Schlagwort-Archive: Polizei

Chronologie September 2022

zusammengestellt von Otto Diederichs

1. September: Ermittlungen gegen Polizeibeamt*innen: Durch Presseberichte wird bekannt, dass die Staatsanwaltschaft (StA) Dortmund (NRW) die Ermittlungen im Fall der Polizist*innen die an dem Einsatz am 8. August, bei dem ein junger Senegalese erschossen worden war, von dem Todesschützen auf vier weitere Beamt*innen ausgeweitet hat. Zusätzlich teilt der Polizeipräsident mit, dass zudem gegen alle auch Disziplinarverfahren eingeleitet wurden. Am 2. September teilt die Polizei in Darmstadt (Hessen) mit, dass gegen einen ihrer Beamten wegen Körperverletzung im Amt ermittelt wird. Der Beamte hatte Mitte August einem Mann, der seinen Anweisungen nicht folgte in die Genitalien getreten. Am 9. September teilt die Polizei in Bielefeld (NRW) mit, dass gegen drei Polizist*innen, die im August einen Auffahrunfall verursacht und über dessen Ablauf falsche Angaben gemacht hatten, Disziplinarverfahren eingeleitet wurden. Zudem wurde der Vorgang an die StA übergeben; diese hat ein Vorverfahren eingeleitet um einen Anfangsverdacht zu prüfen. Am 13. September teilt die StA Mannheim (Baden-Württemberg) mit, dass sie die Ermittlungen gegen einen Polizisten, der im Mai einem selbstmordgefährdeten Mann in den Oberschenkel geschossen hatte, eingestellt hat. Der Beamte habe in Notwehr gehandelt, da er mit einem Messer bedroht worden war und der Mann wäre an einem selbstzugefügten Stich in den Hals gestorben. Bei fünf, an dem tödlich verlaufenen Polizeieinsatz in Dortmund, beteiligten Beamt*innen, finden am 14. September Hausdurchsuchungen statt. Ihre Mobilfunkgeräte werden beschlagnahmt, da sie sich darüber zu dem Einsatz ausgetauscht haben. Am 22. September erklärt NRWs Innenminister Herbert Reul (CDU) im Innenausschuss des Landtages, auch die Waffe des Einsatzleiters des Dortmunder Einsatzes sei beschlagnahmt worden, da ein Zeuge ausgesagt hat, auch dieser habe auf den jungen senegalesischen Flüchtling geschossen. Im Fall eines ranghohen baden-württembergischen Polizeibeamten, der einer Untergebenen Karrierevorteile gegen Sex angeboten hatte, sagt Landesinnenminister Thomas Strobl (CDU) am 23. September als Zeuge im Untersuchungsausschuss des Landtages aus. Der Innenminister hatte in der Affäre ein internes Anwaltsschreiben an einen Journalisten weitergegeben. Gegen den Polizeibeamten wird unterdessen auch wegen der Verbreitung von Pornografie ermittelt. Am 27. September wird bekannt, dass die StA Detmold gegen zwei Polizeibeamte wegen des Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz ermittelt. Die Polizisten hatten in Barntrup (beide NRW) mit ihrem Streifenwagen eine zuvor angefahrene und verletzte Katze überfahren, um sie zu töten. Chronologie September 2022 weiterlesen

Chronologie August 2022

zusammengestellt von Otto Diederichs

1. August: Rechtsextremismus: Durch eine parlamentarische Anfrage der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus wird bekannt, dass in Berlin 50 Personen aus dem rechtsextremen Spektrum per Haftbefehl gesucht werden. Der älteste offene Haftbefehl stammt dabei aus dem Jahr 2017. Am 2. August beginnt der vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt/M. (Hessen) der Prozess gegen einen jungen Mann wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat. Er soll Anschläge mit Schusswaffen und Sprengkörpern vorbereitet und versucht haben, eine rechtsextremistische Vereinigung zu gründen. Seit seiner Festnahme im September 2021 befindet er sich in Untersuchungshaft (U-Haft). Das Landgericht (LG) München (Bayern) verurteilt am 3. August neun Männer, die das verbotene Neonazi-Netzwerk „Blood & Honour“ weitergeführt hatten, wegen Verstoß gegen das Vereinigungsverbot und Volksverhetzung zu Geldstrafen und Bewährungsstrafen zwischen acht Monaten und einem Jahr und 10 Monaten. Am gleichen Tag versammeln sich vor einem Freibad in Berlin 10 vermummte Personen der rechtsextremen Nachwuchsorganisation „Junge Nationalsozialisten“, zünden Feuerwerk und halten Banner hoch. Die Polizei kann zwei Personen kurzfristig festnehmen, die übrigen flüchten unerkannt. Am 11. August beginnt vor dem LG Berlin der Berufungsprozess gegen einen stadtbekannten Rechtsextremisten, der im November 2021 einen jordanischen Taxifahrer mit einem Schlagstock angegriffen hatte. Die Berufung wird verworfen; damit bleibt es bei einer eineinhalbjährigen Bewährungsstrafe und 3.000 EUR Schmerzensgeld. Der Mann gilt auch als einer der Hauptverdächtigen für eine Serie von Brandanschlägen in Berlin. Chronologie August 2022 weiterlesen

Chronologie Juli 2022

zusammengestellt von Otto Diederichs

1. Juli: Rechtsradikale Polizist*innen: Durch Presseberichte wird bekannt, dass das niedersächsische Innenministerium die Beziehungen einer Polizistin zu einem Rechtsextremisten überprüft. Die Frau wurde von einigen ihrer Aufgaben entbunden. Die Liebesbeziehung war vor einem Jahr schon einmal ohne Ergebnis von ihrer Dienststelle in Hannover untersucht worden. Am 5. Juli wird durch Presseberichte bekannt, dass die Polizei in Baden-Württemberg ihre Teilnahme an einer bundesweiten Studie der Deutschen Hochschule für Polizei (DHPol) zu Rechtsradikalismus und Rassismus in der Polizei verweigert hat. Auch Hamburg hatte sich nicht beteiligt, sondern eine eigene Untersuchung durchgeführt. In den übrigen Bundesländern ist die Studie abgeschlossen oder kurz vor dem Abschluss. Durch Pressefotos wird die Polizei in Bielefeld (NRW) am 12. Juli darauf aufmerksam, dass einer der Beamten ihres Spezialeinsatz-Kommandos (SEK) bei einem Einsatz einen Aufnäher mit rechtsextremistischem Bezug auf der Uniform trug; der Mann wurde in eine andere Dienststelle versetzt, gegen ihn wird ermittelt. Am 15. Juli teilt die Polizei in Münster (NRW) mit, dass sie gegen acht von 20 Mitgliedern einer rechtsradikalen Chatgruppe Straf- und Disziplinarverfahren eingeleitet hat. Alle acht Beamt*innen waren SEK-Mitglieder; sie wurden aus dem Dienst entfernt. Die Ermittlungen gegen die übrigen Beamt*innen laufen weiter. Am 29. Juli durchsucht das Landeskriminalamt (LKA) Wiesbaden die Wohnungen von fünf Polizist*innen in Frankfurt/M. (beide Hessen). Einem Beamten wird die Verwendung von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen vorgeworfen. Den übrigen Strafvereitelung im Amt und Verrat von Dienstgeheimnissen. Alle fünf sind vom Dienst suspendiert. Auch gegen Vorgesetzte wird ermittelt. Chronologie Juli 2022 weiterlesen

Chronologie Juni 2022

zusammengestellt von Otto Diederichs

1. Juni: Rechtsradikale Polizist*innen: Durch Presseberichte wird bekannt, dass ein Polizeibeamter und ehemaliger sachsen-anhaltinischer AfD-Landtagsabgeordneter wieder in den Polizeidienst eingestellt wurde. Der Mann hatte in einer Landtagsdebatte 2017 Menschen mit Migrationshintergrund übel beschimpft. Ein 2015 gegen ihn eingeleitetes Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung und Nötigung wurde zwischenzeitlich eingestellt. Auf Pressenachfragen teilt die Staatsanwaltschaft StA) Cottbus (Brandenburg) am 3. Juni mit, dass die Ermittlungen gegen einen Polizeibeamten, der auf Fotos in einer SS-Uniform posierte, auf zwei weitere Personen ausgeweitet wurden. Am 14. Juni wird durch Presseberichte ein Video bekannt, in dem ein Polizist in Gießen (Hessen) einen albanischen „mutmaßlichen Störer“ rassistisch beleidigt. Gegen den Beamten wurde ein Disziplinarverfahren eingeleitet und die StA informiert.

Ermittlungen gegen Innenminister: Der Landtag in Baden-Württemberg setzt einen Untersuchungsausschuss zur Affäre um Landesinnenminister Thomas Strobl (CDU) ein. Strobl hatte im Fall eines hochrangigen Polizeibeamten, gegen den wegen sexueller Belästigung ermittelt wird, ein Anwaltsschreiben an einen Journalisten weitergegeben. Chronologie Juni 2022 weiterlesen

Chronologie April 2022

zusammengestellt von Otto Diederich

1. April: Umweltdemonstrationen: Das Landgericht (LG) Gießen (Hessen) verurteilt eine Umweltaktivistin gegen die Rodung des Dannenröder Forstes wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Widerstand gegen die an der Räumung des Besetzer*innen-Camps beteiligten Polizist*innen zu einer Haftstrafe von einem Jahr und neun Monaten. Gegen das Urteil ist Berufung möglich. Die Frau befindet sich seit etwa 16 Monaten in Untersuchungshaft. Während der Urteilsverkündung kommt es zu lautstarken Protestrufen von Unterstützer*innen; die Polizei räumt den Saal. Am 11. April legen die Anwälte der Aktivistin Revision beim Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt/M. (Hessen) ein. Am gleichen Tag kleben sich andere Umweltaktivist*innen auf Straßen und Autobahnzufahrten in Frankfurt/M. fest; der Verkehr muss umgeleitet werden. Weitere übergießen die Eingänge von zwei Frankfurter Banken mit schwarzer Farbe. Auch am 12. April werden in Frankfurt/M. wieder Straßenblockaden durchgeführt. Bei den Aktionen am 11./12. April werden insgesamt über 50 Personen vorübergehend festgenommen. Erneut blockieren am 13. April Aktivist*innen eine zentrale Verkehrsachse in Frankfurt/M. und verschütten schwarze Farbe auf der Straße; diesmal werden rund 40 Personen in Gewahrsam genommen. Am 14. April werden in der Frankfurter Innenstadt zwei Brücken blockiert und wiederum Farbe ausgeschüttet. Vier Radfahrer*innen kommen dadurch zu Fall, eine Frau muss ins Krankenhaus gebracht werden. Die Polizei nimmt 40 Aktivist*innen in Gewahrsam. Seit Beginn dieser Blockaden wurden etwa 200 Personen fest- und 30 in einen längerfristigen Gewahrsam genommen worden; rund 140 Ermittlungsverfahren wurden eingeleitet. Am 19. April blockieren Klimaaktivist*innen erneut an drei verschiedenen Orten in Frankfurt/M. die Fahrbahnen und kleben sich teilweise fest. Insgesamt wurden bei den bisherigen Aktionen fast 200 Personen festgenommen; 30 von ihnen mussten über Ostern in Gewahrsam bleiben. In Berlin reißen Klimaaktivist*innen am 19. April das Pflaster des Bürgersteigs von dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz auf, legen Rohre mit der Aufschrift „Qatar Stream“ daneben und verschütten Farbe. Die Polizei beendet die Aktion, sieben Personen werden vorläufig festgenommen. Am gleichen Tag verurteilt das Amtsgericht (AG) Ravensburg (Baden-Württemberg) einen Hochschulprofessor wegen Baumbesetzung gemeinsam mit Klimaaktivist*innen im Mai 2021 zu einer Geldstrafe von 4.000 EUR. Mit der Aktion sollte für intelligentes Heizen in der Hochschule geworben werden. Vor dem AG München (Bayern) beginnt am 26. April der Prozess gegen drei Teilnehmer*innen eines „Klimacamps“ gegen die Automesse IAA im September 2021. Am 27. April versuchen Umweltaktivist*innen in Ramersbach (Rheinland-Pfalz) und Schwedt (Brandenburg) Öl- und Gaspipelines zu unterbrechen. Im Innenausschuss des Hessischen Landtags erklärt Landesinnenminister Peter Beuth (CDU) am 28. April, dass es in Zusammenhang mit Aktionen von Klima- und Umweltaktivist*innen bisher über 200 vorläufige Festnahmen gegeben hat und über 140 Strafverfahren eingeleitet wurden; 57 Personen seien richterlich vorgeführt worden. Chronologie April 2022 weiterlesen

Chronologie März 2022

zusammengestellt von Otto Diederichs

1. März: Ermittlungen gegen Polizeibeamt*innen: In Berlin durchsucht die Polizei die Wohnung und die Dienststelle eines ihrer Beamten wegen unerlaubtem Drogenbesitz. Zahlreiche Beweismittel werden sichergestellt; disziplinarrechtliche Schritte werden eingeleitet und die Staatsanwaltschaft (StA) ermittelt wegen Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz. Am 7. März teilt die Berliner Polizei mit, dass gegen einen ihrer Beamten wegen Datenmissbrauch, Stalking und Sachbeschädigung ermittelt wird. Der Mann hatte im September 2019 illegal mehrere 100 Daten von mehr als 10 Menschen aus dem Umfeld seiner früheren Freundin aus dem Polizeilichen Informationssystem abgefragt; er ist vom Dienst suspendiert. In die Ermittlungen wurde auch die Berliner Datenschutzbeauftragte einbezogen. Die StA in Bonn (NRW) teilt am 22. März mit, dass gegen einen Beamten der Bonner Polizei ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde. Wie ein Video dokumentiert, hatte der Beamte sich mehrfach auf den Kopf eines bereits gefesselten, mutmaßlichen Straftäters gekniet, obwohl dieser keinen Widerstand leistete. Chronologie März 2022 weiterlesen

Blaue Gefühlswelten: Emotion und Affekt digitaler Polizeiarbeit

von Ben Hundertmark

In sozialen Netzwerken beteiligen sich Polizeibehörden an der Gefühlsaufladung ihrer Institutionen: Mit humoristischen und personalisierten Kommunikationsangeboten suchen sie den Kontakt zu Bürger*innen. Das Verhältnis zwischen staatlichen Organisationen und der Zivilgesellschaft wird im digitalen Raum neu verhandelt.

Im Januar 2020 pointierte Marcus da Gloria Martins, ehemaliger Pressesprecher der Polizei München, bei der Vortragsreihe TEDx TALKS ein Dilemma polizeilicher Öffentlichkeitsarbeit in sozialen Netzwerken:

„Social Media funktioniert nur mit Emotionen, nur. Ganz im Ernst: Finden Sie uns wahnsinnig emotional? Nein, oder? … Und dann müssen wir Humor? Dann müssen wir Emotionen? Das ist sehr schwierig“[1]

Einerseits sind Polizeibehörden in Deutschland an rechtliche Grundsätze der Neutralität, Sachlichkeit und Richtigkeit gebunden, welche auch im Kontext von Kommunikationsangeboten an Bürger*innen im digitalen Raum gelten. Andererseits wollen sie eben dort Sichtbarkeit, Ansprechbarkeit und Präsenz vermitteln. Dafür müssen sie sich im Wetteifern um Aufmerksamkeit und Reichweite den Kommunikationskulturen und sozioalgorithmischen Funktionslogiken sozialer Netzwerke anpassen, was die kontinuierliche (Re-)Produktion von Emotionen sowie das Hervorrufen affektiver Reaktionen bei adressierten Nutzer*innen erforderlich macht. Blaue Gefühlswelten: Emotion und Affekt digitaler Polizeiarbeit weiterlesen

Chronologie Februar 2022

zusammengestellt von Otto Diederichs

1. Februar: Polizeischüsse: In Gemünden (Hessen) ersticht ein Mann seine Frau und verletzt sich anschließend selbst schwer. Dennoch kann er erst nach einem Schusswaffengebrauch von Polizeibeamt*innen festgenommen und ins Krankenhaus gebracht werden. Näheres ist aktuell nicht bekannt. Am 7. Februar versucht in Efringen-Kirchen (Baden-Württemberg) ein betrunkener Autofahrer sich einer Verkehrskontrolle zu entziehen, fährt dabei einen Polizisten an und verletzt ihn schwer. Obwohl seine Kollegen daraufhin auf den Wagen schießen, kann der Fahrer trotz zweier Armschüsse zunächst fliehen. Er wird später festgenommen. Mit einem Kleinbus durchbricht am 12. Februar ein Mann die Schranke eines Werksgeländes in Sindelfingen (Baden-Württemberg). Als er kurz darauf einen Unfall hat, versucht er zu Fuß zu flüchten. Als Polizist*innen ihn stoppen, bedroht er sie mit einem Messer. Ein Beamter schießt ihm ins Bein, der Mann wird in eine psychiatrische Einrichtung gebracht. Am 15. Februar gibt in Wörth (Bayern) ein Polizist einen Warnschuss ab um einen ausreisepflichtigen Mann bei der Flucht vor seiner Abschiebung zu stoppen. In München (Bayern) gibt am 16. Februar ein Polizist einen Schuss auf eine Frau ab, die einen Kollegen mit einem Messer angreift. Die Frau bleibt unverletzt und wird am 17. Februar in eine psychiatrische Einrichtung gebracht. Am 24. Februar wird in Gunzenhausen (Bayern) gegen Mitternacht ein Randalierer gemeldet. Die eintreffenden Beamt*innen bemerken Feuer im Haus und rufen die Feuerwehr. Bei deren Eintreffen greift der mutmaßlich psychisch Gestörte diese mit einem Messer an. Auch die Polizist*innen greift er an; als der Einsatz von Pfefferspray wirkungslos bleibt, schießen die Beamt*innen. Der Mann stirbt im Krankenhaus.

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