zusammengestellt von Martina Kant
November 2011
04.11.: Mundlos und Böhnhardt erschossen aufgefunden: Nach einem Banküberfall finden Polizeibeamte gegen Mittag in Eisenach die Leichen von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt in einem brennenden Wohnmobil. Dabei entdecken sie neben der Beute auch zahlreiche Schusswaffen.
Explosion in Zwickau: Gegen 15 Uhr zündet Beate Zschäpe die gemeinsam mit Böhnhardt und Mundlos genutzte Wohnung in der Frühlingsstraße 26 an und flieht.
07.11.: Polizeiwaffen gefunden: Das LKA Baden-Württemberg teilt mit, dass die beiden im Wohnmobil gefundenen Dienstwaffen der am 25. April 2007 in Heilbronn erschossenen Polizeibeamtin Michèle Kiesewetter und ihrem damals schwerverletzten Kollegen gehören.
08.11.: Zschäpe stellt sich: In Begleitung ihres Anwalts erscheint die Gesuchte bei der Polizei in Jena.
09.11.: Banküberfallserie: Die Sächsische Polizei teilt mit, dass sie aufgrund sichergestellter Kleidungsstücke Böhnhardt und Mundlos weiterer bislang ungeklärter Banküberfälle zwischen 2001 und 2006 verdächtigt.
11.11.: Bundesweite Mordserie durch NSU: Die Bundesanwaltschaft gibt bekannt, dass sie gegen eine „rechtsextremistische Gruppierung“ wegen des Polizistenmordes in Heilbronn und der Morde an neun türkischund griechischstämmigen Gewerbetreibenden zwischen 2000 und 2006 ermittelt. Im Brandschutt in der Frühlingsstraße hatten die Ermittler eine Ceska 83 mit Schalldämpfer gefunden, die für die Mordserie benutzt wurde. In einer an verschiedene Institutionen versandten DVD nennt sich die Gruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) und bekennt sich zu den Morden sowie zwei Sprengstoffanschlägen in Köln 2001 und 2004.
13.11.: Haftbefehl gegen Zschäpe: U.a. wegen Gründung der terroristischen Vereinigung NSU erlässt der Ermittlungsrichter des BGH Haftbefehl. 14 Holger G. verhaftet: Als mutmaßlicher Unterstützer wird G. in der Nähe von Hannover festgenommen. Der 37-Jährige soll dem Trio seit 2007 Ausweisdokumente zur Verfügung gestellt und mehrfach Wohnmobile für die Gruppe angemietet haben.
15.11.: „Schäfer-Kommission“ eingesetzt: Der frühere BGH-Richter Gerhard Schäfer wird vom Thüringer Innenministerium zum Leiter einer internen Ermittlungsgruppe bestellt, die die Arbeit der Thüringer Sicherheitsbehörden in den 90er Jahren im Zusammenhang mit dem Untertauchen des Trios überprüfen soll.
24.11.: André E. verhaftet: GSG 9-Beamte verhaften in Brandenburg den 32-Jährigen. Er soll den Propagandafilm der Terrorzelle erstellt haben. Expertenkommission eingesetzt: Bundesinnenminister Friedrich beauftragt den früheren BfV- und BND-Präsidenten Hansjörg Geiger, den ehemaligen BKA-Präsidenten Ulrich Kersten und den Ex-Bundestagsabgeordneten und CSU-Innenexperten Wolfgang Zeitlmann mit der Aufklärung des „Gesamtsachverhalts“ um die NSU-Taten.
29.11.: Ralf Wohlleben verhaftet: Der Generalbundesanwalt wirft dem ehemaligen Vize-Landesvorsitzenden der NPD Thüringen und Chef des NPD-Kreisverbandes Jena vor, den drei Terror-Verdächtigen eine Schusswaffe und Munition besorgt, ihnen 1998 beim Untertauchen geholfen und sie später finanziell unterstützt haben.
30.11.: DIA und LfV Zeugen des Kiesewetter-Mordes? Der „stern“ behauptet unter Berufung auf ein US-Geheimdienstpapier, Mitarbeiter des Dienstes sowie bayerische oder baden-württembergische Verfassungsschützer seien zur Tatzeit am Tatort des Polizistenmordes in Heilbronn gewesen. Anlass sei eine Observation gegen Islamisten gewesen. Die Sicherheitsbehörden dementieren umgehend.
Dezember 2011
01.12.: Öffentlichkeitsfahndung des BKA: Mittels Plakaten sowie Fotos des Trios im Internet bittet die Polizei um Mithilfe der Bevölkerung bei der Feststellung von Aktivitäten und Unterstützern der Terrorzelle.
10.12.: Mandy S. beschuldigt: Nach Erkenntnissen des BKA habe die 36-Jährige aus Sachsen die drei Untergetauchten 1998 für mehrere Monate in der Wohnung ihres damaligen Freundes in Chemnitz aufgenommen.
11.12.: Matthias D. verhaftet: Der 36-Jähige aus Sachsen steht im Verdacht, im Mai 2001 und März 2008 jeweils eine Wohnung in Zwickau angemietet und dem Trio überlassen zu haben.
13.12.: Weitere Bekenner-Videos entdeckt: Auf einem Computer aus der Wohnung des Trios in Zwickau findet das BKA zwei weitere Videos, die „Vorläufer“ des 2007 erstellten „Paulchen Panther“-Videos sein sollen, das auf DVDs von Zschäpe nach dem 4.11. versandt wurde.
18.12.: Tarnpapiere durch Verfassungsschutz? Nach einem Bericht an die Parlamentarische Kontrollkommission des Thüringer Landtags vom 6.12. soll das Landesamt für Verfassungsschutz über den V-Mann Tino Brandt dem Trio 2.000 DM zur Beschaffung falscher Ausweispapiere zugeleitet haben. Das Amt hoffte damit konkrete Hinweise auf den Aufenthaltsort sowie die Tarnnamen der Rechtsextremisten zu erhalten. Das Vorhaben sei jedoch gescheitert.
23.12.: Beweismittel vernichtet: Es wird bekannt, dass das LKA Thüringen Mitschnitte von Telefonaten nach dem Untertauchen sowie die 1998 in Zschäpes Garage gefundenen Rohrbomben auf Anweisung der Staatsanwaltschaft Gera 2003 vernichtet hat.
Januar 2012
02.01: Banküberfälle: Das Thüringer LfV dementiert Berichte, wonach es schon seit 2001 von den Banküberfällen des NSU gewusst habe. Unter Berufung auf einen BfV-Bericht hatten Medien berichtet, die Verfassungsschützer hätten schon im Frühjahr 2001 Hinweise auf kriminelle Aktivitäten des Trios im Untergrund gehabt.
09.01.: Observation 1997: Das LfV Thüringen weist Berichte zurück, wonach es die Zelle bereits 1997 bei der Beschaffung von Sprengmitteln observiert habe, diese aber nicht vollständig an die Polizei weitergegeben habe.
25.01.: Razzien gegen NSU: Die Polizei führt in Sachsen, Thüringen und Baden-Württemberg Razzien gegen mutmaßliche Unterstützer durch.
26.01.: Untersuchungsausschüsse: Bundestag und Thüringer Landtag setzen auf Antrag aller Fraktionen jeweils Untersuchungsausschüsse zur NSU-Mordserie und zur Rolle der Sicherheitsbehörden ein. Am 27.1. konstituiert sich der Bundestagsausschuss, am 16.2. der in Thüringen.
Februar 2012
01.02.: Carsten S. verhaftet: Beamte der GSG 9 nehmen in Düsseldorf einen weiteren mutmaßlichen NSU-Unterstützer fest. Der 31-Jährige soll zusammen mit Ralf Wohlleben 2001 oder 2002 an der Beschaffung einer Waffe beteiligt gewesen sein.
07.02.: Mutmaßlicher Schweizer Waffenlieferant verhaftet: In der Schweiz wird ein Mann festgenommen, der dem NSU illegal die Tatwaffe, eine Ceska 83, geliefert haben soll, die in der ausgebrannten Wohnung in Zwickau gefunden worden war. Direkte Verbindungen zum Rechtsextremismus werden ihm nicht vorgeworfen.
08.02.: Bund-Länder-Kommission: Bundesinnenminister Friedrich und die IMK setzen eine Kommission ein, die Schwachstellen bei der Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden im NSU-Zusammenhang untersuchen soll. Ihr gehören Bundesanwalt Bruno Jost, Ehrhart Körting (Ex- Innensenator Berlin), Heino Vahldieck (Ex-Innensenator Hamburg) und Rechtsanwalt Eckardt Müller an. Das Gremium hat keine eigenen Ermittlungsbefugnisse.
11.02.: Handy-Daten gelöscht: Durch Presseberichte wird bekannt, dass die Bundespolizei im Dezember 2011 wiederhergestellte Handy- Daten des mutmaßlichen NSU-Unterstützers André E. auf Aufforderung des BKA löschen ließ. Das BKA dementiert umgehend und erklärt, die Daten seien bei ihm „vollständig und unverändert“ vorhanden.
März 2012
07.03.: Untersuchungsausschuss Sachsen: Auch der Sächsische Landtag setzt auf Antrag von GRÜNEN, LINKE und SPD einen NSU-Untersuchungsausschuss ein. FDP und CDU stimmen dagegen. Der Ausschuss konstituiert sich am 17.4. In seiner ersten Sitzung zweifelt die CDU die Rechtmäßigkeit der Beweisanträge zur Aktenbeiziehung an.
12.03.: NPD-Kontakte zum NSU: Der NPD-Vize-Bundesvorsitzende Frank Schwerdt räumt in einem Interview frühere Kontakte zum untergetauchten NSU-Trio ein. Er habe aber weder helfen können noch wollen.
28.03.: NSU unterstützte Neonazi-Zeitschrift: Das antifaschistische pressearchiv und bildungszentrum berlin e.v. (apabiz) berichtet, dass der NSU bereits 2002 die Zeitschrift „Der Weisse Wolf“ finanziell unterstützte. Im Editorial der Ausgabe 18 hieß es: „Vielen Dank an den NSU, es hat Früchte getragen 😉 Der Kampf geht weiter…“. Als Herausgeber der Zeitschrift identifiziert apabiz den NPD-Abgeordneten David Petereit aus Mecklenburg-Vorpommern. Der Verfassungsschutz gibt sich ahnungslos.
April 2012
17.04.: Beweismittel vernichtet: Nach einem Medienbericht hat die Staatsanwalt Köln 2006 die Zerstörung „diverser Tatortspuren“ im Fall des Bombenanschlags auf ein iranisches Lebensmittelgeschäft in Köln 2001 angeordnet. DNA-Vergleiche sind daher nicht mehr möglich. V-Leute gegen Opferfamilien: Es wird bekannt, dass die Kölner Ermittler nach dem Bombenanschlag in der Keupstraße 2004 fünf türkische V-Leute und mehrere Verdeckte Ermittler über zwei Jahre lang in die türkische und kurdische Szene der Straße einschleusten. Das, obwohl Profiler des LKA und BKA in ihren Analysen schon im Juli 2004 auf ein fremdenfeindliches Motiv hingewiesen hatten.
19.04.: Zschäpe und Böhnhardt wollten sich stellen: Nach Aussage der Eltern Böhnhardts seien die beiden bereits im Frühjahr 2000 zur Aufgabe bereit gewesen. Verhandlungen zwischen einem Anwalt der Eltern und der Staatsanwaltschaft seien aber gescheitert. Zwischen 1999 und Frühjahr 2002 sei es zu mehreren Treffen der Böhnhardts und dem Trio gekommen – offenbar unbemerkt von den Sicherheitsbehörden.
20.04.: Schily räumt Irrtum ein: Der ehemalige SPD-Bundesinnenminister erklärt: „Dafür, dass wir der NSU-Terrorgruppe nicht früher auf die Spur gekommen sind, tragen ich und die Länderinnenminister die politische Verantwortung.“ Seine öffentliche Erklärung am Tag nach dem Kölner Nagelbombenanschlag 2004, die Tat habe keinen terroristischen Hintergrund, bezeichnet er als „schwerwiegenden Irrtum“.
24.04.: NSU-Unterschlupf abgerissen: Das durch den Brand zerstörte Wohnhaus des Trios in Zwickau wird abgerissen, um keine Pilgerstätte für Rechtsextremisten entstehen zu lassen.
26.04.: Ermittlungen zu Waffen: Die Bundesanwaltschaft lässt drei Wohnungen in Hessen, Thüringen und Sachsen durchsuchen. Ziel ist es die Herkunft der Waffen des NSU weiter aufzuklären. Erste Zeugen im Bundestag: Der Untersuchungsausschuss beginnt mit den ersten Zeugenvernehmungen zu den Mordermittlungen der BAO Bosporus in Bayern. Die Polizei habe zwar im Sommer 2006 auch an rechtsextreme Täter gedacht, aber nur im Raum Nürnberg ermittelt.
Mai 2012
15.05.: Schäfer-Bericht: Nach einem halben Jahr Arbeit stellt die Untersuchungskommission ihren Bericht vor. Sie bescheinigt dem Thüringer Innenministerium, Verfassungsschutz und Landeskriminalamt „katastrophale Aktenführung“ und „erbärmliche Fehler“ bei der Fahndung.
25.05.: Haftbefehl aufgehoben: Der BGH sieht gegen Holger G. nach dessen umfangsreichen Aussagen gegen die NSU-Mitglieder keinen dringenden Tatverdacht mehr. Am 29.5. ordnet die Bundesanwaltschaft auch die Entlassung von Matthias D. und Carsten S. an.
Juni 2012
03.06.: Frühe Hinweise auf Rechtsradikale: Nach Presseberichten hatte die Polizei in Dortmund bereits 2006 Hinweise auf einen rechtsradikalen Hintergrund der Mordserie. Die Spur sei nicht weiter verfolgt und weder die BAO Bosporus noch die Steuerungsgruppe für die bundesweiten Ermittlungen hätten etwas davon erfahren.
05.06.: Anklage angemahnt: Durch Pressemeldungen wird bekannt, dass der BGH die Ermittler in einem Beschluss vom 18.5. eindringlich aufgefordert hat, die Ermittlungen gegen Zschäpe „auf das Wesentliche zu beschränken“, um eine möglichst rasche Anklage zu gewährleisten.
14.06.: Haftbefehl gegen André E. aufgehoben: Nach Ansicht des BGH bestehe kein dringender Tatverdacht. Damit befindet sich neben Beate Zschäpe nur noch Ralf Wohlleben in Haft.
Obskure Ermittlungsmethoden: Im Bundestagsuntersuchungsausschuss wird bekannt, dass die Hamburger Polizei bei den Ermittlungen in der Mordserie einen Geisterbeschwörer einsetzte. Die Bayerische Polizei hatte in Nürnberg zum Schein einen Dönerladen eingerichtet und die Lieferanten- Rechnungen nicht bezahlt, um die „Döner-Mafia“ zu provozieren.
20.06.: Verfassungsschutz kannte Geldspende doch: Ein V-Mann- Bericht des LfV Mecklenburg-Vorpommern vom 9.4.2002 wird bekannt, in dem von einer anonymen Geldspende in Höhe von 2.500 Euro an die Zeitschrift „Der Weisse Wolf“ berichtet wird.
23.06.: V-Leute im THS: Es wird bekannt, dass das BfV, das Thüringer LfV und der MAD von 1997 bis 2003 zwölf V-Leute im „Thüringer Heimatschutz“ platziert hatten, dem auch die NSU-Mitglieder angehörten.
27.06.: Erster Überfall 1998: Aus dem vorläufigen Abschlussbericht des Sächsischen Innenministeriums zum NSU geht hervor, dass Mundlos und Böhnhardt den ersten Überfall bereits 1998 auf einen EDEKAMarkt in Chemnitz begangen haben sollen. Im Übrigen sieht der Bericht Versäumnisse vorrangig bei den Thüringer Behörden. BfV-Akten nach 4.11. vernichtet: Aus einer Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestages wird bekannt, dass das BfV am 11.11.2011 wichtige V-Mann-Akten zum THS vernichtet hat.
Juli 2012
02.07.: BfV-Chef gibt auf: Wegen des Aktenvernichtungsskandals bittet Präsident Heinz Fromm Bundesinnenminister Friedrich um seine vorzeitige Versetzung in den Ruhestand.
03.07.: LfV-Chef geht: Der Präsident des Thüringer Verfassungsschutzes, Thomas Sippel, wird in den einstweiligen Ruhestand versetzt, da ihm das Vertrauen des Parlaments fehle.
04.07.: Einsicht in V-Mann-Akten: Die Obleute des Bundestagsuntersuchungsausschusses teilen mit, dass in den ungeschwärzten und nach der Vernichtung rekonstruierbaren BfV-Akten keine Hinweise auf eine Anwerbung oder Führung des Trios als V-Leute des BfV enthalten sind. Bayerischer Untersuchungsausschuss: Der Landtag setzt einen Untersuchungsausschuss zur NSU-Mordserie und dem Versagen der Sicherheitsbehörden ein. Am 5.7. konstituiert er sich.
05.07.: Zeugen zu Aktenvernichtung gehört: Der Bundestags-Untersuchungsausschuss vernimmt den für das Schreddern verantwortlichen BfVReferatsleiter sowie Präsident Fromm. Fromm erklärt, er fühle sich von den eigenen Leuten „hinters Licht geführt“, da die Vernichtungsaktion vertuscht werden sollte und habe deshalb um seine Entlassung gebeten. Sonderermittler: Zur Aufklärung der Aktenvernichtung im BfV setzt Bundesinnenminister Friedrich den BMI-Unterabteilungsleiter Engelke ein. Anzeige: Familienangehörige von NSU-Opfern erstatten gegen Verantwortliche der Aktenvernichtung Anzeige wegen Strafvereitelung im Amt.
09.07.: MAD-Spitzel: Durch Presseberichte wird bekannt, dass der MAD eigenständig drei V-Leute in der rechten thüringischen Szene führte.
V-Mann Brandt: In einer Vernehmung von LfV-Mitarbeitern vor dem Thüringer Untersuchungsausschuss wird bekannt, dass der V-Mann Tino Brandt von 1994 bis 2001 insgesamt 200.000 DM Honorar erhielt.
11.07.: Rücktritt des LfV-Chefs: Im Sächsischen Verfassungsschutzamt tauchen mehrere Akten zum NSU-Komplex auf, die angeblich als verloren galten. Präsident Reinhard Boos tritt daraufhin von seinem Amt zurück.
12.07.: Adressliste ignoriert: Durch Presseberichte wird bekannt, dass beim Thüringer LKA seit 1998 eine Adressliste mit Bekannten des Trios lagert, aber nicht beachtet wurde. Sie war im Januar 1998 bei einer Durchsuchung sichergestellt worden; kurz danach waren die Drei abgetaucht.
18.07.: Weitere Aktenvernichtungen: Durch einen Medienbericht wird bekannt, dass das BfV auf Anordnung des BMI nach Auffliegen der Terror- Zelle weitere Akten über Abhöraktionen gegen Rechtsextremisten vernichtet hat. Die anfängliche Erklärung des BMI, die Akten hätten keinen NSU-Bezug. lässt sich nach Anhörung des Sonderermittlers Engelke im Untersuchungsausschuss am 19.7. nicht mehr halten. Der Ausschuss fordert daraufhin einen sofortigen Vernichtungsstopp aller Akten und Dateien mit Bezügen zum Rechtsextremismus.
26.07.: Thüringer Aktenschwund: Es wird bekannt, dass Akten zur Sonderkommission „Rechte Gewalt“ des Staatsschutzes aus den Jahren 2000- 2002 verschwunden sind. Innenminister Geibert (CDU) rechtfertigt die Vernichtung. Der Schäfer-Kommission war deren Existenz nicht bekannt. Versetzung des BfV-Vize: Es wird berichtet, dass Alexander Eisvogel bereits Anfang Juli um Versetzung auf einen anderen Posten gebeten hat.
30.07.: Ku-Klux-Klan: Medien berichten, der Zugführer der erschossenen Bereitschaftspolizistin Kiesewetter sei zeitweise Mitglied des deutschen Ku-Klux-Klan-Ablegers gewesen. Laut GBA gebe es keine neue Spur.
August 2012
15.08.: KKK-Kontakte zu NSU? Nach einem Medienbericht war der Kontaktmann des NSU und mutmaßliche V-Mann des BfV, Thomas R., Mitglied der bis 2002 in Deutschland aktiven „European White Knights of the Ku Klux Klan“. R. verwaltete auch die Internetpräsenz des Magazins „Der Weisse Wolf“, dem der NSU 2002 eine Spende zukommen 21 ließ. Am 17.8. berichtet die Presse aus sächsischen LfV-Akten, dass sich der mutmaßliche NSU-Unterstützer Matthias D. 1996 an KKK-typischen Kreuzverbrennungen beteiligte.
19.08.: TNT von Blood&Honour: Es wird bekannt, dass der mutmaßliche NSU-Helfer und frühere „Blood&Honour“-Aktivist Thomas S. gegenüber Beamten des BKA gestanden habe, Ende der 90er Jahre rund ein Kilo TNT an Mundlos übergeben zu haben.
24.08.: Polizisten im THS? Laut Presseberichten geht aus V-Mann- Berichten des Thüringer Verfassungsschutzes hervor, dass ein Polizeibeamter Ende der 90er Jahre Kontakte zum „Thüringer Heimatschutz“ unterhalten und Dienstgeheimnisse verraten haben soll. Das Amt war von verschiedenen Seiten auf den Mann hingewiesen worden. Konsequenzen hatte dies jedoch nicht. Der Beamte bestreitet die Vorwürfe.
31.08.: Hinweis auf NSU 2003 ignoriert? Es wird bekannt, dass ein baden-württembergischer Verfassungsschützer schon 2003 von einem Informanten Hinweise auf den NSU erhalten haben will.
September 2012
11.09.: Mundlos-Akte aufgetaucht: Nach einer parlamentarischen Frage des Abgeordneten Ströbele räumt das Verteidigungsministerium ein, dass der MAD eine Akte über Mundlos aus dessen Wehrdienstzeit hatte, die mittlerweile vernichtet wurde. Kopien eines MAD-Befragungsberichts seien noch bei anderen Behörden vorhanden, waren dem Untersuchungsausschuss aber noch nicht vorgelegt worden. Aus dem Bericht gehe hervor, dass der MAD Mundlos 1995 möglicherweise als Informanten werben wollte. Das Ministerium dementiert dies.
13.09.: V-Mann Thomas S.: Der Lieferant des Sprengstoffs an Mundlos und mutmaßliche NSU-Helfer soll nach Medienberichten von Ende 2000 bis Anfang 2011 als V-Mann für das LKA Berlin gearbeitet haben. Den Akten nach lieferte er auch Berichte über das untergetauchte Trio, die nicht an andere Behörden weitergegeben worden sein sollen. Erst im März 2012 informierte Berlin den GBA darüber; der Bundestags- Untersuchungsausschuss erfuhr davon zunächst nichts.
LfV-Chef tritt zurück: Angeblich wegen der Aktenpanne um den wiederaufgetauchten MAD-Bericht zu Mundlos lässt sich der Präsident des LfV Sachsen-Anhalt, Volker Limburg, in den Ruhestand versetzen.
17.09.: Körting scheidet aus: Um jeden Anschein einer Befangenheit als ehemaliger Innensenator wegen der Berliner V-Mann-Affäre um Thomas S. zu vermeiden, stehe er ab sofort der Bund-Länder-Expertenkommission zur Aufarbeitung der NSU-Pannen nicht mehr zu Verfügung.
25.09.: Ralf Wohlleben unter V-Mann-Verdacht: Das BMI gibt (ohne Namen zu nennen) bekannt, dass sich der ehemalige BMI-Beamte und jetzige Bundesanwalt, Hans-Jürgen Förster, daran zu erinnern glaubt, im Zusammenhang mit dem NPD-Verbotsverfahren den Namen Wohlleben als V-Mann in einer Unterlage gesehen zu haben. Nach einer Prüfung der Akten durch Förster und das BMI sowie Anfragen bei allen Sicherheitsbehörden in Bund und Ländern lässt sich der Verdacht nicht erhärten.
27.09.: Berliner Sonderermittler: Innensenator Henkel (CDU) setzt Oberstaatsanwalt Dirk Feuerberg ein, um die Behördenpannen in Berlin beim Umgang mit dem V-Mann Thomas S. aufzuklären.
Oktober 2012
06.10.: Ungeschwärzte Thüringer Akten: Thüringens Innenminister Jörg Geibert (CDU) hat 778 Ordner mit ungeschwärzten Akten des LfV an den Bundestagsuntersuchungsausschuss geschickt und damit sämtliche seiner Länderkollegen und das BMI gegen sich aufgebracht. Diese wittern Geheimnisverrat und fürchten um die Sicherheit ihrer V-Leute.
16.10.: V-Mann im NSU-Umfeld: Durch Medienberichte wird bekannt, dass das Bayerische LfV in den 90er Jahren den fränkischen Rechtsextremisten Kai D. als V-Mann führte und dieser in Thüringen „Aufbauhilfe“ für die rechte Szene betrieben haben soll. D.s Name steht auf der im Januar 1998 sichergestellten Adressliste von Uwe Mundlos.
19.10.: Millionenfache Funkzellenabfrage: Bei den Mordermittlungen der BAO Bosporus und des BKA wurden nach Angaben der Bundesregierung auf eine Frage des LINKEN-Abgeordneten Andrej Hunko über einen Zeitraum von zehn Jahren 20.575.657 Mal Funkzellen abgefragt. Die dabei festgestellten Mehrfachtreffer an verschiedenen Tatorten (13.842 Datensätze) wurden mit Hotelbuchungen, Mietwagenanmietungen und Finanztransaktionen abgeglichen.
24.10.: NSU-Verbindungen nach Bayern: Nach Medienrecherchen findet sich auf Mundlos’ Adressliste auch die Nürnberger Gaststätte „Tiroler Höhe“, die früher ein Treffpunkt für Rechtsextremisten war und in der Nähe zweier Tatorte der Ceska-Mordserie liegt.
November 2012
06.11.: Berliner Aktenvernichtung: Der Innensenat teilt dem Bundestagsuntersuchungsausschuss mit, dass am 29.6. „versehentlich“ zahlreiche Rechtsextremismus-Akten des Verfassungsschutzes vernichtet wurden, die jedoch keinen NSU-Bezug hätten. Darunter seien aber auch Unterlagen zum „Landser“-Verfahren gewesen, in dem die mutmaßlichen NSU-Unterstützer Thomas S. und Jan W. zeitweise Beschuldigte waren.
08.11.: Anklage erhoben: Vor dem Oberlandesgericht München erhebt die Bundesanwaltschaft Anklage gegen Zschäpe, Wohlleben, André E., Holger G. und Carsten S. Zschäpe muss sich u.a. wegen Mordes in zehn Fällen verantworten. Gegen die übrigen als NSU-Unterstützer Beschuldigten Matthias D., Susann E., Mandy S., Max-Florian B., Thomas S., Jan. W., Pierre J. und Herrmann S. dauern die Ermittlungen an.
13.11.: LfV-Chefin geht: Die Leiterin des Berliner Verfassungsschutzes, Claudia Schmid, tritt zurück, weil in ihrem Amt rechtswidrig Akten vernichtet wurden. Der für die Vernichtung verantwortliche Leiter des Referats Rechtsextremismus wird von seiner Aufgabe entbunden.
21.11.: Spitzelnde „Journalisten“: Pressemeldungen zufolge hätten sich fünf Beamte des Bayerischen LKA als Journalisten ausgegeben und von August 2005 bis April 2007 bundesweit im Umfeld der NSU-Opfer recherchieren sollen. Die vorgeblichen Journalisten hätten sogar Annoncen geschaltet, in denen sie sich als Freiberufler ausgaben, die Informanten zur Mordserie suchten. Erkenntnisse habe die Aktion nicht gebracht.
Dezember 2012
01.12.: Gespräch über Trio aufgetaucht: Im Bundestagsuntersuchungsausschuss wird ein BKA-Vermerk von 2009 bekannt, nach dem das Amt 2007 bei einer Razzia ein Tonband fand mit einem Gespräch zwischen Thorsten Heise und Tino Brandt u.a. über das Trio. Dem Vermerk nach wusste der protokollierende Beamte jedoch nichts mit den Namen anzufangen und notierte „Beate Schäfer (oder) Schädler (phon.)“, „Udo (oder) Uwe Mundlos (phon.)“, „Udo Böhmer (phon.)“.