Die Ämter für Verfassungsschutz hatten maßgeblichen Anteil daran, dass das „Terror-Trio“, das sich selbst „Nationalsozialistischer Untergrund“ nannte, 1998 abtauchen konnte und bis zum November 2011 unentdeckt blieb. Für ihr Versagen werden sie nun mit dem Ausbau ihrer Macht belohnt.
Neun Gewerbetreibende türkischer bzw. griechischer Herkunft, die zwischen 2000 und 2006 regelrecht hingerichtet wurden; eine getötete Polizistin und ihr Kollege, der bei dem Anschlag in Heilbronn 2007 nur knapp mit dem Leben davon kam; zwei Bombenanschläge 2001 und 2004 in Köln mit vielen Verletzten; vierzehn Überfälle auf Banken und Sparkassen – das ist die Bilanz der Straftaten des „Nationalsozialistischen Untergrunds“, die sich seit dem 4. November, seit dem Tod von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt in ihrem Wohnmobil in Eisenach und seit dem von Beate Zschäpe gelegten Brand in der gemeinsamen Wohnung in Zwickau herauskristallisiert hat. Aktionismus statt Aufklärung – Der neue staatliche „Kampf gegen Rechts“ weiterlesen →
Das Internet hat Polizeien und Geheimdiensten eine Serie neuer Methoden beschert – von der Auswertung allgemein zugänglicher Quellen bis hin zur gezielten Einschleusung von Schadsoftware auf den Computer einer Zielperson.
„Die Täter nutzen die neuesten technischen Möglichkeiten.“ So erklärt das Bundeskriminalamt (BKA) auf seiner Homepage. „Damit die Entwicklung nicht nur auf der falschen Seite Fortschritte macht, wurden im Bundeskriminalamt schon frühzeitig Einheiten aufgebaut, die im Internet ‚Streife surfen‘, die verdächtige Auftritte und Angebote sichern und national wie international die Strafverfolgung einleiten.“[1] In der BKA-Abteilung „Schwere und Organisierte Kriminalität“ ist heute das Referat SO 43 zuständig für „Auswertungen/Ermittlungen IuK-Kriminalität“. Daran angegliedert ist auch die 1999 nach einem entsprechenden Auftrag der Innenministerkonferenz eingerichtete „Zentralstelle für die anlassunabhängige Recherche in Datennetzen“ (ZaRD). Der Staat surft mit – Ermittlungen von Polizei und Geheimdiensten im Internet weiterlesen →
Das schweizerische Justizministerium und sein Überwachungsdienst wollen den ganzen Internet-Verkehr verdächtiger Personen abzapfen und nicht nur ihre E-Mails.
Anfang Juni 2009 erhielten die rund 650 beim Bundesamt für Kommunikation registrierten Internetprovider Post vom Dienst „Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs“ (ÜPF). Man lud sie ein, zur neuen „IP-Richtlinie“ sowie den zugehörigen „organisatorischen und administrativen Anforderungen“ Stellung zu nehmen.
Von der „Echtzeit-Überwachung der kompletten Kommunikation des Breitband-Internetanschlusses“ war in den Dokumenten die Rede.[1] Konkret sollten die Provider nun das gesamte Surfverhalten einer NutzerIn an den Dienst umleiten, sofern gegen die Person ein entsprechendes Strafverfahren eröffnet worden ist, die zuständige Staatsanwaltschaft die Überwachung angeordnet und das Zwangsmassnahmengericht eines Kantons oder die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts das Ganze genehmigt hat. Der Staat sollte also Diskussionen in Chats oder Einträge in Foren mitlesen, bei Gesprächen über Dienste wie Skype mithören oder zusehen können, sobald die Person eine Webcam aktiviert. Internet-Überwachung à la suisse – Zwischenbilanz eines Rechtssetzungsprozesses weiterlesen →
So schnell kann das gehen: Noch im Frühjahr dieses Jahres applaudierten PolitikerInnen und Medien auch hierzulande den „Facebook-Revolutionen“ in Tunesien und Ägypten. Mutige BloggerInnen hatten der Meinungsfreiheit zum Durchbruch verholfen. Via Twitter kamen die Demo-Termine und auf YouTube konnte man Handy-Filme der Aufständischen bestaunen.
Nur wenige Monate später ist die Begeisterung verflogen. Im „Spiegel“ wettert Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich Anfang August gegen die „anonymen Blogger“, bei denen sich Anders Breivik, der Attentäter von Oslo, die Versatzstücke seiner Ideologie zusammengesucht hat. Warum müssen sie „ihre wahre Identität nicht offenbaren?“, fragt er. Ein Vermummungsverbot fürs Internet will er aber nicht gefordert haben. Im britischen Unterhaus entsetzt sich Premier David Cameron darüber, dass sich die Randalierer in London und anderen Städten über die diversen „social media“ verabredet haben. Er propagiert Kommunikationssperren. Redaktionsmitteilung weiterlesen →
Der private Sicherheitssektor strebt nach Anerkennung. Er will Teil jener „neuen Sicherheitsarchitektur“ sein, über die seit 2001 in den verschiedensten Variationen diskutiert wird. Mögliche Felder einer engeren Zusammenarbeit zwischen Staat und Privaten reichten vom Personen- und Objektschutz über die Sicherung von Großveranstaltungen bis hin zur Überwachung von Abschiebegefängnissen und öffentlichen Verkehrsmitteln, hieß es im Jahre 2008 in einer Studie des Deutschen Industrie- und Handelskammertages.
Diese Liste lässt sich verlängern und sie bezieht sich längst nicht nur auf jene Wachschutz-, Streifen- und Kontrolltätigkeiten, bei denen die privaten Sicherheitsdienste öffentlich in Erscheinung treten. Als Partner „auf gleicher Augenhöhe“ mit der Polizei anerkannt werden wollen auch die Vereinigungen für die Sicherheit der Wirtschaft und erst recht die Sicherheitsabteilungen von Großkonzernen, jene „Global Players“, mit denen das Bundeskriminalamt 2006 eine Initiative startete. Sie sind international präsent, sie verfügen über eigene Informationen und haben dem BKA scheinbar einiges zu bieten – auch wenn der Maßstab ihrer Tätigkeit nicht das Recht, sondern das Firmeninteresse ist. Redaktionsmitteilung weiterlesen →
„Die traditionellen Vorstellungen, Gefahrenabwehr und Kriminalitätsbekämpfung ausschließlich durch nationale Maßnahmen bewerkstelligen zu können, gehören längst der Vergangenheit an“, schreibt die Landespolizeidirektion Saar in einer Presseerklärung vom 6. Mai 2010. Anlass war eine gemeinsame Übung der saarländischen Bereitschaftspolizei mit den Compagnies Républicaines de Sécurité (CRS) in Lothringen. Proben wollte man das Zusammenwirken gegen „gewalttätige Aktionen beidseits der Staatsgrenze im Rahmen einer Großdemonstration“.
Die Kooperation „geschlossener Verbände“ wird in Europa nicht nur geprobt. Die Realität zeigte und zeigt sich, wenn „Beobachter“ der CRS im Wendland zusammen mit BundespolizistInnen gewaltsam Hand anlegen gegen „Schotterer“, wenn deutsche Wasserwerfer alljährlich im Januar das World Economic Forum in Davos gegen Proteste „schützen“ oder wenn gleich mehrere Hundertschaften deutscher Bereitschaftspolizei nach Österreich und in die Schweiz gesandt werden, um bei der Fußball-Europameisterschaft 2008 Ordnung zu schaffen. Redaktionsmitteilung weiterlesen →
In den vergangenen Jahrzehnten haben sich die Formen des internationalen und grenzüberschreitenden Einsatzes von Polizei rapide vermehrt – eine unvollständige Übersicht.
Anfang November 2010 erklärte die schwedische Oberstaatsanwaltschaft, dass sie eine Voruntersuchung gegen die US-Botschaft in Stockholm eingeleitet habe.[1] Der Grund: Über einen Zeitraum von zehn Jahren hinweg hat eine mit der „Aufdeckung verdächtiger Aktivitäten“ rund um die Botschaft beauftragte „Surveillance Detection Unit“ schwedische StaatsbürgerInnen ausspioniert. Dies habe man weltweit getan, lautet die wenig beruhigende Antwort der US-Botschaft. Auslöser für die Aktivitäten seien die Anschläge auf die amerikanischen Vertretungen in Kenia und Tansania im Jahre 1998 gewesen. In Schweden wie auch in Norwegen habe man mit den örtlichen Staatsschutzdiensten zusammengearbeitet. Diese bestreiten zwar die Kooperation, sehr glaubwürdig ist das Dementi jedoch nicht. Von der Ausnahme zur Normalität – Polizei unterwegs im Ausland weiterlesen →
Ende November 2009 hat das schweizerische Justizministerium, das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD), den Vorentwurf für ein Polizeiaufgabengesetz des Bundes (PolAG) vorgelegt. Geregelt werden darin auch die verdeckten Methoden der Bundeskriminalpolizei.
Das PolAG solle „die Zersplitterung des heutigen Polizeirechts des Bundes“ überwinden, so heißt es in zwei amtlichen Pressemitteilungen sowie in dem rund 100 Seiten langen erläuternden Bericht zu dem Gesetzentwurf.[1] Die Polizeiaufgaben des Bundes seien derzeit in „zahlreichen Bundesgesetzen“ und in einer „Vielzahl von verstreuten Einzelnomen“ geregelt. Das sei nicht nur unübersichtlich, sondern stehe in einem „gewissen Kontrast“ zu der organisatorischen Konzentration der polizeilichen Dienste auf eidgenössischer Ebene im Bundesamt für Polizei, das sich seit einigen Jahren neumodisch als „fedpol“ abkürzt. Das PolAG bringe keine grundsätzlichen Änderungen, es fasse bloß die vorhandenen Bestimmungen zusammen und konkretisiere sie da, wo es nötig sei. Darf’s sonst noch was sein? Schweiz: Neues Polizeirecht für den Bund weiterlesen →
„Vor vielen Jahren schützte die Uniform den Polizeibeamten, denn sie verlieh Autorität und stellte so klar, wer das Sagen hat, auf der Straße, in jedem Einsatz.“ So steht es auf der Homepage der Gewerkschaft der Polizei, in einem Text, mit dem ihr Bundesvorstand seine „Anti-Gewalt-Kampagne“ vorstellt. Heute müssten PolizeibeamtInnen besonders in Ballungsgebieten an fast jedem Wochenende „ihre Haut zu Markte tragen“. Die GdP, die – vor vielen Jahren – für eine Demokratisierung der Polizei nach innen und außen angetreten ist, wünscht sich nun die Wiederkehr der alten Zeiten: „Der Uniform und allem was dahinter steht … muss zu jeder Zeit Geltung verschafft werden.“
Die Empörung über die angebliche Zunahme von Angriffen auf PolizistInnen gehört derzeit zu den Mantras von InnenpolitikerInnen und polizeilichen Standesorganisationen. Trotz der markigen Worte sind die Belege allerdings reichlich dünn. Dass die Innenministerien bis heute nicht willens sind, aussagefähige Statistiken über Verletzungen im Polizeidienst vorzulegen, ist ein deutliches Indiz dafür, dass sie das Berufsrisiko ihrer BeamtInnen nur dann interessiert, wenn sich daraus politischer Schaum schlagen lässt. Die Zahlen über im Dienst getötete PolizistInnen zeigen jedenfalls, dass der Polizeiberuf nach wie vor sehr sicher ist. Der Verdacht, dass es hier vor allem darum geht, Respekt vor der staatlichen Autorität einzufordern, drängt sich nicht nur angesichts jener Sätze auf, mit der die GdP der Uniform wieder Geltung verschaffen will. Redaktionsmitteilung weiterlesen →
Nicht nur die USA, sondern auch die EU und ihre Mitgliedstaaten investieren große Summen in Programme zur Erforschung neuer Sicherheitstechnologien. Staat und Wirtschaft müssten angesichts drohender Gefahren zusammenarbeiten, lautet die Parole.
Dass der Begriff „militärisch-industrieller Komplex“ sich in der politischen Diskussion festsetzen konnte, verdanken wir einem Weltkriegsgeneral, der in der Hochphase des Kalten Kriegs das Amt des US-Präsidenten bekleidete. In seiner Abschiedsrede im Januar 1961 warnte Dwight D. Eisenhower vor dieser „Verbindung eines riesigen militärischen Establishments und einer großen Rüstungsindustrie“, deren Einfluss auf allen politischen Ebenen spürbar sei.[1] Zur Abschreckung potenzieller Aggressoren seien die USA gezwungen gewesen, nicht nur einen großen militärischen Apparat, sondern auch eine „permanente Waffenindustrie“ aufzubauen und diese auch nach dem Weltkrieg aufrecht zu erhalten. Aber: „Wir dürfen es nie zulassen, dass die Macht dieser Kombination unsere Freiheiten oder unsere demokratischen Prozesse gefährdet.“ Die Hoffnung Eisenhowers auf eine Balance zwischen dem militärisch-industriellen Komplex und „unseren friedliebenden Methoden und Zielen“ wurde nicht erfüllt – das Wettrüsten ging ungebremst weiter. Eine besondere Wirtschaftsförderung – Vom Militärisch- zum Sicherheitsindustriellen Komplex? weiterlesen →
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