Alle Beiträge von Heiner Busch

Niederlage überwunden. Das Bundesamt für Verfassungsschutz wird belohnt

Während Untersuchungsausschüsse und Öffentlichkeit immer noch um die Aufklärung des NSU-Komplexes ringen, haben die Innenministerien den Skandal längst auf ihre Weise beigelegt.

Beim Verfassungsschutz, vor allem bei seinem Bundesamt (BfV), ist wieder Ruhe eingekehrt. Der Inlandsgeheimdienst hat seine Legitimationskrise überwunden. Nur noch die üblichen Verdächtigen fordern seine Abschaffung: halsstarrige Bürgerrechtsorganisationen und Linke, die den Laden noch nie mochten, Antifas, die der Meinung sind, dass sie die Nazi­szene ohnehin besser kennen als die amtlichen ExtremismusbekämpferInnen, ein paar Liberale, die es ernst meinen. Der Rest des politischen Spektrums verlangt allenfalls „Reformen“, hat aber ansonsten seinen Frieden mit dem Dienst geschlossen. BfV-Präsident Hans-Georg Maaßen darf über den Zusammenhang von Flüchtlingsproblematik und Terrorismus schwadronieren, ohne Widerspruch zu ernten. PolitikerInnen von der CDU/CSU bis zu den Grünen fordern die Überwachung der AfD. Und auch das alte Wissen, dass der linke Extremismus mindestens genauso gefährlich sei wie der rechte, kann wieder ungestört verbreitet werden.[1] Niederlage überwunden. Das Bundesamt für Verfassungsschutz wird belohnt weiterlesen

Kommentar: Das Macht-was-Ihr-wollt-Gesetz

«Entwurf eines Gesetzes zum besseren Informationsaustausch bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus» ist der offizielle Titel des neuesten «Anti-Terror-Pakets», das die Regierungsfraktionen am 7. Juni 2016 in den Bundestag eingebracht haben. Solche Artikelgesetze haben wir – gerade im so genannten Sicherheitsbereich – schon x-mal gehabt: Der Gesetzentwurf ist kaum lesbar. Er ändert die verschiedensten Gesetze. Seine Paragrafen sind gespickt mit Verweisungen auf Regelungen in denselben oder in anderen Gesetzen, die zum Teil wiederum weiter verweisen.

Ein Sammelsurium von Verschärfungen: Wer die «weitere Betätigung» eines verbotenen Vereins oder eine «terroristische Vereinigung» unterstützt, kann in Zukunft nicht nur bestraft, sondern auch nach der Strafverbüßung unter Führungsaufsicht gestellt werden. Wer ein Prepaid-Handy benutzt, muss sich mit einem Pass oder Personalausweis registrieren lassen. Die Daten dienen natürlich nicht dem Provider, sondern den Sicherheitsbehörden. Und auch sonst hält der Entwurf für alle Dienste und Behörden, die auf Bundesebene an der einen oder anderen «Bekämpfung» beteiligt sind, etwas bereit: Kommentar: Das Macht-was-Ihr-wollt-Gesetz weiterlesen

Kommentar: Terrorexperten als Nebelwerfer

„Nahtlose“ europäische Zusammenarbeit von Polizeien und Geheimdiensten ist das Problem, nicht die Problemlösung.

Nach jedem Anschlag folgt unweigerlich die Stunde der Experten. Der Terrorexperte der Wahl auf den hiesigen öffentlich-rechtlichen Fernsehkanälen ist derzeit Peter Neumann, ein deutscher Politologe, der am Londoner King’s College lehrt und auch dem „European Expert Network on Terrorism Issues“ des Bundeskriminalamts angehört. Im ARD-Brennpunkt nach den Brüsseler Attentaten am Dienstag vergangener Woche beklagte er die angeblich mangelnde Zusammenarbeit von Polizeien und Geheimdiensten in Europa. „Wenn man freie Bewegung in Europa möchte, muss man auch definitiv dafür sorgen, dass die Sicherheitsbehörden in Europa absolut nahtlos untereinander kooperieren.“ Das seien zwei Seiten derselben Medaille, meint der Herr Professor.

Das, so meine ich, sind wohlfeile Plattitüden, die Sicherheitspolitiker und die von ihnen geliebten Experten zu jeder sich bietenden Gelegenheit herausposaunen. Und sie zeigen ihre Dummheit gleich in doppelter Hinsicht: Kommentar: Terrorexperten als Nebelwerfer weiterlesen

Acht Monate in Europa. Von der „Flüchtlingskrise“ zum „Normalzustand“

von Heiner Busch

Über Jahrzehnte hinweg haben die EU und ihre Mitgliedstaaten ein Abwehrdispositiv gegen Geflüchtete und MigrantInnen aufgebaut. Seit April dieses Jahres scheint alles durcheinander zu gehen.

Genaue Zahlen wird es wohl niemals geben: Zwischen 800 und 900 Geflüchtete und MigrantInnen starben in der Nacht zum 19. April 2015, als ein libyscher Kutter rund 150 Kilometer nördlich der Küste des Landes sank. Die Katastrophe war vorauszusehen: Im Oktober 2014 hatte sich die EU geweigert, die Operation „Mare Nostrum“ zu übernehmen und fortzusetzen, mit der die italienische Regierung ein Jahr zuvor auf das bis dahin größte Unglück eines Flüchtlingsschiffes mit insgesamt 366 Toten reagiert hatte. Acht Monate in Europa. Von der „Flüchtlingskrise“ zum „Normalzustand“ weiterlesen

Redaktionsmitteilung

Überforderung – das Wort hat Anrecht darauf, zum Unwort des Jahres 2015 gekürt zu werden. 874.346 Geflüchtete und MigrantInnen haben laut UNHCR vom 1. Januar bis zum 26. November auf dem Seeweg Europa erreicht. 143.700 kamen in Italien an, 726.949 in Griechenland. Ein grosser Teil setzte die Flucht Richtung Norden fort. Die „Flüchtlingskrise“, von der seit dem Sommer die Rede ist, spielt sich nicht in den Nachbarländern Syriens ab, die den größten Teil der über vier Millionen Menschen aufgenommen haben, die seit Beginn des Bürgerkriegs das Land verlassen haben. Nicht in Pakistan, wo seit Jahren Hunderttausende aus Afghanistan Geflüchtete ausharren. Und auch nicht auf dem afrikanischen Kontinent, wo die Bürgerkriege kein Ende nehmen. „Überfordert“ ist vielmehr die EU, und auch die Bundesregierung hat das „Wir schaffen das“ ihrer Chefin längst vergessen. Redaktionsmitteilung weiterlesen

Rot-grüne Polizeipolitik in Zürich: Die Linke in einer städtischen Exekutive

Die Macht erobern oder von der Macht erobert werden? Seit zweieinhalb Jahrzehnten ist das Stadtzürcher Polizeidepartement in linken Händen. Was hat’s gebracht?[1]

Bürgerliche PolizeidirektorInnen haben es einfach: Sie können sich problemlos mit der Polizei identifizieren. Es ist ihre Polizei, ­die ihre Ordnung verteidigt und sichert gegen vermeintliche und wirkliche Kriminelle, gegen „ungebührliches Verhalten“, gegen „Saubannerzüge“.

Martialische Polizeieinsätze gegen Demonstrationen oder die Vertreibung unliebsamer „Szenen“ aus dem Stadtbild mögen zwar empörte Reaktionen bei den Betroffenen und im schwindenden liberalen Teil der Öffentlichkeit hervorrufen. Für bürgerliche PolizeidirektorInnen boten und bieten sie die Gelegenheit, die eigene politische Klientel zu bedienen und mit den Mitteln der staatlichen Gewalt ein Stück Wahlkampf zu betreiben. Rot-grüne Polizeipolitik in Zürich: Die Linke in einer städtischen Exekutive weiterlesen

Rot-grüne Polizeipolitik in Zürich

Die Macht erobern… oder von der Macht erobert werden? Seit 25 Jahren ist das Stadtzürcher Polizeidepartement in linken Händen. Was hat’s gebracht?

Bürgerliche Polizeidirektoren haben es einfach: Sie können sich problemlos mit der Polizei identifizieren. Es ist ihre Polizei, ­die ihre Ordnung verteidigt und sichert gegen vermeintliche und wirkliche Kriminelle, gegen «ungebührliches Verhalten», gegen «Saubannerzüge».

Martialische Polizeieinsätze gegen Demonstrationen oder die Vertreibung unliebsamer «Szenen» aus dem Stadtbild mögen zwar empörte Reaktionen bei den Betroffenen und im schwindenden liberalen Teil der Öffentlichkeit hervorrufen. Für bürgerliche Polizeidirektoren boten und bieten sie jedoch gleichzeitig die Gelegenheit, die eigene politische Klientel zu bedienen und mit den Mitteln der staatlichen Gewalt ein Stück Wahlkampf zu betreiben. In Zürich konnte sich Stadtrat Hans Frick (LdU) zwei Jahrzehnte lang in dieser Rolle wohlfühlen. Der Mann, der ­als Linkenhasser verschrien war, leitete von 1970 bis 1990 das Polizeidepartement der grössten Schweizer Stadt. Rot-grüne Polizeipolitik in Zürich weiterlesen

Mehr Personal, mehr Geld, mehr Macht – Novellierung des BfV-Gesetzes

Die Bundesregierung hat es eilig: Der am 25. März 2015 vom Kabinett verabschiedete Gesetzentwurf „zur Verbesserung der Zusammenarbeit im Bereich des Verfassungsschutzes“ soll schon im September über die parlamentarische Bühne gebracht sein.[1]

261 neue Stellen soll das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) für die „Stärkung der Zusammenarbeit zwischen den Sicherheitsbehörden“ und für die Ausübung seiner neuen „Zentralstellenfunktion“ erhalten. Damit verbunden seien jährlich rund 17 Millionen Euro mehr an Personal- und Personalnebenkosten. So steht es im allgemeinen Teil der Begründung dieses Gesetzentwurfs unter der Überschrift „Erfüllungsaufwand der Verwaltung“. 17 Millionen Euro, das sind etwa 8,5 Prozent des gesamten Budgets des BfV, das sich 2013 auf rund 206 Millionen Euro belief. Noch nicht kalkulieren lasse sich der „Mehrbedarf“, der sich aus der Unterstützung der Landesämter (LfV) „im Bereich besonderer technischer und fachlicher Fähigkeiten“ ergebe. Mehr Personal, mehr Geld, mehr Macht – Novellierung des BfV-Gesetzes weiterlesen