von Benjamin Derin und Michèle Winkler
Kritik an der Polizei ist so alt wie die Institution selbst und reicht von Reformvorschlägen über das Nachdenken über Alternativen bis zu Forderungen nach ihrer Abschaffung. Der Artikel skizziert die Ausgangspunkte anhand einiger zentraler Ansätze und wagt einen perspektivischen Ausblick.
Im Juli 2014 starb Eric Garner an einem polizeilichen Würgegriff. Seine letzten Worte „I can‘t breathe“ wurden zum Slogan gegen tödliche Polizeigewalt und zur Metapher für den Druck, der auf Schwarze Leben wirkt und ihnen die Luft zum Atmen nimmt. Auch George Floyd äußerte im Mai 2020 mehrmals vergeblich, dass er nicht atmen könne, bevor er unter dem Knie eines US-Polizisten starb. Das Video der grausamen Behandlung Floyds ging um die Welt. Massive Proteste in den USA folgten. Die Black Lives Matter (BLM)-Bewegung forderte weitreichende Polizeireformen bis hin zur Abschaffung der Polizei. Einer der meistgenutzten Slogans war „Defund the police“ (Streicht der Polizei die Mittel!). Die Proteste fanden einen globalen Resonanzraum, in Deutschland beteiligten sich über 200.000 Demonstrant*innen, viele von ihnen Schwarz und People of Color (PoC). Die Dimensionen verdeutlichen: Es scheint mittlerweile ein gewisses öffentliches und mediales Problembewusstsein für (rassistische) Polizeigewalt zu geben. Es zeigt sich ein wachsendes Interesse an kritischen Perspektiven auf die Polizei, an Überlegungen zu abolitionistischen Ansätzen und zu Übertragungsmöglichkeiten von „Defund the police“ auf den deutschen Kontext. #Polizeiproblem abschaffen? – Einführende Skizzen zur Kritik der Polizei weiterlesen →
von Jenny Künkel und Norbert Pütter
Wo und wie greift Polizei in den Alltag der Menschen ein – oder auch nicht? Wem dient die Polizei als Ressource, wer ruft die Polizei? Aber auch: Wo wird sie ungefragt aktiv, gegenüber wem entfaltet sie besonderes Engagement? Im Ergebnis zeigt sich: Was die Polizei für den bürgerlichen Alltag bedeutet, hängt deutlich ab von der sozialen Position der Polizierten.
Über den Alltag zumindest der Landespolizeien wissen wir Einiges: Jene Forscher*innen, die Einblick erhalten, dokumentieren z.B. die immer noch maskulinistisch-rassistische Cop Culture, Praktiken der Kriminalprävention oder die Neoliberalisierung und Digitalisierung des Arbeitsalltags.[1] Obgleich sich der Feldzugang einfacher gestaltet, ist seltener Thema, wie Polizei den Alltag von Polizierten formt. Und wenn, dann geht es meist um die gesellschaftlichen Ränder.[2] Dies ist kein Zufall. Gerade beim Polizieren des Alltags zeigen sich Machtverhältnisse besonders deutlich. Alltagspolizieren – Zugriff & Rückzug: Eine Einleitung weiterlesen →
Aufruf von Showing Up for Racial Justice (SURJ) an weiße Menschen
von Hilary Moore, SURJ
Millionen Menschen sind weltweit auf die Straße gegangen, um ihre Empörung über den Mord von George Floyd, einem unbewaffneten Schwarzen Mann, durch einen Beamten der Minneapolis Police am 25. Mai 2020 auszudrücken. Die Forderung der Bewegung für Schwarze Leben (Movement for Black Lives, M4BL) “Defund the Police” – “Entzieht der Polizei die Finanzierung” vermag die Fantasie zu entfachen: Gemeinschaften üben erfolgreich Druck auf die Städte aus, damit diese ihren Polizeidienststellen die Finanzierung entziehen und sie auflösen, z.B. in Los Angeles, Minneapolis, Philadelphia und Dallas.
“Entzieht der Polizei die Finanzierung” ist eine Antwort auf Jahrzehnte der Desinvestition in Gesundheitsinfrastrukturen, Bildungssysteme und bezahlbaren Wohnraum. Dieses bewusste Ausweiden sozialer Infrastrukturen hängt direkt zusammen mit dem Aufblähen von Polizeibudgets und der Ausbreitung von Gefängnissen. Strafe und Kontrolle wurden die reflexartigen Reaktionen des Staates auf sein Versagen bei der Befriedigung von Grundbedürfnissen. Nehmt Eure Zustimmung zurück: Entzieht der Polizei die Finanzierung weiterlesen →
Jason Kirkpatrick
Der vage und leicht falsch zu verstehende Ruf nach „Defund the Police“ („Der Polizei die Finanzierung entziehen“) hat sich schnell in den gesamten Vereinigten Staaten verbreitet. Manche reagieren vielleicht reflexartig mit „nein“ auf diesen Aufruf. Laut Umfragen will aber eine große Mehrheit der Amerikaner*innen das Leben von People of Color im ganzen Land verbessern. Reformen wie die Unterweisung der Polizei in der Deeskalation von Konflikten und der Einsatz von Körperkameras werden von etwa 90% der Amerikaner*innen unterstützt.
Wie könnten also polizeikritische Lösungen für die gegenwärtige Situation aussehen, wie könnten sie bezahlt werden, und sollten die jeweiligen Kosten wirklich aus dem Polizeibudget finanziert werden? Wieso und wie der Polizei die Finanzierung entziehen weiterlesen →
Institut für Bürgerrechte & öffentliche Sicherheit e.V.