Alle Beiträge von Dirk Burczyk

Granatwerfer für die Polizei – Militärisch gerüstet gegen Terror und im Alltag

Die ständige Warnung, dass die Bundesrepublik oder gar die gesamte EU im „Fadenkreuz des internationalen Terrorismus“ stünden, erzeugt sprachlich einen permanenten Ausnahmezustand, der sich nicht nur in der Nachrüstung des Polizei-, Geheimdienst- und Strafverfolgungsrechts niederschlägt, sondern auch auf der Ebene der Ausstattung und Ausbildung der Sicherheitskräfte.

Vielfach wurde in den vergangenen Jahren darüber berichtet, dass die Bundesländer „Sturmgewehre“ für ihre Polizeien angeschafft haben. Von welchen Einsatzszenarien man dabei ausgeht, hat ein Lobbyist von Heckler & Koch 2016 in der Zeitschrift „Polizeipraxis“ der Gewerkschaft der Polizei eindrücklich dargestellt:[1] Die Entwicklung der mittlerweile vielfach beschafften MP 7 mit einem Kaliber von 4.6 mm x 30 gehe auf Erfahrungen aus dem Afghanistankrieg der 80er zurück, in dem Kämpfer der Taliban eine Reihe von Kalaschnikow-Magazinen vor der Brust trugen. Diese hätten von der bis dahin in Maschinenpistolen verwendbaren Munition nicht durchschlagen werden können. Bei den Attentaten von Paris seien die Täter aber genau so ausgestattet gewesen. Granatwerfer für die Polizei – Militärisch gerüstet gegen Terror und im Alltag weiterlesen

„Gefährlicher Ort“ Flüchtlingsunterkunft

An einem Vormittag im November 2015 kontrollierten in Olpe (Nordrhein-Westfalen) zwei Polizeibeamte die Insassen eines Fahrzeugs, das in der Nähe einer Notunterkunft parkte. Weil der Fahrer den Sinn dieser Kontrolle hinterfragte, wurde ihm mitgeteilt, dass er „augenscheinlich nicht deutscher Herkunft sei und sein aufenthaltsrechtlicher Status in der BRD überprüft werden müsse“. Diese Begründung wurde in einem nun veröffentlichten Urteil des Verwaltungsgerichts Arnsberg für rechtswidrig erklärt.[1] Es fehlten Anhaltspunkte dafür, „dass der Aufenthaltsstatus überhaupt auch nur zweifelhaft war“. Allein das Aussehen genüge nicht, „um vernünftige Zweifel an der Rechtsmäßigkeit“ des Aufenthalts begründen zu können. „Gefährlicher Ort“ Flüchtlingsunterkunft weiterlesen

Abhörzentrale des Ostens kann mit Aufbau beginnen

Nachdem im letzten Herbst die Parlamente Berlins, Brandenburgs, Sachsens, Sachsen-Anhalts und Thüringens den Staatsvertrag zur Einrichtung eines „Gemeinsamen Kompetenz- und Dienstleistungszentrums der polizeilichen Telekommunikationsüberwachung“ (GKDZ) ratifiziert ha­ben,[1] ist im Januar das GKDZ als „Anstalt des öffentlichen Rechts“ for­mell gegründet worden. Der von den Ländervertretern gebildete Aufsichts­rat wird im nächsten Schritt einen Beratervertrag zur organisatorisch-technischen Feinplanung vergeben, dann folgt die Ausschreibung für Aufstellung und Betrieb der Anlage. In erster Linie sollen dort ausgelei­tete Daten aus TK-Überwachungen gespeichert werden.  Abhörzentrale des Ostens kann mit Aufbau beginnen weiterlesen

Zentren der Cyber-Security – Großes Gedränge der Sicherheitsbehörden

Die Omnipräsenz informationstechnischer Systeme in Verwaltung, „kritischer Infrastruktur“ (Strom-, Telefon-, Wassernetze etc.) und in Industrie und Handel macht alle diese Lebensbereiche angreifbar für eine ganze Reihe von AkteurInnen, die Schaden zufügen oder Daten stehlen wollen. Zahlreiche Einrichtungen mit je eigenen Interessen befassen sich in der Bundesrepublik mit der Abwehr digitaler Bedrohungen.

Für die Polizei ist vor allem „Cybercrime“ ein Feld, in dem es um die klassischen Aufgaben geht – um Gefahrenabwehr, vor allem aber um Strafverfolgung. Zentren der Cyber-Security – Großes Gedränge der Sicherheitsbehörden weiterlesen

Schengenausnahme wird zur Regel

Die Bundesregierung wird die nach den Regeln der Schengener Grenzkodex ausnahmsweise mögliche Wiederdurchführung von Grenzkontrollen über den 11. November 2017 hinaus verlängern. Nach den derzeit geltenden Bestimmungen können Grenzkontrollen für bis zu sechs Monate und insgesamt zwei Jahre wieder durchgeführt werden. Diese zwei Jahre sind nun vorbei, weshalb die Kommission einer weiteren Verlängerung ursprünglich nicht zugestimmt hätte. Die Bundesregierung begründet die erneute Verlängerung statt mit der unerlaubten Einreise von Flüchtlingen nun mit der Gefahr terroristischer Anschläge. Frankreich begründet seine Grenzkontrollen damit schon länger. Neben der Bundesrepublik folgen dem nun auch Österreich, Dänemark und Norwegen. Schengenausnahme wird zur Regel weiterlesen

Wunderwaffe „Deradikalisierung“:  Prävention im Dschungel von Polizei und Geheimdiensten

Neben der Kriminalisierung des Vorfeldes terroristischer Handlungen setzt staatliche Terrorismusprävention zunehmend auf Interventionen zur Verhinderung oder Umkehr von „Radikalisierung“. Obwohl der Begriff umstritten ist, wird die Radikalisierungsprävention zum Experimentierfeld von Zensur, Propaganda und der Kooptierung zivilgesellschaftlichen Engagements für staatliche Zwecke.

In der Debatte um die richtige Antwort auf religiös-funda­men­ta­lis­ti­schen Terror islamistisch motivierter EinzeltäterInnen und Gruppen er­schallt immer wieder der Ruf nach einer Präventionsstrategie. Die Forde­­rung nach mehr Prävention kommt dabei aus unterschiedlichen Ecken. Auf der einen Seite des Spektrums stehen die TrägerInnen von Konzepten des präventiven Sicherheitsstaats, die die polizeilich-geheim­dienst­liche Bekämpfung des Terrorismus um weitere Elemente ergänzen wollen, die nicht auf den ersten Blick repressiv sind. Auf der anderen Seite ste­hen die KritikerInnen des Ausbaus von Befugnissen und (technischen) Fähigkeiten der Repressionsbehörden, die frühzeitig die Entwicklung von religiösem Fanatismus und Gewaltbereitschaft verhindern wollen. Wunderwaffe „Deradikalisierung“:  Prävention im Dschungel von Polizei und Geheimdiensten weiterlesen

(Keine) Parlamentarische Kontrolle von Europol

Mit der geänderten Europol-Verordnung (EU 2016/794) wurde im Mai 2016 ein neuer gemeinsamer parlamentarischer Kontrollausschuss für Europol geschaffen (Joint Parliamentary Scrutiny Committee, JPSC). Zur Zusammensetzung und Arbeitsweise des JPSC sagt die Verordnung jedoch nichts, sie musste zwischen den nationalen und dem Europäischen Parlament(EP) festgelegt werden. Das JPSC soll nun bis zu vier VertreterInnen je nationalem Parlament und bis zu 16 Mitglieder des EP umfassen. Zur Arbeitsweise des JPSC hatte der Bundestag eine Reihe von Vorschlägen wie die Einrichtung ständiger Ausschüsse u.a. zur Haushaltskontrolle und zur Aufsicht über die operative Tätigkeit von Europol gemacht. Da jedoch schon die Aushandlung der Zusammensetzung viel diplomatisches Hin und Her ausgelöst hatte, wurde auf solche Festlegungen zunächst verzichtet. Klar ist somit nur, dass der Ausschuss sich zweimal im Jahr – in Brüssel und im Land der Ratspräsidentschaft – treffen wird. (Keine) Parlamentarische Kontrolle von Europol weiterlesen

„Rocker“ im Fokus – Kuttenverbot für „kriminelle Rocker“ in Kraft

Kaum eine Woche vergeht, in der nicht irgendwo in Deutschland von gewalttätigen Auseinandersetzungen in der Rockerszene, von Razzien in Clubs und Privaträumen, Verbindungen zu Drogenkrimi­nalität, Zuhälterei und Menschenhandel berichtet wird. Kaum ein vergleichbares Milieu bietet sich derart an, zum Objekt symbolischer Politik in der Verbrechensbekämpfung gemacht zu werden.

Es ist der 12. Dezember 2016. Eine spannungsgeladene Atmosphäre herrscht auf der Zuschauertribüne des Anhörungssaals im Paul-Löbe-Haus, in dem die Ausschüsse des Deutschen Bundestags Sitzungen abhalten. „Rocker“ im Fokus – Kuttenverbot für „kriminelle Rocker“ in Kraft weiterlesen