von Salvatore Palidda
Von den 343.000 BeamtInnen der nationalen Polizeien Italiens gehören heute 57,8 Prozent einem Korps mit militärischem Status an. Die lange Tradition solcher Polizeiorganisationen prägt die Sicherheitspolitik des Landes bis heute.
Italien ist das Land mit der größten Anzahl von Polizeibehörden in Europa, der höchsten Polizeidichte und den höchsten Kosten pro EinwohnerIn für die öffentliche und private Sicherheit. Bis zur Reform von 1981 hatten alle italienischen Polizeieinheiten einen militärischen Status. Seither sind die Staatspolizei und die Gefängnispolizei „zivil“; Carabinieri und Finanzpolizei (Guardia di finanza) behielten ihren militärischen Status, ebenso die Forstpolizei, die 2017 in die Carabinieri integriert wurde, sowie die Küstenwache. Diese Polizeikorps wurden alle zu Beginn des 19. Jahrhunderts geschaffen und waren Teil des Königreichs Piemont, sie existierten also bereits vor der Vereinigung Italiens (1861). Ihre Geschichte ist geprägt von Kontinuität, Anpassungen und Innovation durch die Einführung neuer Technologien. Eine italienische Staatstradition – Polizeien mit militärischem Status weiterlesen →
«Es ist schwer erträglich, solche Zustände zu sehen. Deshalb darf es nur ein Ziel geben: Solche Zustände darf es in Europa nicht mehr geben.» Das sagte die schweizerische Bundesrätin Simonetta Sommaruga am 11. August 2016 bei strahlendem Sonnenschein am «Medienanlass» ihres Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements. Sie sagte es wie immer mit leicht bebender Stimme und fast war man geneigt, ihr die Erschütterung abzunehmen – aber eben nur fast.
Como ist die letzte italienische Bahnstation vor der Grenze zum schweizerischen Südkanton Tessin. In Como sind Hunderte Geflüchtete gestrandet. Sie lagern unter prekären Bedingungen am Bahnhof und im Park davor – unterstützt, so gut es eben geht, von solidarischen Leuten aus Como selbst, aber auch aus der Schweiz, vor allem aus dem Tessin. «Das können wir gegenüber Deutschland nicht rechtfertigen» weiterlesen →
von Christoph Marischka
EU Naval Force Mediterranean (EU NAVFOR MED): Mit bemerkenswerter Geschwindigkeit hat die EU ihre Marinemission zur Migrationsbekämpfung im Mittelmeer geplant und implementiert.
Vermeintlicher Anlass war die Schiffskatastrophe vor Lampedusa in der Nacht zum 19. April 2015, bei der über 850 Flüchtlinge im Mittelmeer ertranken. Schon bei der außerordentlichen gemeinsamen Tagung der Außen- und der InnenministerInnen in Luxemburg einen Tag später war die Rede davon, dass die „erfolgreiche“ Operation Atalanta zur Bekämpfung der Piraterie am Horn von Afrika Vorbild für eine ähnliche Aktion im Mittelmeer sein könnte.[1] Am 23. April schließlich beauftragten die Staats- und Regierungschefs ihre Außenbeauftragte, „unverzüglich mit den Vorbereitungen für eine eventuelle“ Operation im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) zu beginnen.[2] Marineoperation im Mittelmeer: Seenotrettung, Lagebilderstellung oder Anti-Terror-Krieg? weiterlesen →
von Andrea Dini Modigliani und Giulia Fabini (Übersetzung von Attilius Lintner)
Seit 2008 zermürben die Folgen der Wirtschaftskrise auch Italien. Die Krise hat in vielen Ländern zu Massenmobilisierungen geführt wie man sie seit Jahren nicht mehr kannte – in Italien allerdings kaum. Es eröffnen sich jedoch Bruchstellen, die auch neue Szenarien ermöglichen.
Die Abwesenheit einer allgemeinen und breiten Mobilisierung gegen die Wirtschaftskrise und ihre Folgen in Italien ist auf verschiedene Faktoren zurückzuführen. Trotz der enormen Staatsverschuldung ist der italienischen Wirtschaft (die von einer solideren Grundstruktur geprägt ist als die anderer Krisen geplagter Länder) jener unverzügliche Kollaps erspart geblieben, der die anderen Ökonomien Südeuropas kennzeichnet. Erst in jüngster Zeit hat die Erwerbslosigkeit (besonders bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen) in Italien ähnliche Zahlen wie in anderen Krisenländern erreicht: Soziale Kämpfe und repressive Macht: Italien in der Wirtschaftskrise weiterlesen →
von Yasha Maccanico
Mit der einstimmigen Annahme im Verfassungsausschuss des Senats am 1. August 2007 hat das neue italienische Geheimdienstgesetz die letzte parlamentarische Hürde genommen. Es soll für eine stärkere politische Kontrolle der Dienste sorgen und die schier unendliche Serie von Skandalen beenden.[1]
Diese Serie war in der Tat lang. Die italienischen Geheimdienste hatten sich an Entführungsaktionen der CIA beteiligt; sie hatten Gerichtsverfahren manipuliert; sie hatten PolitikerInnen, Geschäftsleute, NGOs, AnwältInnen und RichterInnen illegal überwacht und umfangreiche Dossiers über sie angelegt; sie hatten Falschinformationen in den Medien platziert und Journalisten als V-Leute eingesetzt. Im Zentrum der Skandale stand der militärische Geheimdienst SISMI und dessen im November 2006 abgesetzter Direktor Nicolò Pollari, der derzeit wegen der Entführung von Abu Omar vor Gericht steht.[2] Vom Dauerskandal zum Gesetz – Reform des italienischen Geheimdienstrechts weiterlesen →
von Wilko Zicht
Ein Rückblick auf die Europa- und Weltmeisterschaften der letzten zwanzig Jahre zeigt: Wenn ein Turnier positiv verlaufen soll, dann dürfen Fans und ihre Interessen nicht nur als Sicherheitsrisiken wahrgenommen werden.
„Kultur ist nichts für Fußballfans, die verstehen nur den Polizeiknüppel.“ Das war die kurze und prägnante Antwort eines hohen DFB-Funktionärs auf die Frage, wie die vielen zur Europameisterschaft 1988 erwarteten Fans empfangen werden sollten.[1] Dementsprechend sahen die Empfangskomitees vor den Bahnhöfen aus: Behelmte Hundertschaften nahmen sich der BesucherInnen aus England, den Niederlanden und aus Italien an und spielten für sie während des gesamten Aufenthalts in Deutschland die Rolle des Gastgebers. Herzlich willkommen? Behandlung von Fußballfans bei internationalen Turnieren weiterlesen →
Seit 1978 Berichte, Analysen, Nachrichten zu den Themen Polizei, Geheimdienste, Politik „Innerer Sicherheit“ und BürgerInnenrechte.