Extraordinary Renditions – Verschleppung und Folter als Programm

von Heiner Busch

Die CIA entführt „Terrorverdächtige“ in eigene geheime Verhörzentren oder in Folterstaaten. Europäische Geheimdienste helfen ihr dabei.

Am 17. Oktober 2006 unterzeichnete US-Präsident George W. Bush den Military Commissions Act.[1] Das Gesetz legalisierte nicht nur die Militärtribunale auf dem US-Stützpunkt in Guantánamo, die der Oberste Gerichtshof noch dreieinhalb Monate zuvor für illegal erklärt hatte. Vielmehr erhielt nun auch das gesamte System der Geheimgefängnisse außerhalb des US-Territoriums einschließlich der Behandlung der dort In­haftierten eine „ordentliche“ Rechtsgrundlage.

Handelten Militär und Geheimdienste bis dahin aufgrund einer bloßen Anordnung des Präsidenten, so waren sie nunmehr formell vom Kongress ermächtigt, Personen, die sie der Teilnahme an oder Unterstützung von terroristischen Aktionen gegen die USA verdächtigen, als „unlawful enemy combatants“ (illegale feindliche Kombattanten) für unbegrenzte Zeit in einem Gefängnis außerhalb der USA festzuhalten. Für sie soll es selbst elementare Menschenrechte nicht mehr geben, ihr rechtlicher Status ist faktisch ausgelöscht: Anders als normale Kriegsgefangene, für die weiter das Kriegsvölkerrecht gilt, sollen sie sich weder auf die Genfer Konventionen zum Schutz von Kriegsgefangenen berufen noch die Überprüfung ihrer Inhaftierung vor einem ordentlichen Gericht in den USA verlangen können. Extraordinary Renditions – Verschleppung und Folter als Programm weiterlesen

Kampf um die Köpfe – Unabhängige Medien beim G8-Gipfel in Heiligendamm

von Anneke Halbroth und Jan Kühn

Der G8-Gipfel in Heiligendamm ist auch als „Gipfel der aufgedeckten Lügen“ in Erinnerung geblieben. Dazu haben unabhängige Medien maßgeblich beigetragen.

Große und kleine Demonstrationen, Blockaden und zahlreiche andere Aktionen sollten in Heiligendamm den Widerstand gegen die Politik der reichsten Länder der Welt deutlich machen. Gleichzeitig entwickelte sich ein Kampf um die Deutung des Geschehens. Während die Medienkonzerne und vor allem die Nachrichtenagenturen die Verlautbarungen der Polizei ungeprüft übernahmen, waren Aktivistinnen und Aktivisten unabhängiger Medien bei allen Aktionen zu finden, um ein anderes Bild zu zeigen. Sie dokumentierten, filmten, interviewten und fotografierten, um der Sicht „von oben“ ein Bild „von unten“ entgegenzusetzen.

Ereignisse wie die Proteste gegen den G8-Gipfel haben – bei aller Kritik an ihrem spektakelhaften Charakter – an sich, dass Tausende Aktivistinnen und Aktivisten der verschiedensten politischen Strömungen an einem Ort zusammen kommen. Das gilt auch für diejenigen unter ihnen, die sich mit der Herstellung von Medien beschäftigen. So war es auch im Juni 2007. Kampf um die Köpfe – Unabhängige Medien beim G8-Gipfel in Heiligendamm weiterlesen

Terrorismusbekämpfungsgesetz: Statistik 2006

Am 7. Juli 2007 legte das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) dem Bundestag seinen fünften „Bericht zu den Maßnahmen nach dem Terrorismusbekämpfungsgesetz“ vor.[1] Die Angaben sind unvollständig, da acht Bundesländer noch keine Berichte über die Tätigkeit ihrer Verfassungsschutzämter vorgelegt hatten. Von den Geheimdiensten haben demnach im Jahre 2006 lediglich das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) und die Landesämter (LfV) ihre Auskunftsrechte genutzt und sich bei Banken über Kontendaten (BfV: 7 Anordnungen/18 Betroffene; LfV: 7/9) und bei Telekommunikationsunternehmen über Verbindungsdaten Verdächtiger (14/71; 2/2) erkundigt. Terrorismusbekämpfungsgesetz: Statistik 2006 weiterlesen

Polizeiliche Todesschüsse 2006

von Otto Diederichs

In insgesamt 27 Fällen hat die deutsche Polizei im vergangenen Jahr ihre Schusswaffen gezielt gegen Personen eingesetzt. Sechs Menschen kamen dabei ums Leben; 15 weitere wurden verletzt. In zwei Fällen wertet die (bislang noch unveröffentlichte) offizielle Schusswaffengebrauchsstatistik der Innenministerkonferenz (IMK) den Schusswaffeneinsatz als unzulässig.[1]

In fünf Fällen waren die Beamten unmittelbar mit Waffen angegriffen worden.[2] In einem Fall (Nr. 3) überfuhr der Straftäter auf der Flucht zuvor einen Polizisten; diesen tödlichen Schuss wertet die IMK-Statistik nicht wie die übrigen als „Notwehr/Nothilfe“, sondern als Versuch der „Fluchtvereitelung“. Polizeiliche Todesschüsse 2006 weiterlesen

Guantánamo in Deutschland

Am 31. Juli 2007 verhaftete das BKA Oliver R., Axel H. und Florian L., nachdem sie versucht haben sollen, drei Bundeswehr-Lastwagen in Brand zu setzen. Sie werden der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung beschuldigt. Laut ihren AnwältInnen erfolgte die Verhaftung der Drei durch eine blitzartige Blockierung der Straße, durch die ihr Fahrzeug abrupt zum Stehen gebracht wurde. Die Scheiben des Wagens wurden eingeschlagen und die Insassen durch die herausgebrochenen Fensterscheiben nach draußen gezerrt. Dabei kam es zu Schnittverletzungen an verschiedenen Körperstellen. Florian L. wurde verprügelt und erlitt Prellungen und Schwellungen im Gesicht und an den Rippen. Guantánamo in Deutschland weiterlesen

87 (2/2007) Internationaler Anti-Terrorimus

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cilip87Redaktionsmitteilung

Staatsgewalt jenseits des Rechts – Eine Einleitung
Norbert Pütter und Heiner Busch
Extraordinary Renditions – Verschleppung und Folter als Programm
Heiner Busch
Falldarstellungen
Martina Kant, Yasha Maccanico und Jan Wörlein
Reformierte Terrorlisten – Instrumente der Willkür
Ben Hayes
Terrorlisten vor den EU-Gerichten
Heiner Busch und Jan Wörlein
Länderberichte
Heiner Busch, Ben Hayes und Jan Wörlein

Gipfel des Sicherheitswahns
Elke Steven
Zwei Seiten einer Medaille
Daniel Wölky

Inland aktuell
Chronologie
Literatur & Aus dem Netz
Summaries
MitarbeiterInnen dieser Ausgabe
Zusammenfassungen
Impressum

Zweifelhafte türkische Garantien

Am 23. Januar 2007 bewilligte das schweizerische Bundesgericht die Auslieferung von Mehmet Esiyok in die Türkei – vorbehaltlich der ausstehenden Entscheidung über Esiyoks Asylantrag und vorbehaltlich förmlicher „Menschenrechtsgarantien“ der Türkei.

Das Bundesgericht ließ die Auslieferung nur für einen der rund dreißig im türkischen Auslieferungsersuchen enthaltenen Anklagepunkte zu: Danach soll Esiyok 1995 zusammen mit anderen Mitgliedern der PKK die Ermordung eines Dorfwächters angeordnet haben. Alle anderen Tatvorwürfe seien entweder verjährt oder „zu wenig konkretisiert“. Obwohl sie in einem Strafverfahren in der Türkei also nicht berücksichtigt werden dürften, dienen sie dem Bundesgericht als Beleg dafür, dass Esiyok nicht als „legitimer Widerstandskämpfer“ anzusehen sei. Zudem habe der schweizerische Inlandsgeheimdienst, der Dienst für Analyse und Prävention, im einem Gutachten vom März 2006 dargelegt, dass die PKK, deren ZK Esiyok seit 1995 angehörte, seit 1993 in der BRD und später in der EU insgesamt als „terroristische Vereinigung“ verboten gewesen sei. Dass die Schweiz diese Kriminalisierung bewusst nicht nachvollzogen hat, nimmt das Gericht nicht zur Kenntnis. Zweifelhafte türkische Garantien weiterlesen

Institut für Bürgerrechte & öffentliche Sicherheit e.V.