfassenden Repertoire an Sanktionen. Staatsgewalt jenseits des Rechts – Der transatlantische Kampf gegen die Menschenrechte weiterlesen →
von Heiner Busch
Die CIA entführt „Terrorverdächtige“ in eigene geheime Verhörzentren oder in Folterstaaten. Europäische Geheimdienste helfen ihr dabei.
Am 17. Oktober 2006 unterzeichnete US-Präsident George W. Bush den Military Commissions Act.[1] Das Gesetz legalisierte nicht nur die Militärtribunale auf dem US-Stützpunkt in Guantánamo, die der Oberste Gerichtshof noch dreieinhalb Monate zuvor für illegal erklärt hatte. Vielmehr erhielt nun auch das gesamte System der Geheimgefängnisse außerhalb des US-Territoriums einschließlich der Behandlung der dort Inhaftierten eine „ordentliche“ Rechtsgrundlage.
Handelten Militär und Geheimdienste bis dahin aufgrund einer bloßen Anordnung des Präsidenten, so waren sie nunmehr formell vom Kongress ermächtigt, Personen, die sie der Teilnahme an oder Unterstützung von terroristischen Aktionen gegen die USA verdächtigen, als „unlawful enemy combatants“ (illegale feindliche Kombattanten) für unbegrenzte Zeit in einem Gefängnis außerhalb der USA festzuhalten. Für sie soll es selbst elementare Menschenrechte nicht mehr geben, ihr rechtlicher Status ist faktisch ausgelöscht: Anders als normale Kriegsgefangene, für die weiter das Kriegsvölkerrecht gilt, sollen sie sich weder auf die Genfer Konventionen zum Schutz von Kriegsgefangenen berufen noch die Überprüfung ihrer Inhaftierung vor einem ordentlichen Gericht in den USA verlangen können. Extraordinary Renditions – Verschleppung und Folter als Programm weiterlesen →
von Anneke Halbroth mit Supporto Legale Genua
Seit dem G8-Gipfel in Genua im Sommer 2001 sind fast fünf Jahre vergangen, und geblieben sind nicht nur die Bilder von kraftvollen Protesten, sondern auch die Erinnerungen an einen Gipfel, der viel Polizeigewalt und Repression mit sich brachte.
Die öffentliche Aufregung hat sich gelegt, in Italien und anderswo; und die Vorgänge der Tage im Juli beschäftigen zur Zeit vor allem die Justiz. Derzeit werden in Genua mehrere Prozesse verhandelt. Davon sind in drei Prozessen Polizisten, aber auch Ärzte und Pflegepersonal angeklagt; in einem vierten Prozess stehen 25 italienische AktivistInnen vor Gericht. G8-Gipfel vor Gericht – Juristisches Verwirrspiel um die Repression in Genua 2001 weiterlesen →
Nicht die milde Strafe macht das Daschner-Urteil des Frankfurter Landgerichts problematisch, sondern die Behandlung der Folter als individuelles Fehlverhalten.
„Wo hört das auf?“, fragt David Simpson in der „London Review of Books“. Anlass der Frage sind die Folterbilder, die auch britische Soldaten aus dem Irak mit nach Hause gebracht haben. „Die Ereignisse im Gefängnis Abu Ghraib … scheinen sich überall in der hilflosen Politik der ‚Koalition der Willigen‘ zu wiederholen: selbst die Dänen haben nun offenkundig ihren Skandal. Die Fotografien britischer Untaten, die publik wurden, als ein glückloser britischer Soldat seinen Film einem Laden der örtlichen Hauptstraße zum Entwickeln gegeben hatte, präsentieren das Lager Bread Basket wahrscheinlich als ein anderes schändliches Beispiel. Die Fotografien sind schwer zu erkennen. Sind die aufeinander gepressten Fäuste und die schweren Stiefel, mitten in der Luft eingefangen, dazu ausersehen, Knochen von wehrlosen Gefangenen zu brechen und sie zu verletzen oder wurden sie nur vor der Kamera vorgespielt, um zu prahlen? Stellen sie nachgemachte Gewalttaten dar oder machen sie sichtbar, was da kommen wird? Vor den Prozessen werden wir nichts Genaueres wissen. Und selbst dann werden wir nicht alles wissen.“[1] Folter absolut relativ – Das Fragwürdige am Daschner-Urteil weiterlesen →
von Heiner Busch
Wenn er den Aufenthaltsort des entführten Jakob von Metzler nicht preisgebe, würden ihm Schmerzen zugefügt, die er noch nie erlebt habe. Auf Geheiß des Polizeivizepräsidenten drohten Frankfurter Kriminalbeamte im Oktober 2002 dem Entführer mit Folter. Seitdem der Fall im Februar bekannt wurde, diskutiert die deutsche Öffentlichkeit über die Grenzen des Folterverbots und begibt sich damit in eine Falle.
„Eigentlich kann es nur noch um das Strafmaß gehen. Der mutmaßliche Haupttäter hat zwar öffentlich gestanden, zeigt aber nicht einmal den Ansatz eines Unrechtsbewusstseins. In einer solchen Situation ist es üblich, dass die Gerichte schon allein aus Gründen der Spezialprävention den Strafrahmen ausschöpfen …“ So würden die Kommentare lauten, wenn man den Frankfurter Polizeivizepräsident Wolfgang Daschner dabei erwischt hätte, wie er ein Kilo Kokain durch den Zoll zu schmuggeln versuchte. Die Mindeststrafe dafür liegt bei zwei Jahren Gefängnis (§ 30 Betäubungsmittelgesetz): keine Chance auf Bewährung. Rechtsstaatlich geregelte Folter? Der Fall Daschner und die politische Falle weiterlesen →
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