Ende August legte die Bundesregierung ihren Entwurf für ein Bundesmeldegesetz vor.[1] Nachdem der Bund mit der Föderalismusreform I von 2006 die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz für das Melderecht erhalten hatte, soll mit dem geplanten Gesetz das Meldewesen harmonisiert werden. Mit der Entnazifizierung des Meldewesens war die staatliche Erfassung der Bevölkerung nach 1945 dezentralisiert worden; heute ist sie Aufgabe von mehr als 5.000 kommunalen Einwohnermeldeämtern. Bundesweite Leitlinien gab bislang das Melderechtsrahmengesetz von 1980 vor. Bundesweite Vernetzung der Melderegister geplant weiterlesen
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Auf dem Weg zu einem EU-Geheimdienst?
„Die Zukunft der EU-Intelligence und Inneren Sicherheit“, das war der Titel einer Anhörung, die die Europäische Volkspartei, die konservative Fraktion im Europäischen Parlament (EP), am 30. März 2011 in Brüssel organisierte. Auch angesichts des Aufbaus des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) sollte die künftige Form nachrichtendienstlicher Kooperation unter dem Dach der EU ausgelotet werden.[1] Hintergrund der Veranstaltung waren zum einen die laufende Revision der EU-Terrorismus-Bekämpfung und zum anderen die Pläne für die Umsetzung der EU-Strategie für die Innere Sicherheit (ISS). Auf dem Weg zu einem EU-Geheimdienst? weiterlesen
Bundespolizei als Exporthelfer für EADS in Saudi-Arabien
Etwa zwei Wochen, nachdem Saudi-Arabien 1.000 Soldaten zur Niederschlagung der Demokratiebewegung ins benachbarte Bahrain entsandt hatte, kam in Berlin ein seltsamer Versuch des „Rechtsstaatsexportes“ in die Golfregion ans Licht: Am 28. Mai 2009 hatte der damalige Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble in der saudischen Hauptstadt Riad ein Abkommen über die Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich unterzeichnet. Vereinbart wurden Informationsaustausch, Sicherheitstrainings und die gemeinsame Durchführung operativer Maßnahmen. Vergleichbare Abkommen waren zuvor bereits mit den Vereinigten Arabischen Emiraten, Kuwait und Katar geschlossen worden. Bundespolizei als Exporthelfer für EADS in Saudi-Arabien weiterlesen
Kooptierte Kameras – Hybride Netzwerke der Videoüberwachung
von Eric Töpfer
Im Vergleich zu zahlreichen anderen Ländern nimmt sich die polizeiliche Videoüberwachung in der BRD bescheiden aus. Der Blick auf die Zahl polizeieigener Kameras verschleiert aber den Umstand, dass die Nutzung fremder Überwachungssysteme durch die Polizei vielfältige Formen hat und undurchsichtige technische und informelle Netzwerke der Überwachung im Wachstum begriffen sind.
Die Aufnahmen, die die bewaffnete Verlegertochter Patricia Hearst beim Überfall der „Symbionese Liberation Army“ auf die Hibernia Bank in San Francisco 1974 zeigen, sind eine „Ikone“ aus den frühen Tagen der Kameraüberwachung. Dass sie erhalten geblieben sind, ist nicht nur den Investitionen der Bank zu verdanken, sondern auch den gesetzlichen Auflagen, die die Installation von Videokameras für US-amerikanische Geldinstitute bereits in den 60er Jahren zur Pflicht machten.[1] Kooptierte Kameras – Hybride Netzwerke der Videoüberwachung weiterlesen
Netz mit Webfehlern – Europas DNA-Datenbankenverbund
von Eric Töpfer
Die europaweite Verknüpfung polizeilicher DNA-Datenbanken schreitet voran. Wirklich reibungslos funktioniert der grenzüberschreitende Informationsaustausch, der auf eine Initiative des ehemaligen Bundesinnenministers Otto Schily aus dem Jahr 2003 zurückgeht, bislang allerdings nicht.
Stichtag ist der 26. August 2011: Bis dahin soll die Vernetzung der nationalen DNA- und Fingerabdruckdatenbanken sowie der Kraftfahrzeugregister aller 27 EU-Mitgliedstaaten abgeschlossen sein; so gibt es der Ratsbeschluss der Europäischen Union (EU) 2008/615/JI zur „Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, insbesondere des Terrorismus und der grenzüberschreitenden Kriminalität“ vor.[1] Gemäß den Prüm-Beschlüssen, mit denen das 2005 geschlossene Abkommen in den EU-Rahmen überführt wurde, sollen europäische Polizeien die entsprechenden Datenbestände anderer Staaten automatisch durchsuchen können. Mit der Teilautomatisierung der Rechtshilfe würden sich lange Dienstwege verkürzen auf die Anfrage bei nationalen Kontaktstellen, die als elektronische Schnittstellen für die Datenabfrage bei den Partnerländern zuständig sind. In Deutschland übernimmt das Bundeskriminalamt diese Funktion, bei Kfz-Registerdaten zusammen mit dem Kraftfahrzeugbundesamt. Erst im Falle eines „Treffers“ müssten auf dem Wege klassischer Rechtshilfeersuchen weitere Informationen angefragt werden. Netz mit Webfehlern – Europas DNA-Datenbankenverbund weiterlesen
Kampagne gegen „DNA-Sammelwut“
2011 startet das Gen-ethische Netzwerk (GeN) eine Kampagne gegen die wachsenden DNA-Datenbanken deutscher Polizeibehörden und ihre internationale Vernetzung. 22 Jahre nach der ersten (west-)deutschen DNA-Analyse sind heute mehr als 700.000 Personendatensätze und 180.000 Spuren in der nationalen DNA-Analyse-Datei beim Bundeskriminalamt gespeichert. Diese soll bis zum 26. August 2011 im Rahmen der sogenannten Prüm-Beschlüsse für grenzüberschreitende Datenabgleiche europaweit vernetzt werden. Kampagne gegen „DNA-Sammelwut“ weiterlesen
Bestandsaufnahme zum Informationsmanagement
Die Europäische Kommission hat einen ersten Schritt zur Umsetzung der EU-Informationsmanagementstrategie (IMS) gemacht: Am 20. Juli 2010 legte Innenkommissarin Cecilia Malmström ihren „Überblick über das Informationsmanagement im Bereich Freiheit, Sicherheit und Recht“ vor.[1] Von A wie Advance Passenger Information bis Z wie Zollinformationssystem listet die Mitteilung insgesamt 19 existierende „Instrumente“ – d.h. Rechtsakte der EU – auf, die das Sammeln und den Austausch personenbezogener Daten zu Zwecken der Kriminalitätsbekämpfung und Migrationskontrolle autorisieren. Bestandsaufnahme zum Informationsmanagement weiterlesen
Weltpolizist Bundeskriminalamt – Von Interpol Wiesbaden zur Vorverlagerung nach Berlin
von Eric Töpfer
Seit 1951 ist das Bundeskriminalamt (BKA) Scharnier zwischen den (Kriminal-)Polizeien der Länder und jenen des Auslands. Mit der zunehmenden Internationalisierung seiner Arbeit hat sich das Amt zu einem wichtigen Akteur der bundesdeutschen Außen- und Sicherheitspolitik entwickelt.
Als erster Bereich der Fachhochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung startete die Kriminalpolizei am 1. Oktober 2009 einen Bachelor-Studiengang. Seither qualifiziert sich der Nachwuchs in Bologna-konform modularisierter und angeblich international vergleichbarer Weise für den gehobenen Dienst beim BKA. Das Studium, so eine Pressemitteilung, vereine „wissenschaftliche und kriminalpraktische Disziplinen mit den Anforderungen an eine enge Zusammenarbeit der Polizeidienststellen auf europäischer und internationaler Ebene“.[1] Zum Konzept gehören auch Sprachschulungen und Praktika im Ausland. Das Amt reagierte mit dem neu strukturierten Studium also nicht nur auf die Vorgaben zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Hochschulraums, sondern nutzte die Chance auch zur Anpassung der Ausbildung an die wachsende Internationalisierung seiner Arbeit. Weltpolizist Bundeskriminalamt – Von Interpol Wiesbaden zur Vorverlagerung nach Berlin weiterlesen
Entwicklungsauftrag „Zivile Sicherheit“ – Metamorphose und Symbiosen deutscher Wehrforschung
von Eric Töpfer
Mit mehr als 123 Millionen Euro fördert die Bundesregierung parallel zur EU die Sicherheitsforschung. In dem Programm ist viel von Bevölkerungsschutz und „ziviler Sicherheit“ die Rede. Nukleus des neuen Forschungsfeldes waren aber Einrichtungen, die dem Militär nahe standen. Angesichts schrumpfender Förderetats haben sie nun neue Verbündete mobilisiert.
„In Abstimmung mit meinem Kollegen, Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble, habe ich die Federführung für eine nationale Strategie zur zivilen Sicherheitsforschung übernommen.“ Mit diesen Worten kündigte Bundesforschungsministerin Annette Schavan am 4. Juli 2006 ein 100-Millionen-Euro-Förderprogramm an. Die Begründung ihrer Initiative hat zwei Seiten. Erstens beschwört sie „neue Bedrohungen“, warnt vor der Verwundbarkeit der „zentralen Lebensnerven unserer Gesellschaft“ und erweitert so unser Verständnis von Sicherheit: „Wir müssen nach innovativen Lösungen für diese neuen Herausforderungen suchen … Denn Sicherheit hängt vom Vorsprung in Forschung und Wissenschaft und der Umsetzung in Organisation und Technologie ab.“ Entwicklungsauftrag „Zivile Sicherheit“ – Metamorphose und Symbiosen deutscher Wehrforschung weiterlesen
Unisys Corp. – Eine Spinne im Netz informatisierter „Sicherheit“
von Eric Töpfer
Ehemals viertgrößter Rüstungskonzern der USA, hat sich die Unisys Corporation inzwischen weltweit als einer der führenden Anbieter von Technologien für die „Homeland Security“ etabliert. Ihre Geschäfte und Politik sind exemplarisch für die geballte Macht des sicherheitsindustriellen Komplexes.
Beschäftigt man sich mit den technischen Großprojekten der europäischen Polizei- und Justizzusammenarbeit, reibt man sich verwundert die Augen. Ob es um die Programmierung der Prüm-CODIS-Schnittstelle für den Abgleich der nationalen DNA-Datenbanken und ihren Draht über den Atlantik geht, um das Upgrade des Schengener Informationssystems zum SIS II und dessen „Synergien“ mit dem Visa-Informationssystem, um die Entwicklung von Europols Informationssystem oder die Vernetzung der Kraftfahrzeugregister im Rahmen von EUCARIS, um die Standardisierung des Datenaustausches zwischen den nationalen Strafregistern oder um eine Vorstudie für das Critical Infrastructure Warning Network der EU[1] – ein Name ist immer dabei: Unisys. Unisys Corp. – Eine Spinne im Netz informatisierter „Sicherheit“ weiterlesen